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Neuigkeiten: Oktober 2003
Schlagzeilen:
Cannabisverbot und Fremdgefährdung
[31.10.2003]
Großbritannien: Unterhaus stimmt für Reform
[30.10.2003]
VfD: "Schilys Privatkrieg gegen Holland"
[30.10.2003]
DHV: Legalisierung erspart eine Milliarde Euro pro Jahr
[28.10.2003]
Niederlande: Kommentar von Nol van Schaik
[27.10.2003]
Niederlande: Kein Zutritt für Deutsche in Coffeeshops?
[24.10.2003]
Podiumsdiskussion in Offenbach
[23.10.2003]
EBDD-Jahresbericht 2003 veröffentlicht
[22.10.2003]
Cannabisbeschluss des FDP-Bezirks Berlin-Mitte
[22.10.2003]
Großbritannien: Blair im Krankenhaus – Koffeinüberdosis?
[22.10.2003]
Antwort von GdP-Chef Konrad Freiberg
[20.10.2003]
Berlin: Wowereit will sich nicht gegen Fraktionsmehrheit stellen
[20.10.2003]
Berlin: Kaupa (CSU) recycelt Pressemitteilung
[17.10.2003]
Berlin: Wowereit gegen Reformen
[16.10.2003]
USA: Ärzte dürfen Cannabis empfehlen
[15.10.2003]
USA: Tommy Chong hinter Gittern
[15.10.2003]
USA: Krieg gegen Schmerzmittel
[14.10.2003]
Alkohol in der Pubertät
[13.10.2003]
Cannabis in der Pubertät
[13.10.2003]
Dubai: Lebenslänglich für 0,6 Gramm Cannabis
[10.10.2003]
Schweiz: Protokolle der Nationalratsdebatte
[09.10.2003]
Kanada: Regierung verliert Prozess aber Verbot wieder gültig
[08.10.2003]
Berlin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nutzhanf
[07.10.2003]
Standpunkte von Caspers-Merk und Zeitlmann
[03.10.2003]
Korrektur: Wirkstoffgehalt von Haschisch
[01.10.2003]
Zeitlmann (CSU) recycelt Pressemitteilung
[01.10.2003]
Schlagzeilen vom September:
GdP-Chef gegen Liberalisierung in Berlin
[30.09.2003]
Bericht von der ersten Kölner Hanfdemonstration
[30.09.2003]
Beck (Grüne) fordert "einheitliche, liberale Einstellungspraxis"
[30.09.2003]
Berliner FDP: Cannabis in Coffeeshops statt in Apotheken
[29.09.2003]
Schweiz: Keine Cannabisreform vor den Wahlen
[26.09.2003]
Caspers-Merk kritisiert Berliner Reformpläne
[26.09.2003]
Berlin: Nur CDU gegen Cannabisliberalisierung
[25.09.2003]
Schweiz: Nationalrat debattiert Cannabisreform
[25.09.2003]
Berlin: FDP für Coffeeshops
[23.09.2003]
Italien: Regierung will mehr Repression gegen Konsumenten
[23.09.2003]
BMJ: "Kein negativer Einfluß auf öffentliche Gesundheit"
[21.09.2003]
USA: Koffein und Cannabis in Seattle
[20.09.2003]
Weitere Ecstasy-Studie wird zurückgezogen
[18.09.2003]
Frankreich: Kein Gefängnis mehr für Cannabisbesitz?
[16.09.2003]
Programm des Hanffests Hamburg
[16.09.2003]
Bericht vom Hanffest in Rostock
[16.09.2003]
Kanada: Cannabisbesitz in British Columbia legal
[15.09.2003]
Drogen in Saudi-Arabien: Folter und Hinrichtungen
[15.09.2003]
Großbritannien: Polizeichefs regeln Entkriminalisierung
[15.09.2003]
Köln: Ärzte fordern Cannabis als Medizin
[13.09.2003]
USA: Massachusetts könnte 138.000.000 Dollar sparen
[13.09.2003]
USA: Neun Monate Haft für Tommy Chong
[12.09.2003]
Jeder dritte Student ein Krimineller?
[12.09.2003]
Österreich: FPÖ will Urin von Schülern und Lehrern
[12.09.2003]
7500 Pflanzen in Hamburg gefunden
[10.09.2003]
Ecstasy-Studie studierte kein Ecstasy
[08.09.2003]
Schweiz: Cannabisdebatte im Herbst
[05.09.2003]
Berlin: Grüne fordern Modellversuch, 30g-Grenze
[04.09.2003]
Bayerisches Kabinett befasst sich mit Hanftag
[03.09.2003]
Niederlande: Cannabis in Apotheken
[02.09.2003]
Alaska: Bis zu 113 Gramm Cannabis legal
[01.09.2003]
ARD-"Kontraste" berichtet über das Hanfverbot
[01.09.2003]
Hanftag in München
[01.09.2003]
Neuigkeiten-Archiv:
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Aug,
Sep,
Okt,
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Archiv (seit 07/2000),
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31.10.2003
Cannabisverbot und Fremdgefährdung
[31.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-31-fg
Die ehemalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister wurde im August von der Polizei angehalten, als sie auf Schlangenlinien durch Böblingen fuhr. Eine Blutprobe ergab mehr als 2,5 Promille Alkohol. Für diese fünffache Überschreitung des Pegels, ab dem ein Bußgeld fällig wird, erging jetzt ein Strafbefehl über 70 Tagessätze. Das Gericht verhängte ausserdem ein zwölfmonatiges Fahrverbot. Da die Strafe unter 90 Tagessätzen liegt, gilt die ehemalige Bundestagsabgeordnete damit noch nicht als vorbestraft.
Genau dieser Wert von 90 Tagessätzen ist die Mindeststrafe für einen "minder schweren Fall" von Anbau einer "nicht geringen Menge" Cannabis, worunter die Justiz Pflanzen mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 7,5g oder mehr versteht. Je nach Sorte, Größe und Reifezustand erreicht ein Gärtner diesen Wert und damit den Eintrag ins Vorstrafenregister mit 3-10 Pflanzen. Ein "minder schwerer Fall" liegt nur vor, wenn die 7,5g THC nur geringfügig übertroffen werden und die Pflanzen ausschliesslich für den persönlichen Konsum bestimmt sind – sonst gilt eine Mindesstrafe von zwölf Monaten.
Zum Glück hat Frau Baumeister in ihrem Zustand keinen tödlichen Unfall gebaut, so wie 1983 der spätere bayerische Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU). Für fahrlässige Tötung sieht das Strafgesetzbuch übrigens genau den selben Strafrahmen vor wie das derzeitige Betäubungsmittelgesetz für den einfachen Besitz von Cannabis, d.h bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe. Eine Mindeststrafe gibt es hier, anders als beim Anbau von ein paar Hanfpflanzen, nicht.
Ex-CDU-Schatzmeisterin Baumeister muss Führerschein abgeben
[Spiegel.de, 29.10.2003]
Fremdgefährdung und Cannabis
[CLN#78, 27.09.2002]
Cannabisanbau und Recht
30.10.2003
Großbritannien: Unterhaus stimmt für Reform
[30.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-30-uk
Mit 316 zu 160 Stimmen, also fast mit einer Zweidrittelmehrheit, hat das britische Unterhaus beschlossen, Cannabis in eine weniger strenge Kategorie des Drogengesetzes einzustufen. Konsumenten werden künftig nicht mehr verhaftet werden, es sei denn, es kommen verschärfende Umstände hinzu, wie Konsum in der Nähe einer Schule. Die Gesetzesänderung soll im Januar als Teil einer umfassenderen Justizreform in Kraft treten.
MPs vote to downgrade cannabis
[Guardian (UK), 29.10.2003]
Cannabis in Großbritannien
30.10.2003
VfD: "Schilys Privatkrieg gegen Holland"
[30.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-30-vfd
Der Verein für Drogenpolitik e.V. hat mit einer Pressemitteilung auf die Kritik von Bundesinnenminister Schily an der niederländischen Drogenpolitik reagiert. Der VfD erinnerte an Schilys Standpunkt zum Entkriminalisierungsvorstoss seiner eigenen Partei im Jahre 1997. Er forderte den Politiker auf, Attacken gegen die erfolgreiche Politik des Nachbarlandes zu unterlassen und den Bereich Drogenpolitik seinen Kollegen vom Gesundheitsressort zu überlassen, das dafür laut dem rot-grünen Koalitionsvertrag zuständig ist. VfD-Vorsitzender Tilmann Holzer erinnerte daran, dass das meiste Heroin, das in den Niederlanden auf den Markt gelangt, aus Deutschland kommt.
PM 20: Schilys Privatkrieg gegen Holland
[VfD, 29.10.2003]
Niederlande: Kein Zutritt für Deutsche in Coffeeshops?
[24.10.2003]
Homepage des Vereins für Drogenpolitik
28.10.2003
DHV: Legalisierung erspart eine Milliarde Euro pro Jahr
[28.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-28-dhv
Weil wegen der schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung die Steuereinnahmen weit hinter den finanziellen Verpflichtungen der öffentlichen Haushalte zurückbleiben, droht zur Zeit fast überall der Rotstift. Das betrifft auch die Gesundheits- und damit die Drogenpolitik. So sollen etwa in Nordrhein-Westfalen im kommenden Doppelhaushalt 2004/2005 in der Sucht- und Drogenhilfe
insgesamt 5,5 Millionen Euro eingespart werden (akzept Newsletter 3/2003).
In der offiziellen Darstellung zur Drogenpolitik ist oft von den "vier Säulen" aus Prävention, Therapie / Reintegration, Repression und Schadensbegrenzung (Überlebenshilfe) die Rede. Laut einer Studie der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in Lissabon (EMCDDA) gibt Deutschland prozentual mehr Geld für Repression aus als jedes andere EU-Land. Doch während einerseits viele Drogenberatungsstellen Mitarbeiter entlassen oder gar ihre Türen zusperren müssen, wurden bisher die Kosten der Repression und die Frage, welcher Nutzen ihnen gegenübersteht, kaum zur Diskussion gestellt. Das soll sich ändern.
Nachdem in Berlin von den Grünen und der FDP ein Modellprojekt zur staatlich lizenzierten Cannabisabgabe vorgeschlagen wurde, hat der Deutsche Hanf Verband (DHV) zwei Diskussionsbeiträge veröffentlicht. Der erste befasst sich mit der Frage, welches Vertriebsmodell am sinnvollsten ist. Der zweite liefert eine Abschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen eines staatlich erlaubten Cannabishandels. Dieser Beitrag stützt sich auf Studien aus dem In- und Ausland, die sich in den letzten Jahren mit den Kosten der Strafverfolgung in der Drogenpolitik und den möglichen Einkünften bei einer Besteuerung des Handels beschäftigt haben. Der DHV kommt zu folgendem Ergebnis:
Zusammenfassung:
- Bei einer Regulierung des Cannabismarktes ist ein Steuervolumen durch direkte
Cannabissteuern und Umsatzsteuer von mindestens ca. 530 Mio. € pro Jahr zu
erwarten. Auch erheblich höhere Einnahmen scheinen nicht unrealistisch.
