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Briefwechsel: Wolfgang Zeitlmann (CSU)
1) Email an MdB Wolfgang Zeitlmann, Vorsitzender des CSU-Arbeitskreises Recht, Innen, Sport und Umwelt
Von: "Joe Wein (VfD)" <joe_wein@drogenpolitik.org>
An: Wolfgang Zeitlmann MdB <wolfgang.zeitlmann@bundestag.de>
Gesendet: Montag, 08.07.2002
Betreff: Cannabisbesitz als Ordnungswidrigkeit
Sehr geehrter Herr Zeitlmann,
"Demokratie ist Dialog," schreiben Sie auf Ihrer Homepage. Gestatten Sie mir, Sie beim Wort zu nehmen! In Ihrer Pressemitteilung vom 1.07.2002 (1) zur Cannabispolitik schrieben Sie:
"Aufklärung, Warnung und auch Strafdrohung sind
unverzichtbare Bestandteile einer verantwortungsvollen
Drogenpolitik."
Dazu einige Bemerkungen:
1. Die von ihnen kritisierte Forderung, Cannabisbesitz zum persönlichen Konsum als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat zu behandeln, würde die Androhung von Bestrafung keineswegs beenden. Auch die Verhängung eines Bussgeldes ist schliesslich eine Bestrafung und genügt den Anforderungen der UN-Drogenabkommen. Der Staat kann so weiterhin sein Missfallen ausdrücken.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahre 1994 darauf verwiesen, dass die Anwendung des Strafrechts in vielen Fällen, in denen es um den Besitz geringer Mengen von Cannabis geht, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzen würde. Deshalb können Staatsanwaltschaft und Gerichte Verfahren einstellen, wobei es allerdings - entgegen der Forderung des Bundesverfassungsgerichts - bisher keine bundesweit einheitliche Rechtspraxis gibt. Eine Umstufung des Besitzes geringer Mengen zum Eigengebrauch als Ordnungswidrigkeit würde Polizei und Justiz spürbar entlasten und ihnen erlauben, sich effektiver um Straftaten gegen Eigentum oder Leib und Leben von Dritten zu kümmern. Deshalb hat sich auch der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, für eine Reform ausgesprochen. Allein im vorigen Jahr gab es 131.842 Ermittlungsverfahren nur wegen des Cannabisverbots, die eine grosse Zahl von Dienststunden verschlangen. Solange Cannabisbesitz in jedem Fall Gegenstand des Strafrechts ist, muss immer eine Anzeige geschrieben werden - oft für den Papierkorb.
3. Die derzeitige widersprüchliche Politik zu Alkohol, Cannabis, Tabak und anderen Drogen, die in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zum jeweiligen gesundheitlichen Risiko steht, ist keine geeignete Grundlage für glaubwürdige Aufklärung. Sie kritisieren eine Liberalisierung als "völlig falsches Signal", das angeblich eine Aufklärung erschweren würde. Prof. Dr. Kleiber und Prof. Dr. Kovar schreiben in einer von Herrn Seehofer in Auftrag gegebenen Studie zusammenfassend, "daß die pharmakologischen Wirkungen und psychosozialen Konsequenzen des Cannabiskonsums sich als weniger dramatisch und gefährlich erweisen, als dies überwiegend noch angenommen wird." (2) Welches Signal setzt dann der Gesetzgeber, wenn er Cannabis, das von einem Drittel der jüngeren Erwachsenen probiert wird, rechtlich genauso einstuft wie Kokain und Heroin? Wollen Sie, dass die Jugend glaubt, diese Drogen seien nicht riskanter als Cannabis?
Die steigenden Konsum- und Ermittlungszahlen - auch in Bayern - zeigen, dass die derzeitige Politik nicht funktioniert. Andere konservative Politiker haben die Notwendigkeit von Reformen bereits erkannt:
"Die CVP befürwortet die Straffreiheit des Cannabiskonsums
und der entsprechenden Vorbereitungshandlungen (Erwerb
und Besitz von Kleinstmengen, Anbau zum Eigengebrauch)."
