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CannabisLegalNews (Nummer 79, 04.10.2002)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Zwölf Jahre Angleichung beim Cannabiskonsum
1. Zwölf Jahre Angleichung beim Cannabiskonsum
Drei Jahrzehnte lang schotteten Mauer und Zonengrenze die DDR vom Westen und damit vom Welthandel ab. Während im Westen in den 60er Jahren Cannabis als Genussmittel wiederentdeckt und in immer größeren Mengen aus dem Ausland importiert wurde, gab es in der DDR bis zum Fall der Mauer kaum eine Konkurrenz zu Alkohol. In den 12 Jahren seit der Wiedervereinigung ist dieser eine Unterschied weitgehend verschwunden. Bei den Cannabiskonsumraten trennt Ost und West heute weit weniger als etwa beim Pro-Kopf-Einkommen oder bei den Arbeitslosenzahlen. Im Jahre 1990 hatten gerade 0,7% der 18- bis 39-Jährigen im Osten innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis konsumiert. Im Jahre 2000 waren es schon 9,0%, nur wenig niedriger als die 10,6% im Westen. Obwohl sich die Verbreitung von Cannabiskonsum auch im Westen von 1990-2000 verdoppelte, hatte also der Osten weitgehend aufgeholt. Besonders bemerkenswert daran ist, dass die neuen Bundesländer von Anfang an eine sehr intolerante Cannabispolitik betrieben. Noch im März 2001 weigerte sich ein Brandenburger Staatsanwalt, einer straflosen Verfahrenseinstellung in einem Fall zuzustimmen, wo es um ganze dreieinhalb Gramm Cannabis ging (weniger als das Gewicht von zwei Teebeuteln). Doch diese harte Linie im Osten war gänzlich ungeeignet, die Konsumrate auf einem deutlich niedrigerem Niveau zu halten als im größtenteils liberaleren Westen. Die repressive Politik blieb wirkungslos.
In seiner Cannabisentscheidung vom 09.03.1994 verwies das Bundesverfassungsgericht auf den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Nach diesem Grundsatz muß ein grundrechtseinschränkendes Gesetz geeignet und erforderlich sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können.
Beide Voraussetzungen sind bei strafrechtlicher Verfolgung wegen Cannabis nach aktuellen Erkenntnissen nicht gegeben. Das Betäubungsmittelgesetz in seiner jetzigen Form, das den Umgang mit Cannabis unter Strafe stellt, verstösst damit gegen das grundlegendste Gesetz im wiedervereinigten Deutschland. Deshalb muss in der kommenden Legislaturperiode Cannabis entkriminalisiert werden - wozu übrigens keine Bundesratsmehrheit erforderlich ist.
Zahlen zum Cannabisverbot:
Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 2000 (Kraus, Augustin)
Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ("BVerfGE 90, 145 - Cannabis", 09.03.1994)
Amtsgericht Bernau hält Strafverfolgung für verfassungswidrig [Märkische Allgemeine, 12.03.2001]
Ungleiche Rechtspraxis in den Bundesländern:
2. Spiegel: SPD plant Entkriminalisierung
Laut einer Meldung des Spiegels besteht bei der SPD die Bereitschaft, bei Cannabis "Entkriminalisierung von Besitz und Konsum geringer Mengen" voranzutreiben. Nach einem neuen Strategiepapier der SPD könne der Besitz von bis zu 30g Cannabis straffrei bleiben.
In einem internen Papier der sozialdemokratischen Strategieschmiede Kampa, das drei Tage vor der Wahl geschrieben wurde, wird zwar die vollständige Legalisierung von weichen Drogen wie Cannabis weiterhin abgelehnt. Doch zugleich wird die Bereitschaft der SPD unterstrichen, in der kommenden Legislaturperiode bei den weichen Drogen die "Entkriminalisierung von Besitz und Konsum geringer Mengen" voranzutreiben. In den Koalitionsverhandlungen soll über eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes beraten werden. So könnte der Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis zum Eigenverbrauch generell straffrei bleiben.