- Durch die dafür notwendige Legalisierung von Cannabis würde der Staat von ca.
1 Mrd. € an jährlichen Repressionskosten ca. 500 Mio. € einsparen und Kapazitäten
für die Verfolgung anderer Straftaten bzw. für die Erhöhung der öffentlichen
Sicherheit freimachen.
- Durch weitere wirtschaftliche Auswirkungen sind mindestens 13.500 neue Arbeitsplätze
und mindestens 200 Mio. € pro Jahr für die Staatskassen (Einkommensteuer
und Sozialversicherungen) zu erwarten.
- Wie oben aufgeführt ziehen wir von diesen insgesamt 1.23 Mrd. € 20 % ab.
Selbst bei sehr vorsichtigen Schätzungen und Annahmen kann man davon
ausgehen, dass bei einer Cannabislegalisierung mindestens 984 Mio. € pro
Jahr direkt in die Staatskassen fließen. Ein Vielfaches davon scheint wahrscheinlich.
Allein für die Bundeshauptstadt Berlin errechnet der DHV "mindestens 40,34 Mio. € pro Jahr für die Staatskassen und mindestens 554 neue Arbeitsplätze."
Finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen einer Cannabislegalisierung
[DHV, 24.10.2003]
Berlin: Regulierte Cannabisabgabe in Hanffachgeschäften!
[DHV, 21.10.2003]
Drug strategies – Public expenditure
[EMCDDA]
Deutscher Hanf Verband - Homepage
27.10.2003
Niederlande: Kommentar von Nol van Schaik
[27.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-27-nl
Nol von Schaik, der in Haarlem bei Amsterdam drei Coffeeshops und ein Hanfmuseum betreibt, weist in einem Artikel darauf hin, dass die Regierung in Den Haag nur allgemeine Richtlinien für die Zulassung von Coffeeshops festlegt. Die konkrete Praxis fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Gemeinden. Die Regierung kann keine Coffeshops schließen, sondern nur die Bürgermeister der Gemeinden bitten, das zu tun. In Gemeinden, in denen die z.Zt. regierende christdemokratische CDA den Bürgermeister stellt, gibt es jedoch ohnehin keine Coffeeshops. Die CDA steht relativ isoliert da, was ihre Ablehnung der Coffeeshops angeht. Alle anderen im Parlament vertretenen Parteien sind für ihren Fortbestand bzw. sogar für eine weitere Liberalisierung der Cannabispolitik (Legalisierung des Anbaus und Großhandels).
Eine Verpflichtung, nur an Niederländer zu verkaufen und das mit Clubausweisen zu kontrollieren, ist rechtlich problematisch. Nach niederländischem Recht ist es illegal, gegen Ausländer bei der Mitgliedschaft in Vereinen zu diskriminieren. Doch sogar wenn die Ladenbesitzer verpflichtet werden könnten, nicht an Ausländer zu verkaufen, würde der Gesetzgeber damit nur eine lukrative Gelegenheit für den Weiterverkauf durch Dritte schaffen. Das Spiel von Nachfrage und Angebot ist nur schwer auszuhebeln.
Dutch coffeeshops can keep on serving foreign cannabis consumers
[Nol van Schaik, Haarlem/NL]
Cannabis in den Niederlanden
24.10.2003
Niederlande: Kein Zutritt für Deutsche in Coffeeshops?
[24.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-24-nl
Bundesinnenminister Otto Schily forderte bei Gesprächen mit seinem niederländischen Amtskollegen Donner die Schliessung der Coffeeshops im Nachbarland. Donner lehnte dies ab, stellte jedoch Passkontrollen oder Mitgliedsausweise in Coffeeshops in Aussicht. Dann düften dort nur noch Niederländer einkaufen.
Gegen die Überlegungen der Regierung regt sich bereits Widerstand. Mehrere Gemeinden, vor allem in Grenznähe, befürchten, dass eine restriktivere Coffeeshopregelung den Strassenhandel fördern würde und es damit zu mehr Belästigungen der Anwohner kommt. Verlagert sich der Handel wieder auf die Strasse, dann ist damit zu rechnen, dass deutschen Touristen verstärkt auch andere Drogen als Cannabis angeboten werden. Derzeit droht Coffeeshops, in denen "harte" Drogen gefunden werden, die Schließung. Die Trennung der Märkte für "weiche" und "harte" Drogen ist ein erklärtes Ziel der niederländischen Drogenpolitik.
Schily hatte in der Vergangenheit bereits mehrmals die Coffeeshopregelung in den Niederlanden scharf kritisiert, betonte jedoch auch, dass er die Souveränität dieses Nachbarland respektieren wolle (siehe z.B. CLN#51 und CLN#52 vom März 2002). Im Januar 1997 verteidigte Schily einen Gesetzentwurf der damals noch in der Opposition befindlichen SPD, den Besitz von Eigenbedarfsmengen von Drogen grundsätzlich straffrei zu stellen (siehe CLN#51, 01.03.2002). Originalton Otto Schily, 1997:
Es geht also darum den Eigenverbrauch nicht mehr zu bestrafen. Man muss
ja wissen, wenn die Polizei sich damit beschäftigen muss, dann hat sie
nicht genügend Kräfte.
Biggi Bender, drogenpolitische Sprecherin der Grünen schrieb in einer Pressemitteilung zu Schilys jüngsten Äusserungen:
Die bilaterale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Handels mit harten Drogen ist begrüßenswert, die Forderung nach Schließung der niederländischen Coffeeshops in diesem Zusammenhang aber schlicht unverständlich.
Die Niederländer haben mit den Coffeeshops gute Erfahrungen gemacht.
Es wäre besser, der deutsche Innenminister würde sich Gedanken darüber machen, wie das niederländische Coffeeshop-Modell auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden kann, als zu versuchen, fortschrittlichere Länder zu Rückschritten zu bewegen.
Berlin und Amsterdam kämpfen gegen Drogen
[Netzeitung.de, 22.10.2003]
Drogenpolitik: Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen
[Biggi Bender (MdB, B90/Die Grünen, 23.10.2003]
Innenminister Schily distanziert sich von Artikel über NL-Kritik
[CLN#52, 08.03.2002]
Innenminister Schily kritisiert Niederlande
[CLN#51, 01.03.2002]
Otto Schily: Eigenverbrauch straffrei stellen
[20.01.1997]
Cannabis in den Niederlanden
23.10.2003
Podiumsdiskussion in Offenbach
[23.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-23-ob
Kontrovers diskutiert wurde eine Liberalisierung bei Cannabis auf einer Podiumsdiskussion in Offenbach, die am Dienstag, 21.10.2003 von der Grünen Jugend und der Hanf Initiative organisiert wurde. Auch Vertreter der Jungen Union, der Grünen Hilfe und des Suchthilfezentrums Wildhof waren auf dem Podium vertreten.
"Ich bin für den kontrollierten Verkauf von Cannabis in
Drogenfachgeschäften", sagte der drogenpolitische Sprecher der Grünen Jugend
Hessen, Max Plenert, und verwies auf die derzeitige Situation, in der sich
auch Jugendliche problemlos Cannabis beschaffen könnten. Die Junge Union
hingegen fürchtet einen stärkeren Missbrauch, wenn der Konsum legal ist.
"Wir wollen nicht noch eine zusätzliche Droge legalisieren", sagte deren
drogenpolitischer Sprecher Sascha Drescher; "die Politik geht schon nicht
konsequent genug gegen Alkohol und Nikotin vor".
Jo Biermanski, der selbst seit 27 Jahren Haschisch raucht, hält die
Kriminalisierung für die gravierendste Nebenwirkung des Konsums der so
genannten weichen Droge. Biermanski ist Pressesprecher der Grünen Hilfe,
eines Vereins, der sich für Haschisch-Konsumenten einsetzt, denen die
Fahrerlaubnis entzogen wurde oder die wegen Handels inhaftiert wurden.
"Ich würde lieber Steuern zahlen und dafür auch wissen, was ich gekauft
habe, statt meinen Dealer in den Knast wandern zu sehen", sagte der
langjährige Konsument. Die Legalisierung und Besteuerung des Cannabis
befürwortet auch Valentin Batlle von der Hanf-Initiative: "Wer Drogen nehmen
will, sollte es dürfen".
Für Prävention statt Verfolgung
[Frankfurter Rundschau, 23.10.2003]
Pressemitteilungen zur Podiumsdiskussion
Grüne Jugend Hessen - Homepage
Homepage der Hanf Initiative (Frankfurt)
Grüne Hilfe - Homepage
Nachdem die CDU/CSU diejenige Fraktion ist, die am entschiedensten gegen eine Cannabisreform auftritt und die SPD-Führung vor allem deshalb vor Reformen zurückschreckt, weil sie Angst hat, damit Stimmen an die CDU/CSU zu verlieren, ist eine Debatte mit Gegnern der Reform auch bei der Union von entscheidender Bedeutung. Deshalb startete ich am 11. September 2000 einen Thread im Forum "Innenpolitik" des Online-Forums der CDU. Dieser Thread läuft mittlerweile seit über drei Jahren. Deshalb schrieb ich auch an eine Reihe von Briefen an Unionspolitiker zum Thema.
Einen besonderen Stellenwert hat dabei die Junge Union, denn gerade in deren Altersgruppe ist Cannabiskonsum am stärksten verbreitet. Einzelne Vertreter der JU und des RCDS sind bereits öffentlich für eine Reform eingetreten.
Sie können uns bei unserer Arbeit helfen, indem Sie uns Anschriften, Emailadressen und Websites von Kreis- und Landesverbänden der Jungen Union per Email schicken (am besten in Ihrer Region, damit es nicht so viele Überschneidungen gibt), die wir für eine geplante Aufklärungsaktion benötigen.
Drogenpolitische Positionen der Jungen Union
Briefwechsel mit Unionspolitikern
CDU/CSU und Cannabis
22.10.2003
EBDD-Jahresbericht 2003 veröffentlicht
[22.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-22-eu
Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD/EMCDDA) hat ihren neuesten Jahresbericht vorgestellt. Das Bundesministerium für Gesundheit gab aus diesem Anlass eine Pressemitteilung heraus.
