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Cannabisanbau
"Die Trennung der Märkte zwischen sogenannten harten und weichen Drogen war Mitte der 80-er Jahre ein wesentlicher Diskussionspunkt für den Vorschlag, anders mit Cannabis umzugehen. (...) In der Realität versorgt sich ein Großteil der deutschen Szene aus eigenem Anbau."
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Der Anbau von Cannabis (indischem Hanf) zum eigenen Konsum wird, obwohl sich damit Konsumenten bewusst von Händlern fernhalten, die ihnen auch andere Drogen anbieten oder besorgen könnten, vom Gesetzgeber drastisch bekämpft.
Cannabisanbau ist in Deutschland grundsätzlich genehmigungspflichtig. Sogar der Besitz der THC-freien Samen ist seit Februar 1998 strafbar, wenn den Umständen nach angenommen werden kann, dass die Samen zum unerlaubten Anbau bestimmt sind.
Eine Ausnahme gilt nur für bestimmte zertifizierte Industriehanfsorten mit maximal 0,2 % Tetrahydrocannabinol (THC), die unter bestimmten Bedingungen von Landwirten (aber nicht von anderen Privatpersonen) legal und genehmigungsfrei angebaut werden dürfen. Dieser Anbau ist dann meldepflichtig.
Die gesetzlichen Regelungen sind bei Cannabis unverhältnismässig streng, ist doch der Besitz von zur Schlafmohnproduktion (Opium, Heroin) geeigneten Samen legal. Der Anbau geringer Mengen Schlafmohn (Papaver somniferum) im eigenen Garten wird praktisch nie verfolgt, obwohl er theoretisch ohne Erlaubnis strafbar ist und Schlafmohn den selben Abkommen unterworfen ist wie Cannabis. Engelstrompete oder Bilsenkraut, zwei Nachtschattengewächse deren halluzinogene Wirkstoffe manchmal zu lebensgefährlichen Vergiftungen führen, dürfen straffrei angebaut werden. Nur Cannabis, das weder körperlich abhängig macht noch zu Vergiftungen führt, ist komplett verboten, sofern man keine Sondergenehmigung von der Bundesopiumstelle hat. Sogar Krebs-, AIDS- und Multiple Sklerose-Patienten, deren Leiden Cannabis lindern könnte, wird diese Sondergenehmigung verweigert (das Verwaltungsgericht Köln hat eine entsprechende Klage abgelehnt: CLN#148, 12.03.2004).
Nach dem Willen der Schweizer Regierung soll künftig der Anbau geringer Mengen von Cannabis nicht länger verfolgt werden. Auch Belgien will gegen den Eigenanbau nicht mehr einschreiten, solange kein problematischer Konsum vorliegt (z.B. Konsum durch Jugendliche). Der Bericht der britischen Polizeistiftung im April 2000 empfahl ebenfalls, den Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum nicht länger zu verfolgen. Eine Studie im British Journal of Psychiatry empfahl eine Entkriminalisierung von Besitz und Eigenanbau als die wahrscheinlich am wenigsten schädliche Cannabispolitik.
Bereits heute ermöglicht der § 31a des Betäubungsmittelgesetzes die straflose Einstellung von Verfahren, wenn die Schuld des Täters gering ist. Allerdings wird dabei vom Muster eines Konsumenten ausgegangen, der auf dem Schwarzmarkt als Nachfrager auftritt. Wer selbst anbaut, der finanziert zwar keine kriminellen Hintermänner mehr, wie das jemand tut der mehrmals pro Jahr ein paar Gramm Cannabis erwirbt. Da ein Eigenanbauer aber oft nur einmal pro Jahr ernten kann, muss er dazu einen Jahresvorrat produzieren, wenn er sich wirklich vom Schwarzmarkt lösen will. Wird er dann aber erwischt, muss er mit ernsten Problemen rechnen. Ab einer Wirkstoffmenge von 7,5 g THC (entsprechend etwa 5-10 erntereifen Pflanzen oder 100-150 g Marihuana) gilt eine Mindeststrafe von 90 Tagessätzen. Damit gilt man als vorbestraft. Eigenanbau wird also ähnlich hart bestraft wie Handel, obwohl er drei der wesentlichsten Probleme des Schwarzmarkts vermeiden hilft: Schwarzhändler, Schwarzgelder und vermischte Drogenmärkte.
Der Gesetzgeber sollte den Anbau und Besitz einer flächenmässig, anzahlmässig oder gewichtsmässig begrenzten Menge von Cannabispflanzen durch Erwachsene aus der Genehmigungspflicht des BtMG ausnehmen, sofern keine Ausfuhr, kein Handel und keine Abgabe an Minderjährige erfolgt. Eine solche Regelung ist mit UN-Drogenabkommen vereinbar.
- Die Konvention von 1988 stellt ausdrücklich das Verbot des Besitzes und Anbaus zum eigenen Konsum unter den Vorbehalt verfassungsmässiger Prinzipien. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass das Übermassverbot des Grundgesetzes ein solches Prinzip ist. Der Staat ist deshalb nicht zur Bestrafung verpflichtet.
