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"Haschisch muss verboten bleiben um die Jugend zu schützen"
Das Verbot verhindert den Jugendschutz
Die Drogenaffinitätsstudie Jugendlicher in der BRD 2001 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt auf, dass 26 Prozent der 12- bis 25-jährigen schon einmal Cannabis probiert oder mehr oder weniger häufig genommen haben, 45 Prozent vielleicht einmal Cannabis probieren würden.[Drogenaffinität Jugendlicher in der BRD 2001] Exzessiver Cannabiskonsum, der die Schulleistung gefährden kann, kommt nicht selten vor. Das Cannabisverbot, dessen wichtigste Aufgabe der Jugendschutz sein soll, versagt hier völlig.
Unter der Cannabisprohibition, dem Totalverbot von Cannabis, kommt ein 14-jähriger Schüler leichter an Cannabis als ein 70-jähriger Krebspatient, dem es durch die Chemotherapie helfen könnte.
Eine Studie in der Euregio um Aachen, Limburg (Niederlande) und dem deutschsprachigen Teil Ostbelgiens hat Indizien dafür geliefert, dass das Verbot den Konsum durch Minderjährige nicht minimiert. Die Untersuchung "Jugendliche 2001" der Gesundheitsdienste der Euregio hat festgestellt, dass der Cannabisgebrauch unter Schülern im Alter von 14-16 Jahren auf der deutschen Seite der Grenze weiter verbreitet ist als in den Niederlanden, wo Cannabis seit Jahrzehnten in Coffeeshops an Erwachsene verkauft wird. 13 Prozent der deutschen Schüler aber nur 10 Prozent der niederländischen Altersgenossen hatten im letzten Monat Cannabis konsumiert. Mit sogenannten "harten" Drogen (u.a. Ecstasy und Amphetamin) hatten gar fast doppelt soviele Deutsche als Niederländer zu tun. [Euregio-Studie]
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt ein Vergleich der Cannabisprävalenz unter Jugendlichen bundesweit mit entsprechenden Daten aus den Niederlanden. [CEDRO 2001]
Laut der Drogenaffinitätsstudie Jugendlicher in der BRD 2001 hatten in diesem Jahr etwa 6,5% der 12- bis 15-jährigen Jugendlichen in Deutschland Erfahrungen mit illegalen Drogen. Im Altersbereich von 16 bis 19 waren es etwa 33,5%. In den Niederlanden hatten im selben Jahr 5,9% der Jugendlichen zwischen 12 und 15 in Erfahrungen mit Cannabis. Im Altersbereich von 16 bis 19 waren es 28,4%. Dass sich diese Zahlen in einem Fall auf alle illegalen Drogen, im anderen nur auf Cannabis beziehen, hat übrigens keine wesentliche Bedeutung, da zwischen der Cannabisprävalenz und der Prävalenz illegaler Drogen (einschliesslich Cannabis) kaum ein zahlenmäßiger Unterschied ist (z.B. 26% bzw. 27% der 12 bis 25-jährigen Jugendlichen in Deutschland).
Im Herbst 2002 verglich eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen das Drogenkonsumverhalten von Schülern in mehreren deutschen Städten. Interessanterweise konsumierten in München mehr Schüler Cannabis als in jeder anderen untersuchten Stadt oder Region. Dabei ist die bayerische Staatsregierung bekannt für ihre Cannabisintoleranz. Ihre repressive Politik bezüglich Cannabis minimierte nicht nur dessen Konsum nicht, sondern führte gleichzeitig auch zu höheren Konsumraten bei Alkohol und Nikotin als in anderen Städten, wie die Studie zeigte. [KfN-Studie]
Beim unkontrollierbaren Schwarzmarkt in Deutschland existiert zurzeit überhaupt kein Jugendschutz. Die meisten Konsumenten kaufen von anderen Konsumenten im Freundeskreis, niemand lässt sich einen Personalausweis zur Alterskontrolle zeigen. Nur ein legaler Händler, z.B. ein Apotheker, der seine Zulassung verlieren kann wenn er gegen Abgabebestimmungen verstößt, hat ein finanzielles Interesse, keine Rauschmittel an Minderjährige abzugeben. Könnten Konsumenten ab 18 Cannabis aus legalen Quellen einkaufen, würden die meisten Schwarzhändler wegen mangelnder Nachfrage aus dem Markt aussteigen, was Jugendlichen den Zugang zu Cannabis erschweren würde.
Ein Totalverbot selbst für Erwachsene ist kein geeignetes Mittel zum Jugendschutz. Die Anzahl der Minderjährigen die wegen Cannabisbesitz von der Polizei bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurden, hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Waren es 1992 noch 766 Jugendliche zwischen 14 und 16 sowie 2621 Jugendliche zwischen 16 und 18, so traf dieses Schicksal laut Bundeskriminalamt im Jahre 1999 bereits 6 458 Jugendliche zwischen 14 und 16 sowie 13 743 Jugendliche zwischen 16 und 18. Zunahme in nur 7 Jahren: +743 Prozent bzw. +424 Prozent!
Strafrechtliche Verfolgung von Konsumenten vergrößert nur die Probleme. Genauso sind Unterrichtssperre und Schulverweis weder ein sinnvolles pädagogisches Mittel für den Betroffenen noch werden sie aufgrund des fehlenden Unrechtsbewusstseins Wirkung auf andere zeigen. Solche Maßnahmen vergrößern nur die Probleme.
Dass Politiker immer wieder Kinder und Jugendliche vorschieben, wenn es um den rechtlichen Status Cannabis geht, zeigt, wie unhaltbar die derzeitige rechtliche Position bei Erwachsenen geworden ist. Personen ab 18 Jahren machen jedoch die große Mehrheit (ca. 85%) der durch das Verbot kriminalisierten Konsumenten aus: Auf jeden Minderjährigen, der im vergangenen Jahr Cannabis konsumierte, kommen rund sechs Erwachsene (0,5 Millionen minderjährige und 2,9 Millionen erwachsene Konsumenten laut BzgA-Studie 2001 bzw. IFT-Studie 2001).
Das derzeitige Totalverbot schützt nicht nur die Jugend nicht, es schafft auch Probleme für eine große Zahl von Erwachsenen. Das vermeintliche Argument des nötigen Jugendschutzes hat eine Alibifunktion für die Verfolgung von Erwachsenen, denen wir in einem freiheitlichen Rechtsstaat sonst selbstverantwortliches Handeln zugestehen.
Sehen Sie dazu auch den folgenden Artikel:
CLN-Artikel:
Cannabis in der Pubertät
[CLN#130, 17.10.2003]
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