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CannabisLegalNews (Nummer 58, 19.04.2002)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
CannabisLegalNews (Nummer 58, 19.04.2002)
1. "Deutschland war Bauchredner der Tabakindustrie" 1. "Deutschland war Bauchredner der Tabakindustrie" Ein Artikel in der Ärztezeitung erläutert, wie über einen Zeitraum von 13 Jahren die Bundesregierung und der deutsche EU-Kommissar Bangemann (FDP) als Komplizen der Tabakindustrie ein EU-weites Werbeverbot für diese Droge blockiert haben.
Durch strategisches Lobbying haben es Tabakkonzerne verstanden, daß in der EU auch 13 Jahre nach Vorlage eines ersten Entwurfs noch keine einheitlichen Regeln für Tabakwerbung existieren. Deutschland spielte im Kalkül der Hersteller eine zentrale Rolle. Eine im "Lancet" veröffentlichte Studie belegt, daß deutsche Politiker in enger Abstimmung mit der Industrie eine Verabschiedung der Richtlinie verhindert haben. Vor allem der ehemalige EG-Kommissar Martin Bangemann machte sich zum Sprachrohr der Industrie Aufgrund eines Prozesses veröffentliche Unterlagen amerikanischer Tabakkonzerne zeigten laut einem Artikel in der britischen Ärztezeitung The Lancet, dass "der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl seit 1978 ein enger Verbündeter der Tabakindustrie" war:
Industry documents reveal that the German tobacco industry viewed former German Chancellor Helmut Kohl as a close ally from as early as 1978. This can be seen in a response from Dieter von Specht, chief executive of both the Verband and British American Tobacco Germany, to a mailing by Kohl (then head of the Christian Democratic Union/Christian Social Union faction of the German Bundestag) of a packet containing Bundestag proceedings to the Verband der Cigaretteindustrie (VdC), the German tobacco manufacturers' association.(26) Von Specht writes: "Allerdings erschöpft sich die Bedeutung Ihres Schreibens für uns nicht nur in dem bloßen Akt der Informationsvermittlung. Es ist unseres Wissens das erste Mal, daß sich ein Fraktionsvorsitzender in dieser Form persönlich an die Wirtschaft gewandt hat." Auch nach dem Regierungswechsel konnte sich die Zigarettenindustrie auf die Unterstützung der Bundesregierung verlassen, wie etwa bei der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Werbeverbot, die auch nach dem Regierungswechsel nicht zurückgezogen wurde. Die Tabakanbauer der EU erhalten jährlich rund 1 Milliarde Euro an Subventionen aus dem EU-Agrarhaushalt, eine Regelung die erst jüngst verlängert wurde. Anfang April warf der EU-Verbraucherkommissar David Byrne der Bundesregierung vor, sie behindere die EU-Kommission in ihrem Kampf gegen die Tabakwerbung. Bei einer derartigen Doppelmoral ist nicht verwunderlich, wenn der staatlichen Drogenpolitik jene Glaubwürdigkeit fehlt, ohne die sie wirkungslos wird: Auf der einen Seite wird eine milliardenschwere Industrie verhätschelt, die pro Jahr 100.000 Tote verursacht. Auf der anderen Seite werden Millionen Menschen zu Kriminellen gestempelt, weil sie eine im Vergleich zu Tabak harmlose Droge konsumieren. Jedes Jahr gibt die Tabakindustrie in Deutschland 330 Millionen Euro für Zigarettenwerbung im Kino, auf Plakaten, in Druckmedien und über Sponsoring aus. Mehr als ein Feigenblatt ist es daher nicht, wenn jetzt die bundesdeutsche Drogenbeauftragte Caspers-Merk vorigen Monat mit der Zigarettenindustrie vereinbart hat, dass diese über fünf Jahre verteilt insgesamt 11,8 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen zur Verfügung stellt. Die Drogenpolitik der Bundesregierung leidet an Bewusstseinsspaltung.