So eindeutig bezogen die Schweizer Christdemokraten am 27.12.1999 in einer Pressemitteilung (3) mit dem Titel "Cannabis-Konsum soll straffrei werden" zur geplanten Cannabisreform bei den alpenländischen Nachbarn des Freistaates Bayern Stellung.
Die derzeitige Cannabispolitik und mögliche Alternativen dazu dürfen auch in Deutschland kein Tabuthema bleiben. Nur mit einer offenen und ehrlichen Diskussion darüber kann ein neuer politischer Konsens gefunden werden.
Mit freundlichen Grüssen
Joe Wein
Sprecher
Verein für Drogenpolitik e.V.
http://www.drogenpolitik.org
http://www.cannabislegal.de
Anmerkungen:
(1) http://www.presseportal.de/story.htx?nr=361442
(2) "Auswirkungen des Cannabiskonsums", Dieter Kleiber / Karl-Artur Kovar, ISBN: 3804715559
(3)
http://www.cvp.ch/deutsch/texte/text-detail.asp?contentid=107
2) Email von MdB Wolfgang Zeitlmann, Vorsitzender des CSU-Arbeitskreises Recht, Innen, Sport und Umwelt
Sehr geehrter Herr Wein,
herzlichen Dank für Ihre Mail vom 8. Juli, auf die wir hier kurz
antworten wollen. Vorab bitten wir Sie jedoch, zukünftig die Mails mit
einer postalen Adresse für die Antwort zu versehen, da wir wegen der
Überlastung nur noch auf schriftlichem Wege antworten können.
Das Drei-Säulen-Modell aus Prävention, Therapie und Repression hat in
Bayern gute Erfolge erzielt. Die Zahl der Drogentoten ist dort im ersten
Halbjahr im Vergleich zum ersten Halbjahr des vergangenen Jahres um gut
30% zurückgegangen.
Wir wollen nicht, dass die Jugend glaubt, dass härtere Drogen genauso
gefährlich sind wie beispielsweise Cannabis. Wir wollen aber auch nicht,
dass Jugendliche denken, dass Drogen wie Cannabis ungefährlich sind,
weil sie plötzlich teilweise legalisiert sind. Auch und gerade
Einstiegsdrogen sind gefährlich und enden oftmals in einer krankhaften
Abhängigkeit zu härterern Drogen. Ihr Vorschlag würde dem Prinzip der
Prävention entgegenwirken. Drogen dürfen grundsätzlich nicht legalisiert
werden, damit die Gesellschaft nicht von neuen Krankheiten heimgesucht
wird. Wir sollten daraus lernen, was der Einzug von Tabak und Alkohol in
unsere Gesellschaft bewirkt hat.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Günther v. Billerbeck (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)
3) Posting von MdB Wolfgang Zeitlmann in seinem Onlineforum (26.08.2002)
Autor: Wolfgang Zeitlmann, MdB
Datum: 08-26-02 10:14
Sehr geehrter Herr XXX,
vielen Dank für Ihre wiederholten Kommentare in meinem Forum. Bitte habe Sie
Verständnis dafür, dass ich in Zeiten des Wahlkampfs und der Sommerpause
wegen nicht postwendend auf alle Anschreiben an meine Person antworten kann.
Bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass ich eigentlich nicht auf
Kommentare von Personen antworte, die sich nicht zu erkennen geben. Es
gehört erstens zum guten Ton, bei der Diskussion mit einer anderen Person
seinen Namen zu nennen, und zweitens möchte man gerade in der politischen
Diskussion wissen, mit wem man es zu tun hat. In der Hoffnung, dass Sie sich
im Falle eines weiteren Beitrags identifizieren werden, schreibe ich Ihnen
noch einmal kurz meine Meinung zu diesem Thema:
Sie bringen wieder das nur zu gut bekannte Argument, dass Alkohol und
Nikotin doch viel gefährlicher wären als die vermeintlich weiche Droge
Cannabis. Diese Argument ist ein Fehlschluss! Warum soll man den gleichen
Fehler, den man offensichtlich mit Alkohol und Nikotin gemacht hat, indem
man diese Drogen Einzug in unsere Kultur hat haben lassen, nun auch noch mit
weiteren Drogen machen? Droge ist Droge, und in welcher Form auch immer
schädlich.
