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Neuigkeiten: April 2003

Schlagzeilen:
Kaupa (CSU) lobt Rückgang bei Cannabisverfolgung [30.04.2003]
Kanada erwägt Cannabis in Apotheken [30.04.2003]
MMM am Samstag [30.04.2003]
Drogen- und Suchtbericht 2003 vorgestellt [29.04.2003]
Nur jede siebte Kanadier für derzeitiges Verbot [28.04.2003]
MMM am 03. Mai 2003 [25.04.2003]
Brasilien: Gesundheitsministerium für Drogenentkriminalisierung [24.04.2003]
Niederlande: Nur CDA gegen Legalisierung [24.04.2003]
Gesundheitsministerium antwortet zu Cannabisarznei [22.04.2003]
Kanada: Entkriminalisierung kommt im Juni [21.04.2003]
Jamaika: Empfehlung zur Cannabisreform dieses Jahr [18.04.2003]
Cannabisexportland Deutschland [18.04.2003]
BN Drogenpolitik: Krieg gegen Drogen beenden [17.04.2003]
Großbritannien will Spielraum nutzen [16.04.2003]
Zweite Auflage des Infohefts zur Cannabisreform erschienen [16.04.2003]
Caspers-Merk: UN-Drogenplanziel unrealistisch [16.04.2003]
USA: Zwei Millionen Menschen hinter Gittern [16.04.2003]
"Drogenfreie Welt bis 2008 so unwahrscheinlich wie vor 5 Jahren" [14.04.2003]
Bericht aus Wien [14.04.2003]
Großbritannien: Zulassung für Cannabisarznei beantragt [14.04.2003]
Cannabinoide schützen Herz nach Infarkt [14.04.2003]
Brasilien: Minister für Entkriminalisierung [12.04.2003]
Wien: UN-Drogenpolitik am Scheideweg [11.04.2003]
Noch drei Wochen bis zum 3. Mai [11.04.2003]
USA: Krieg gegen Müsli [10.04.2003]
USA: Medienkampagne, Auswertung eingestellt [09.04.2003]
"Economist" über Wiener Drogenkonferenz [07.04.2003]
Wie Cannabis in Österreich illegal wurde [04.04.2003]
Dez, Jan, Feb, Mär, Apr, Mai, Archiv (seit 07/2000), Newsletter (CLN)
 
Wichtige Themen:
Zahlen zum Cannabisverbot
Flugblatt zur CannabisKampagne
Infoheft zur Cannabislegalisierung
/
Rechtsgleichheit / § 31a
Koalitionsvereinbarungen
Cannabis und Führerschein
3 Joints = 20 Zigaretten?
Terrorismus und Drogenhandel

Terminübersicht (alle Termine hier):

CannaTrade/Bern (28.02.2003)
UN-Konferenz/Wien (08.04.2003)
MMM (03.05.2003)
Hanfparade (23.08.2003)

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30.04.2003

Kaupa (CSU) lobt Rückgang bei Cannabisverfolgung [30.04.2003]
Gerlinde Kaupa (CSU), drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU und Jens Spahn, drogenpolitischer Berichterstatter der Fraktion, freuen sich, dass laut Drogen- und Suchtbericht der Regierung im vergangenen Jahr weniger Menschen in Deutschland wegen Cannabisbesitz angezeigt wurden als noch im Vorjahr. Doch sind die beiden Politiker nicht auf einmal toleranter geworden. Sie glauben, aus dem Rückgang der Fallzahlen auf einen Rückgang des Konsums schliessen zu können, obwohl es dafür im Bericht keine Hinweise gibt. Seine Autoren vermuten vielmehr eine andere Schwerpunktsetzung der Polizei bei der Ermittlungstätigkeit und nicht ein geändertes Konsumverhalten der Konsumenten als Grund für den Rückgang der Fallzahlen, der übrigens der erste seit 10 Jahren wäre – 1992 lag das letzte Mal die Summe der Cannabis-Ermittlungsverfahren niedriger als im Jahr davor (siehe Zahlen zum Cannabisverbot / Ermittlungsverfahren).

Positiv ist auch der gesunkene Cannabiskonsum bzw. die im vergangenen Jahr deutlich gesunkene Menge an polizeilich sichergestellten Mengen an Cannabisharz, sprich Haschich. [sic!] 16% weniger Cannabisfälle und 17% weniger Sicherstellungsmenge registrierte das Bundeskriminalamt.

Dies zeigt, dass die restriktiven Positionen von CDU/CSU hinsichtlich der Cannabislegalisierung richtig sind. Weniger legales Angebot, weniger Konsum.
Nach dieser Logik müßte man aus der Verdreifachung der größtenteils in Hamburg aufgegriffenen Crackmenge schliessen, dass die harte Linie der dortigen CDU-geführten Koalition zu einem dramatischen Anstieg des Crackkonsums geführt habe... Tatsächlich zeigen die vorliegenden Zahlen doch wohl nur, dass die Polizei im Jahre 2002 bei der Durchsetzung des Cannabisverbots etwas weniger erfolgreich war und sie damit das Angebot an Cannabisharz im vergangenen Jahr weniger stark reduzieren konnte als im Jahre 2001. Die Politiker weiter:
Wir brauchen nicht mehr Drogen, sondern müssen hinsichtlich der Prävention auch das Angebot reduzieren.

Der starke Anstieg der legalen Drogen ist dafür der beste Beweis. Die meisten Toten sind bei diesen Drogen zu verzeichnen.

Folgt man der Angebotsreduzierungs-Logik der beiden Politiker, dann wäre ein Verbot von Alkohol und Nikotin nur konsequent. München demnächst ohne Oktoberfest? ;-)

Doch Wissenschaftler sehen die Versuche, Drogenprobleme angebotsseitig zu kontrollieren, mit Skepsis. Voriges Jahr fand eine Studie, die Schüler in mehreren deutschen Großstädten auf ihr Drogenkonsumverhalten befragte, dass trotz der bekannt restriktiven bayerischen Linie bei Cannabis prozentual mehr Münchner Schüler Cannabis konsumierten als ihre Altersgenossen in Hamburg, Hannover oder in der Nähe von Bremen. Und Alkohol, also eine jener legalen Drogen, von denen auch Frau Kaupa und Herr Spahn zugeben, dass sie die meisten Todesfälle verursachen, wurde von Neuntklässlern in München gar doppelt so häufig konsumiert als in anderen Städten. Die CDU/CSU sollte sich erst einmal mit den Resultaten ihrer repressiven Politik vertraut machen, bevor sie einen Export Münchner Verhältnisse empfiehlt.

Weniger Drogentote - mehr Alkohol- und Tabaktote [CDU/CSU, 30.04.2003]
KfN-Studie "Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende"
Gerlinde Kaupa (CSU), drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
CDU/CSU und Cannabis


30.04.2003

Kanada erwägt Cannabis in Apotheken [30.04.2003]
Eine Delegation des kanadischen Gesundheitsministeriums (Health Canada) hat im Februar die Niederlande besucht, um sich über die am 17.03.2003 in Kraft getretene Regelung zu Cannabis als Arznei in Apotheken (siehe CLN#102) zu informieren. Einige Wochen später, am 14.03.2003 besuchte Willem Scholten, ein Vertreter der niederländischen Regierung die kanadische Hauptstadt Ottawa, u.a. um die Möglichkeit von Cannabislieferungen aus den Niederlanden zu besprechen. Die Niederlande sind daran interessiert, weil eine Produktion in größerem Rahmen die Kosten auch für niederländische Apotheken senken würde, erklärte Scholten in einer E-Mail an Health Canada am 23.01., mit der er seinen Besuch vorbereitete.

Beth Pieterson, die Leiterin der Drogenabteilung von Health Canada, die vom 18.-21.02. die Niederlande besucht hatte, stellte klar, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Eine Übernahme des niederländischen Modells zu Cannabis als verschreibungsfähige Arznei zum Vertrieb in Apotheken sei eine Option unter vielen.

Die kanadische Regierung steht derzeit unter Zugzwang. Ihr derzeitiges Modell erlaubt einigen Hundert Patienten zwar den Besitz und Erwerb, ohne aber einen legalen Vertriebsweg vorzusehen, der ihren medizinischen Bedarf decken könnte. Ein Gericht hat diesen Zustand für verfassungswidrig erklärt.