Im Kampf gegen ein Werbeverbot für Zigaretten war Deutschland der Bauchredner für die Tabakindustrie [Ärztezeitung, 16.04.2002]
Interview mit Marion Caspers-Merk [Der Sonntag im Dreiland, 31.03.2002]
Wie Tabakkonzerne Kohl und Bangemann einspannten [Der Spiegel, 13.04.2002]
EU-Kommissar: Deutschland bremst bei Tabakwerbeverbot [CLN#56, 05.04.2002] 2. Stellungnahme der Drogenbeauftragten im SPD-Forum Die Drogenbeauftragte der Bundensregierung hat im Forum der SPD-Fraktion auf Kritik geantwortet, wenn auch nur mit bekannten Positionen. Unsere Antwort auf Frau Caspers-Merks Positionen: 1) Eine Legalisierung sei aufgrund von UN-Abkommen nicht möglich. Dabei hatte sie im März selbst darauf hingewiesen, dass eine Reform wie in der Schweiz gar keine Legalisierung, sondern nur eine Entkriminalisierung wäre. Frau Caspers-Merk, was spricht gegen eine solche Reform in Deutschland? 2) Fragwürdige Zahlen: Frau Caspers-Merk schreibt von "11.000 junge[n] Menschen, die in stationärer oder ambulanter Behandlung wegen Problemen mit Cannabis sind". a) Tatsächlich nannte die EBIS-Datenbank für das Jahr 1999 bundesweit nur 139 Fälle von stationärer Behandlung und 2633 ambulante Fälle (d.h. Beratungsgespräche) mit Cannabis als Hauptproblemdroge, bei offiziell ca. 3,4 Millionen aktuellen Konsumenten im Jahr 2000. Zum Vergleich, der Drogen- und Suchtbericht 1999 des Bundesgesundheitsministeriums nennt 31.000 stationär und 98.000 ambulant Behandelte mit Alkoholproblemen als Hauptdiagnose. Alkohol ist, bezogen auf die Zahl der Konsumenten, um ein Vielfaches problematischer und dennoch legal. b) Bei drei Viertel der von Frau Caspers-Merk genannten Zahl stehen Probleme mit Alkohol oder anderen harten Drogen im Mittelpunkt der Behandlung, nicht Cannabis. c) Probleme mit der Staatsanwaltschaft sind weit häufiger als Besuche bei Beratungsstellen. Jährlich kommen auf jeden hauptsächlich wegen Cannabisproblemen beratenen Klienten ca. 40 Personen mit Ermittlungsverfahren aufgrund des Cannabisverbots. 3) Die von Frau Caspers-Merk angeführten Risiken des Konsums mögen ein Argument gegen den Konsum von Cannabis sein (insbesondere in Kombination mit Tabak), nicht jedoch für die Bestrafung von eigenverantwortlichen Erwachsenen. Wo mangels Fremdgefährdung kein Schuldbewusstsein existiert, haben Strafen keinen pädagogischen Sinn. Gesundheitliche Aufklärung wäre weit effektiver als Repression. 4) Die Drogenbeauftragte spricht mehrmals das Thema Jugendschutz an. Doch laut offzieller Studien sind rund fünf Sechstel der durch das Verbot kriminalisierten Cannabis-Konsumenten in Deutschland volljährig. Solange Cannabis illegal ist, gibt es keine Qualitätskontrollen und keinen Verbraucherschutz für sie. 5) Das Cannabisverbot schützt die Jugend nicht, schon allein deshalb, weil die Jugend das Verbot mit seiner Doppelmoral nicht ernst nimmt. Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet konsumieren 13% der deutschen aber nur 10% der niederländischen Jugendlichen im Alter von 14-16 Jahren (Euregio-Studie). Bei sogenannten "harten Drogen" liegt der "Vorsprung" Deutschlands sogar noch höher! In dem durch das Verbot geschaffenen Schwarzmarkt gibt es keine Alterskontrollen und keinen Jugendschutz. 6) Das Cannabisverbot ist ein effektives Mittel, zwar nicht zur Minimierung von Drogenproblemen, aber dafür zur Einschüchterung von Millionen von Mitmenschen. Frau Caspers-Merk kritisiert, dass manche Reformbefürworter sich scheuen, namentlich auftreten. Dabei sind viele von ihnen selbst vom Cannabisverbot betroffen und haben Angst vor Kriminalisierung durch die Justiz und vor Repressalien der Führerscheinstellen. Das ist ein Grund, warum das Verbot so "erfolgreich" ist. Eines freiheitlichen Rechtsstaates ist diese sinnlose Repression unwürdig.