Weiter kritisieren Sie die Aufklärung in den Schulen. Sie sind scheinbar
dafür, diese Aufklärung abzuschaffen. Ich halte es dennoch für sinnvoll,
gerade unsere Kinder auf die Gefahr von Drogen aufmerksam zu machen.
Aufklärung ist und bleibt ein wirksames Rezept dafür, die Bedeutug von
Drogen in dieser Gesellschaft zurückzudrängen. Das ist das Ziel, und die
strafrechtliche Verfolgung von Kriminellen, die gegen dieses Ziel
rechtswidrig arbeiten, ist ebenso ein wirksames Mittel, die Verbreitung von
Drogen zu unterbinden.
Mit freundliche Grüßen
Wolfgang Zeitlmann, MdB
Fehler Alkoholkonsum?
Wenn Herr Zeitlmann wirklich den Einzug von Alkohol in die hiesige Kultur für einen "Fehler" hält, dann ist es doch ein wenig verwunderlich, daß er seinen letzten Bundestagswahlkampf ausgerechnet mit einer Tour durch das "Rosenheimer Nachtleben" abschliesst. Folgende Notiz fanden wir auf der Website der Jungen Union Rosenheim:
Kneipentour mit Zeitlmann
15. September 2002
Rosenheim. Die Junge Union Rosenheim unternimmt am kommenden Freitag, den 20. September, zum Abschluss des Bundestagswahlkampfes eine Kneipentour mit dem Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Wolfgang Zeitlmann. "Wir wollen zum Schluss des Wahlkampfes noch einmal auf junge Menschen zugehen und sie motivieren, zur Wahl zu gehen", so die beiden JU-Stadträte Andreas Voll und (Name auf Wunsch entfernt, CL), die Zeitlmann durch das Rosenheimer Nachtleben begleiten werden. Die Kneipentour beginnt um 21.00 Uhr im "Enchilada" in der Münchener Straße 70.
Junge Union Bayern Kreisverband Rosenheim-Stadt
Onlineforum der CSU Rosenheim
(Bei allen Postings bitte sachlich bleiben!)
Die folgende Email von Joe Hemmerlein ging am 02.10.2003 an Herr Zeitlmann, aufgrund seiner Pressemitteilung. Die Antwort von Herrn Zeitlmann folgt im Anschluss:
From: Joe Hemmerlein
Sent: Thu 02-Oct-03 13:08
To: wolfgang.zeitlmann@bundestag.de
Subject: Ihre Pressemitteilung: "Grüne unterstützen Drogenmissbrauch statt
ihn zu bekämpfen"
Sehr geehrter Herr Zeitlmann,
mit grossem Interesse las ich heute Ihre Pressemitteilung "Grüne
unterstützen Drogenmissbrauch statt ihn zu bekämpfen"
(http://www.csu-landesgruppe.de/pressemitteilungen.aspx?meldung=7115).
Ich selbst bin ein Gegner von Drogenmissbrauch, ebenso wie Sie, wenngleich
ich meine allmorgendliche Tasse Kaffee, hin und wieder ein Glas Wein oder
eine Zigarette durchaus als Teil der uns allen zustehenden Freiheit erachte.
Meiner Meinung nach handelt es sich bei den eben genannten Drogen um weiche
Drogen, die keinesfalls mit harten Drogen wie Kokain oder Heroin in einen
Topf geworfen werden duerfen. Ferner betrachte ich meine eben beschriebenen
Konsumgewohnheiten als Gebrauch - als Genussmittel - und nicht als
Missbrauch.
Leider laesst unsere Jurisdiktion die Unterscheidung zwischen harten Drogen
und weichen Drogen nicht zu - die Definition unterscheidet lediglich
zwischen legalen und illegalen Drogen. Marijuana ist eine illegale Droge,
obwohl das Gefahrenpotential neuesten Erkenntnissen zufolge deutlich
geringer ist als das einiger heute legalen Drogen, was eigentlich einen
Widerspruch darstellt. Diese These wird uebrigens durch die von Ihrem
CSU-Parteikollegen Horst Seehofer in Auftrag gegebene Studie zu den
Auswirkungen des Cannabiskonsums
(http://www.cannabislegal.de/studien/kleiber2.htm) eindeutig gestuetzt - die
Studie ist allgemein als "Kleiber-Kovar-Studie" bekannt. Kennen Sie diese
Studie?