SPD und Grüne wollen Cannabiskonsum weiter entkriminalisieren [Spiegel, 28.09.2002]
Welche Reformen sind möglich?
Die Grünen und die Koalitionsverhandlungen [CLN#78, 27.09.2002]
SPD und Cannabis:
3. Fischer: "Damit rennen Sie bei uns offene Türen ein"
Viele Einzelpersonen haben in den letzten Tagen an die Verhandlungsführenden bei den Koalitionsverhandlungen geschrieben. In einer Antwort aus dem Büro von Joschka Fischer, in der auch der Spiegel-Artikel zitiert wird, heißt es:
Mit Ihrer Forderung einer Entkriminalisierung bzw. Legalisierung von weichen Drogen rennen Sie bei uns von Bündnis 90/Die Grünen offene Türen ein. Wir wären Ihnen sehr verbunden, diesen Druck auch auf unseren Koalitionspartner auszuüben.
Antwort von Joschka Fischer:
Die Grünen und die Koalitionsverhandlungen [CLN#78, 27.09.2002]
4. Kongress fordert "Einstieg in den Ausstieg"
Die Teilnehmer des 7. Internationalen Drogenkongresses in Jena, veranstaltet vom "Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, akzept e.V.," forderten am 29.09.2002 die Parteien bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin auf, einen "Einstieg in den Ausstieg" aus der Prohibition zu wagen:
Brief an die KoalitionsverhandlerInnenDie "Thüringer Allgemeine" berichtete über den Kongress und schilderte dabei den erschütternden Fall einer 48-jährigen Thüringerin, die seit 14 Jahren unter unerträglichen Schmerzen leidet. Nur Pillen mit dem Cannabiswirkstoff THC können ihre Beschwerden lindern, doch die Krankenkasse verweigert der Frührentnerin die Kostenübernahme. Bei Verwendung von natürlichem und preiswertem Cannabis jedoch drohen laut Gesetz bis zu 5 Jahren Haft.
Verletzte Seele [Thüringer Allgemeine, 28.09.2002]
Homepage der CannabisKampagne:
Homepage von akzept e.V.:
5. VfD stellt Forderungen an SPD und Grüne
Der Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) hat sich in einem Brief an die Verhandlungsparteien in Berlin gewandt und Reformen bei verschiedenen drogenpolitischen Themen gefordert. Dabei geht es u.a. um Cannabis, das in den letzten vier Jahren bei drogenpolitischen Reformen unberücksichtigt geblieben ist, um Substitution, Konsumräume und Originalstoffabgabe, wo noch weiterer Handlungsbedarf besteht und um Pilze, wo die Gesetze in der letzten Legislaturperiode verschärft worden sind. Bitte folgen Sie dem untenstehenden Link für die Vorschläge des VfD.
Der VfD wurde im Mai 2001 in Mannheim als bundesweiter, überparteilicher und gemeinnütziger Verein gegeründet. Er betreibt Lobbyarbeit für eine schadensminimierende Drogenpolitik in Deutschland und Europa. Der Verein finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.
Forderungen des VfD [03.10.2002]
Homepage des Vereins für Drogenpolitik e.V.:
6. Steuern und Drogenvorbeugung
386 Millionen Zigaretten werden pro Tag in Deutschland geraucht. Das meldet die Ärzte Zeitung unter Berufung auf eine Studie des Statistischen Bundesamts. Aus dem Ausland eingeschmuggelte, unversteuerte Zigaretten sind dabei noch nicht berücksichtigt. Täglich nimmt der Bundesfinanzminister so 28 Millionen Euro aus der Tabaksteuer ein. Im ganzen Jahr werden in Deutschland nach einer Schätzung der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) nur 15 Millionen Euro für Suchtprävention zur Verfügung gestellt.