Thread mit Beitrag von Marion Caspers-Merk im SPD-Forum [11.04.2002]
Drogenbeauftragte: Rechtsungleichheit "nicht akzeptabel" [CLN#55, 29.03.2002]
Stellungnahmen von Marion Caspers-Merk (die "MCM-Fanpage" ;-) 3. Richter: "500 Staatsanwälte nur mit Cannabis beschäftigt" Der Bernauer Richter Andreas Müller vertritt die Auffassung, dass das Cannabisverbot verfassungswidrig sei. In einem Interview mit der Zeitung Neues Deutschland beruft sich der Jugendrichter auf Aussagen von drei der kompetentesten Gutachter auf dem Gebiet der Cannabisforschung. Er verweist auch darauf, dass es in den Niederlanden weniger Cannabiskonsumenten gibt als in mehreren Ländern mit repressiver Cannabispolitik. Andreas Müller steht am 22.09. als parteiloser Kandidat der PDS für den deutschen Bundestag zur Wahl.
Nach meiner Schätzung sind derzeit etwa 500 Staatsanwälte nur mit der Kriminalisierung von Cannabis beschäftigt. Hinzu kommen die Kosten für die Polizei, Justiz, Strafvollzug usw. Wenn dieses Geld der Präventionsarbeit zugute kommen würde, könnte viel mehr erreicht werden.
Ein Gesetz, das nichts taugt [Neues Deutschland, 16.04.2002]
Brandenburg will Cannabisentscheidung vermeiden [CLN#54, 21.03.2002]
Die Kosten des Cannabisverbots:
Cannabis und die PDS: 4. Post für den Deutschen Bundestag Alle 666 Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben am Montag, dem 15.04.2002 ein Exemplar des Infohefts "Cannabisreform in Deutschland: Argumente und Fakten" zugestellt bekommen. Ein gemeinsames Anschreiben des Vereins für Drogenpolitik e.V. und von akzept e.V. lag bei, ebenso wie eine Einladung zum Veranstaltung zur CannabisKampagne in Nürnberg am 18.04.2002. Wir hoffen, dass zumindest ein Teil der Abgeordneten diese Informationen nutzen wird :-)
"Cannabisreform in Deutschland: Argumente und Fakten"
Cannabis und die politischen Parteien
Akzept-Veranstaltung am 18.04.2002 in Nürnberg 5. Kripochef: "Diskussion kontraproduktiv" Michael Sock, der Kripo-Chef von Peine, wittert "Organisationen (...), die sich die Legalisierung von Cannabis auf die Fahnen geschrieben haben," nachdem zwei Leserbriefe aus Japan und Luxemburg in den Peiner Nachrichten die repressive deutsche Drogenpolitik kritisiert haben. Die Rede ist wohl vom Verein für Drogenpolitik (http://www.drogenpolitik.org), von dem sich zwei Mitglieder zu Wort gemeldet hatten. Herr Sock stützt sich auf Argumente, die im voriges Jahr erschienenen Infoheft des VfD detailliert widerlegt werden:
"Der Streit um den Begriff Einstiegsdroge ist immer auch eine Definitionsfrage." So wischt Michael Sock Aussagen massgeblicher Experten und des Bundesverfassungsgerichts zur Seite, die den Gebrauch dieses Schlagworts ablehnen.
"Ich kann doch nicht auf Alkohol und Zigaretten hinweisen und fordern, ein drittes Übel, nämlich Cannabis, zu legalisieren." Tatsache ist, Cannabiskonsum ist in Deutschland seit mehr als 30 Jahren gesellschaftliche Realität und nicht einmal weniger verbreitet als in den toleranten Niederlanden. Es gibt also keinen vorzeigbaren Nutzen der Repression gegen Cannabiskonsumenten. Im Gegenteil, sie hält nur unsere Polizei und Justiz von wichtigeren Aufgaben ab!