Canada Turns To Netherlands As Possible Model For Medical Marijuana [Ottawa Citizen (CA), 27.04.2003]
Niederlande regeln Cannabisanbau für Apotheken [CLN#102, 21.03.2003]
Cannabis als Medizin

Der Abgeordnete Paul Martin von der regierenden Liberalen Partei, der gute Chancen hat, im Februar 2004 Premierminister von Kanada zu werden, hat sich für die Entkriminalisierung von Cannabis ausgesprochen. Eine Legalisierung schloss er jedoch aus.

Die drei führenden Politiker der Provinz Ontario haben alle Cannabiserfahrung. Dalton McGuinty, Chef der Liberalen Partei der Provinz, sagte zur Toronto Sun, Mittel der Polizei seien besser damit verwendet, Kriminelle zu jagen als sich auf Leute zu konzentrieren, die in ihrer Freizeit Cannabis rauchten. McGuinty hat wie Provinz-Premier Ernie Eves and Howard Hampton, Chef der oppositionellen New Democratic Party (NDP) in seiner Jugend selbst Cannabis probiert. NDP-Fraktionschef Peter Kormos meinte, die medizinische Verwendung habe zu einer allgemeinen Lockerung der Einstellung geführt: "Es gibt da draussen Omas, die rauchen Cannabis für ihr Glaukom (Grüner Star)."

Martin's mellow [Toronto Sun (CA), 29.04.2003]
Cannabis in Kanada


30.04.2003

MMM am Samstag [30.04.2003]
Zu den Veranstaltungen am Samstag, 3.05.2003 gegen das Cannabisverbot sind noch zusätzliche Informationen eingetroffen. Auf unserer Seite zu den zahlreichen Kundgebungen, Infoständen und Parties finden Sie u.a. zu Bremen, Berlin, Limburg, Frankfurt und Darmstadt neue Informationen. Für die Veranstaltung in Viernheim/Südhessen wird noch ein Redner gesucht (E-Mail: gj-bergstrasse@web.de).

Aktionen am 03. Mai 2003


29.04.2003

Drogen- und Suchtbericht 2003 vorgestellt [29.04.2003]
Heute hat Marion Caspers-Merk, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, in Berlin in einer Pressekonferenz den neuen Drogen- und Suchtbericht vorgestellt. Einige Punkte daraus:

  • “Im Zusammenhang mit CANNABISHARZ (Haschisch) gingen im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der Fälle (-16%) und die Sicherstellungsmenge (-17%) erneut deutlich zurück. Die Ursache hierfür ist in einer anders ausgerichteten polizeilichen Schwerpunktsetzung zu vermuten, nicht in einer vermeintlich nachlassenden Attraktivität von Cannabis für potenzielle Konsumenten.
    In 13.380 Fällen wurden 6.130 kg CANNABISKRAUT (Marihuana) sichergestellt. Gegenüber dem Vorjahr ist aufgrund der Sicherstellung von 4.170 kg Marihuana in Bremerhaven/HB in einem Container aus Jamaika eine Steigerung der beschlagnahmten Menge um 195% festzustellen.”


  • Die Zahl der Drogentoten bei illegalen Drogen nahm 2002 auf 1513 ab (-17,5% zu 2001). 130 davon waren Aussiedler.
  • Die beschlagnahmte Ecstasymenge ging zum Vorjahr um 30% zurück
  • Die beschlagnahmte Heroinmenge ging zum Vorjahr um 38% zurück (2002: 520 kg)
  • Die beschlagnahmte Amphetaminmenge stieg um 38% zum Vorjahr.
  • Die beschlagnahmte Kokainmenge stieg um 66% zum Vorjahr (2002: 2136 kg)
  • Die beschlagnahmte Crackmenge erreicht 7 kg, mehr als eine Verdreifachung.

Drogen- und Suchtbericht 2003 [bmgs.bund.de, 29.04.2003]
Pressemitteilung des BMGS

Drogen- und Suchtbericht 2002 [bmgs.bund.de, Mai 2002]


28.04.2003

Nur jede siebte Kanadier für derzeitiges Verbot [28.04.2003]
Nur ein Siebtel der Kanadier ist für die Beibehaltung des derzeitigen strafrechtlichen Verbots von Cannabis. Eine Repräsentativumfrage von Sun-Leger Anfang April ergab, dass nur 14% der Bevölkerung für die Beibehaltung des Verbots sind, das für den Besitz von bis zu 30g Cannabis eine Strafe bis zu 6 Monaten Haft und 1000 Dollar (ca. 650 Euro) vorsieht. 83% sind andererseits für eine Lockerung oder Aufhebung des Verbots, insbesondere zu medizinischen Zwecken.

Majority Pushes Legal Pot [London Free Press (CA), 27.04.2003]

Die Toronto Sun, Ottawa Sun, Calgary Sun und Edmonton Sun, vier grosse Tageszeitungen des Landes, haben am 27.04.2003 auf ihrer Titelseite über das Thema Cannabisreform berichtet (die Schlagzeile "O Cannabis" ist übrigens eine Anspielung auf den Titel der kanadischen Nationalhymne, "O Canada") . Die Medien beschreiben die zunehmende Normalisierung des Konsums und die stete Verbreitung des illegalen Anbaus. Im Jahr 2000 wurden in der bevölkerungsreichsten Provinz Ontario noch 200 Anbauanlagen ausgehoben. Voriges Jahr fand man 1400. Im Bezirk York wurden vor drei Jahren 40 Hausdurchsuchungen mit Durchsuchungsbefehl durchgeführt. Voriges Jahr durchsuchte die Polizei 170mal. Trotzdem kann die Polizei nicht viele Gärtner am Anbau hindern. Detective Mike Klimm vom Sittendezernat der Bezirkspolizei schätzt, dass etwa 1500 Anlagen in Betrieb sind, in denen Cannabispflanzen unter Lampen aufgezogen werden.

Besondere Sorgen macht der Polizei allerdings, dass viele Anbauanlagen angeblich von Motorradbanden wie den "Hell's Angels" oder vietnamesischen Syndikaten kontrolliert werden und dass es zu vielen bewaffneten Überfällen auf Anbauanlagen kommt: Die Überfallenen können die Angriffe nicht der Polizei melden.

An solchen Zuständen würde auch die geplante Entkriminalisierung des Besitzes geringer Mengen nichts ändern, da sie den Anbau weiterhin in der lllegalität belassen wird. Manche Reformer sind deswegen auch skeptisch über die von der Regierung geplante Entkriminalisierung, die noch vor der Sommerpause ins kanadische Bundesparlament in Ottwawa kommen soll. "Es ist immer noch Prohibition," sagt Cannabis-Aktivist Boris St. Maurice aus der französischsprachigen Provinz Quebec. "Es ist eine Illusion, Hokuspokus. Sie könnte die Bewegung zurückwerfen und uns den Wind aus den Segeln nehmen, denn wenn das durchgeht, was bleibt da der Pro-Marihuana-Bewegung übrig? Die Prohibitionisten werden sagen: 'Wir haben doch schon Entkriminalisierung, was wollt ihr denn noch?' "

Während der amerikanischen Alkoholprohibition von 1920-1933 war der private Besitz und Konsum von Alkohol legal, Handel und die Herstellung waren jedoch illegal.

O Cannabis [Toronto Sun (CA), 27.04.2003]
Grass Roots [Toronto Sun (CA), 27.04.2003]

Umfragen zu Cannabis
Cannabis in Kanada


25.04.2003

MMM am 03. Mai 2003 [25.04.2003]
Am Samstag in einer Woche (1. Samstag in Mai) werden in über zweihundert Städten weltweit Veranstaltungen gegen das Cannabisverbot stattfinden. Neu hinzugekommen ist vor wenigen Tagen eine Kundgebung in Viernheim (Südhessen). Viele Veranstalter brauchen noch Unterstützung durch aktive Mithilfe oder Spenden zur Finanzierung. In folgenden Städten wird etwas stattfinden: Flensburg, Hamburg, Bremen, Braunschweig, Köln, Limburg, Berlin, Potsdam, Leipzig, Dessau, Lauterbach (Hessen), Viernheim (Südhessen), Luxemburg und Wien sowie verschiedenen Städten in der Schweiz. Bitte beachten Sie unsere Übersicht dazu, die wir ständig auf dem neuesten Stand halten.

