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CannabisLegalNews (Nummer 105, 11.04.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Wien: UN-Drogenpolitik am Scheideweg
1. Wien: UN-Drogenpolitik am Scheideweg
Nächste Woche findet in Wien die 46. Sitzung der Commission on Narcotics Drugs (CND) der UN zusammen mit einem ministeriellen Gipfeltreffen statt. Dabei geht es um die Ergebnisse der ersten Hälfte eines Zehnjahresplans zur Beendingung oder signifikanten Verringerung des Anbaus, Handels und Konsums von Opium, Koka und Cannabis von 1998 bis 2008.
Bisher sind keine ernsthaften positiven Ergebnisse der UN-Planwirtschaft vorzuweisen. Anlässlich der 46. Sitzung der CND in Wien hat die International Antiprohibition League (IAL) einen Bericht unter dem Titel "2003 Update, A Critical Reading of Publicly Available Information" veröffentlicht. Anhand von offiziellen Quellen dokumentiert er die ernüchternden Resultate der Versuche, Produktion, Handel und Konsum bestimmter Dogen durch internatinale Behörden zu kontrollieren. Der Bericht wird am heutigen Freitag, 11.04.2003 von den EU-Abgeordneten Marco Cappato und Emma Bonino zusammen mit Prof. Carla Rossi, die einem internationalen Expertenteam vorsteht, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bezeichnenderweise war das einzige Land, das kurzzeitig den Zielen des Plans näherkam, Afghanistan unter dem totalitären Regime der Taliban. Aber das ist schon wieder vorbei, denn unter der westlich orientierten Regierung werden wieder Tausende von Tonnen Opium geerntet. Noch während die US-Regierung eine Reduktion des Kokaanbaus in Kolumbien feiert, steigt dieser in Bolivien und Peru im selben Maße an und die Kokain-Preise in den USA fallen sogar. Cannabis, die meistverbreitete illegale Droge, wird weltweit laut UN-Schätzungen von 145 Millionen Menschen konsumiert, wobei die USA mit ihrem fundmentalistischen "War on Drugs", der nicht einmal vor Patienten haltmacht, zu den Ländern mit der stärksten Verbreitung des Konsums illegaler Drogen gehören.
Kriminalisierung und Schwarzmarktbedingungen haben zu erheblichen Problemen geführt, von der Verbreitung von Infektionskrankheiten durch Konsum unter unhygienischen Bedingungen über die Überfüllung von Gefängnissen bis zur Finanzierung von gewalttätigen Gruppen durch Schwarzmarktgewinne. Doch Alternativen zur bisherigen Politik werden nicht nur kaum diskutiert, in vielen Fällen lassen internationale Verträge gar nicht den nötigen Spielraum dafür. Deshalb soll anlässlich der Wiener Konferenz eine Neubewertung und Revision bzw. Aufhebung der UN-Drogenabkommen angesprochen werden. Über 6000 Menschen aus 87 Ländern der Erde haben einen Aufruf der IAL dazu unterzeichnet, darunter auch 230 Abgeordnete.
2003 Update, A Critical Reading of Publicly Available Information [IAL, 11.04.2003]:
Aufruf für eine Reform der UN-Drogen-Konventionen [IAL]:
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003:
Parallel zum Drogengipfel der UN findet an diesem Wochenende in Wien ein Alternativkongress statt. Er wurde am Donnerstag abend (10.04.) von Vertretern verschiedener drogenpolitischer Organisationen eröffnet und dauert bis zum Sonntag. Am Samstag findet eine Demonstration statt.
Programm des Alternativkongresses in Wien [u-n-o.org]:
Zu einem Patt kam es im EU-Parlament. Weder eine Resolution der niederländischen Abgeordneten Kathalijne Buitenweg (Grüne) für eine Revision der UN-Drogenabkommen noch eine entgegengesetzte Resolution von konservativen Parteien fanden eine Mehrheit.
Die Buitenweg-Resolution...