Stand der Drogenproblematik in der Europäischen Union und in Norwegen
Jahresbericht der EBDD: Drogenprobleme in Europa weitgehend konstant - Beunruhigende Tendenzen bei Alkoholkonsum unter Jugendlichen und Cannabis
[BMGS, 22.10.2003]
22.10.2003
Cannabisbeschluss des FDP-Bezirks Berlin-Mitte
[22.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-22-fdp
Der Vorstand des FDP-Bezirks Berlin Mitte hat einstimmig eine Resolution beschlossen, die sich mit der Straffreistellung des Besitzes geringer Mengen von Cannabis befasst. Neben der straflosen Verfahrenseinstellung bis 15g durch die Staatsanwaltschaft geht es um einen Modellversuch zur staatlich kontrollierten Abgabe. Der Beschluss fordert ausserdem eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes durch den Bundestag, damit der Besitz von bis zu 15g Cannabis bundesweit einheitlich straffrei wird sowie der Cannabisverkauf in lizenzierten Fachgeschäften ermöglicht wird.
Der Beschluss soll als nächstes dem Landesausschuss vorgelegt werden. Wenn er dort eine Mehrheit findet, kann sich der nächste FDP-Bundesparteitag damit befassen. Der Beschluss entspricht weitgehend dem Antrag der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus zur Anhebung der "geringen Menge" und auf einen Berliner Modellversuch zur Cannabisabgabe.
2.1 Maßnahmen im Land Berlin
Der Senat soll unverzüglich die gemeinsame Verfügung der Senatsverwaltungen für Justiz und Innen vom 5. März 1995 zur Umsetzung des § 31a BtMG dahingehend ändern, dass die zuständigen Behörden Berlins den Besitz von Cannabisprodukten bis zu einer Höchstmenge von 15 Gramm nicht strafrechtlich verfolgen. Die hierdurch erreicht Entlastung von Polizei und Justiz setzt Ressourcen frei, welche für die Ahndung wesentlicher Drogenkriminalität, insbesondere die Verfolgung des organisierten Handels mit „harten Drogen“, verwendet werden sollen.
Ferner soll der Senat einen Modellversuch „Kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizensierten Abgabestellen in Berlin“ zur Erlangung wissenschaftlicher Erkenntnisse erarbeiten und die hierfür notwendigen Erlaubnisse zur praktischen Umsetzung einholen. In Zusammenarbeit mit Berliner Universitäten und Forschungseinrichtungen sollen hier insbesondere die Trennung des Cannabismarktes von den Märkten für „harte Drogen“ und die finanziellen Wirkungen für das Land Berlin untersucht werden, wenn Kosten einer repressiven Cannabispolitik entfallen und der Verkauf von Cannabisprodukten besteuert wird und durch sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erfolgt.
Globales Ziel Berliner Suchtprävention muss die Verringerung von Missbrauch und Sucht und deren Begleiterscheinungen sein. So sind Risikofaktoren zu vermindern, die den Missbrauch und die Entwicklung von Sucht begünstigen sowie gesellschaftliche und psychosoziale Schutzfaktoren zu fördern, die notwendig sind, um Erwachsenwerden und Erwachsensein erfolgreich zu bewältigen. Hierfür sind Zuständigkeits-, Kommunikations- und vor allem Vernetzungsprobleme der Suchtprävention in Berlin zu lösen und ein neues Modell der Suchtprävention zu erarbeiten.
2.2 Maßnahmen im Bund
Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Cannabis-Wirkstoff THC aus Anlage I in Anlage III des Betäubungsmittelgesetz (BtMG) des Bundes zu verschieben. Dies ermöglicht es, Cannabis ohne ideologische Scheuklappen als – apotheken- und rezeptpflichtiges – Arzneimittel zu verwenden.
Ferner soll der Deutsche Bundestag per Gesetz in § 31a BtMG die Klarstellung einfügen, dass der Besitz von bis zu 15 Gramm Cannabis strafrechtlich nicht verfolgt wird. Damit wird dem Ziel der allseits geforderten Entkriminalisierung des Haschisch- und Marihuanakonsums entsprochen.
Schließlich soll der Deutsche Bundestag per Gesetz in dem BtMG einen neuen § 10b schaffen, welcher die Lizensierung von Cannabis-Fachgeschäften durch die Landesverwaltungen vorsieht, welche unter Beachtung der Jugendschutzvorschriften bis zu je 15 Gramm Cannabis an ihre Kunden abgeben – und die zu diesem Zweck erforderlichen Mengen an Cannabis anbauen beziehungsweise lagern – dürfen. Damit wird dem Ziel entsprochen, die Trennung des Cannabis-Marktes von den Märkten „harter Drogen“ zu erreichen und im Sinne des Verbraucherschutzes Produktsicherheit zu gewährleisten.
Umgang mit Cannabis - Für eine rationale und verantwortungsbewusste Drogenpolitik
[Adobe PDF, 13.10.2003]
Berlin: FDP für Coffeeshops
[CLN#127, 26.09.2003]
FDP und Cannabis
Die Berliner Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hat unterdessen in einem Interview mit der "Welt" erklärt, die Regierung wolle die "geringe Menge" auf 15 Gramm anheben, dafür gebe es eine breite Mehrheit. Der Vorschlag eines Modellversuchs zur Cannabisabgabe sei jedoch noch umstritten:
Knake-Werner: Ob wir so weit gehen und auch die freie Abgabe von Drogen organisieren, ist noch ein Streitpunkt. Das finde ich auch berechtigt. Denn natürlich bestehen beim Umgang mit Drogen große Gefahren, keine Droge ist harmlos, ob legal oder illegal. Cannabis kann ein Einstieg zu härteren Drogen sein. Man muss gut überlegen, ob man das staatlich befördern muss. Cannabis hat durch spezifische Züchtungen heute einen 25 Prozent höheren THC-Wert als Hanf, den viele früher im eigenen Blumenkasten gezogen haben.
Knake-Werner: "Besitz von Cannabis bis 15 Gramm nicht bestrafen"
[Welt, 20.10.2003]
Wirkstoffgehalt von Cannabis
Argument: "Cannabis ist nicht harmlos"
Argument: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
22.10.2003
Großbritannien: Blair im Krankenhaus – Koffeinüberdosis?
[22.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-22-uk
Der britische Ministerpräsident Tony Blair mußte am Sonntag wegen Brustschmerzen ein Londoner Krankenhaus aufsuchen. Ärzte diagnostizierten Herzrhytmusstörungen und wendeten Stromstöße an, um den Rhytmus zu stabilisieren. Sie empfahlen ihrem prominenten Patienten 24 Stunden Ruhe. Trotzdem erschien Blair am nächsten Tag wieder in seiner offiziellen Residenz in der Downing Street Nr. 10 zu Besprechungen. Ein Mitarbeiter des Ministerpräsidenten sagte dem "Independent" (21.10.2003), Blair habe nach eigenen Angaben wahrscheinlich zuviel von dem starken Kaffee auf dem Festland getrunken, als er in der Woche zuvor beim europäischen Gipfeltreffen in Brüssel teilnahm. "Vielleicht hätte er bei Kräutertee bleiben sollen", zitierte das Blatt den Mitarbeiter.
Wie Paracelsus (1493-1541) schon lehrte: Sola dosis facit venum (Nur die Dosis macht das Gift). Es gibt keine harmlosen Drogen, weil alles, wenn man es im Übermaß gebraucht, zum Gift wird. Eine Tasse Kaffee enthält etwa 75 mg Koffein. Eine Dosis, die einen Erwachsenen tötet, beträgt im Schnitt 6500 mg, also etwa das 80-fache davon. Zum Vergleich dazu ist die Sicherheitsspanne bei Cannabis deutlich größer: Überträgt man die bei Ratten oral konsusmiert tödliche Dosis des Cannabiswirkstoffs THC auf einen 70kg schweren Menschen, ergibt das 47g, was etwa einem halben Kilogramm Haschisch entspricht. Die wirksame Dosis bei oralem Konsum liegt bei 0,5 bis 1g. Das heisst, die "normale" Dosis und eine akut lebensgefährliche Dosis liegen bei der legalen Droge Koffein um eine Größenordnung näher beieinander als bei der illegalen Droge Cannabis.
Bitter blend: Blair blames Continental coffee
[Independent (UK), 21.10.2003]
Argument: "Cannabis ist ein Rauschgift/Suchtgift"
Student dies of caffeine overdose
[Japan Times (JP), 02.09.1998]
Suchtpotenzial von Cannabis und anderen Drogen
20.10.2003
Antwort von GdP-Chef Konrad Freiberg
[20.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-20-gdp
Im September übte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg und der Berliner GdP-Landesvorsitzende Eberhard Schönberg öffentliche Kritik an den Berliner Liberalisierungsplänen bei Cannabis. Daraufhin schrieben wir eine Email an den GdP-Chef. In seiner Antwort an uns verglich Herr Freiberg die Straffreistellung von Cannabisbesitz – einem Delikt ohne Opfer – mit der Abschaffung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und der Straffreistellung von Ladendiebstahl. Bei letzteren Tatbeständen werden Dritte gefährdet oder unmittelbar geschädigt, bei Cannabisbesitz dagegen nicht.
Der Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) hat inzwischen beiden Vertretern der GdP ein Exemplar seines Infohefts zur Cannabisreforms zukommen lassen.
GdP-Chef gegen Liberalisierung in Berlin
[CLN#128, 03.10.2003]
Email an Konrad Freiberg (GdP)
[30.06.2003]
Antwort von Konrad Freiberg
[13.10.2003]
Argument: "Dann können wir Diebstahl auch gleich legalisieren"
Polizei und Cannabisverbot
Infoheft zur Cananabisreform
Verein für Drogenpolitik"
20.10.2003
Berlin: Wowereit will sich nicht gegen Fraktionsmehrheit stellen
[20.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-20-be
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, der bei einem Mexiko-Besuch Kritik an den Cannabisreformplänen seiner eigenen Fraktion geäußert hatte (siehe CLN#130, 17.10.2003), will sich nach der Fraktionsmehrheit richten. Das Thema wird nach seiner Rückkehr in einer Fraktionssitzung besprochen. Laut Ülker Radziwill, Sprecherin für Sozialpolitik, hat Wowereit mit seinen Bemerkungen nur eine Privatmeinung vertreten. Das stellte auch Wowereit in Mexiko so dar:
Er wolle seinen Standpunkt gegen eine Legalisierung von Hasch nicht gegen den Mehrheitswillen seiner Fraktion durchdrücken. Er habe nicht vor, "meinungsbildend auf die SPD-Fraktion einzuwirken". Er habe lediglich seine Meinung geäußert. Den weiteren Umgang mit diesem Thema sollten die Drogenfachleute beider Regierungsfraktionen untereinander diskutieren, sagte der Regierungschef.