Aktionen am 03. Mai 2003


24.04.2003

Brasilien: Gesundheitsministerium für Drogenentkriminalisierung [24.04.2003]
Ein Dokument des brasilianischen Gesundheitsministeriums empfiehlt, Drogenkonsum und Besitz zum Eigengebrauch nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen. Das berichtet die Zeitung Folha de Sao Paulo, der die Endfassung des Berichts "Die Politik des Gesundheitsministeriums für eine ganzheitliche Behandlung von Gebrauchern von Alkohol und anderen Drogen" vorliegt. "Die Strenge der derzeitigen Strafgesetze zu Drogen schaffen ungünstige Bedingungen für den Zugang zu Gesundheitsprogrammen und der Teilnahme von Drogengebrauchern an Programmen, nachdem sie den Gebrauch als "verboten" einstufen und nahelegen, dass sich Gebraucher verstecken," schreibt der Bericht.

Nächsten Monat will die Regierung eine neue Dogenstrategie beschliessen. Der derzeitige Plan stammt noch aus der Amtszeit des letzten Präsidenten, Fernando Henrique Cardoso, der eine vom Bundesparlament bereits beschlossene Entkriminalisierung mit seinem Veto verhindert hatte. Sein Nachfolger Luis Inacio "Lula" da Silvia wird im Kabinett das letzte Wort haben, wie es weitergehen soll. Vor kurzem hatte sich Eduardo Soares, Sekretär für Öffentliche Sicherheit im Kabinett für eine Entkriminalisierung ausgesprochen.

Brazil Health Ministry Writes Decriminalization Law [Narconews, 17.04.2003]
Brasilien: Minister für Entkriminalisierung [CLN#106, 18.04.2003]

Drogen in Brasilien


24.04.2003

Niederlande: Nur CDA gegen Legalisierung [24.04.2003]
Seit 1976 ist in den Niederlanden der Besitz geringer Mengen Cannabis de-facto straffrei und auch der Einzelhandel wird toleriert. Gleichzeitig wird aber paradoxerweise Ein- und Ausfuhr sowie kommerzieller Anbau zur Versorgung eben jener Einzelhändler und Konsumenten strafrechtlich verfolgt und kann zu mehrjährigen Haftstrafen führen. In 30 Prozent aller Drogenverfahren, mit denen die Staatsanwaltschaft zu tun hat, geht es um Cannabis. Im Jahre 1999 wurden in 14 909 Fällen insgesamt 110 341 kg Cannabis beschlagnahmt (mehr als fünfmal soviel als in Deutschland, das die fünffache Einwohnerzahl hat). In einem Interview mit der Tageszeitung De Volkskrant hat sich am Samstag, 19.04.2003 der Gerichtspräsident von Maastricht, Peter Paul Lampe für die Legalisierung von Drogen, beginnend mit Cannabis, ausgesprochen. Die strafrechtliche Verfolgung von Drogendelikten belaste das Gerichtssystem, so dass andere Strafsachen warten müssten.

Die Rechtshandhabung kann durch eine Anzahl von Massnahmen verbessert werden, aber es gibt eine, mit der ein Sprung vorwärts gemacht werden kann. Holt die Drogen aus dem Strafrecht. Lampe: "Die Drogenbekämpfung bringt unsere ganzen Strafprozesse in Bedrängnis. Für einen Haufen anderer Sachen, die wir auch dringend verfolgen müssten, haben wir keine Zeit mehr. Darunter gibt es schwere Verbrechen. Also hört damit auf, legalisiert es endlich."

Dabei geht es ihm in erster Instanz um die weichen Drogen: Haschisch und Marihuana. "Die Legalisierung von harten Drogen, damit wurstele ich noch. Es ist ein gefährliches Zeug. Aber ich denke, dass wir letztlich erkennen müssen, dass Drogen, wie auch Alkohol, nicht mit dem Strafrecht zu bekämpfen sind."

Lampe ist unter seinen Kollegen angesehen und war bereits Vorsitzender der Versammlung der niederländischer Gerichtspräsidenten. Er ist der erste amtierende Gerichtspräsident, der öffentlich für die Legalisierung eintrat, aber voriges Jahr hatte bereits sein Amsterdamer Kollege Reurt Gisolf anlässlich seiner Pensionierung diesen Schritt befürwortet.

Das Interview mit Lampe hat zu einer landesweiten Debatte mit allen politischen Parteien geführt. Von ihnen sprach sich nur die regierende christdemokratische CDA gegen eine Legalisierung aus. Sie befürchtet einen Anstieg des Drogentourismus. Nicht nur Parteien links der politischen Mitte wie die Sozialdemokratische PvdA, die SP und GroenLinks stimmen mit dem Gerichtspräsidenten überein sondern auch VVD, D66 und LPF (Liste Pim Fortuyn), die potenziellen Mitte-Rechts-Koalitionspartner der Christdemokraten. Damit gäbe es eine klare Mehrheit für die Legalisierung. Am 27.06.2000 hatte sich bereits eine knappe Mehrheit der Zweiten Kammer des niederländische Parlaments für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Ein Hindernis sind jedoch die internationalen Abkommen, die die Niederlande dazu kündigen müssten. Ein anderes sind die diplomatischen Konflikte, die eine weitere Liberalisierung mit Hardlinern wie Frankreich provozieren würde.

MPs favour legalisation of soft drugs [Expatica, 22.04.2003]
Cannabis in den Niederlanden


22.04.2003

Gesundheitsministerium antwortet zu Cannabisarznei [22.04.2003]
Am 14.03.2003 schrieb der Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) an die Bundesdrogenbeauftragte, Frau Marion Caspers-Merk, um sich nach dem aktuellen Stand des Zulassungsverfahrens für Cannabis zu medizinischen Zwecken zu erkundigen. Der VfD verwies dabei auf einen Text auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums aus dem Jahre 2001, in dem die Verfügbarkeit von Cannabisextrakten für "in absehbarer Zeit" in Aussicht gestellt wurde. In einer nun eingetroffenen Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) ist von keinem Zeitpunkt mehr die Rede. Das BMGS berichtet lediglich, dass der Zulassungsprozess immer noch nicht abgeschlossen ist.

Eine von 1999 bis 2002 laufende Studie, die natüliche Cannabisextrakte mit synthetischem THC und einem Placebo verglich, sei voriges Jahr abgebrochen worden, schreibt das BMGS. Die in der Studie verwendete orale Dosierung war offensichtlich so gering gewählt worden, dass keine der getesteten Substanzen eine messbare Wirkung zeigte.

Eine Tagesdosis von 5 mg THC in Pillenform ist nicht gerade viel. Der Bericht des Institute of Medicine von 1999 erwähnt eine Studie, bei der Testpersonen, die einen Schokokeks mit 20 mg THC verzehrt hatten, nur eine mässige Wirkung feststellten. Täglich 5 mg THC entspricht Cannabis im Schwarzmarktwert von nur etwa 10 Euro, in Kekse gebacken, pro Monat (33 Cent pro Tag). Die Dosierung ist vor allem bei oralem Konsum ein Problem. Bei zu hohen Dosierungen treten psychoaktive Nebenwirkungen (z.B. Euphorie, Zerstreutheit) in den Vordergrund. Eine gewisse euphorisierende oder angstlösende Wirkung kann jedoch bei Krebspatienten sogar erwünscht sein. Wird um jeden Preis versucht, psychoaktive Wirkungen in Studien zu vermeiden, dann kann es zu einem Fehlschlag wie in diesem Fall kommen. Nun muß die Studie mit anderen Dosierungen wiederholt werden und das heißt, Patienten werden wieder Jahre auf eine preiswerte und nebenwirkungsarme Medizin warten oder Strafverfolgung riskieren.

Schreiben des VfD an Marion Caspers-Merk (BMGS) [24.03.2003]
Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung [11.04.2003]
Cannabis als Medizin


21.04.2003

Kanada: Entkriminalisierung kommt im Juni [21.04.2003]
Die Regierung von Premierminister Chretien will im Juni einen Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung des Besitzes geringer Mengen von Cannabis einbringen, berichtet die Tageszeitung Toronto Star. Bei wieviel Gramm die Grenze gezogen wird, ist noch unklar. Im Gespräch ist angeblich eine Menge zwischen 10 und 20 Gramm. Im Dezember empfahl ein Unterhausausschuss die Entkriminalisierung des Besitzes von bis zu 30 Gramm. Daraufhin hatte die konservative Oppositionspartei Canadian Alliance protestiert, eine 30 Gramm-Grenze gehe zu weit. Die Empfehlungen des Unterhausausschusses waren bereits viel restriktiver als ein Senatsausschuß im September, der eine Legalisierung analog zu Alkohol forderte. Ein wichtiger Grund für die Zurückhaltung von Unterhaus und Regierung ist wohl die Absicht, den mächtigen Nachbarn im Süden nicht zusehr zu verärgern: Die USA sind der engste Handelspartner Kanadas.

