|
CannabisLegalNews (Nummer 148, 12.03.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. 10 Jahre Cannabisentscheidung
1. 10 Jahre Cannabisentscheidung
Am vergangenen Dienstag wurden es 10 Jahre, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber vorschrieb, eine bundesweit "im wesentlichen einheitliche Rechtspraxis" zur straffreien Verfahrenseinstellung beim Besitz geringer Mengen Cannabis sicherzustellen. Binnen weniger als eines Jahres zeigte sich damals, dass die Länder sich im Bundesrat nicht auf eine einheitliche Mengenregelung einigen wollten. Trotzdem kam es im inzwischen vergangenen Jahrzehnt zu keiner Neuregelung durch den Bundestag. In seiner Entscheidung vom 09.03.1994 verpflichtete das Gericht den Gesetzgeber auch, das bestehende Gesetz anhand neuerer Erkenntnisse am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Die Ergebnisse der dazu in Auftrag gegebenen Studien wurden jedoch konsequent ignoriert.
In der zweiten Jahreshälfte 2004 soll das Ergebnis einer neuen Studie des Max-Planck-Instituts in Freiburg zur bestehenden Rechtspraxis bei geringen Mengen vorgestellt werden. Bestätigt diese Studie die Existenz von Rechtsungleichheiten, dann steht das Bundesverfassungsgericht unter Zugzwang, sich mit dem Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau zur Grundgesetzverträglichkeit des Cannabisverbots zu befassen.
Anläßlich des Jahrestags der Entscheidung hat das Bundesnetzwerk Drogenpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen folgende Pressemitteilung herausgegeben:
10 Jahre Bundesverfassungsgerichts-Urteil zu "geringer Menge Cannabis" - der Gesetzgeber muss endlich aktiv werden!
Verstösst die Cannabisprohibition gegen das Grundgesetz?
Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts [09.03.1994]
Normenkontrollklage des Amtsgerichts Bernau (2002)
Rechtsungleichheit in den Ländern (§ 31a)
Laufende Studie des Max-Planck-Instituts Freiburg (Albrecht / Paoli)
Was jeder einzelne für die Cannabisreform tun kann
2. VG Köln: Keine Genehmigung für Patienten
Chronische Kranke, deren Leiden Cannabis lindert, haben nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln kein Recht auf ihre Medizin. Das Gericht lehnte eine Klage von fünf Patienten ab, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Sondergenehmigung zum legalen Besitz von Cannabis beantragt hatten. Diese wurde ihnen verweigert.
Nach Meinung des Verwaltungsgerichts steht mit dem auf Betäubungsmittelrezept verschreibbaren Medikament Dronabinol eine Alternative zur Verfügung. Dronabinol, eine synthetische Form des Cannabishauptwirkstoffs THC, ist jedoch in Deutschland kein zugelassenes Medikament. Daher sind Krankenkassen nicht verpflichtet, die erheblichen Kosten dafür zu übernehmen. In diesem Fall sollen die Patienten laut Verwaltungsgericht vor den Sozialgerichten auf Kostenübernahme klagen. Dr. Franjo Grotenhermen von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) hält jedoch solche Klagen aufgrund der fehlenden arzneimittelrechtlichen Zulassung von Dronabinol für wenig erfolgversprechend.
Als diese Patienten wegen Cannabis als Medizin vor's Bundesverfassungsgericht gingen, lehnte das höchste deutsche Gericht die Annahme des Falls ab, weil der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft sei. Ein Antrag auf eine Cannabisgenehmigung sei nicht von vorneherein aussichtslos, da die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ein öffentliches Interesse darstelle das Voraussetzung für eine Erteilung ist. Die daraufhin beim BfArM gestellten Anträge wurden ausnahmslos abgelehnt (Bearbeitungsgebühr: € 51,13). Dagegen klagten die Patienten beim VG Köln, das jetzt entschied. Das Gericht ließ ein Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster zu. Erst wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist, können die Patienten wieder nach Karlsruhe ziehen. Bis dahin werden sie weiterhin als Kriminelle behandelt, wenn sie eine Medizin verwenden, die ihre Leiden lindert.
Im US-Bundesstaat Oregon können sich Patienten mit einer ärztliche Empfehlung zur medizinischen Verwendung von Cannabis registrieren lassen, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Bisher haben etwa 0,2% der Bevölkerung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Überträgt man diese Rate auf Deutschland, dann wären das 160.000 Patienten bundesweit .