Klaus Wowereit muss zum Fraktionsrapport
[Berliner Morgenpost, 17.10.2003]
Berlin: Wowereit gegen Reformen
[CLN#130, 17.10.2003]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
17.10.2003
Berlin: Kaupa (CSU) recycelt Pressemitteilung
[17.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-17-csu
Hat MdB Wolfgang Zeitlmann (CSU) mit seiner wiederverwerteten Pressemitteilung (siehe CLN#128) in seiner Fraktion etwa einen Trend gestartet? Eine am 16.10.2003 veröffentlichte Pressemitteilung von Gerlinde Kaupa (CSU), der drogenpolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, besteht zu 75% aus dem Text einer anderen Pressemitteilung von ihr vom 25.08.2003. Neu ist nur der Anfang:
Zu den Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin von Klaus Wowereit bei einer Talkshow im mexikanischen Fernsehen erklärt die Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gerlinde Kaupa MdB:
Klaus Wowereit folgt bei seiner Drogenpolitik eindeutig den Vorgaben der Union und erteilt den Absichten seiner eigenen Berliner Koalition, den Eigenbesitz von Cannabis auf 15g anzuheben, eine klare Absage.
In der Tat ist es so, dass eine weitere Legalisierung, eine vernünftige und verantwortungsvolle Drogenprävention unterlaufen würde. Eine weitere Legalisierung und Freigabe von Cannabisbesitz ist nichts weiter als Werbung für ein gefährliches Produkt, die dazu beiträgt, Cannabis und die Folgen seines Gebrauchs als Alltagsdroge zu verharmlosen und die Hemmschwelle, illegale Suchtstoffe zu konsumieren weiter, herabzusenken. Die Einstiegsdroge Cannabis darf nicht bagatellisiert werden.
Mehr als ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen machen als Cannabiskonsumenten die Erfahrung, dass diese illegale Droge nicht mehr, sondern eher weniger Probleme verursacht als die legalen Drogen Alkohol und Nikotin. Die unerwartete Erfahrung, dass der gesetzliche Status einer Droge in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu ihrer Gefärlichkeit steht, senkt natürlich tendenziell die Hemmschwelle, weitere (und wahrscheinlich deutlich riskantere) illegale Drogen zu probieren. Das ist aber dann ein Eigentor der derzeitigen Verbotspolitik: Wer Cannabis verteufelt, der bagatellisiert unabsichtlich andere legale und illegale Drogen, deren Konsum mit deutlich mehr gesundheitlichen Risiken verbunden ist als der Konsum von Cannabis.
CDU/CSU hat vernünftigere Drogen- und Suchtpolitik
[16.10.2003]
Gerlinde Kaupa (MdB, CSU)
Zeitlmann (CSU) recycelt Pressemitteilung
[CLN#128, 03.10.2003]
Argument: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
CDU/CSU und Cannabis
16.10.2003
Berlin: Wowereit gegen Reformen
[16.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-16-be
Im Januar 2002 vereinbarten die Berliner SPD und PDS in ihrem Koalitionsvertrag eine Prüfung einer Entkriminalisierung von Cannabis. Im September brachten die Grünen und die FDP unabhängig voneinander Anträge zur Anhebung der straffreien "geringen Menge" und zu einem Modellversuch zur kontrollierten Cannabisabgabe an Erwachsene ins Abgeordnetenhaus ein.
Bei einem Besuch in Mexiko (Berlin hat eine Städtepartnerschaft mit Mexiko-Stadt) hat sich nun der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in einer Fernsehsendung gegen eine Liberalisierung bei Cannabis ausgesprochen:
"Bei uns wird gerade die Diskussion geführt, ob wir Haschisch für den
Eigenkonsum freigeben. Ich persönlich bin eher dagegen und sage, man
soll Drogen verbieten. Denn wir müssen aufpassen, dass junge Leute nicht
in die harte Drogenszene abrutschen", sagte Wowereit vor immerhin zehn
Millionen Zuschauern in dem politischen Magazin "El Mañanero" (Der
Morgenmann).
Kritik erntete er dazu aus der eigenen Partei und vom Koalitionspartner PDS sowie von zwei der drei Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus. Nur die CDU fand lobende Worte für Wowereit.
Der drogenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam meinte, er sei "nicht glücklich" über Wowereits Vorstoß und verwies auf den rot-roten Koalitionsvertrag. Wowereits Standpunkt solle an den Plänen der Koalition nichts ändern: "Wir werden die Anträge von der FDP und den Bündnisgrünen sehr wohlwollend beraten."
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gab eine Pressemitteilung heraus:
Berlin soll endlich die Forschungsklausel des
Bundesbetäubungsmittelgesetzes anwenden, um einen Modellversuch
durchzuführen: Cannabisprodukte sollen für einen Testzeitraum in seriösen
Fachgeschäften legal erhältlich sein - Aufklärung über Risiken und
Nebenwirkungen inklusive. Die wissenschaftliche Begleitforschung soll
untersuchen, ob und wie dadurch die Märkte für weiche und harte Drogen
getrennt werden können und wie der Jugendschutz verbessert werden kann.
Martin Matz, drogenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner
Abgeordnetenhaus, bezog in einer Pressemitteilung Stellung zu den Äußerungen Wowereits:
Wowereit argumentiert, man dürfe Cannabis nicht erlauben, damit die
Jugend nicht in harte Drogen abrutsche. Das Gegenteil ist der Fall: Die
Verbotspolitik führt - 'Was verboten ist, das macht uns gerade scharf' -
zu hohen Probierquoten unter Jugendlichen. Das Rauschmittel muss bei
illegalen Dealern besorgt werden, die auch Anderes im Angebot haben. Den
Cannabismarkt von gefährlichen Drogen zu trennen, ist daher sinnvoll -
und das ist der Ansatz des FDP-Antrages, der bei der zuständigen
Senatorin auf Zustimmung stieß. Cannabis soll als Suchtmittel
zurückgedrängt werden, denn eine Verbotspolitik à la Wowereit ist schon
seit 30 Jahren in einem ständigen Prozess des Scheiterns.
Wirklich im Argen liegt besonders die Suchtprävention: Mit gezielter Aufklärung lassen sich Jugendliche von Drogen fern-, beziehungsweise zu einem vernünftigen Umgang mit Genussmitteln, anhalten. Weder die Jugendschutzvorschriften beim Alkohol noch das Cannabisverbot halten Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren heute von etwas ab.
Unser Kommentar an den Regierenden Bürgermeister von Berlin: Bis 1973 wurden in Deutschland Homosexuelle nicht nur diskriminiert sondern waren auch nach Paragraph 175 StGB von staatlicher Verfolgung bedroht. Unsere Gesellschaft ist seitdem etwas toleranter geworden und Vorurteile wurden zurückgedrängt. Nichtdestotrotz sind Cannabiskonsumenten heute noch in einer ähnlichen Lage. Und das ist nicht gut so, Herr Wowereit!
Der Schwatz der Sierra Madre
[Tagesspiegel, 16.10.2003]
Leserbrief-Adresse des Tagesspiegels
Wowereit spricht sich gegen Drogenfreigabe aus
[Berliner Morgenpost, 15.10.2003]
Leserbrief-Adresse der Berliner Morgenpost
Drogenpolitik à la Mexicana
[taz, 16.10.2003]
Drogenpolitisches Chaos mit mexikanischen Zwischenrufen
[FDP PM-Nummer: 340/2003, 15.10.2003]
Homepage der FDP-Fraktion in Berlin
In der Drogenpolitik: Wowereit auf CDU-Linie
[PM Bündnis 90/Die Grünen, 15.10.2003]
Homepage von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin
Cannabis, Clowns und CDU - Wowereit verirrt?
[Grüne Jugend Brandenburg, 16.10.2003]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
15.10.2003
USA: Ärzte dürfen Cannabis empfehlen
[15.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-15-cal
Die US-Bundesregierung darf Ärzte nicht dafür bestrafen, dass sie Patienten Cannabis als Medizin empfehlen. So entschied der 9. U.S. Circuit Court of Appeals, ein US-Bundesgericht, das für Kalifornien und andere westliche Bundesstaaten (Alaska, Arizona, Hawaii, Idaho, Montana, Nevada, Oregon, Washington sowie Guam) zuständig ist, im April 2002. Der Oberste Gerichtshof hat diese Entscheidung jetzt bestätigt.
Nach der Verabschiedung eines Gesetzes zum medizinischen Gebrauch von Cannabis (Proposition 215) in Kalifornien im November 1996 drohte die Regierung von Präisdent Clinton, Ärzten ihre Lizenz zur Verschreibung von Betäubungsmitteln zu entziehen, wenn sie Patienten Cannabis empfehlen. Kalifornische Ärzte klagten dagegen und das Bundesgericht gab ihnen am 08.04.2002 Recht. Die Regierung von Präsident Bush legte gegen die Entscheidung Berufung ein. Dieser Antrag auf ein Berufungsverfahren wurde nun vom Obersten Gerichtshof abgelehnt.
Damit steht fest, dass Ärzte das Recht haben, Cannabis zu empfehlen, wenn sie das für medizinisch sinnvoll halten. Der Besitz von Cannabis ist in Kalifornien und einigen anderen Bundesstaaten nur dann straffrei, wenn eine Empfehlung eines Arztes vorliegt.
Bevor der derzeitige kalifornische Gouverneur Gray Davis für "Gubernator" Arnold Schwarzenegger Platz macht, hat er am Sonntag, 12.10.2003 ein Gesetz zu Cannabis als Medizin unterschrieben. S.B. 420 ("Senate Bill 420") führt unter anderem besondere Ausweiskarten ein, damit Patienten der Polizei beweisen können, dass sie kein Gesetz brechen, wenn sie Cannabis besitzen. Die Ausstellung eines solchen Patientenausweises ist freiwillig und dient zum Schutz vor Verhaftungen und Beschlagnahmungen. Sie ist keine Voraussetzung dafür, dass Patienten vor Gericht straffrei ausgehen (Proposition 215 sah keine Ausweispflicht vor). Das Gesetz stellt ausserdem klar, dass Kooperativen zum Anbau und zur Verteilung von Cannabis für medizinische Zwecke kein Gesetz brechen. Proposition 215 nahm nur Patienten und ihren "hauptsächlichen Pfleger" (primary caregiver) vom Cannabisverbot aus.
Gouverneur Davis war kein Befürworter von Proposition 215. Sein größter Spender im Wahlkampf war die Gewerkschaft der Gefängniswärter. Hätte Davis S.B. 420 nicht unterschrieben, dann wäre das Gesetz auch ohne seine Unterschrift in Kraft getreten, da er in Kürze aus dem Amt scheidet.