In mehreren Provinzen Kanadas haben Gerichte bereits Verfahren wegen Besitzes geringer Cannabismengen ausgesetzt, nachdem ein Gericht in der Provinz Ontario erklärt hatte, dass das gesetzliche Verbot des Cannabisbesitzes nicht mehr rechtskräftig ist. Im Jahre 2001 hatte das oberste Gericht von Ontario in einer wichtigen Entscheidung zu Cannabis als Medizin der Regierung eine Frist von 12 Monaten gesetzt, das Gesetz zu ändern, ansonsten würde es ausser Kraft treten. Die Regierung hatte daraufhin jedoch nur eine Verwaltungsvorschrift erlassen.

Liberals Plan Pot Law Reforms [Toronto Star (CA), 18.04.2003]
Kanada: Cannabisverfahren ausgesetzt [CLN#102, 21.03.2003]
Cannabis in Kanada


18.04.2003

Jamaika: Empfehlung zur Cannabisreform dieses Jahr [18.04.2003]
Generalstaatsanwalt A. J. Nicholson gab bekannt, dass in diesem Jahr ein Ausschuss des jamaikanischen Parlaments die Beratung des Ganja-Berichts einer von der Regierung eingesetzten Kommission unter Leitung von Professor Barry Chevannes (University of the West Indies) abschliessen und eine Empfehlung an das Parlament abgeben soll, wie eine Reform aussehen soll. In der letzten Sitzungsperiode des Parlaments hatte sich bereits ein Ausschuss unter Leitung des Abgeordneten Canute Brown damit befasst. Der Bericht der Ganja-Kommission empfahl im August 2001 die Entkriminalisierung des privaten Besitzes und des religiösen und medizinischen Gebrauchs von Cannabis.

House to complete review of Ganja Commission report this year -- Nicholson [Jamaica Observer (JM), 15.04.2003]
Jamaika: Entkriminalisierung wird vorbereitet [CLN#104, 04.04.2003]
Cannabis in Jamaica


18.04.2003

Cannabisexportland Deutschland [18.04.2003]
Dass viele Deutsche in die Niederlande fahren, um in Coffeeshops ohne Angst vor Strafverfolgung geringe Mengen Cannabis einzukaufen, ist wohlbekannt. Dass das Agrarprodukt aber aus deutschen Landen stammen könnte, wird dabei den wenigsten in den Sinn kommen. In Welver bei Soest (NRW) entdeckte die Polizei zwei Lagerhallen, in denen eine 58-Jährige Cannabis für niederländische Abnehmer anbaute. Der Anbau flog auf, weil Einbrecher versucht hatten, die Pflanzen zu stehlen. In den Hallen wurden zwei Jahre lang Tausende von Stecklingen produziert, die dann in den Niederlanden großgezogen und zur Blüte gebracht wurden.

Erst vor kurzem wurde in Aachen, wenige Kilomter von der niederländischen Grenze entfernt, in einem Wohnhaus eine große Anlage zum Anbau von Cannabispflanzen entdeckt.

Dass Drogen aus Deutschland in die Niederlande exportiert werden, ist übrigens nichts Neues. Laut dem "1998 International Narcotics Control Strategy Report" der US-Regierung vom 26.02.1999 kommt rund 80 Prozent des in den Niederlanden verkauften Heroins über Deutschland ins Land. Das spricht nicht gerade für die Wirksamkeit der repressiveren Drogenpolitik in Deutschland.

In Welver Hanf für holländische Kunden gezogen [Westfalenpost, 16.04.2003]
Cannabis in den Niederlanden


17.04.2003

BN Drogenpolitik: Krieg gegen Drogen beenden [17.04.2003]
In einer Pressemitteilung anlässlich der Wiener Konferenz der Commission on Narcotic Drugs fordert das Bundesnetzwerk Drogenpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen, die repressive Politik zu beenden. Eine Legalisierung und kontrollierten Abgabe von Drogen sei eine "unabdingbare Vorraussetzung für eine effektive Gesundheitspolitik und Jugendschutz", weil nur so Beschaffenheit, Preis und Angebotsmenge kontrolliert werden könne.

Pressemitteilung des Bundesnetzwerks Drogenpolitik [16.04.2003]
Bundesnetzwerk Drogenpolitik - Homepage
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


16.04.2003

Großbritannien will Spielraum nutzen [16.04.2003]
Der britische Drogenbeauftragte Bob Ainsworth hat die britische Delegation zur Wiener UN-Drogenkonferenz angewiesen, die Reformpolitik seiner Regierung gegen Angriffe zu verteidigen. Nicht nur die geplante Umstufung von Cannabis in eine weniger strenge Kategorie des britischen Drogengesetzes wurde von Suchtkontrollratspräsidenten Philip Emafo (Nigeria) kritisiert, sondern auch die schadensminimierende Politik in der Schweiz, den Niederlanden, Portugal und anderen Ländern. Nur Frankreich und Schweden unterstützen in Europa Hardliner wie die USA.

"Es wäre eine riesige verpasste Gelegenheit wenn sich dieses Treffen dazu gratuliert, dass echte Fortschritte gemacht werden, wenn eine ehrliche Abschätzung der Tatsachen zeigt, dass das höchst fragwürdig ist," sagt die ehemalige australische Politikerin Cheryl Kernot. "Es wäre sehr schade, noch einmal fünf Jahre dieser Zehnjahresstrategie damit zu verschwenden, unklare Ziele zu verfolgen. Das Mindeste, was wir uns von diesem wichtigen Treffen erwarten können ist, dass sie [die UN-Vertreter] einen aufrichtigeren und konstruktiveren Kurs für die nächsten fünf Jahre bei Drogen einschlagen."

High stakes [Guardian (UK), 16.04.2003]
«Nur umfassende Drogenpolitik hilft» [Tagblatt (CH), 16.04.2003]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


16.04.2003

Zweite Auflage des Infohefts zur Cannabisreform erschienen [16.04.2003]
Im Dezember 2001 veröffentlichte der Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) zusammen mit akzept e.V. ein Informationsheft zur Cannabisreform, als Teil ihrer Cannabiskampagne. Das 36-seitige Heft befasste sich mit den gängigsten Argumenten für und gegen das Cannabisverbot und lieferte aktuelle Zahlen dazu. Im Frühjahr 2002 stellte der VfD allen Abgeordneten des 14. deutschen Bundestags je ein Exemplar zu. Auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und verschiedene Politiker, Polizeichefs und andere Personen des öffentlichen Lebens erhielten Exemplare.

Nun ist eine überarbeitete Auflage im Druck eschienen und kann beim VfD bestellt werden, z.B. für Infostände, für die Veranstaltungen am 03.05.2003 gegen das Cannabisverbot oder für andere eigene Öffentlichkeitsarbeit. Mit dem überarbeiteten Heft wird der VfD die Abgeordneten der Landtage informieren. Auch die Abgeordneten des 15. Bundestags bekommen ein Exemplar, wie Gerlinde Kaupa (CSU), die drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU, die seit September erstmals im Bundestag sitzt.

Infoheft zur Cannabisreform
Homepage des Vereins für Drogenpolitik


16.04.2003

Caspers-Merk: UN-Drogenplanziel unrealistisch [16.04.2003]
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat in einer Pressemitteilung zum zweitägigen ministeriellen Teil der UN-Drogenkonferenz in Wien festgestellt, dass das Planziel des Zehnjahresplans der UN unerreichbar ist.

Wir müssen heute realistischerweise eingestehen, dass das globale Ziel der Vereinten Nationen von 1998, bis zum Jahre 2008 eine drogenfreie Welt zu schaffen, nicht erreicht werden kann. Es ist aber nach wie vor wichtig, sich diese Ziele zu setzen. Denn die Politik braucht manchmal Visionen, auch und gerade in der Drogenpolitik.