1. IHRE PRESSEMITTEILUNG
"Wer Drogenmissbrauch als gesellschaftliche Realität hinnimmt, verkennt
Ursache und Wirkung und hat nichts verstanden," schreiben Sie in Ihrer
Presseerklaerung.
Drogenmissbrauch *ist* gesellschaftliche Realitaet, Herr Zeitlmann: Sie
waren sicher schonmal auf der Wies'n. Ironischerweise scheint unsere
Regierung genau das hinzunehmen - das Oktoberfest wird als Kulturgut
hingenommen.
"Mit der Legalisierung so genannter Einstiegsdrogen können die Anfänge für
eine "Drogenkarriere" gesetzt werden," schreiben Sie weiter.
Sprechen Sie hier von Marihuana? Falls ja, lesen Sie bitte nochmal in der
von Herrn Seehofer in Auftrag gegebene Studie (siehe oben) nach:
"Ein wichtiges Argument in der Diskussion um Cannabis ist seine mögliche
'Schrittmacherfunktion' für den Einstieg in den Konsum von illegalen Drogen
bzw. den Umstieg auf härtere Substanzen. Diese These muss nach Analyse der
vorliegenden Studien zurückgewiesen werden."
Das psychosoziale Potential als "Einstiegsdroge" bzw. "Schittmacherfunktion"
ist bei Alkohol ebenso vorhanden. Da in Deutschland aufgrund der
Illegalitaet der Droge Cannabis keine Markttrennung moeglich ist -
Cannabisdealer verkaufen oft auch andere, gefaehrlichere illegale Drogen -
wird der Kontakt zu anderen illegalen Drogen natuerlich heraufbeschworen,
das ist die einzige Ursache, die ggf. den Efffekt eines Schrittmachers
erwirken koennte. Die Tatsache, dass einige Heroinabhaenige vorher mal
Cannabis geraucht haben, laesst nicht automatisch darauf schliessen, dass
ein Grossteil aller Cannabiskonsomenten spaeter zu Heroin greift -
schliesslich hat ein Grossteil aller Heroinabhaenigen auch mal Brot gegessen
oder Muttermilch getrunken.
2. REPRESSION ALS GEEIGNETES MITTEL
Ich will nicht sagen, dass Repression den Konsum foerdert, allerdings ist
Repression definitiv kein geeignetes Mittel, um den Konsum einzuschraenken,
wenn die Konsumenten die Gruende fuer die Repression nicht einsehen. Dies
kann passieren, wenn die angefuehrten Gruende z.B. falsch sind, sich nicht
mit den eigenen Erfahrungen der Konsumenten decken oder weil sie
schlichtwegs in keinem Verhaeltnis zur Realitaet stehen (vgl.
Repressionsargumente gegen Alkohol und Repressionsargumente gegen Cannabis).
Wenn Argumente als Rechtfertigung fuer eine Repression angefuehrt werden,
obwohl diese nachweislich falsch sind, fuehrt das sogar zu einer Auflehnung
gegen die Repression und zu einem Verlust der Glaubwuerdigkeit. Der
Eindruck, dass die Gruende falsch sind, entsteht meines Erachtens auch, wenn
die Erkenntnisse der von der Regierung in Auftrag gegebenen Studien falsch
wiedergegeben werden, wie dies leider in Ihrer Pressemitteilung geschehen
ist - und immer noch geschieht, indem teilweise der Begriff "Drogentote" in
Zusammenhang mit Cannabiskonsum verwendet wird, obwohl die legale Droge
Alkohl nachweilich eine hoehere Letalitaet besitzt als Cannabis (bei
Cannabis ist weltweit kein einziger Todesfall vorhanden!).
