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Cannabis-Entkriminalisierung und Drogensterblichkeit
Im Jahre 1992 behauptete der damalige bayerische Innenminister Edmund Stoiber: Wer den freien Genuss von Cannabis befürwortet, nimmt in verantwortungsloser Weise den Tod von Tausenden junger Menschen in Kauf.Cannabiskonsum verursacht zwar keine tödlichen Vergiftungen, Stoiber unterstellte jedoch, eine Legalisierung würde zu mehr Cannabiskonsum führen, dann zu mehr Heroinkonsum und schliesslich zu mehr Drogentoten. Tatsächlich ist eine generalpräventive Wirkung des Cannabisverbots nicht belegbar. Auch die Annahme, Cannabis führe regelmässig zu härteren Drogen, ist inzwischen widerlegt. Das Coffeeshopmodell der Niederlande versucht bewusst, die Cannabiskonsumenten von harten Drogen fernzuhalten (Märktetrennung). 1994 stellte das Bundesverfassungsgericht schon wesentlich differenzierter fest: Die kriminalpolitische Diskussion darüber, ob eine Verminderung des Cannabiskonsums eher durch die generalpräventive Wirkung des Strafrechts oder aber durch die Freigabe von Cannabis und eine davon erhoffte Trennung der Drogenmärkte erreicht wird, ist noch nicht abgeschlossen. Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, die zwingend für die Richtigkeit des einen oder anderen Weges sprächen, liegen nicht vor.Das war vor mehr als acht Jahren. Inzwischen liegen Daten vor, die einen Vergleich der Ergebnisse der unterschiedlichen Drogenpolitik in verschiedenen EU-Ländern ermöglichen. Wir haben zwei Tabellen der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD/EMCDDA) auf unsere Website gestellt. Nach diesen Zahlen liegt die Drogensterblichkeit in Deutschland und Schweden um ein vielfaches höher als in den Niederlanden, wo Cannabis seit 1976 entkriminalisiert ist. Insbesondere der Vergleich über mehrere Jahre ist interessant (Tabellen 6a und 6b). Von 1985 bis 1995 hat sich die Sterblichkeit in Schweden verdoppelt und von 1985-1992 in Deutschland sogar verfünffacht während sie in den Niederlanden konstant niedrig blieb.
Laut offizieller Zahlen hat allein die bayerische Landeshauptstadt München (ca. 1,25 Mio. Einwohner) pro Jahr etwa soviele Drogentote zu beklagen wie die gesamten Niederlande (ca. 16 Mio. Einwohner).
Drogentote Deutschland-Niederlande (1985-1998)
[MS Excel-Spreadsheet, 18 KB] Drogensterblichkeitsdaten aus einer Studie der EMCCDA von 1998
http://www.emcdda.europa.eu/multimedia/project_reports/(4)-CT1.pdf
Final report EMCDDA project CT.97.EP.08 July1998 Table 6a Number of drug-related deaths according to ICD-9 codes 304, E850-E858, E980.0-E980.5. Note 1: the data have not yet been extracted in the same way in each country. Note 2: the selection of ICD codes is still under discussion. Unusual high rates (e.g. Finland) may be explained by the inclusion of drugs that are not commonly known as drugs of abuse, or by abuse of prescription drugs, such as benzodiazepines, in a typical elderly (female) population.
* Note that the coverage has changed as of 1990 because of the unification of West- and East-Germany. Table 6b. Number of drug-related deaths according to ICD-9 codes 304, E850- E858, E980.0-E980.5 : rates per million inhabitants. Note 1: the data have not yet been extracted in the same way in each country. Note 2: the selection of ICD codes is still under discussion. Unusual high rates, such as in Finland, may be explained by the inclusion of drugs that are not commonly known as drugs of abuse, or by abuse of prescription drugs, such as benzodiazepines, in a typical elderly (female) population.
* Population (x million). Data from Annual Report, 1997. Not controlled for annual changes in population size.
http://www.emcdda.europa.eu/multimedia/project_reports/(4)-CT1.pdf
Akute Drogensterblichkeitszahlen aus dem Jahresbericht 2001 der EMCCDA Number of acute drug-related deaths recorded 1985-99
http://ar2001.emcdda.eu.int/pdfs_data_library/deaths__national_def.pdf
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