Schwarzenegger, sein gewählte Nachfolger, unterstützt im Gegensatz zu seinen Parteikollegen George W. Bush und Pete Wilson, dem vorigen republikanischen Gouverneur Kaliforniens, den medizinischen Gebrauch von Cannabis.
Davis unterschrieb ausserdem ein Gesetz, das der Universität von Kalifornien Mittel für Studien zu Cannabis zur Verfügung stellt.
Supreme Court Rejects Bush Administration Attempt To Gut Medical Marijuana Laws
[MPP, 14.10.2003]
Recommending Pot Sounds OK To 9th Circuit
[Recorder (US), 09.04.2002]
Cannabis als Medizin
15.10.2003
USA: Tommy Chong hinter Gittern
[15.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-15-us
Tommy Chong, eine Hälfte des amerikanischen Komikerduos Cheech & Chong ("Viel Rauch um Nichts", 1978) trat am Mittwoch, 08.10.2003 eine Haftstrafe im Bundesgefängnis Taft bei Bakersfield in Kalifornien an. Bis nächsten Mai ist er Häftling Nr. 07798-068. Am 11. September 2003 hatte ein Gericht den 65-Jährigen für den Verkauf von Glaspfeifen zu neun Monaten Haft verurteilt (siehe CLN#125, 12.09.2003). Mit Galgenhumor beschrieb Chong bei einem seiner letzten Bühnenauftritte die morgendliche Razzia bei ihm im Haus.
"Sie haben mich am Ende doch erwischt", sagte er. "Ich habe es seit 30 Jahren versucht."
(Gelächter)
"Sie sagten, 'aus dem Weg, das ist eine Razzia.' Sie hatten Taschenlampen dabei. Ich sagte "Was sucht ihr denn, den Lichtschalter?"
(Gelächter)
"Die DEA (Bundesdrogenpolizei) sagte, 'Haben Sie Marihuana im Haus?' Ich sagte, "Natürlich, ich bin doch Tommy Chong.' "
(Gelächter)
"Er sagte, 'Wir haben keinen Durchsuchungsbefehl für Pot (Cannabis).' Ich sagte, 'Verstehe ich das richtig - Sie sind die DEA und suchen nicht nach Pot?'"
(Gelächter)
"Nun, nach was suchen Sie denn dann überhaupt?"
"Glaspfeifen."
Wer ihm schreiben will:
Thomas Kin Chong
07798-068
Taft CI
1500 Cadet Road
Taft, CA 93268
USA
He's taking one big hit
[LA Times (US), 10.10.2003]
USA: Neun Monate Haft für Tommy Chong
[CLN#125, 12.09.2003]
Cannabis in den USA
14.10.2003
USA: Krieg gegen Schmerzmittel
[14.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-14-us
Seit 15 Jahren moderiert Rush Limbaugh in den USA eine Radio-Show, die landesweit über 600 örtliche Sender ausgestrahlt wird und mit über 20 Millionen Zuhörern die meistgehörte politische Radiosendung des Landes ist. Limbaugh ist wegen seiner streng konservativen Linie umstritten. Viele Wähler der Republikaner verehren ihn wie ein Idol, während er auf andere wie ein rotes Tuch wirkt.
Wie eine Bombe schlug es am Freitag, 10.10. ein, als der Moderator live im Radio bekanntgab, dass er drogensüchtig ist und sich zum Entzug 30 Tage in eine Drogenklinik begeben will. Damit bestätigte er seit kurzem kursierende Gerüchte aus der Boulevardpresse, die unter Berufung auf seine Haushälterin berichtete, Limbaugh habe Tausende von Oxycodon-Pillen (US-Handelsname: OxyContin, in Deutschland: Oxygesic) auf dem Schwarzmarkt erworben. Dabei handelt es sich um ein Schmerzmittel, dass ähnlich wie Heroin oder Morphin wirkt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft in Florida gegen ihn. Limbaugh hatte vor Jahren eine Wirbelsäulenoperation, nach der er auf Schmerzmittel angewiesen war. Er soll bereits seit fünf Jahren opioidabhängig sein, ohne dass jemand etwas davon merkte.
Etwa 50 Millionen Amerikaner leiden an chronischen Schmerzen. Jährlich unterziehen sich 150.000 von ihnen einer Wirbelsäulenoperation, bei der mehrere Wirbel miteinander verbunden werden, weil einige davon zu abgenutzt sind.
Die Bundesdrogenpolizei DEA drängt auf eine noch restriktivere Verschreibungspolitik bei Schmerzmitteln, insbesondere bei Oxycodon, dass als "hillbilly heroin" ("Hinterwäldler-Heroin") vor allem in ländlichen Gegenden auf den Schwarzmarkt gelangt. Die Leidtragenden dabei sind im wahrsten Sinn des Wortes die Schmerzpatienten, die immer mehr Schwierigkeiten haben, einen Arzt zu finden, der bereit ist, ihnen eine ausreichende Menge wirksamer Schmerzmittel zu verschreiben.
Verkaufen Patienten die Pillen weiter oder kommt es durch falschen Gebrauch zu einer tödlichen Überdosis (meist durch Mischkonsum mit Alkohol), dann droht dem Arzt eine Razzia durch das Drogendezernat, Beschlagnahmung der Akten und vorläufige Schliessung der Praxis. Die anderen Patienten müssen dann schlagartig einen neuen Arzt finden. Sogar wenn das Verfahren eingestellt wird, wie bei Dr. Frank Fisher aus Nordkalifornien, ist oft bereits die berufliche Existenz ruiniert.
Ein anderes Schmerzmittel, das im Gegensatz zu Oxycodon und anderen Opioiden und Opiaten keine körperliche Abhängigkeit verursacht und von dem auch keine Todesfälle durch Überdosierung bekannt sind, bleibt Schmerzpatienten in den USA und in Deutschland bisher gleichermassen verwehrt: Cannabis. In den Niederlanden ist es wieder in Apotheken erhältlich, so wie früher auch in Deutschland.
Limbaugh Says He's Addicted To Painkillers, Will Check Into Rehab
[Sarasota Herald-Tribune (US), 11.10.2003]
Law Enforcement Officials Nationwide Are Targeting Doctors
[Roanoke Times (US), 28.09.2003]
Cannabis and Pain Management
[Ethan Russo MD, Cannabis Health Magazine (CA), 01.09.2003]
13.10.2003
Alkohol in der Pubertät
[13.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-13-sp
Komasaufen ist bei Jugendlichen in, berichtet der Spiegel. Schon 12-Jährige landen im Krankenhaus, weil sie bis zur Bewusstlosigkeit trinken. Auf 3,7 Promille brachte es eine 13-Jährige im Mai in Lörrach im Wahlkreis der Bundesdrogenbeauftragten Marion Caspers-Merk. Mit 95.000 Euro finanziert das Bundesgesundheitsministerium nun eine Studie, die feststellen soll, warum immer mehr Jugendliche immer mehr Alkohol konsumieren. In Nordrhein-Westfalen hatten 1993/94 etwa 34% der 15-jährigen Jungen bereits mehrere Räusche. 1997/98 waren es 36%, 2001/02 schon 44%. Bei den Mädchen waren es 26%, 31% und 34%.
Dabei hatte der bundesdeutsche Alkoholkonsum bei Jugendlichen seit den 70er Jahren zunächst jahrelang abgenommen. In den letzten Jahren haben sich aber Alcopos, süße Alkoholika auf Basis von Wodka, Rum oder Tequila stark verbreitet, die besonders auf jüngere, an Limonadengeschmack gewöhnte Kunden zielen. Der Verkauf dieser Getränke an Personen unter 18 ist illegal. Um den Konsum zu bremsen hat das Schweizer Parlament bereits eine Sondersteuer von ca. 1 Euro pro 0,3 l beschlossen. Darüber denkt man nun auch im Bundesgesundheitsministerium nach. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) spricht sich für einen Steuersatz von 1 Euro pro 0,1 l für die "Einstiegsdroge Alcopops" aus (siehe DHS Pressemitteilung). Ausserdem fordert der Verband ein Werbeverbot und Warnhinweise analog zu Zigarettenschachteln.
Was es nicht geben wird, ist ein Verbot für Erwachsene, wie bei Cannabis. Glücklicherweise: Während der amerikanischen Alkoholprohibition in den 20er Jahren nahm Alkoholkonsum unter Jugendlichen epidemische Ausmasse an, nachdem es im Schwarzmarkt keine Alterskontrollen mehr gab. Mit eine Rolle spielte damals schon die Verbreitung von Cocktails. Der Schwarzmarktschnaps wurde vielfach zur Tarnung mit Fruchtsäften vermischt. Der mildere Geschmack eroberte neue Konsumentengruppen unter Frauen und Jugendlichen.
Süße Bomben
[spiegel.de, Ausgabe 42/2003]
Voll im Rausch (Grafik)
[spiegel.de]
DHS-Pressemitteilung
[DHS, 09.10.2003]
13.10.2003
Cannabis in der Pubertät
[13.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-13-ju
Viele Tageszeitungen haben über Ergebnisse einer Studie aus Bremen über Cannabiskonsum in der Pubertät berichtet:
Bremen (dpa) - Der Konsum von Haschisch und Marihuana in der Pubertät kann Bremer Wissenschaftlern zufolge das Kurzzeitgedächtnis dauerhaft schädigen. Das schließen die Hirnforscher der Universität Bremen aus Experimenten mit Ratten, deren Ergebnisse auf Menschen übertragbar seien.
Für Erwachsene sind den Angaben vom Donnerstag zufolge keine entsprechenden Wirkungen beobachtet worden. Auf dem Weg zur Geschlechtsreife seien die Andock-Stellen im Gehirn für viele Stoffe besonders empfänglich, hieß es. Das gelte unter anderem für Cannabis, Alkohol und Nikotin.
Nach den Ergebnissen ihrer Cannabis-Studie halten die Autoren Miriam Schneider und Michael Koch sogar einen Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Haschisch in der Pubertät für möglich.
Sollten die Schlüsse der Wissenschaftler zutreffen, wäre das ein Grund mehr, endlich eine Drogenpolitik zu betreiben, die wirksamen Jugendschutz ermöglicht. Der derzeitige unkontrollierbare Schwarzmarkt und die verbotsbedingte Tabuisierung des Konsums, die eine wirksame Prävention erschwert, sind dafür keine geeignete Grundlage.
Wie weit die Ergebnisse der Studie tatsächlich auf Jugendliche übertragbar sind, ist schwer zu sagen.
- Eine Ratte ist mit nur 70 Tagen erwachsen. Die Rattenpubertät, während derer die Versuchstiere eine Substanz verabreicht bekamen, die ähnlich wirkt wie der Cannabishauptwirkstoff THC, dauert nur ca. einen Monat. Bei Menschen dauert die Geschlechtsreife im Schnitt 4 1/2 Jahre (d.h. 54 Monate).