Der Nachteil von unrealistischen Zielen ist jedoch, dass sie entweder zu Entäuschung oder zu Selbstbetrug führen und dabei den Zynismus nähren. Jahrzehntelang machte sich der Westen über die östliche Planwirtschaft lustig, die ständig davon redete, den Westen zu überholen und dabei nur weiter zurückfiel. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit wurde immer größer, ohne dass das jemand eingestehen wollte. In der planwirtschaftlichen Drogenpolitik tun westliche Regierungen jedoch das selbe.

Frau Caspers-Merk sieht fünf Aufgaben für die Wiener Konferenz: Flexiblere Reaktion auf "neue Konsummuster", "mehr Verständnis für innovative Ansätze der Prävention und Hilfen" durch die Kontrollbehörden, Präventions- und Behandlungsprogramme als Ergänzung zur UN-Strategie der Angebotsreduzierung, "größere Flexibilität innerhalb der internationalen Verträge" sowie Maßnahmen der Schadensreduzierung. Neue Verträge oder eine Revision der bestehenden Abkommen seien nicht erforderlich.

Dass die Drogenbeauftragte Flexibilität in der Auslegung der Verträge und Verständnis für Maßnahmen der souveränen Unterzeichnerstaaten fordert, liegt daran, dass selbst die vorsichtige Politik der Bundesregierung bereits an die Grenzen der Toleranz der UN-Bürokraten gestossen ist. So hatte im Februar 2002 der internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB), ohne Namen zu nennen, die Bundesregierung kritisiert, nachdem sie lebensrettende Konsumräume für injizierende Drogenkonsumenten legalisiert hatte:

The Board wishes to reiterate that the establishment of drug injection rooms, where addicts can abuse drugs obtained from illicit sources, under direct or indirect supervision of the Government, is contrary to the international drug control treaties.

Die Bundesregierung zeigte damals keine Reaktion auf diesen Vorwurf, internationale Verträge gebrochen zu haben.

"Es kommt jetzt darauf an, dass wir anspruchsvolle Ziele mit realistischen Schritten kombinieren," schreibt Frau Caspers-Merk. Die Schweiz steht davor, einen solchen realistischen Schritt zu unternehmen, indem sie ein wirkungsloses Verbot durch staatliche Regulierung des Handels ersetzt. Wann folgt Deutschland?

Internationale Drogenpolitik muss ausgewogen, realistisch und flexibel sein [Caspers-Merk (BMGS), 15.04.2003]
Marion Caspers-Merk, Bundesdrogenbeauftragte
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


16.04.2003

USA: Zwei Millionen Menschen hinter Gittern [16.04.2003]
Die Zahl der Insassen der Staats- und Bundesgefängnisse hat erstmals die 2-Millionen-Schwelle überschritten. Damit sitzt jeder vierte Häftling weltweit in einem amerikanischen Gefängnis, obwohl nicht einmal ein Zwanzigstel der Weltbevölkerung in den USA lebt. Allein Texas mit 20 Millionen Einwohnern, also wenig mehr als Nordrhein-Westfalen, hat mehr Menschen hinter Gittern als Deutschland und Frankreich zusammengenommen. Hauptgrund des drastischen Anstiegs seit den 80er Jahren (Verdreifachung zwischen 1980 und 1996) sind mehr Verhaftungen und längere Haftstrafen wegen Drogenbesitz, -anbau oder -handel. 60% aller Insassen von Bundesgefängnissen sitzen wegen Drogendelikten ein ohne Vorstrafen wegen gewalttätiger Delikte zu haben. Im letzten Jahrzehnt wurden für ca. 70 Milliarden Dollar neue Gefängnisse gebaut, viele davon von privaten Unternehmen auf Vertragsbasis. Mit 523'000 Beschäftigten ist die Gefängnisindustrie der zweitgrößte Arbeitgeber nach General Motors. Die Rechnung bezahlen die rezessionsgeplagten Steuerzahler: 35 Milliarden Dollar pro Jahr.

US Prisoner Number Hits Two Million [WOL#282, 11.04.2003]

Am Montag, 21.04. werden amerikanische Aktivisten Büros der Bundesdrogenpolizei DEA besuchen, um dort Hanflebensmittel auszuteilen und zu essen. An diesem Tag soll eine Verordnung in Kraft treten, die alle Lebensmittel aus Hanfsamen als illegale Droge einstuft, deren Besitz und Abgabe damit strafbar ist. Keimunfähig gemachte Hanfsamen sind ausdrücklich vom US-Bundesdrogengesetz ausgenommen.

USA: Krieg gegen Müsli [CLN#105, 11.04.2003]

In Kalifornien ist ein Gesetzesentwurf zur Herabstufung des Besitzes einer Unze Cannabis (ca. 30 Gramm) von der Straftat zur verwaltungsrechtlichen Übertretung vom Ausschuss für öffentliche Sicherheit angenommen worden. In den 70er Jahren wurde die Strafe für Besitz einer geringen Menge von Gefängnis auf eine Geldstrafe von 100 Dollar reduziert, blieb jedoch als Straftat definiert. Die Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit ändert die Strafhöhe nicht, erspart dem Staat jedoch Gerichtskosten.

Die Abgeordneten Sam Farr (D-CA), Barbara Lee (D-CA) und Barney Frank (D-MA) haben einen Entwurf für ein Bundesgesetz zu Cannabis als Medizin ins Repräsentantenhaus eingebracht. Der "Truth in Trials Act" erlaubt es wegen Cannabisdelikten angeklagten Personen, es vor Gericht zu erwähnen, falls der ihnen vorgeworfene Tatbestand nach den Gesetzen des jeweiligen Bundesstaats legal ist. Acht Bundesstaaten haben Gesetze, die die medizinische Verwendung von Cannabis straffrei stellen, doch das Bundesgesetz verbietet jegliche medizinische Verwendung. Dem Autor Ed Rosenthal und anderen Personen, die Patienten mit Cannabis versorgt haben, wurde deshalb von Bundesrichtern verboten, vor Geschworenen zu erwähnen, aus welchem Grund sie Cannabis anbauten oder verteilten. Eine Mehrheit für den Entwurf ist jedoch in naher Zukunft wenig wahrscheinlich.

Die Bundesdrogenpolizei DEA hat einen Antrag der Coalition for Rescheduling Cannabis zur Umstufung von Cannabis offiziell zur Bearbeitung angenommen. Der Antrag wurde am 11.10.2002 gestellt. Die Koalition besteht u.a. aus folgenden Organisationen und Einzelpersonen: American Alliance for Medical Cannabis, Americans for Safe Access, California NORML, Drug Policy Forum of Texas, Jon Gettman, High Times, Iowans for Medical Marijuana, Los Angeles Cannabis Resource Center, National Organization for Reform of Marijuana Laws, Oakland Cannabis Buyers Cooperative, Patients Out of Time. Die Drogenpolizei muss nun das Gesundheitsministerium mit einer Studie beauftragen, die wissenschaftliche Ergebnisse zur angemessenen Einstufung von Cannabis erheben wird. Bei der Verabschiedung des geltenden Bundesdrogengesetzes im Jahre 1970 war Cannabis vorläufig in die restriktivste Kategorie von Drogen mit hohem Missbrauchspotenzial und ohne medizinischen Nutzen eingeordnet worden, bis die Ergebnisse einer in Auftrag gegebenen Studie für den Präsidenten vorliegen würden. Diese Studie empfahl dann im März 1972 die Strafbefreiung des Cannabisbesitzes, wurde jedoch im Trubel des Watergate-Skandals ignoriert, so daß heute amerikanische Ärzte zwar Morphin und Kokain verschreiben können, aber kein Cannabis.

Cannabis in den USA


14.04.2003

"Drogenfreie Welt bis 2008 so unwahrscheinlich wie vor 5 Jahren" [14.04.2003]
Am 08.04.2003 stellte das Transnational Institute, ein "Thinktank" in den Niederlanden, einen Bericht zur internationalen Drogensituation vor, der sich kritisch mit einem optimistischen Bericht des UNODC-Chefs Antonio Maria Costa auseinandersetzt. Anhand von UN-Daten zeigt der TNI-Bericht, dass die Versuche, Drogenprobleme durch Bekämpfung der Produktion zu verhindern, wenig erfolgreich sind. Der Anbau von Opium und Koka war im letzten Jahrzehnt weltweit stabil (abgesehen von einem kurzfristigen "Ausrutscher" bei der Opiumproduktion im Jahre 2001 durch ein Anbauverbot der afghanischen Taliban) und bei Cannabis nimmt die Produktion wahrscheinlich weiter zu. Bei Stimulantien (Amphetamin und Ecstasy) steigt die Produktion sogar kräftig.