(...) fordert den Rat und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, anlässlich der Halbzeitberichtskonferenz zur UN-Drogenpolitik, die im April 2003 in Wien stattfindet, einen Prozess zur Revision der UN-Übereinkommen einzuleiten, um die Übereinkommen von 1961 und 1971 aufzuheben oder zu ändern, mit dem Ziel, Substanzen neu einzuordnen und die Verwendungen von Drogen zu anderen als zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken zu legalisieren sowie das Übereinkommen von 1988 aufzuheben.
Der Bericht war am 19.03.203 im Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten mit 24 zu 20 Stimmen angenommen worden.
Eine Prohibitions-Resolution der franzöischen Gaullisten und der italienischen Alleanza Nazionale mit Unterstützung der Fraktion der Europäischen Volkspartei (der auch die CDU/CSU angehört) forderte eine vollständige Umsetzung der UN-Drogenabkommen. Sie fand ebenfalls keine Mehrheit.
"Buitenweg report rejected, but the prohibitionist resolution too" [Marco Cappato (MdEP, Radikale Partei (IT), 10.04.2003]
Reform der Drogenübereinkommen (A5-0085/2003) [Kathalijne Maria Buitenweg (MdEP, Grüne, NL)]
European Parliament recommends revision of UN Conventions [vienna2003.org]
2. Noch drei Wochen bis zum 3. Mai
Am Samstag in drei Wochen werden in über zweihundert Städten weltweit Veranstaltungen gegen das Cannabisverbot stattfinden. Viele Veranstalter brauchen noch Unterstützung durch aktive Mithilfe oder Spenden zur Finanzierung. In folgenden Städten wird etwas stattfinden: Flensburg, Hamburg, Bremen, Braunschweig, Köln, Limburg, Berlin, Potsdam, Leipzig, Dessau, Lauterbach (Hessen), Luxemburg und Wien sowie verschiedenen Städten in der Schweiz. Bitte beachten Sie unsere Übersicht dazu, die wir ständig auf dem neuesten Stand halten.
Aktionen am 03. Mai 2003
3. "Economist" über Wiener Drogenkonferenz
Der Londoner "Economist", eine der einflußreichsten Wochenzeitschriften der Welt, hat mehrere Artikel der aktuellen Ausgabe (05.-11.04.2003), darunter einen Leitartikel (nur Abonnenten online zugänglich) der internationalen Drogenpolitik und der UN-Konferenz in Wien gewidmet. Das Blatt, das jeweils etwa eine Viertelmillion Leser in Europa und in den USA hat, argumentiert, dass es keine Hinweise dafür gibt, dass die derzeitige Drogenstrategie zum Erfolg führen wird:
The arguments for a different approach have grown stronger, not weaker, since 1998. The failure of the current policy has become much clearer. There is no sign that government intervention has cut supply, although it may sometimes divert it. For instance, the opium crop fell sharply in Afghanistan in 2001, under the Taliban government, but it rebounded last year after the American invasion (see chart). Meanwhile, according to Francisco Thoumi, a member of Colombia's Academy of Economic Sciences, Colombia's aggressive policies, aimed at wiping out the coca crop, have merely led to an increase in planting in Bolivia, where a coca grower almost won the recent presidential election, and in Peru. There is, says Dr Thoumi, no evidence of a decline in the availability of cocaine in the United States. Instead, the drug's purity seems to have increased.
Der Weg zu einer rationalen Drogenpolitik werde wahrscheinlich noch lang sein, so der Economist. Eine Entkriminalisierung des Besitzes von Drogen zum persönlichen Gebrauch sei zwar im Rahmen der bestehenden Verträge möglich, aber keine Legalisierung die den unkontrollierten Schwarzmarkt mit all seinen unerwünschten Begleiterscheinungen verhindern könne. Der Economist verweist auf einen aktuellen Artikel von David Bewley-Taylor (Universität Swansea, Wales), der eine innere Reform der Verträge wegen der starken Prohibitions-Lobby in den USA und anderen Ländern für ausgeschlossen hält. Eher möglich sei jedoch ein Austritt von Gruppen von gleichgesinnten, reformwilligen Staaten.