- Die Ratten bekamen Injektionen von 1,2 mg des Cannabinoids WIN 55,212-2 (WIN-2) pro kg Körpergewicht. An zehn Tagen bekamen die Ratten keine Drogen, an weiteren 10 Tagen wurde ihnen jeweils eine Dosis verabreicht und an fünf Tagen jeweils zwei Dosen. Die Tiere standen also während ihrer Pubertät insgesamt an 60% aller Tage unter Drogen. Die meisten Menschen, die Cannabis gebrauchen, verwenden es dagegen nur gelegentlich. Laut Repräsentativumfrage des Instituts für Therapieforschung konsumierten nur 10,7% der aktuellen Konsumenten an mindestens 200 Tagen des vergangenen Jahres Cannabis. 89,3% konsumierten also seltener.
- WIN-2 kommt nicht in der Cannabispflanze vor. Es wird künstlich hergestellt und wirkt etwa 4-mal stärker als der Hauptwirkstoff von Cannabis, delta-9 THC. Auf einen 50-60 kg schweren Jugendlichen übertragen, entspricht die verwendete Dosis also 240 bis 290 mg THC, entsprechend 3 bis 3,6g Haschisch zu 8% Wirkstoffgehalt.
- Überträgt man das Konsumverhalten, das die Wissenschaftler für die Ratten aussuchten, auf den Menschen, dann entspricht es einem Jugendlichen, der vom Alter von 13 bis 18 Jahre konstant monatlich 400-500 Euro für Haschisch ausgibt (20-25g pro Woche). Ein solches Konsummuster mag es zwar vereinzelt geben, aber es ist kaum repräsentativ, insbesondere für diese Altersgruppe.
Cannabiskonsum in der Pubertät schädigt Gedächtnis
[Yahoo! Nachrichten, 09.10.2003]
Pubertal and chronic cannabinoid treatment
[Neuropsychopharmacology (2003) 28, 1760–1769]
Argument: "Das Cannabisverbot schützt die Jugend"
10.10.2003
Dubai: Lebenslänglich für 0,6 Gramm Cannabis
[10.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-10-ae
Ein Gericht in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate, VAE) hat einen 27-Jährigen aus Sri Lanka zu lebenslänglicher Haft verurteilt, nachdem er im Besitz von 0,6g Cannabis ertappt worden war. Er soll auf der Strasse Cannabis verkauft haben.
Im Juni wurde eine 24-jährige Britin aus Dubai ausgewiesen, nachdem sie zwei Jahre vorher wegen Schmuggels von Cannabis und Kokain zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war. In einer Berufungsverhandlung war das Strafmaß auf 10 Jahre reduziert worden. Das britische Aussenministerium dementierte, dass es etwas mit der vorzeitigen Haftentlassung zu tun gehabt habe.
In Dubai droht bei Besitz und Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen gleichermassen eine Haftstrafe von mindestens vier Jahren. Selbst wer in Dubai nie Cannabis besitzt oder konsumiert, ist vor Strafe nicht sicher: Wenn jemand Cannabis nur im Ausland konsumiert und Wochen später dann in den Emiraten ein Urintest noch positiv ausfällt, muss er oder sie für mindestens vier Jahre hinter Gitter.
Der Handel mit illegalen Substanzen kann sogar mit dem Tod bestraft werden. Trotz der strengen Strafen ist Dubai ein wichtiger Umschlagplatz für Drogen aller Art. Mehrfach wurden Lieferungen von Hunderten von kg Haschisch aus Pakistan und anderen Ländern aufgespürt, die von Dubai aus weiterverschifft werden sollten. Dubai ist auch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für Importe und Exporte von und nach Afghanistan (siehe CLN#70, 12.07.2002).
Dass in Dubai nicht zwischen Drogen mit unterschiedlichen Eigenschaften unterschieden wird, begründet die Polizei mit der Einstiegsdrogentheorie, die sich auch in den VAE noch hartnäckig zu halten scheint. Dr Mohammed Murad Abdullah, Direktor für Forschung und Studien bei der Polizei von Dubai, wird wie folgt zitiert:
Dr Abdullah supported the principle which treated all drugs and drug abusers under the same sentencing umbrella.
“There is no difference because once you use drugs you need three years rehabilitation to be cured. Soft drugs lead to the inevitable use of hard drugs so it is best to treat them with the same severity,” he said. It is this “inevitable progression” which is at the centre of much of the Dubai Police’s effective educational programme.
Bei einigen Suchtmitteln ist man in Dubai jedoch großzügiger. Der Zollfreibetrag bei Zigaretten beträgt im Golfstaat stolze 100 Schachteln. Vor zwei Jahren enthüllte ein Artikel im britischen "Guardian", dass sogar der VAE-Botschafter in London in den internationalen Zigarettenschmuggel verstrickt war. Dubai ist laut eines Berichts des Weltzollverbandes einer der Hauptumschlagspunkte für internationale Schmugglerringe. Allein in Großbritannien wurden bisher 77 Millionen unversteuerter Zigaretten in 39 Lieferungen aus Dubai beschlagnahmt, so der "Guardian".
Life-term in drug case
[Khaleej Times (AE), 06.10.2003]
UAE frees British woman who got life term for drug smuggling
[Guardian (UK), 04.06.2003]
The Drugs Don’t Work
[Al Shindagah (AE), Mai 1998]
Dubai diplomat accused of smuggling BAT cigarettes
[Guardian (UK), 17.12.2001]
09.10.2003
Schweiz: Protokolle der Nationalratsdebatte
[09.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-09-ch
Am 24. und 25.09.2003 debattierte der Schweizer Nationalrat, ob sich das Parlament mit dem Gesetzentwurf zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes beschaffen sollte. Ein Mehrheit des Hauses stimmt scshliesslich dafür, den Entwurf an den Ständerat, die kleine Kammer, zurückzuschicken.
Protokolle der sehr kontrovers geführten Debatte sind online verfübar (die Redebeiträge sind auf französisch, deutsch oder italienisch, je nach Herkunft der Abgeordneten).
Weitere aktuelle Texte zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes sind auf der Website von infoset.ch zu finden. Im Folgenden ein paar Zitate:
Den Vogel abgeschossen hat aber die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und
andere Drogenprobleme (SFA). Sie hat im Hinblick auf die Drogendebatte allen
Mitgliedern des Nationalrates eine kleine Broschüre zugestellt, in der unter dem Titel
"Cannabis richtig einschätzen" sehr deutlich auf die Gefahren des Cannabiskonsums
hingewiesen wird. Wie im falschen Film kommt man sich vor, wenn man den
beigelegten Brief liest, in dem die SFA sich für die Cannabis-Freigabe einsetzt.
Irgend etwas kann da nicht stimmen!
Wenn die SVP-Vertreter die Stellungnahmen der SFA gelesen hätten, wüssten sie, dass eine Studie dieser Organisation gezeigt hatte, dass der Cannabiskonsum unter Männern ausgerechnet in der cannabis-repressiven Westschweiz am weitesten verbreitet ist, weshalb der Nutzen der repressiven Strategie fragwürdig ist.
Die Abgeordnete Doris von der christdemokratischen CVP verlangte eine Präzisierung der Pläne der Regierung, bevor es zu einer Beratung der Gesetzesvorlage kommen könne:
Leuthard Doris (C, AG): Falls wir auf diese Vorlage eintreten, möchte ich Ihnen
beliebt machen, diese an die Kommission zurückzuweisen, und zwar nicht aus einem
taktischen Manöver heraus, sondern weil ich gewohnt bin, mir ein gesamtes Bild über
eine Vorlage zu machen und auch die Details zu kennen. Wir haben in den letzten
Jahren erlebt, dass Verordnungen kreiert wurden, die überhaupt nicht dem Willen
des Parlamentes entsprachen. Weil bei diesem Gesetz Unklarheiten bestehen,
laufen wir Gefahr, dass uns die Verordnung einmal mehr mit Details überrascht, mit
Änderungen, die nicht unserer Absicht entsprechen.
Diese Vorlage ist emotional, das erleben wir auch heute wieder. Aber gerade das
bedingt, dass wir uns seriös auch mit Details befassen, dass wir die Grundlagen
kennen. Ich möchte auch diese Verordnung kennen. Ich habe gehört, dass die
Verordnung des Bundesrates im Entwurf vorliegt. Ich verstehe nicht, weshalb dieser
Entwurf der Kommission nicht zur Verfügung gestellt wird, damit man die Details
klären kann.
Ich beginne beim Opportunitätsprinzip. Die Juristen hier im Saal wissen es: Bereits
heute wird dieses Prinzip im Bereich Strafrecht, im Bereich Kriminalisierung
angewendet. Es bietet uns grosse Schwierigkeiten. Es hat keine klaren Parameter:
Wann wird bestraft? Von Kanton zu Kanton gibt es verschiedene Grenzen. Es gibt
Kantone, die Kleinkonsumenten bestrafen; es gibt Kantone, die darüber
hinwegschauen. Neu will uns die Kommission auch wieder dieses
Opportunitätsprinzip beliebt machen. Für mich ist das kein griffiges Mittel; ich
möchte, dass man in der Verordnung mindestens definiert, was denn die Ansätze
sind, welche Produktion und welcher Handel strafbar bleiben und welcher nicht.
Wir laufen sonst Gefahr, eine unterschiedliche Handhabung durch unterschiedliche
Richter zu haben. Gerade für die Bauernschaft, die im Anbau in den letzten Jahren
Überraschungen und Verurteilungen erlebt hat, ist es wichtig, die Grenze der
Strafbarkeit zu kennen, und deshalb muss, nach dem Opportunitätsprinzip, die
Kommission nochmals über die Bücher und uns klarere Definitionen vorschlagen.
Die Kommission hat ja neu entgegen dem ständerätlichen Beschluss in Artikel 28b
eine Lenkungsabgabe für Cannabis vorgeschlagen. Man überlässt aber auch hier
sehr vieles der Verordnung. Man sagt: Der Bund muss Ausnahmen kreieren. Und der
Bund ist im Bereich Cannabis auch zuständig für Rückvergütungen. Ich kann mir
nicht vorstellen, wie das in der Praxis ablaufen soll. Ich kann somit weder Ja noch
Nein sagen zu einer solchen Abgabe, weil sehr viele Details fehlen. Und so können
wir hier in diesem Saal nicht seriös legiferieren.