- Die Einheitskonvention von 1961 nimmt ausdrücklich den Anbau von Cannabis für gartenbauliche Zwecke aus dem Suchtstoffabkommen aus. Die Bundesrepublik Deutschland kann daher den Anbau von Cannabis als Zierpflanze zulassen, ohne gegen das Abkommen zu verstossen.
Ein flächenmässige Begrenzung des legalen Anbaus wäre daher denkbar, ähnlich wie beim Weinanbau, wo Gärten unter 100 Quadratmetern bzw. bis zu 99 Pflanzen nicht genehmigungspflichtig sind.
Strafrechtliche Probleme beim Anbau von Cannabispflanzen (Rechtsanwalt Michael Hettenbach)
Verbieten die UN-Abkommen den Cannabisanbau?
Cannabis im Schrebergarten
"Wer wegen Drogenbesitzes in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, dem darf nicht straferschwerend angerechnet werden, daß er möglicherweise die Drogen an andere weitergeben könnte. (...) Genau diese Gefahr sei nämlich der Grund, weshalb Drogenbesitz in nicht geringer Menge unter Strafe stehe. Dieser Umstand "begründet" die Strafbarkeit, er darf deshalb nicht noch ein zweites Mal zur Strafschärfung herangezogen werden." [BayObLG, 1997-10-02, 4 St RR 214/97]
Großbritannien: "Homegrown" überholt Marokko
[CLN#102, 21.03.2003]
In Großbritannien wird mehr Cannabis angebaut als aus Marokko importiert wird. Eine neue Studie unterstützt die Entkriminalisierung des Eigenanbaus.
Artikel:
Hamburg: Dreieinhalb Jahre für Gärtner
[CLN#137, 05.12.2003]
Brandenburg: Drei Jahre Haft für Anbau
[CLN#137, 05.12.2003]
7500 Pflanzen in Hamburg gefunden
[CLN#125, 12.09.2003]
Blühende Landschaften: 2500 Pflanzen in Thüringen entdeckt
[CLN#123, 31.08.2003]
Marokko: Cannabisanbau ernährt 1 Million
[CLN#112, 30.05.2003]
Hanf-Plantage bei Aachen abgebrannt
[Polizeipresse.de, 19.03.2003]
Sachsen: 1300 Cannabispflanzen unter Lampen
[CLN#101, 14.03.2003]
INCB: Anbauländer verdienen 1 Milliarde Euro
[CLN#100, 07.03.2003]
Brandenburg: 4000 Cannabispflanzen gefunden
[CLN#97, 14.02.2003]
Frankreich und Deutschland: Der Eigenanbau blüht
[CLN#78, 27.09.2002]
Britische Experten: 97% gegen Gefängnis bei Eigenanbau
[CLN#37, 23.11.2001]
Heiteres Parlament: Falsche Samen im Reichstags-Kunstwerk
[Spiegel, 21.09.2000]
Vier Jahre Haft für Cannabisanbau
[CLN#15, 16.06.2001]
Gartenbau schlimmer als Tötung?
[CLN#10 - 11.05.2001]
Freispruch für AIDS-kranken Hanfanbauer
[CLN#9 - 07.05.2001]
Der Anbau von Mohnblumen der Art Papaver Somniferum (Schlafmohnanbau) im Garten ist strafbar
Entgegen einem weitverbreiteten Irrglauben, wonach der Anbau von Schlafmohn im eigenen Garten als Zierpflanze auch ohne Sondergenehmigung straffrei ist, sofern eine Fläche von 10 qm nicht überschritten wird, ist der Anbau von Schlafmohn in Deutschland in jedem Fall genehmigungspflichtig, d.h. er ist ohne Sondergenehmigung ein Verstoss gegen das Betäubungmittelgesetz (BtMG) und kann mit bis zu 5 Jahren Haft und/oder Geldstrafe bestraft werden. Das Gerücht geht wahrscheinlich auf die Tatsache zurück, dass früher eine morphinarme Sorte des Schlafmohns bis zu 10 qm genehmigungsfähig war. Dises Sorte ist jedoch nicht zugelassen und nicht mehr im Handel erhältlich. Hier ist eine entsprechende Auskunft, die wir für den Verein für Drogenpolitik e.V. von der Bundesopiumstelle eingeholt haben:
B 811 - 7553
Sehr geehrter Herr Wein,
die Information, dass für bis zu 10 qm Schlafmohn-Anbau keine Erlaubnis
erforderlich sei, ist falsch. Der Anbau ist in jedem Fall erlaubnispflichtig.
Die Erlaubnis wurde Privatpersonen allerdings nur bis zu einer Höchstfläche
von 10 qm, und auch nur für die morphinarme Sorte "Przemko" (und natürlich
auch nur zu Zierzwecken) erteilt. Da die sortenrechtliche Zulassung für diese
bislang einzige morphinarme Sorte vom Züchter zurückgezogen wurde und
auch kein Saatgut mehr erworben werden kann, werden z.Z. keine neuen
Anbauerlaubnisse erteilt.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Dr. Schinkel
Bundesopiumstelle
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn
Geschäftszeichen: B 811
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