Die Schlußfolgerungen werfen Zweifel auf alle Behauptungen von messbarem und dauerhaftem Fortschritt. Die verfügbaren Beweismittel stellen keinen Grund für Optimismus dar und das Versprechen einer "drogenfreien Welt bis 2008" von UNGASS [der UN-Sonderversammlung zu Drogen von 1998] erscheint heute so unwahrscheinlich wie vor fünf Jahren.
(...)
Statt weiter weiter auf eine wahrscheinliche Niederlage und Erniedrigung im Jahre 2008 zuzupflügen, wäre die Commission on Narcotic Drugs besser beraten, während der Halbzeitberatung die Denkweise eines Nulloptions-Termins zu überprüfen und anzuerkennen, dass die internationale Drogenpolitik ihren Schwerpunkt auf die Reduzierung von Schäden für Drogengebraucher und die Gesellschaft insgesamt verlegen sollte.

Encouraging progress towards still distant goals [UNODC, 08.04.2003]
Measuring Progress: Global Supply of Illicit Drugs [TNI, 08.04.2003]

Am Mittwoch und Donnerstag (16./17.04.) treffen sich die Regierungsvertreter zur UN-Drogenkonferenz in Wien.

Ministerial Segment of the 46th Session of the Commission on Narcotic Drugs
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


14.04.2003

Bericht aus Wien [14.04.2003]
Am Samstag, 12.04.2003 fand in Wien eine Demonstration gegen die UN-Drogenpolitik statt. Zwischen 800 und 2500 Menschen nahmen am Zug durch die Wiener Innenstadt teil. Teilnehmer kamen aus Italien, Ungarn, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Spanien, Kroationen, Polen, Finnland, Schweden und natürlich auch aus Österreich. Auf eine Donaubrücke vor dem UN-Zentrum, wo sich nächste Woche Politiker aus aller Welt treffen werden (Deutschland ist u.a. durch Aussenminister Joschka Fischer vertreten), liessen Teilnehmer 2000 Heliumballons mit Hanf- und Mohnsamen steigen. Vor dem UN-Zentrum kam es kurzzeitig zu Spannungen, weil Bereitschaftspolizei mit Hunden Demonstranten nicht in die Nähe des Eingangs liessen. Redner verlangten, dass die UN aufhört, die Interessen von kriminellen Drogenimperien zu verteidigen und stattdessen die Interessen der Bürger, ihrer Kultur und ihrer natürlichen Ressourcen zu verteidigt. Ein kurzer Dokumentarfilm zur Demonstration soll erstellt und auf der Website vienna2003.org zum Download bereitgestellt werden.

Die taz berichtet in ihrer Montagsausgabe über den UN-Drogengipfel und den Alternativkongress dazu in den Räumen der Universität Wien:

Gescheiterte Strategien [taz, 14.04.2003]

Der Standard hat auf seiner Website eine Fotogalerie, auf der auch der Verein für Drogenpolitik e.V. mit einem Transparent vertreten ist:

standard.at-Fotogalerie: "Für ein Recht auf Rausch" [Standard (AT), 14.04.2003]

Auf Indymedia gibt es Berichte, Reden und Bilder von der Alternativveranstaltung, an der 200-300 Personen teilnahmen:

Nonprohibitionistischer Kongress, Kurzbericht der ersten beiden Tage
Audiomitschnitt von der Eröffnung des Kongresses (mp3)

Berichte von der nonprohibitionistischen Demonstration am Samstag, 12.04.2003:
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=23292
http://www.tatblatt.net/widerstandschronologie/chronik2003.htm#030412b

Bilder:
http://www.unitedaliens.at/multi/foto/030412/index.htm
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=23299
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=23323
http://italy.indymedia.org/news/2003/04/257579.php

Videos:
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=23277
http://italy.indymedia.org/news/2003/04/257593.php

vienna2003.org - Homepage
Wien: UN-Drogenpolitik am Scheideweg [CLN#105, 11.04.2003]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


14.04.2003

Großbritannien: Zulassung für Cannabisarznei beantragt [14.04.2003]
Die britische Arzneimittelfirma GW Pharmaceuticals gab am 31.03. bekannt, dass sie bei der UK Medicines Control Agency einen Antrag auf Zulassung ihres Präparats auf Grundlage von Cannabisauszügen gestellt hat. Das Medikament wurde in den letzten Jahren in mehreren Testreihen erprobt. Mit der Zulassung in Großbritannien wird vor Ende des Jahres gerechnet.

GW Pharmaceuticals - Homepage
Großbritannien: Cannabismedizin noch 2003? [CLN#84, 08.11.2002]
Irland will medizinische Cannabiszulassung vorbereiten [CLN#82, 25.10.2002]
Cannabis als Medizin


14.04.2003

Cannabinoide schützen Herz nach Infarkt [14.04.2003]
Nach einem Herzinfarkt droht eine krankhafte Vergrößerung des Herzmuskels. Synthetische Stoffe, die die Wirkung des Cannabishauptwirkstoffs THC nachahmen, können diese Entwicklung vermindern. Das fand eine Studie von Jens Wagner und Georg Ertl von der Universitätsklinik Würzburg, die im British Journal of Pharmacology veröffentlicht wurde. (Br. J. Pharmacol. 2003 138: 1251-1258)

Cannabis schützt Herz nach Infarkt [pressetext.austria, 11.04.2003]
British Journal of Pharmacology 2003 , Wagner et al. 138 (7): 1251-1258 [April 2003]
Cannabis als Medizin


12.04.2003

Brasilien: Minister für Entkriminalisierung [12.04.2003]
Eduardo Soares, Sekretär für Öffentliche Sicherheit im Kabinett des neuen brasilianischen Präsidenten Luis Inacio "Lula" da Silva, hat sich für eine Entkriminalisierung des Besitzes von Drogen ausgesprochen. Vor dem "Freiheitsforum", einer Konferenz die vom Institut für Unternehmerische Studien organisiert wurde, betonte der Minister, dass es sich dabei um seine private Meinung handelt und nicht die Position der Regierung, der er folgen müsse, berichtete die Zeitung El Estado de Sao Paulo. Auf der selben Konferenz schlug der mexikanische Anwalt Luis Pazos vor, Drogen legal zu vernüftigen Preisen abzugeben, um Drogenhändlern das Wasser abzugraben.

Brasilien ist weltweit der zweitgrößte Markt for Kokain, nach den USA, deren Drogenpolitik Brasilien bisher verfolgt hat. Die Drogenprohibition hat zu Zuständen wie im Chicago der 20er Jahre geführt. Kriminelle Banden, die sich aus dem Schwarzhandel mit Drogen finanzieren, kontrollieren die Favelas, die Elendsviertel der Großstädte. Drogenbosse wie der berüchtigte Luiz Fernando da Costa alias »Fernandinho Beira-Mar« (etwa: »Küsten-Ferdinand«) kommandieren selbst aus dem Gefängnis heraus noch ihre Privatarmeen. Vorigen Herbst wurde er in ein 500km weit entferntes Hochsicherheitsgefängnis verlegt, wo spezielle Störsender installiert sind damit Insassen keine eingeschmuggelten Handys verwenden können. Er hatte im vorigen Gefängnis einen Aufstand inszeniert, um mit ihm einsitzende konkurrierende Bandenchefs ermorden zu können. Im Juni 2002 wurde der bekannte Fernsehjournalist Tim Lopes von Drogenhändlern, über deren Aktivitäten er berichtete, entführt, gefoltert und ermordet.

Doch brutale Gewalt ist für die Banden nicht das einzige Mittel zum Zweck: Ein junger Polizist in Rio verdient gerade 400 Euro pro Monat, in der Provinz noch weniger. Es heisst, die Polizei traue sich nicht in die Favelas weil es dort zu gefährlich sei. Helio Luz, Abgeordneter im Parlament des Bundesstaats Rio de Janeiro, bestreitet das: "Die Polizei kann überall in den Favelas hingehen", sagt er. "Sie müssen da rein um ihre Bestechungsgelder abzuholen." Er weiß wovon er spricht. Von 1995 bis 1997 war er selbst Polizeichef von Rio de Janeiro. Die Korruption reicht bis in höchste politische Kreise.