Illegal drugs - Just say maybe [Economist (UK), 03.04.2003]
Prohibition, pragmatism and drug policy repatriation [David-Bewley-Taylor, International Journal of Drug Policy, April 2003]
UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003:
4. USA: Krieg gegen Müsli
Im September 2001 versuchte die US-Bundesdrogenpolizei DEA, den Verkauf und Besitz von aus Hanfsamen hergestellten Lebensmitteln zu verbieten, obwohl keimunfähig gemachte Hanfsamen seit 1937 ausdrücklich aus der gesetzlichen Definition von "Marijuana" ausgenommen sind. Die DEA begründet das Verbot mit der Tatsache, dass Hanfsamen geringe Spuren an THC enthalten und THC unter das Drogenverbot fällt. Das war jedoch dem Kongress bereits bekannt, als er im Jahre 1970 im Gesetz Hanfsamen ausdrücklich vom Cannabisverbot ausnahm. Das THC-Verbot wurde damals ins Gesetz aufgenommen, um auch synthetisch hergestelltes THC, das nicht aus Cannabis stammt, zu erfassen.
Am 07.03.2002 erließ ein US-Bundesgericht eine einstweilige Verfügung, die ein Inkrafttreten der Verordnung vom 09.09.2001 verhinderte. Ein Jahr später, am 21.03.2003, veröffentlichte die DEA erneut eine Verordnung mit fast gleichem Wortlaut, die am 21.04. endgültig in Kraft treten soll. Dann stünden auf Besitz und Verkauf von Salatöl oder Müsli Strafen bis zu lebenslanger Haft und 4 Millionen Dollar.
Jährlich werden in den USA etwa 6 Millionen Dollar mit legalen Lebensmitteln aus Hanf umgesetzt, nur ein Bruchteil der Milliardenumsätze der Urintestindustrie. In den USA sind Drogentests bei Einstellungsuntersuchungen oder am Arbeitsplatz weitverbreitet. Vereinzelt wurden positive Testergebnisse auf Cannabis mit dem Konsum von Hanflebensmitteln entschuldigt.
DEA Issues FINAL Rules Re: Hemp Seed and Oil Foods [Votehemp.com]
DEA und Hanfverbot:
Cannabis in den USA:
5. USA: Medienkampagne, Auswertung eingestellt
Wenige Monate nach den Anschlägen vom 11.09.2001 startete die US-Regierung eine Medienkampagne, die versuchte, Drogenkonsumenten als Geldgeber von Terroristen darzustellen. Kritiker warfen der Regierung den Versuch vor, den alten "Drogenkrieg" durch eine künstliche Verbindung zum neuen "Krieg gegen den Terrorismus" wiederbeleben zu wollen und dabei ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen: Die in den USA am meisten konsumierte illegale Droge, Cannabis, wird in erster Linie in den USA selbst, in Mexiko und in Kanada angebaut. Bei anderen Drogen wie Heroin bzw. Opium entstand die Verbindung zu gewalttätigen Gruppierungen erst durch durch das staatliche Verbot, genau wie in den 20er Jahren bei Alkohol.
Nachdem eine Studie ergeben hat, "dass es kaum Hinweise auf direkte günstige Auswirkungen der Kampagne auf die Jugend" gibt, hat die Regierung beschlossen, die Kampagne im Mai auslaufen zu lassen. Gleichzeitig wird aber auch der mehrjährige Vertrag mit der Firma gekündigt, die jährlich die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Anti-Drogenkampagnen der Regierung untersucht hatte. Die Regierung gibt damit dieses Jahr 150 Millionen Dollar für eine Medienkampagne aus, ohne zu erfahren, was sie damit eigentlich erreicht.
Drug Czar Gives Up on Drugs and Terror Ad Campaign [WOL#281, 04.04.2003]
Finanziert die Drogenprohibition den internationalen Terrorismus?
Cannabis in den USA:
6. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
08.04.2003-18.04.2003 Wien: UN Drogen-Konferenz
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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