Cannabis bleibt verboten - auch für chronisch Kranke [spiegel.de, 09.03.2004]
Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM)
Cannabis als Medizin
3. Promillegrenze für THC?
Am 06.02.2004 veranstalteten die rheinland-pfälzischen Grünen und die Grüne Jugend in Mainz eine Podiumsdiskussion mit dem Führerschein-Experten Theo Pütz, wobei es um eine "Promillegrenze" für den Cannabiswirkstoff THC ging. Derzeit kann allein schon für den Nachweis von THC im Blut bei der Teilnahme im Strassenverkehr der Führerschein entzogen werden, ohne dass die nachgewiesene Menge für eine Beeinträchtigung ausreichen muss oder dass irgendwelche Ausfallerscheinungen festgestellt werden müssen. Eine Promillegrenze wie bei Alkohol gibt es hier also nicht.
Am 10.02.2004 kritiserte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jürgen Creutzmann, die Grünen in einer Pressmitteilung scharf und forderte "Null Drogen am Steuer". Damit war jedoch keine Abschaffung der 0,5 Promille-Regelung bei der Droge Alkohol gemeint, sondern allein das Festhalten an der 0,0 Promille-Regelung bei Cannabis:
Die Wirkung von Cannabis sei individuell so unterschiedlich, dass die Grenzwertdiskussion der Grünen absurd und gefährlich sei. Im übirgen [ sic ] erinnerte Creutzmann die Grünen daran, dass es sich bei Cannabis aus guten Gründen um eine illegale Droge handle. Daran ändere auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts, das den Konsum von sehr geringen Mengen straffrei stelle.
Theo Pütz vom Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) antwortete darauf am 18.02.2004 mit einem Offenen Brief:
Das Nüchternheitsgebot für eine Verkehrsteilnahme wurde weder auf der Veranstaltung, noch in der Presseerklärung der Grünen je in Frage gestellt. Sie fordern, dass nur nüchtern am Straßenverkehr teilgenommen werden soll. Das ist richtig! Dies fordern VfD und Grüne auch! Bündnis 90 /Die Grünen sind aber im Gegensatz zu Ihnen bereit die Diskussion um die tatsächlichen Gefährdungskonstellationen nüchtern und sachlich zu führen.
Die Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM) berichtete in ihrem Newsletter vom 14.02.2004 von einer in diesem Zusammenhang sehr interssanten Studie von Prof. Olaf Drummer in Australien, wonach zwar Personen mit THC im Blut insgesamt eine höhere Verschuldungsrate von Unfällen hatten als drogenfreie Fahrer (also analog zu Alkohol). Bei THC-Dosen unter 5ng/ml Blut lag die Verschuldungsrate jedoch niedriger als bei drogenfreien Fahrern, also von Personen ohne Alkohol, Medikamente oder illegale Drogen im Blut.
Offener Brief an die FDP-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz [18.02.2004]
FDP-Pressemitteilung [10.02.2004]
Die Wirkung von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit ist dosisabhängig [IACM, 2004-02-14]
Cannabis im Strassenverkehr
4. Veranstaltungen am 1./8. Mai 2004
Seit vielen Jahren findet in New York am ersten Samstag im Mai eine Demonstration gegen die Cannabisprohibition statt. Inzwischen hat sich diese Institution auch auf andere Städte und Länder ausgebreitet.
Seit mehreren Jahren beteiligen sich lokale Aktivisten im deutschsprachigen Raum an den Aktionen. Dieses Jahr gibt es u.a. in Bremen, Rostock, Leipzig, Potsdam, Frankfurt, Darmstadt und in Luxemburg sowie mehreren Orten in der Schweiz Veranstaltungen. Weil der erste Samstag diesmal auf den 1. Mai fällt, wo viele Veranstaltungen der Gewerkschaften stattfinden, finden die Cannabisveranstaltungen überwiegend am zweiten Samstag statt.
Daneben werden auch in anderen Städten im Laufe des Jahres Informationstage oder Demonstrationen stattfinden, so in München, Essen, Hamburg und Rostock. Am 14.08.2004 werden in Berlin bei der achten Hanfparade wieder Tausende von Menschen gegen das Cannabisverbot demonstrieren.
Bitte beachten Sie unsere Übersicht.