Unter dem früheren Präsidenten Fernando Henrique Cardoso hatten Abgeordnete einen Gesetzesentwurf zur Drogenentkriminalisierung eingbracht, der auch eine Mehrheit fand aber letztlich am Veto des damaligen Präsidenten scheiterte. Doch eine bloße Entkriminalisierung würde die Macht der Banden nicht brechen, weil sie ihnen weiterhin einen hochprofitablen Schwarzmarkt überlassen würde, und mit einer Legalisierung würde Brasilien der Zorn der USA auf sich ziehen.

Brazilian Cabinet Member Calls for Decriminalization [WOL#282, 11.04.2003]
Drogen in Brasilien


11.04.2003

Wien: UN-Drogenpolitik am Scheideweg [11.04.2003]
Nächste Woche findet in Wien die 46. Sitzung der Commission on Narcotics Drugs (CND) der UN zusammen mit einem ministeriellen Gipfeltreffen statt. Dabei geht es um die Ergebnisse der ersten Hälfte eines Zehnjahresplans zur Beendingung oder signifikanten Verringerung des Anbaus, Handels und Konsums von Opium, Koka und Cannabis von 1998 bis 2008.

Bisher sind keine ernsthaften positiven Ergebnisse der UN-Planwirtschaft vorzuweisen. Anlässlich der 46. Sitzung der CND in Wien hat die International Antiprohibition League (IAL) einen Bericht unter dem Titel "2003 Update, A Critical Reading of Publicly Available Information" veröffentlicht. Anhand von offiziellen Quellen dokumentiert er die ernüchternden Resultate der Versuche, Produktion, Handel und Konsum bestimmter Dogen durch internatinale Behörden zu kontrollieren. Der Bericht wird am heutigen Freitag, 11.04.2003 von den EU-Abgeordneten Marco Cappato und Emma Bonino zusammen mit Prof. Carla Rossi, die einem internationalen Expertenteam vorsteht, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Bezeichnenderweise war das einzige Land, das kurzzeitig den Zielen des Plans näherkam, Afghanistan unter dem totalitären Regime der Taliban. Aber das ist schon wieder vorbei, denn unter der westlich orientierten Regierung werden wieder Tausende von Tonnen Opium geerntet. Noch während die US-Regierung eine Reduktion des Kokaanbaus in Kolumbien feiert, steigt dieser in Bolivien und Peru im selben Maße an und die Kokain-Preise in den USA fallen sogar. Cannabis, die meistverbreitete illegale Droge, wird weltweit laut UN-Schätzungen von 145 Millionen Menschen konsumiert, wobei die USA mit ihrem fundmentalistischen "War on Drugs", der nicht einmal vor Patienten haltmacht, zu den Ländern mit der stärksten Verbreitung des Konsums illegaler Drogen gehören.

Kriminalisierung und Schwarzmarktbedingungen haben zu erheblichen Problemen geführt, von der Verbreitung von Infektionskrankheiten durch Konsum unter unhygienischen Bedingungen über die Überfüllung von Gefängnissen bis zur Finanzierung von gewalttätigen Gruppen durch Schwarzmarktgewinne. Doch Alternativen zur bisherigen Politik werden nicht nur kaum diskutiert, in vielen Fällen lassen internationale Verträge gar nicht den nötigen Spielraum dafür. Deshalb soll anlässlich der Wiener Konferenz eine Neubewertung und Revision bzw. Aufhebung der UN-Drogenabkommen angesprochen werden. Über 6000 Menschen aus 87 Ländern der Erde haben einen Aufruf der IAL dazu unterzeichnet, darunter auch 230 Abgeordnete.

2003 Update, A Critical Reading of Publicly Available Information [IAL, 11.04.2003]
Aufruf für eine Reform der UN-Drogen-Konventionen [IAL]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003

Parallel zum Drogengipfel der UN findet an diesem Wochenende in Wien ein Alternativkongress statt. Er wurde am Donnerstag abend (10.04.) von Vertretern verschiedener drogenpolitischer Organisationen eröffnet und dauert bis zum Sonntag. Am Samstag findet eine Demonstration statt.

Programm des Alternativkongresses in Wien [u-n-o.org]

Zu einem Patt kam es im EU-Parlament. Weder eine Resolution der niederländischen Abgeordneten Kathalijne Buitenweg (Grüne) für eine Revision der UN-Drogenabkommen noch eine entgegengesetzte Resolution von konservativen Parteien fanden eine Mehrheit.

Die Buitenweg-Resolution...

(...) fordert den Rat und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, anlässlich der Halbzeitberichtskonferenz zur UN-Drogenpolitik, die im April 2003 in Wien stattfindet, einen Prozess zur Revision der UN-Übereinkommen einzuleiten, um die Übereinkommen von 1961 und 1971 aufzuheben oder zu ändern, mit dem Ziel, Substanzen neu einzuordnen und die Verwendungen von Drogen zu anderen als zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken zu legalisieren sowie das Übereinkommen von 1988 aufzuheben.
Der Bericht war am 19.03.203 im Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten mit 24 zu 20 Stimmen angenommen worden.

Eine Prohibitions-Resolution der franzöischen Gaullisten und der italienischen Alleanza Nazionale mit Unterstützung der Fraktion der Europäischen Volkspartei (der auch die CDU/CSU angehört) forderte eine vollständige Umsetzung der UN-Drogenabkommen. Sie fand ebenfalls keine Mehrheit.

"Buitenweg report rejected, but the prohibitionist resolution too" [Marco Cappato (MdEP, Radikale Partei (IT), 10.04.2003]
Reform der Drogenübereinkommen (A5-0085/2003) [Kathalijne Maria Buitenweg (MdEP, Grüne, NL)]
European Parliament recommends revision of UN Conventions [vienna2003.org]


11.04.2003

Noch drei Wochen bis zum 3. Mai [11.04.2003]
Am Samstag in drei Wochen werden in über zweihundert Städten weltweit Veranstaltungen gegen das Cannabisverbot stattfinden. Viele Veranstalter brauchen noch Unterstützung durch aktive Mithilfe oder Spenden zur Finanzierung. In folgenden Städten wird etwas stattfinden: Flensburg, Hamburg, Bremen, Braunschweig, Köln, Limburg, Berlin, Potsdam, Leipzig, Dessau, Lauterbach (Hessen), Luxemburg und Wien sowie verschiedenen Städten in der Schweiz. Bitte beachten Sie unsere Übersicht dazu, die wir ständig auf dem neuesten Stand halten.

Aktionen am 03. Mai 2003


10.04.2003

USA: Krieg gegen Müsli [10.04.2003]
Im September 2001 versuchte die US-Bundesdrogenpolizei DEA, den Verkauf und Besitz von aus Hanfsamen hergestellten Lebensmitteln zu verbieten, obwohl keimunfähig gemachte Hanfsamen seit 1937 ausdrücklich aus der gesetzlichen Definition von "Marijuana" ausgenommen sind. Die DEA begründet das Verbot mit der Tatsache, dass Hanfsamen geringe Spuren an THC enthalten und THC unter das Drogenverbot fällt. Das war jedoch dem Kongress bereits bekannt, als er im Jahre 1970 im Gesetz Hanfsamen ausdrücklich vom Cannabisverbot ausnahm. Das THC-Verbot wurde damals ins Gesetz aufgenommen, um auch synthetisch hergestelltes THC, das nicht aus Cannabis stammt, zu erfassen.

Am 07.03.2002 erließ ein US-Bundesgericht eine einstweilige Verfügung, die ein Inkrafttreten der Verordnung vom 09.09.2001 verhinderte. Ein Jahr später, am 21.03.2003, veröffentlichte die DEA erneut eine Verordnung mit fast gleichem Wortlaut, die am 21.04. endgültig in Kraft treten soll. Dann stünden auf Besitz und Verkauf von Salatöl oder Müsli Strafen bis zu lebenslanger Haft und 4 Millionen Dollar.

Jährlich werden in den USA etwa 6 Millionen Dollar mit legalen Lebensmitteln aus Hanf umgesetzt, nur ein Bruchteil der Milliardenumsätze der Urintestindustrie. In den USA sind Drogentests bei Einstellungsuntersuchungen oder am Arbeitsplatz weitverbreitet. Vereinzelt wurden positive Testergebnisse auf Cannabis mit dem Konsum von Hanflebensmitteln entschuldigt.