Einig sind wir uns wohl alle: Der Jugendschutz und die Prävention sind in diesem
Bereich wichtig. Und gerade die CVP setzt sich hier seit Jahren ein. Aber auch dazu
finden sich in diesem Gesetz nur allgemeine Hinweise: Der Bund soll Programme
durchführen. Auch hier fehlt: Was für Massnahmen sollen das konkret sein? Wenn
wir auf der Ebene der Erwachsenen liberalisieren, wie schützen wir unsere Jugend?
Das sind Fragen, die zu klären sind.
Deshalb bitte ich Sie, die Vorlage zurückzuweisen. Die Kommission soll uns
zusammen mit dem Bundesrat vermehrt noch Auskünfte geben. Dann, glaube ich,
können wir sachlich, mit weniger Emotionen die schwierigen Fragen, auch
gesellschaftspolitischer Natur, klären und wie der Ständerat eine sachliche, gute
Diskussion führen.
Felix Gutzwiller von der FDP hob hervor, dass das Verbot des Drogenkonsums eine Anomalie im Schweizer Strafrecht ist: Es ist das einzige Gesetz im Gesetzbuch, das Selbstschädigung unter Strafe stellt. Des weiteren sei es erforderlich, sämtliche Substanzen,
sämtliche Missbrauchsformen in einer möglichst kohärenten Art und Weise
anzugehen. Er verwies auf die kurz vorher erfolgte Aufhebung des Absinthverbots und erinnerte daran, dass jene Politiker, die am entschiedensten für die Beibehaltung des Cannabisverbots eintraten wenige Monate vorher vehement gegen eine Absenkung der Alkoholgrenze im Strassenverkehr waren:
Es wurde in diesem Saal schon daran erinnert: Der Ständerat hat gestern ohne
Diskussion das Absinthverbot aufgehoben; ein Signal an Jugendliche? Lesen Sie
nach im Amtlichen Bulletin, wie man mit diesem Thema umgeht; es ist
ausserordentlich faszinierend. Absinth wirkt durch Thujon auch
bewusstseinsverändernd wie der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) des
Cannabis. Laut dem Amtlichen Bulletin hat der Initiant der Aufhebung dieses
Verbotes gestern - in einer schönen Sprache - gesagt: "Permettez-moi encore un
dernier mot: Au Val-de-Travers, certains nostalgiques préféreraient maintenir
l'interdiction. Ils pensent que l'illégalité fait largement partie de l'attractivité."
["Gestatten Sie mir ein letztes Wort: Im Travers-Tal würden manche Nostalgiker die Beibehaltung des (Absinth-)Verbots vorziehen. Sie denken, dass die Illegalität einen großen Teil der Anziehungskraft ausmacht." - Übersetzung von cannabislegal.de]
Darauf, auch nachzulesen im Amtlichen Bulletin, sagte der Ratspräsident: "Herr Cornu, Sie
dürfen beim Ständeratsausflug heute Nachmittag ein Muster abgeben." Im Amtlichen
Bulletin steht dann in Klammern: "Heiterkeit".
Das sind unterschiedliche Arten, wie wir mit verschiedenen Suchtmitteln umgehen.
(...) Bei den weicheren oder leichteren Drogen, wie immer der
Begriff ist, muss ein reguliertes Konzept angegangen werden. Diesen Weg will diese
pragmatische Vorlage gehen: ein reguliertes Konzept - auch gegen den massiven
Widerstand von Gruppierungen, die in diesem Saal noch vor einem halben Jahr für
Blutalkoholgrenzwerte von 0,8 Promille bis 1,0 Promille gekämpft haben und sich
jetzt für ein verstärkt repressives Vorgehen einsetzen.
Sie müssen die Gesamtlast dieser Suchtmittel und die Gesamtpolitik, die kohärent
sein muss, im Auge behalten. Diese pragmatische Vorlage versucht das.
Anne-Catherine Ménétrey-Savary von den Grünen, die zusammen mit Herrn Gutzwiller im Gesundheitsausschutz sitzt, sprach mehrmals zum Thema:
Repression ist die teuerste Säule der Drogenpolitik. Sie allein verschlingt die Hälfte des ganzen Geldes, das der Drogenpolitik gewidmet ist, während Vorbeugung davon nur ganze 10 Prozent hat. Es ist also ein Gebäude mit vier Säulen, das riskiert, bald in sich zusammenzustürzen. Mit mehr als 500 Millionen Franken schafft es die Unterdrückung nicht, mehr als 2 Prozent der ganzen Drogen zu beschlagnahmen, die auf dem Markt kursieren.
[Im franz. Original: La répression constitue le pilier le plus cher de la politique des drogues. Il accapare à lui
tout seul la moitié de tout l'argent consacré à la politique drogue, alors que la
prévention n'en a que le 10 pour cent. C'est donc un édifice à quatre piliers qui risque
bien de s'écrouler. Avec plus de 500 millions de francs, la répression ne parvient à
saisir que le 2 pour cent de toute la drogue qui circule sur le marché. - Übersetzung von cannabislegal.de]
Sie verwies auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge von Drogenmissbrauch:
Aber man muß jedoch auch sehen, daß diese Problematik in enger Verbindung mit der Logik unserer Konsumgesellschaft steht. "Citius - altius - fortius" ist der Leitspruch des olympischen Ideals; "immer schneller, weiter, stärker" ist auch die Logik der Drogenabhängigkeit. Wir leben in einer süchtigen Gesellschaft.
[Im franz. Original: Mais il faut bien voir aussi que cette problématique est en relation étroite
avec la logique de notre société de consommation. "Citius - altius - fortius", c'est la
devise de l'olympisme; "toujours plus vite, plus loin, plus fort", c'est aussi la logique
de la toxicomanie. Nous vivons dans une société addictive. - Übersetzung von cannabislegal.de]
Ruth-Gaby Vermot von den Sozialdemokraten verteidigte die Reformpläne und befasste sich mit dem Argument des Jugendschutzes:
Vermot Ruth-Gaby (S, BE): Die SP-Fraktion unterstützt das Gesetz, bedauert
jedoch, dass die Entkriminalisierung aller Drogen nicht verwirklicht wurde. Wir
brauchen dieses neue Gesetz dringend, das seit der Beratung im Ständerat von
unserem Rat vertrödelt wurde. (..) Repression hat noch nie einen präventiven Charakter
gehabt. Jugendliche lassen sich vom Konsumverbot nicht einschüchtern. Die
Bestrafung verhindert bei den Jugendlichen die dringend nötige Enttabuisierung von
Sucht und die Möglichkeit, sich offen damit zu befassen und sich auch
Suchtfachleuten oder Eltern und Lehrpersonen anzuvertrauen. Was versteckt
geschieht, kann nicht behandelt werden. Der Zugang von Eltern, Lehrerinnen und
Lehrern, Suchtfachleuten und Freizeitleiterinnen und -leitern zu gefährdeten
Jugendlichen ist damit erschwert. Suchtentwicklungen können rascher im Untergrund
geschehen.
Probleme und das Suchtverhalten von Jugendlichen dürfen nicht an die Polizei und
die Repression oder an das Jugendgericht delegiert werden: Hier ist die
Aufmerksamkeit jener gefordert, die im sozialen Umfeld der Jugendlichen aktiv sind.
Nationalrat - Herbstsession 2003 - Neunte Sitzung/Zehnte Sitzung
[Adobe PDF, 24./25.09.2003]
Debatte zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes
[infoset.ch]
Cannabis in der Schweiz
08.10.2003
Kanada: Regierung verliert Prozess aber Verbot wieder gültig
[08.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-08-ca
Das Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario (Ontario Court of Appeal) hat eine Klage der Regierung abgewiesen. Die derzeitigen Bestimmungen zur Versorgung von Patienten mit Cannabis als Arnzei seien zu restriktiv und nicht verfassungsgemäß. Im Einzelnen:
- Es sei nicht mit der Verfassung vereinbar, wenn der Staat zwar Patienten den Besitz von Cannabis erlaubt, aber sie mangels legaler Anbieter dann in den Schwarzmarkt schickt, den der Staat eigentlich bekämpfen will.
- Patienten, die eine Erlaubnis zum Besitz von Cannabis beantragen, müssen künftig kein zweites ärztliches Gutachten beibringen. Ein Gutachten reicht.
- Personen, die eine Erlaubnis zum Anbau haben, dürfen für ihren Aufwand entschädigt werden. Bisher war jede Bezahlung für den Anbau von Cannabis als Arznei verboten.
- Personen mit Anbauerlaubnis dürfen mehr als einen Patienten versorgen.
- Der Anbau darf zusammen mit mehr als zwei anderen Anbauern erfolgen. Bisher waren Kooperativen auf maximal drei Personen beschränkt.
Damit haben die Richter die Tür für Cannabisclubs geöffnet, wie sie seit Jahren in Kalifornien existieren. Das Urteil trat mit Verkündung in Kraft.
Durch die Lockerung der Bestimmungen zur Versorgung der Patienten haben die Richter einen Konflikt beseitigt, der ein untergeordnetes Gericht dazu bewegt hatte, das Verbot des Besitzes generell für verfassungswidrig zu erklären. Mit anderen Worten: Der Besitz von bis zu 30g Cannabis ist jetzt in Ontario wieder eine Straftat.
Erst eine derzeit geplante Gesetzesänderung zur Umstufung des Besitzes geringer Mengen Cannabis zu einer Ordnungswidrigkeit könnte das wieder ändern. Mehrere Monaten lang hatten sich Gerichte in der Provinz nicht mehr mit Fällen des Besitzes geringer Mengen beschäftigt und die Polizei hatte keine Fälle mehr vor Gericht gebracht.
Ottawa's Pot Rules Unconstitutional, Court Rules
[Globe and Mail (CA), 07.10.2003]
Die Entscheidung im Wortlaut
[07.10.2003]
Kanada: Entkriminalisierung oder Rekriminalisierung?
[CLN#116, 27.06.2003]
Cannabis in Kanada
07.10.2003
Berlin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nutzhanf
[07.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-07-dhv
Seit über einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin schon wegen 63 legal angebaute Nutzhanfpflanzen, die bei der Hanfparade im August 2002 beschlagnahmt worden waren. Die Beschlagnahmung war auch der Anlass für eine Rede von Christian Ströbele, MdB die mit der "Gebt das Hanf frei!"-CD verewigt wurde. Statt das Verfahren einzustellen, hat nun die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Geschäftsführer des Deutschen Hanf Verbands erhoben:
Berliner Staatsanwaltschaft klagt gegen Deutschen Hanf Verband
- wegen Nutzhanf!
Während in Berlin über die Entkriminalisierung von
Cannabis-Genussmitteln und deren legale Abgabe diskutiert wird, klagt
die Berliner Staatsanwaltschaft den Geschäftsführer des Deutschen Hanf
Verbandes, Georg Wurth, wegen des Besitzes von 63 Faserhanfpflanzen
an.