Sicher mag eine Lockerung der Gesetze ("teilweise Legalisierung", "Duldung")
fuer einen kurzfristigen Anstieg der Erstkonsumzahlen sorgen, was aber in
Anbetracht der folgenden Zahlen meines Erachtens jedoch nicht ueberbewertet
werden sollte:
Laut der Repräsentativumfrage des Instituts für
Therapieforschung (Kraus/Bauernfeind 1997) gaben von den befragten
ehemaligen Cannbiskonsumenten folgender Prozentsatz als Grund an warum sie
aufgehört haben:
(http://www.ift.de/download/Sucht%2044%20Repraesentativerhebung%201997.pdf)
Repression:
"Angst vor Bestrafung": 2,8 Prozent
"Verfahren gegen mich": 0,2 Prozent
"Gerichtliche Verurteilung": 0,1 Prozent
"War in Haft": 0,1 Prozent
Andere Gruende:
"Angst vor gesundheitlichen Schäden": 13,1 Prozent
"Wirkung unangenehm": 17,5 Prozent
"Angst süchtig zu werden": 18,5 Prozent
"Hat nichts gebracht": 48,4 Prozent
"Nur probieren": 85,4 Prozent
Erfahrungen aus Laendern, in welchen die Cannabispolitik weniger repressiv
gehandhabt wird, zeigen, dass ein offenerer Umgang eine bessere Aufklaerung
ermoeglicht und langfristig sogar ein Rueckgang des Konsums verzeichnet
wird.
Und was den Drogenkonsum unter Minderjaehrigen betrifft - natuerlich muss
dieser verhindert werden. Wenn dazu jedoch ein unangemessenes Mittel
eingesetzt wird, welches zwangsweise auch die Kriminalisierung
verantwortungsvoller erwachsener Cannabisgeniesser mit einschliesst (es
handelt sich hier nur in den wenigsten Faellen um Missbrauch), so ist das
Vorgehen nicht verhaeltnismaessig, da trotz Alkohomissbrauch durch Kinder
noch kein erwachsener Alkoholgeniesser kriminalisiert wurde. Wie soll bei
solch einer Politik denn Aufklaerung betrieben werden koennen, wenn ein
Lehrer die Auswirkungen des Cannabiskonsums nicht offen mit seinen Schuelern
diskutieren kann - wohingegen das bei Alkohol oder Zigaretten moeglich ist?
Benjamin Franklin sagte einst: "Wer grundlegende Freiheiten fuer ein
bisschen kurzzeitige Sicherheit aufgeben wuerde, verdient weder Freiheit
noch Sicherheit". So wie ich (und vielleicht auch Sie) den Kaffee am Morgen
als persoenliches Symbol fuer Freiheit schaetze, so moegen andere Personen
ihr Bier oder ihren Joint am Abend in das gleiche Licht stellen. Freiheit
steht fuer Hoffnung, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Es wuerde mich ungemein freuen, wenn Sie diese eMail im Rahmen eines Dialogs
beantworten wuerden. Vielen Dank!
Mit freundlichen Gruessen,
Joe Hemmerlein
P.S.:
Es freut mich, dass viele Politiker inzwischen auch im Internet vertreten
sind und so auch die juengere Generation staerker ansprechen. Sie gehen mit
gutem Beispiel voran!
Antwort von MdB Wolfgang Zeitlmann an Joe Hemmerlein (13.10.2003):
Sehr geehrter Herr Hemmerlein,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht vom 02. 10. 2003 zu meiner Presseerklärung vom 30. 09. 2003 zum Ansinnen der Grünen, den Missbrauch von Haschisch und Marihuana zu legalisieren.
Zum wiederholten Male, auch zum wiederholten Male Herr Beck, versuchen die Grünen Haschisch und Marihuana als Droge zu legalisieren. Zum wiederholten Mal sage ich nein zu diesem Ansinnen. Wenn die Drogenpolitik in anderen europäischen Ländern weniger restriktiv ist, so ist das etwas, wogegen man auf europäischer Ebene vorgehen muss. Auch das wollen wir.
In Deutschland wendet sich die CSU wie auch die CDU strikt gegen das Liebäugeln mit Drogen-Freigabe-Konzepten. Gerade junge Menschen sind leicht verführbar und neigen dazu, Neues auszuprobieren. Werden die Schranken niedergerissen und die Einstiegsdroge Haschisch freigegeben – die Vorstellungen der Grünen gehen schließlich in diese Richtung, auch wenn zunächst ein anderer Anschein erweckt werden könnte – sind die nächsten Forderungen vorprogrammiert. Eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Grenzen für die Strafbarkeit von Cannabis-Besitz mit einer verhältnismäßig hohen Gewichtsgrenze soll ja nur ein erster Schritt sein. Erklärtes Ziel der Grünen ist die vollkommene Freigabe von Haschisch und Marihuana.