Nikotinabhängigkeit ist mit 100.000 Todesfällen pro Jahr das Suchtproblem, das am meisten Menschen das Leben kostet, gefolgt von Alkohol. Zahlreiche Experten fordern, dass ein grösserer Teil der Steuereinnahmen aus legalen Drogen wie Alkohol und Tabak zweckgebunden zur gesundheitlichen Vorbeugung verwendet wird. Das wäre auch bei Cannabis möglich, wenn nach einer Entkriminalisierung eine Legalisierung erfolgt.
386 Millionen Zigaretten pro Tag [Ärzte Zeitung, 18.09.2002]
Geld für Suchtprävention ist da - es muß nur effizienter eingesetzt werden [Ärzte Zeitung, 28.02.2002]
Steuerliche Bilanz zur Cannabislegalisierung:
Informationen zur Prävention:
7. Kanadische Regierung erwägt Entkriminalisierung
Die kanadische Regierung hat in ihrer Kronrede, einer Ansprache vor dem Bundesparlament in Ottawa, auf den Bericht der Senatskommission vom 4.09.2002 verwiesen und eine Entkriminalisierung von Cannabis in Aussicht gestellt. Bisher hatte sich bereits Justizminister Martin Cauchon für eine Entkriminalisierung ausgesprochen.
Die jüngste Rede stiess bei der US-Regierung auf Kritik. Der Abgeordnete Mark Souder, Vorsitzender eines Drogen-Ausschusses des Repräsentantenhauses, drohte dem nördlichen Nachbarn mit Verzögerungen beim Grenzverkehr. Je mehr kanadische Gesetze von US-Gesetzen abwichen, desto mehr würde das den Grenzverkehr verlangsamen. Die USA waren voriges Jahr der Abnehmer für 85% aller kanadischen Exporte.
Ottawa Considers Decriminalizing Marijuana [Globe and Mail (CA), 01.10.2002]
US Warns Against Liberalizing Laws On Pot [Globe and Mail (CA), 02.10.2002]
Canadian Government Announces Parliament to Consider Marijuana Decriminalization -- US Worries, Blusters
Kanadischer Parlamentsausschuss fordert Legalisierung! [CLN#75, 06.09.2002]
Cannabis in Kanada:
8. Russland setzt auf Repression
Mit einer neuen Behörde, langen Haftstrafen, schärferen Grenzkontrollen und russischen Truppen in zentralasiatischen Nachbarstaaten will der russische Präsident Putin die Verbreitung illegaler Drogen zurückdrängen. Bereits heute stehen auf den Besitz geringer Mengen illegaler Drogen drei Jahre Haft. Für Handel gelten Strafen von 7 bis 15 Jahren. Etwa zwei Prozent der russischen Bevölkerung konsumieren Heroin, Opium und andere illegale harte Drogen. Seit die Drogengesetze in den 90er Jahren verschärft wuerden, haben sich die Gefängnisse mit Drogenabhängigen gefüllt, die sich dort unter unhygienischen Bedingungen Heroin spritzen so dass sich HIV und Hepatitis epidemisch verbreiten. Zahlreiche Untersuchungs- und Strafgefangene infizieren sich zudem in überfüllten Haftanstalten mit Tuberkulose.
Oberstleutnant Alexander Litvinenko, ein ehemaliger Beamter des KGB-Nachfolgers FSB, warf am 31.08.2002 in einem Leserbrief an die amerikanische Washington Post dem russischen Präsidenten vor, als FSB-Chef aus politischen Gründen Drogengeschäfte in Millionenhöhe gedeckt zu haben. Korrupte FSB-Offiziere haben vom afghanischen General Dostum grosse Mengen Betäubungsmittel zum Verkauf in Europa bezogen, so Litvinenko. Dostum ist einer der führenden Milizenchefs der Nordallianz, die voriges Jahr die Regierung der Taliban stürzte.
Für Putin sind Drogen so gefährlich wie Terror [Salzburger Nachrichten (AT), 27.09.2002]
LTE: Watch Your Alliances [Washington Post (US), 31.08.2002]
Drogen in Russland:
9. Wir berichteten vorige Woche:
Rot-Grün verteidigt die Mehrheit
10. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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