Mehrere tausend Hektar solcher Pflanzen wachsen ganz legal auf
deutschen Äckern. Durch sehr niedrige THC-Werte wird dabei der
Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen. Mit einem Gehalt von unter
0,1 % THC waren auch die sichergestellten Hanfpflanzen des DHV als
Genussmittel völlig unbrauchbar. Sie wurden als Dekorationsmaterial
zur Hanfparade 2002 angeliefert, als die Polizei mit großem Aufwand
einschritt.
Es scheint so, als wolle die Berliner Staatsanwaltschaft mit dieser
absurden Anklage die Unsinnigkeit der Hanfprohibition mit einer Satire
darstellen und damit die aktuelle Diskussion befruchten. Monatelang
waren zunächst mehrere Polizeidirektionen mit der Suche nach den
zunächst verschwundenen Pflanzen beschäftigt. Seitdem befasste sich
die Staatsanwaltschaft über ein halbes Jahr mit dem Vorgang. Es wäre
interessant zu erfahren, wie viel das Verfahren bisher gekostet hat
...
Weitere Informationen finden Sie auf www.hanfverband.de http://www.hanfverband.de - Aktuelles
Nr. 6,14,23
Mit freundlichen Grüßen
Georg Wurth
DHV Pressemitteilung zur Anklage
[Adobe PDF, DHV, 02.10.2003]
Deutscher Hanf Verband
03.10.2003
Standpunkte von Caspers-Merk und Zeitlmann
[03.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-03-br
Wir haben zwei neue Texte mit Standpunkten von zwei Politikern der SPD und der CSU online gestellt.
a) Marion Caspers-Merk (SPD), Bundesdrogenbeauftragte:
Frau Caspers-Merk behauptet in einer Email vom 02.10.2003 unter anderem, dass bei Verfahrenseinstellungen bei geringen Mengen von Cannabis "von einer im Wesentlichen einheitlichen Rechtsprechung, die das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte, gesprochen werden könne." Merkwürdig: Noch voriges Jahr im März schrieb die SPD-Politikerin wörtlich in einem Beitrag zu einer internationalen Konferenz am Dreiländereck zur Schweiz, wo es um die Cannabisreform in der Schweiz ging, folgendes zur Lage in Deutschland:
"Ich werde mich für eine einheitliche Regelung der geringen Menge einsetzen, weil die Unterschiede zwischen den Bundesländern nicht akzeptabel sind."
b) MdB Wolfgang Zeitlmann (CSU):
In einem Posting in seinem Onlineforum bezeichnet Zeitlmann es als einen "offensichtlichen Fehler" bei Alkohol und Nikotin, dass "man diese Drogen Einzug in unsere Kultur hat haben lassen". "Droge ist Droge, und in welcher Form auch immer schädlich", so der Politiker.
Man darf gespannt sein, ob Zeitlmann künftig das "Herbstfest" in seinem Wahlkreis in Rosenheim meiden wird oder ob er CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber von der ersten Mass nach dem "O'zapfn" auf dem Oktoberfest abraten wird.
Email von Marion Caspers-Merk
[02.10.2003]
Marion Caspers-Merk (SPD), Drogenbeauftragte
SPD und Cannabis
Stellungnahme von Wolfgang Zeitlmann
[26.08.2003]
Wolfgang Zeitlmann (CSU)
CDU/CSU und Cannabis
Ungleiche Rechtspraxis in den Ländern bei geringen Mengen
01.10.2003
Korrektur: Wirkstoffgehalt von Haschisch
[01.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-01-thc
Vorige Woche berichteten wir, dass laut Bundeskriminalamt (BKA) der bei Cannabisharz (Haschisch) am häufigsten vorkommende Wirkstoffgehalt bei etwa 8% liegt. Dieser Wert habe sich seit Jahren nicht wesentlich geändert. Das stimmte jedoch nicht ganz. Hans Cousto von Eve & Rave wies uns darauf hin, dass 1996 der häufigste Wirkstoffgehalt in BKA-Analysen bei nur 4-5% lag. Im folgenden Jahr nahm der Marktanteil von Haschisch mit bis zu 6% THC deutlich ab, während Sorten mit 7% und mehr öfter zu finden waren. Seitdem gab es nur geringe Veränderungen, ausser bei Sorten mit mehr als 14% THC, die zulegten und 1999 und 2000 jeweils 13% aller getesteten Proben ausmachten. Laut BKA-Rauschgiftjahresbericht 2000 (Seite 92f) enthielt etwa ein Viertel der getesteten Marihuanaproben mehr als 10% THC, verglichen mit etwa einem Fünftel der Haschischproben
Ein höherer Wirkstoffgehalt bedeutet nicht unbedingt mehr Probleme. Wenn er durch eine entsprechend geringere Dosierung ausgeglichen wird, führt ein höherer THC-Anteil sogar zu einer geringeren Lungenbelastung durch weniger Rauch, während umgekehrt wirkstoffarme Sorten besonders lungenbelastend sind.
Ein Problem ist jedoch, dass anders als z.B. bei legalen Alkoholika der Wirkstoffgehalt der Schwarzmarktware weder konstant ist noch auf der Packung zu lesen ist. Und während Konsumenten in niederländischen Coffeeshops unter namentlich bekannten Sorten eine aussuchen können, die ihnen erfahrungsgemäß zusagt, haben viele Konsumenten in Deutschland keine Auswahl sondern müssen das nehmen, was ihr Stammdealer oder ein Strassenhändler ihnen gerade liefern kann. Diese wechselnde Qualität kann dann schon mal zu unliebsamen Überraschungen führen.
Drug-Checking in Europa - Die Situation in verschiedenen Ländern im Vergleich
[Hans Cousto / Eve & Rave, 27.09.2002]
Berlin (III): Caspers-Merk kritisiert Berliner Reformpläne
[CLN#127, 26.09.2003]
Wirkstoffgehalt von Cannabis
Eve & Rave Berlin - Homepage
01.10.2003
Zeitlmann (CSU) recycelt Pressemitteilung
[01.10.2003]
http://www.cannabislegal.de/neu/2003-10.htm#2003-10-01-csu
Wolfgang Zeitlmann, der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, kritisiert in einer Pressemitteilung vom 30.09.2003, dass sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, für eine Cannabisreform ausgesprochen hat:
Grüne unterstützen Drogenmissbrauch statt ihn zu bekämpfen
Legalisierungspolitik von Cannabis-Produkten führt in die Irre
Zur Ankündigung des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Volker Beck, die Freigabe von Haschisch und Marihuana erreichen zu wollen, erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Wolfgang Zeitlmann:
Die von den Grünen angekündigte Legalisierung von Haschisch und Marihuana ist ein völlig falsches Signal. Wer Drogenmissbrauch als gesellschaftliche Realität hinnimmt, verkennt Ursache und Wirkung und hat nichts verstanden. Eltern und Erziehungspersonen wird es damit weiter erschwert, Jugendlichen die Gefahren des Drogenmissbrauchs zu verdeutlichen und sie davon abzuhalten. Junge Menschen werden sich darauf berufen, selbst Politiker der Regierungskoalition wären für den Konsum von Drogen.
Eltern müssen ihre Kinder ohne Angst vor Drogen in die Schule oder in die Disko gehen lassen können. Die hohe Zahl der Drogentoten und der Erstkonsumenten harter Drogen mahnen zu einer verantwortungsbewussten Drogenpolitik zurückzufinden. Auch hier gilt: Wehret den Anfängen. Mit der Legalisierung so genannter Einstiegsdrogen können die Anfänge für eine "Drogenkarriere" gesetzt werden. An den drei Säulen, Prävention, Hilfe zum Ausstieg für Süchtige und Bekämpfung der Drogenkriminalität mit allen rechtstaatlichen Mitteln führt kein Weg vorbei. Eine Verharmlosung des Drogenmissbrauchs darf nicht in Frage kommen.
Scheinbar wollte sich der CSU-Abgeordnete bei seinem Versuch, eine bundesweite Cannabisreform aufzuhalten, nicht zuviel Arbeit machen. Ein Vergleich zeigt, dass sich Zeitlmanns neuestes Werk nur geringfügig von einer Pressemitteilung unterscheidet, die er schon am 03.06.2002 – also vor 16 Monaten – herausgab (wir berichteten in CLN#65, 07.06.2002). Sogar die Überschrift ist die selbe.
Als eine der wenigen Änderungen wurde aus der "steigenden Zahl der Drogentoten" deren "hohe Zahl". Gezwungenermassen, denn schliesslich nahm die Zahl der im Zusammenhang mit illegalen Substanzen Verstorbenen von 1835 in Jahr 2001 auf 1397 im Jahre 2002 ab (siehe CLN#92, 10.01.2003). Dass von Cannabis gar keine tödlichen Überdosisfälle bekannt sind, stört den Politiker dabei nicht. Trotz anders lautender Expertenaussagen hält er nämlich Cannabis für eine Einstiegsdroge. Eine Legalisierung führe zu mehr Cannabiskonsum, dieser zu mehr Heroinkonsum und letztlich dann zu mehr Toten, so die Argumentation der CSU.
Diese Überlegung hat jedoch einen kleinen Schönheitsfehler - die vorliegenden Zahlen aus der Praxis sprechen eine ganz andere Sprache. Von 1990 bis 1999 zählte das Bayerische Innenministerium 663 Drogentote in der Landeshauptstadt München (ca. 1,25 Millionen Einwohner). Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht nennt im selben Zeitraum 526 Drogentote in den Niederlanden (15,5 Millionen Einwohner). Das heisst, München beklagte im letzten Jahrzehnt mehr Drogentote als die gesamten Niederlande, trotz der zwölffach höheren Bevölkerung im Land der Coffeeshops. Wenn die CSU die Zahl der Drogentoten zum Erfolgsmaßstab der Drogenpolitik machen wollte, dann müsste Bayern konsequenterweise den niederländischen Ansatz der Schadensminimierung und der Märktetrennung durch Coffeeshops übernehmen, wie von FDP und Grünen in Berlin gefordert.
Grüne unterstützen Drogenmissbrauch statt ihn zu bekämpfen
[Wolfgang Zeitlmann, 30.09.2003]
Grüne unterstützen Drogenmissbrauch statt ihn zu bekämpfen
[Wolfgang Zeitlmann, 03.06.2002]
Fremdgefährdung und Cannabis
[CLN#78, 27.09.2002]
Wolfgang Zeitlmann, MdB (CSU)
Drogentote im internationalen Vergleich
Weniger Drogentote im Jahre 2002
[CLN#92, 10.01.2003]
Argument: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
CDU/CSU und Cannabis
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