Die ganze Diskussion um die Legalisierung der so genannten weichen Drogen würde der Polizei die Arbeit ungeheuer schwer machen: "Das Unrechtsbewusstsein schwindet mehr und mehr", klagt Sock. "Diese Diskussion in der Öffentlichkeit ist, auch was den Konsum und die Haltung zu den Drogen angeht, kontraproduktiv." Studien wie die Kleiber/Kovar-Studie oder der Roques-Report zeigen, dass in der derzeitigen Drogenpolitik mit zweierlei Maß gemessen wird. Eine solche Drogenpolitik ist wirkungslos weil unglaubwürdig. Gerade weil die derzeitige Politik nicht funktioniert, ist es wichtig, Alternativen dazu zu diskutieren. Wer diese Diskussion fürchtet, der muss sich fragen lassen, warum er der Überzeugungskraft der eigenen Argumente nicht traut! Der Verein für Drogenpolitik antwortete auf den Artikel mit einer Pressemitteilung, in der man Herrn Stock empfahl, sich über aktuelle Erkenntnisse zu informieren. Ein Exemplar des Infohefts "Cannabisreform in Deutschland: Argumente und Fakten" ging dem Polizeichef auf dem Postweg zu. Die VfD-Pressemitteilung wurde in einem Artikel der Peiner Nachrichten veröffentlicht.
Verein für Drogenpolitik reagiert auf Cannabis-Artikel [Peiner Nachrichten, 16.04.2002]
PM 10 - Kripochef Sock soll Prävention Profis überlassen [Verein für Drogenpolitik, 14.04.2002]
"Kann doch ein drittes Übel nicht legalisieren" [Peiner Nachrichten, 12.04.2002]
Leserbrief von Joe Wein [Peiner Nachrichten, 06.04.2002]
Leserbrief aus Luxemburg [Peiner Nachrichten, 06.04.2002]
Ilseder wegen Drogenhandels in Haft [Peiner Nachrichten, 04.04.2002]
Polizei und Cannabisreform
"Cannabisreform in Deutschland: Argumente und Fakten" [VfD]
6. Verfassungsbeschwerde für Cannabis als Medizin Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM):
Am 17. April legt Rechtsanwalt Robert Wenzel aus Hamburg Verfassungsbeschwerde für einen an multiple Sklerose erkrankten Mannheimer ein. Der Betroffene leidet unter schmerzhaften Muskelkrämpfen und anderen Symptomen, die sich durch die Gabe von Cannabisprodukten lindern lassen. Er hatte vergeblich versucht, auf legale Weise mit Cannabisprodukten behandelt zu werden, und sich daher mit illegalem Cannabiskraut (Marihuana) selbst therapiert.
Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)
Cannabis als Medizin:
7. FDP-Wahlprogrammentwurf schweigt zu Cannabisreform Im Februar hatte sich die FDP im sogenannten "Bürgerprogramm 2002" ausdrücklich für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Im jüngsten Wahlprogrammentwurf fehlt dagegen jede Aussage zum Thema Cannabis. Die FDP stellt zwar allgemein zum Thema Drogen fest, dass Sucht nicht mit Strafen bekämpft werden kann, erhebt jedoch scheinbar keine politischen Forderungen, die über mehr Forschung, Therapieangebote und Überlebenshilfe bei Heroinabhängigen hinausgehen. Bei Repression zur Bekämpfung des Cannabiskonsums greift der Staat tief in das Privatleben Hundertausender von Menschen ein, die zum Gegenstand von Anzeigen und Ermittlungsverfahren wurden, was eigentlich liberalen Grundsätzen widerspricht. Bei Konsumräumen und der Heroinvergabe war die Schweizer Politik europaweit richtungsweisend. Nun will die Schweiz Cannabis für Erwachse entkriminalisieren. Wie steht die FDP zu einer schrittweisen Übernahme des "Schweizer Modells"?
FDP-Wahlprorgammentwurf zur Bundestagswahl 2002:
FDP und Cannabisreform:
8. Wir berichteten vorige Woche:
9. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
20.04.2002 Freiburg/Breisgau: VfD-Infostand
Diese und andere Ankündigungen finden Sie bei unseren Terminen:
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