Nach meiner Ansicht führt es zu einer völlig schiefen Diskussion, den Missbrauch von Alkohol und Nikotin zusammen mit dem Missbrauch von Drogen wie Haschisch oder Marihuana zu nennen. Hier gilt: Wehret den Anfängen einer möglichen schlimmen „Drogenkarriere“.
Sehr geehrter Herr Hemmerlein, Sie sagen, Drogenmissbrauch sei gesellschaftliche Realität. Genau darum geht es. Die Grünen möchten den Missbrauch der so genannten Einsteigerdrogen als gesellschaftliche Realität hinnehmen und nutzen das als Argument für eine Freigabe. Genau anders herum ist es richtig. Auch so genannte weiche Drogen dürfen nicht legalisiert werden, sonst werden sie gesellschaftliche Realität. Mit einem verharmlosenden Signal würde geradezu dazu eingeladen, die Droge zu probieren.
Sie sagen, Repression sei definitiv kein geeignetes Mittel, den Konsum einzuschränken. Das ist nur eine der drei Säulen. Die entscheidende ist die Prävention. Auch das sprechen Sie an. Sie stellen hier Vergleiche mit dem Alkoholkonsum bzw. Alkoholmissbrauch an. Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit sind – und damit sind wir wieder am Beginn – inzwischen gesellschaftliche Realität. Lebenspläne und -ziele, Familien werden auf diese Weise zerstört. Deswegen spreche ich mich mit aller Deutlichkeit gegen einen ersten Schritt zur Legalisierung von Drogen aus, die erwiesener Maßen auch zu Rauschzuständen führen können. Der Missbrauch, also der Konsum im Übermaß, kann nur verhindert werden, wenn schon der Einstieg und Beginn des Konsums mit möglichst hohen Hürden versehen wird. Es geht in erster Linie um Vorbeugung, es geht darum, es gar nicht erst zu einer Abhängigkeit von Drogen kommen zu lassen.
Wenn ich Ihr Schreiben richtig verstehe, so wenden Sie sich lediglich gegen den Drogenkonsum von Minderjährigen bzw. den Drogenkonsum im Übermaß. Das sollte meiner Meinung nach selbstverständlich sein. Aber auch der Drogenkonsum Erwachsener darf nicht freigegeben werden, denn die Gefahr der Nachahmung bzw. des schlechten Beispiels, leider sieht man das beim Alkohol wie auch beim Zigarettenkonsum, entsteht. Die Gefahr darf deswegen nicht verharmlost werden.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Wolfgang Zeitlmann MdB
Wie man sieht, geht Herr Zeitlmann kaum auf die Argumente der Gegenseite ein, etwa zu den praktischen Erfahrungen aus den Niederlanden oder zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Er begründet das Cannabisverbot bei Erwachsenen mit deren Vorbildrolle. Nachdem er dabei ausdrücklich auf die ähnliche Situation bei Alkohol und Zigaretten verweist, müßte er eigentlich, wenn er das ernst meint, für ein Verbot dieser beiden Drogen für Erwachsene eintreten. Das kommt ihm jedoch gar nicht in den Sinn.
"Der Missbrauch, also der Konsum im Übermaß, kann nur verhindert werden, wenn schon der Einstieg und Beginn des Konsums mit möglichst hohen Hürden versehen wird." Wenn der Konsum von Drogen, "die erwiesener Maßen auch zu Rauschzuständen führen können" möglichst erschwert werden soll, warum betreibt dann eigentlich der Freistaat Bayern eine eigene Brauerei, das Staatliche Hofbräuhaus in München?
Hier geht es zu unserer
Briefseite, hier zu Links und Dokumenten zur CDU/CSU.
Hier geht es zu unserer Linkseite zur Parteipolitik, mit Thesenpapieren der Parteien und unseren Erwiderungen darauf, Links zu parteipolitischen Onlineforen sowie zu den Listen der Abgeordneten der Fraktionen im Bundestag.
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