DEA Issues FINAL Rules Re: Hemp Seed and Oil Foods [Votehemp.com]
DEA und Hanfverbot
Cannabis in den USA


09.04.2003

USA: Medienkampagne, Auswertung eingestellt [09.04.2003]
Wenige Monate nach den Anschlägen vom 11.09.2001 startete die US-Regierung eine Medienkampagne, die versuchte, Drogenkonsumenten als Geldgeber von Terroristen darzustellen. Kritiker warfen der Regierung den Versuch vor, den alten "Drogenkrieg" durch eine künstliche Verbindung zum neuen "Krieg gegen den Terrorismus" wiederbeleben zu wollen und dabei ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen: Die in den USA am meisten konsumierte illegale Droge, Cannabis, wird in erster Linie in den USA selbst, in Mexiko und in Kanada angebaut. Bei anderen Drogen wie Heroin bzw. Opium entstand die Verbindung zu gewalttätigen Gruppierungen erst durch durch das staatliche Verbot, genau wie in den 20er Jahren bei Alkohol.

Nachdem eine Studie ergeben hat, "dass es kaum Hinweise auf direkte günstige Auswirkungen der Kampagne auf die Jugend" gibt, hat die Regierung beschlossen, die Kampagne im Mai auslaufen zu lassen. Gleichzeitig wird aber auch der mehrjährige Vertrag mit der Firma gekündigt, die jährlich die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Anti-Drogenkampagnen der Regierung untersucht hatte. Die Regierung gibt damit dieses Jahr 150 Millionen Dollar für eine Medienkampagne aus, ohne zu erfahren, was sie damit eigentlich erreicht.

Drug Czar Gives Up on Drugs and Terror Ad Campaign [WOL#281, 04.04.2003]
Finanziert die Drogenprohibition den internationalen Terrorismus?
Cannabis in den USA


07.04.2003

"Economist" über Wiener Drogenkonferenz [07.04.2003]
Der Londoner "Economist", eine der einflußreichsten Wochenzeitschriften der Welt, hat mehrere Artikel der aktuellen Ausgabe (05.-11.04.2003), darunter einen Leitartikel (nur Abonnenten online zugänglich) der internationalen Drogenpolitik und der UN-Konferenz in Wien gewidmet. Das Blatt, das jeweils etwa eine Viertelmillion Leser in Europa und in den USA hat, argumentiert, dass es keine Hinweise dafür gibt, dass die derzeitige Drogenstrategie zum Erfolg führen wird:

The arguments for a different approach have grown stronger, not weaker, since 1998. The failure of the current policy has become much clearer. There is no sign that government intervention has cut supply, although it may sometimes divert it. For instance, the opium crop fell sharply in Afghanistan in 2001, under the Taliban government, but it rebounded last year after the American invasion (see chart). Meanwhile, according to Francisco Thoumi, a member of Colombia's Academy of Economic Sciences, Colombia's aggressive policies, aimed at wiping out the coca crop, have merely led to an increase in planting in Bolivia, where a coca grower almost won the recent presidential election, and in Peru. There is, says Dr Thoumi, no evidence of a decline in the availability of cocaine in the United States. Instead, the drug's purity seems to have increased.

There is plenty of evidence of broader failure too. The UN's meeting in 1998 set no benchmarks by which to judge progress. Success is judged by which programmes are in place, rather than by what they achieve. Thus a country that has plans to eradicate illicit crops can tick the appropriate box, even if the plan eradicates nothing.

Der Weg zu einer rationalen Drogenpolitik werde wahrscheinlich noch lang sein, so der Economist. Eine Entkriminalisierung des Besitzes von Drogen zum persönlichen Gebrauch sei zwar im Rahmen der bestehenden Verträge möglich, aber keine Legalisierung die den unkontrollierten Schwarzmarkt mit all seinen unerwünschten Begleiterscheinungen verhindern könne. Der Economist verweist auf einen aktuellen Artikel von David Bewley-Taylor (Universität Swansea, Wales), der eine innere Reform der Verträge wegen der starken Prohibitions-Lobby in den USA und anderen Ländern für ausgeschlossen hält. Eher möglich sei jedoch ein Austritt von Gruppen von gleichgesinnten, reformwilligen Staaten.

Illegal drugs - Just say maybe [Economist (UK), 03.04.2003]
Prohibition, pragmatism and drug policy repatriation [David-Bewley-Taylor, International Journal of Drug Policy, April 2003]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003


04.04.2003

Wie Cannabis in Österreich illegal wurde [04.04.2003]
Diesen Monat findet in Wien die 46. Sitzung der Commission on Narcotic Drugs des UN Drug Control Programme (UNDCP) mit einem ministeriellem Gipfeltreffen statt. Dabei geht es um den laufenden Zehnjahresplan der UN von 1998, der sich die Beendigung oder signifikante Reduzierung des illegalen Anbaus von Opium, Koka und Cannabis bis 2008 zum Ziel gesetzt hat. Dieser Plan ist nicht realistischer als das Ziel des Einheitsübereinkommens von 1961, bis spätestens 1986 weltweit der Produktion dieser Substanzen zu nichtmedizinischen Zwecken ein Ende zu setzen. Cannabis ist lediglich teurer und damit profitabler geworden. Es wird heute mehr angebaut als vor 42 Jahren und ein Fünftel bis ein Drittel der Erwachsenen in den meisten westlichen Ländern hat es bereits konsumiert.

Daß Cannabis in Österreich illegal ist, hängt mit dem Standort des Gipfeltreffens zusammen. Wien ist Sitz zweier UN-Behörden (UNDCP und Suchtstoffkontrollrat, INCB) und zwei der drei wichtigsten UN-Drogenverträge, die Übereinkommen von 1971 und von 1988, wurden in Wien unterzeichnet. Das diesen Abkommen vorausgegangene "Einheitsübereinkommen" von 1961 sah die Schaffung des Suchtstoffkontrollrats (INCB) vor, der eine ältere, damals noch in Genf beheimatete Institution aus der Vorkriegszeit ablösen sollte. Die Republik Österreich wollte, dass Wien Sitz der neuen Behörde werde. Doch da gab es ein diplomatisches Hindernis: Cannabis war damals in Österreich legal. Die Konvention von 1961, deren Einhaltung das INCB überwachen sollte, war noch nicht in Landesrecht umgesetzt.

Cannabis hat in Österreich eine lange Geschichte. Bis zum ersten Weltkrieg war die Donaumonarchie ein führender Produzent. Hanf wurde nicht nur für Seile, Textilien und als Ölsaat angebaut, sondern auch als "Kraut" in der Pfeife geraucht. Hans-Georg Behr (1937 in Wien geboren) nennt in seinem Buch "Von Hanf ist die Rede" besonders das Waldviertel, wo bis in die fünfziger Jahr weithin Cannabis als billiger Tabakersatz in die Pfeife wanderte. Einen Grund für ein strafrechtliches Verbot sah damals niemand.

Im Jahre 1938 marschierte die Nazi-Wehrmacht in Österreich ein und vollzog den "Anschluss" ans Reich. Ab da galten in Österreich die Nazigesetze, die unter anderem auch den Handel mit Cannabis unter Strafe stellten. Im Jahre 1945 traten alle von den Nazis erlassenen Gesetze und Verordnungen in der Republik Österreich ausser Kraft. Damit war Cannabis in Österreich wieder legal - bis die UN kam. Lange vor der Wiederentdeckung von Cannabis als Genussmittel durch die Jugend in den späten 60er Jahren erließ das österreichische Parlament deshalb im Jahre 1962 ein Gesetz, das den Besitz, Erwerb und die Herstellung von Cannabis als "Suchtgift" unter Strafe stellte. Es trat am Neujahrtag 1963 in Kraft. Österreich bekam seine UN-Behörden und durfte wenig später sogar einen UN-Generalsekretär stellen.

Vom 10. bis 13.04. findet in Wien ein "Gegengipfel" zur UN-Veranstaltung statt, an dem Aktivisten aus ganz Europa und aus Übersee teilnehmen werden. Höhepunkt ist eine Demonstration am 12.04.2003. Der geplante Bus von Berlin nach Wien und zurück (siehe CLN#103) kam leider wegen zu wenigen Interessenten nicht zustande. Die Fahrt mit dem Berlinlinienbus kostet 99 Euro für Hin- und Rückfahrt.

Programme for the alternative drug summit in Vienna, from 10 to 13 April [vienna2003.org]
Demonstration in Wien [CLN#103, 28.03.2003]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003
Legalize! Österreich - http://www.legalisieren.at


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