Aktionen am 01./08. Mai 2004:
5. Razzia bei den "Bandidos"
Vergangenen Mittwoch (03.03.2004) durchsuchte die Polizei 60 Privatwohnungen und Clubheime des Motorradclubs "Bandidos" in Deutschland und Luxemburg. Dabei beschlagnahmte sie grosse Mengen Cannabis, Kokain und Amphetamin. Die Ermittlungen laufen bereits seit zwei Jahren. Auch bei der Hauptkonkurrenz, den "Hell's Angels" griff die Polizei ein. Die "Bandidos" sollen Mitglieder der "Hell's Angels" kiloweise mit Drogen beliefert haben, die aus den Niederlanden eingeschmuggelt wurden.
In den 90er Jahren lieferten sich die beiden Banden vor allem in Skandinavien blutige Auseinandersetzungen. Im Juli 1995 feuerten Mitglieder der "Bandidos" eine Panzerfaust auf ein schwedisches Clubheim der "Hell's Angels" ab. Ein Jahr später, im März 1996 wurde ein Mitglied der Bandidos vor dem Kopenhagener Flughafen ermordert. Die Rache dafür bestand aus Panzerfaust-Angriffen auf Clubheims der "Hell's Angels" in Schweden und Dänemark im April. Ein weiterer Anschlag in Kopenhagen im Oktober forderte zwei Menschenleben. 19 Menschen wurden verletzt. Als Hintergrund der Auseinandersetzungen wurden damals Streitigkeiten um illegalen Drogenhandel vermutet.
Ähnliche Probleme mit Bandenkriegen gab es auch in den USA in den 20er Jahren, als man Alkohol verboten hatte, wodurch ein unkontrollierbarer, lukrativer Schwarzmarkt entstand. Mehr Repression löste damals das Problem nicht, sondern verschärfte es nur. Abhilfe schaffte erst die Legalisierung von Alkohol im Jahre 1933. Im Anschluß darauf fiel die Mordrate in den USA Jahr für Jahr, 12 Jahre lang.
Die Entscheidung, die sich dem Gesetzgeber letztlich stellt, ist nicht, ob er den Konsum von Cannabis zulassen kann oder nicht: Darauf hat er über das Mittel des Strafrechts nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte keinen wesentlichen Einfluss. Er kann lediglich wählen, ob der Bundesfinanzminister oder aber die "Bandidos" und ihre Rivalen die Gewinne am Handel einstecken.
"Bandidos" im Visier [n-tv, 03.03.2004]
Lahrer »Hells Angels«-Anführer von der Polizei festgenommen [baden-online.de, 08.03.2004]
Kriminelle Banden und Cannabislegalisierung:
6. Thailand: 2500 Tote nicht genug?
Mit einer drastischen Anti-Drogen-Kampagne versuchte die thailändische Regierung vor einem Jahr, das Land von Drogen zu säubern. Offenbar war die damals als Erfolg gefeierte Aktion nicht von bleibender Wirkung. Wenige Wochen nach dem offiziellen Ende der Kampagne hatten sich die Preise für Amphetaminpillen aus dem Nachbarland Burma schon wieder normalisiert. Nun hat Premierminister Thaksin Shinawatra angekündigt, die Aktion dieses Jahr zu wiederholen.
Voriges Jahr kamen rund 2500 Menschen im Laufe der dreimonatigen Kampagne auf gewaltsame Weise um's Leben. Kritiker vermuten, dass die meisten Opfer von Polizisten ermordet wurden. Lediglich in 46 Fällen wurde offiziell ermittelt. Der erste dieser Fälle endete nun mit einem Freispruch für die verdächtigten Polizisten. Diese Zahlen stimmen sehr bedenklich für die Zukunft.
Sogar das US-Aussenministerium hat die Vorfälle in einem jährlichen Menschenrechtsbericht kritisiert. Die Menschenrechtssituation im südostasiatischen Königreich habe sich "im Hinblick auf aussergerichtliche Tötungen und willkürliche Verhaftungen verschlechtert". Premierminister Thaksin über seine Verbündeten: "Ich bin sehr wütend und verärgert über diesen Bericht," sagte er zu Journalisten. "Was sind denn das für Freunde? Es sind Freunde, die den Ruf von Freunden jedes Jahr schädigen. Was würden sie tun, wenn Thailand jedes Jahr den selben Bericht herausgeben würde? Solche Freunde sind nutzlos."
Thailand to Launch New Drug War This Month, Shrugs off US Human Rights Criticism [DWC#327 (US), 05.03.2004]
Deaths During War on Drugs [Nation (TH), 04.03.2004]
Drogen in Thailand
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
09.03.2004 Zehnter Jahrestag des Cannabisentscheids des BVerfG
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |