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CannabisLegalNews (Nummer 15, 16.06.2001)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Überlastete Justiz 1. Überlastete Justiz Vor wenigen Tagen protestierten die Richter am Landgericht Hamburg fast geschlossen gegen die Überlastung der Justiz. "Der Anspruch des Bürgers auf Rechtsgewährung, zügige Prozesse, angemessene Urteile und zeitnahe Entscheidungen kann nicht mehr gewährleistet werden," berichtete die Welt. "Die Justiz in Hamburg vor allem im Strafbereich [stehe] bei einzelnen Kammern vor dem Konkurs." Auf den Reformbedarf in der Drogenpolitik verwies dabei die rechtspolitische Sprecherin der GAL, Bettina Kähler. Sie machte darauf aufmerksam, dass eine Legalisierung von Cannabis die Justiz entlasten kann. Allein voriges Jahr ergingen in Hamburg 12.484 Strafanzeigen wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz (ca. 240 Fälle pro Woche). Bundesweit geht es bei 54,8 Prozent dieser Fälle ausschliesslich um Cannabis. Insgesamt mussten sich Staatsanwälte und Richter voriges Jahr mit 131.662 Strafanzeigen wegen Cannabis beschäftigten, mehr als doppelt soviele als im Jahre 1994. Dass es auch anders geht zeigen die Niederlande be eits seit dem Jahre 1976, mit besseren Ergebnissen als in Deutschland.
Zahlen zum Cannabisverbot
Polizeiliche Kriminalstatistik (Bundeskriminalamt)
2. Vier Jahre Haft für Cannabisanbau Ein 60-jähriger, der vorher noch nie vor einem Richter gestanden hatte, wurde vom Landgericht Stuttgart für den Anbau von Cannabis zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Um die 400.000 DM soll er sich durch seinen Gartenbau erwirtschaftet haben. Wäre Cannabis wieder legal dann hätte der Finanzminister daran verdient. Stattdessen werden jetzt die baden-württembergischen Steuerzahler bis zur Freilassung über 200.000 DM an Haftkosten tragen müssen, während wahrscheinlich ein anderer Gärtner oder Schmuggler die Abnehmer mit Hanfkraut versorgen wird.
Sindelfinger-Böblinger Zeitung: Vier Jahre Haft für Cannabis-Züchter
3. Leserbriefe für die Legalisierung Seit November vorigen Jahres gibt es das Medienprojekt MAP-DE. Es ermöglicht seinen Teilnehmern, gezielt auf Artikel in der Tagespresse mit Leserbriefen zu antworten. Unser Ziel ist eine sachlichere, ausgewogenere Berichterstattung über drogenpolitischen Themen in den Medien. Die Leserbriefsammlung von MAP-DE-Teilnehmer Jorgen Schäfer ist ein Beispiel dafür, wie jeder einzelne von uns zur öffentlichen Aufklärung beitragen kann, ohne die eine Reform der Drogenpolitik nicht möglich ist.
MAP-DE: Leserbriefe für die Legalisierung
Leserbriefarchiv von Jorgen Schäfer
4. Cannabis führt nicht zu Übergewicht Eine Studie der University of Buffalo (USA) fand, dass amerikanische Cannabiskonsumenten weniger zu Übergewicht neigen als Nichtkonsumenten, obwohl sie im Schnitt 20-40 Prozent mehr Kalorien aufnehmen als Nichtkonsumenten. Es wird vermutet, dass Cannabis den Metabolismus ankurbelt, so dass der Grundumsatz steigt und mehr Kalorien verbrannt werden.
Netzzeitung: Marihuana und der Fresskick
National Post: Pot Smokers Just As Healthy - Study (Kanada)
Im November 1996 fand eine Studie der amerikanischen Regierung in Boston, dass Ratten denen über längere Zeit THC, der aktive Wirkstoff von Cannabis, verabreicht wurde, im Schnitt magerer waren als Vergleichstiere. Mehrere Arten von Tumoren traten dabei weniger häufig auf, was auf das niedrigere Körpergewicht zurückgeführt wurde: "Survival of all dosed groups was generally significantly greater than that of the controls. Mean body weights of dosed groups of males and females were lower than those of the controls throughout the study." "The incidences of mammary gland fibroadenomas and uterine stromal polyps were decreased in dosed groups of female rats, as were the incidences of pancreatic adenomas, pituitary gland adenomas, and interstitial cell adenomas of the testis in dosed male rats and liver neoplasms in dosed mice. These decreases were likely related to lower body weights in dosed animals."
TR-446: Toxicology and Carcinogenesis Studies of 1-Trans-Delta9-Tetrahydrocannabinol
(CAS No. 1972-08-3) in F344 Rats and B6C3F1 Mice (Gavage Studies)
Bereits in den 70er Jahren untersuchte die Studie von Rubin und Comitas, "Ganja in Jamaica" (ISBN: 90-279-7731-3), den Einfluss von Cannabis auf den Kalorienverbrauch. In Kapitel 5 ("Acute effects of ganja smoking in a natural setting") berichten die Autoren, dass Cannabis-erfahrene Testpersonen unter dem Einfluss von Cannabis für die selben köperlichen Arbeiten mehr Kalorien verbrauchten als ohne. 5. Cannabisstudie zu Herzinfarkten Cannabiskonsum kann, ähnlich wie Treppensteigen, Sport oder Sex, vorübergehend den Puls beschleunigen. Während davon für gesunde Personen kaum ein Risiko ausgeht, könnte der schnellere Puls bei gefährdeten Personen einen Infarkt auslösen. Dabei gelten die üblichen Risikofaktoren: Übergewicht, mangelnde Bewegung, hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte und Nikotinkonsum. Ein Artikel in der medizinischen Fachzeitschrift "Circulation" der American Heart Association berichtet von einem erhöhten Herzinfarktrisiko bei älteren Cannabisrauchern in den ersten beiden Stunden nach dem Konsum. "Das Risiko entspricht in etwa dem nach anstrengender sportlicher Betätigung und liegt leicht über dem nach Geschlechtsverkehr," meint Dr Murray Mittleman vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston. Innerhalb einer Stunde nach dem Rauchen soll das Infarktrisiko bei infarktgefährdeten Personen 4,8 mal höher liegen, in der zweiten Stunde noch 1,7 mal höher. Anzumerken ist jedoch, dass sich die Studie auf lediglich 37 befragte Patienten stützt (mittleres Alter: 44 Jahre), die in den 24 Stunden vor einem Infarkt Cannabis konsumiert hatten, davon nur 9 innerhalb einer Stunde. Diese Personen hatten im Schnitt mehr Übergewicht als Infarktpatienten die vorher kein Cannabis konsumiert hatten. Es liegen keine Zahlen dazu vor, wieviele der Infarktpatienten Zigarettenraucher waren. Die praktische Aussagekraft dieser Studie ist damit noch unklar. Sicherheitshalber sollten jedoch Personen, auf die mehrere Risikofaktoren für Herzinfarkte zutreffen, Cannabis genauso wie Nikotin meiden.
DRCNet: Marijuana Heart Risk Unlikely to be Significant, Says Expert
Netzzeitung: Cannabis: Herzinfarkt für Babyboomer
ORF: Marihuana gefährlich für ältere Patienten
6. Neue Zahlen zu Cannabisanzeigen Oft wird der Jugendschutz als Begründung für das Cannabisverbot angeführt. Dabei wird keine Altersgruppe durch das Verbot so oft kriminalisiert wie Jugendliche und junge Erwachsene: 54,3 Prozent der Strafanzeigen wegen Besitzes von Cannabis zum Eigenkonsum ergingen im vorigen Jahr gegen Personen unter 21 Jahren. Das zeigt eine Statistik des Bundeskriminalamts. Insgesamt 73,4 Prozent der Tatverdächtigten waren noch keine 25 Jahre alt. Oft sorgen Vorstrafen wegen Cannabis noch jahrelang für Probleme. Während in Schleswig-Holstein bei bis zu 30 g Cannabis das Verfahren straffrei eingestellt wird, führen in Bayern selbst Mengen unter einem Gramm zu Verurteilungen. Würde von der harten Linie im Süden eine abschreckende Wirkung ausgehen, dann müsste sich das auch in Zahlen ausdrücken. Die Häufigkeitzahl (Strafanzeigen pro 100'000 Einwohner) von Anzeigen wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), von denen Cannabis den Löwenanteil ausmacht, unterscheidet sich jedoch zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen nur um etwa 7 Prozent. Zwischen Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein beträgt der Unterschied der Anzeigehäufigkeit gar weniger als 1 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass von der strengeren Einstellungspraxis in den südlichen Bundesländern keinerlei abschreckende Wirkung ausgeht. Auf Cannabis zum Eigenkonsum entfielen voriges Jahr immer noch mehr Strafanzeigen (54,8 Prozent) als auf den Besitz aller anderen illegalen Drogen zusammengenommen (45,2 Prozent). Diese Prozentsätze stehen in einem krassen Missverhältnis zu den Prozentsätzen der Besucher von Drogenberatungsstellen im Zusammenhang mit legalen und illegalen Drogen, die das Institut für Therapieforschung ermittelte. Bei Personen, die in der Vergangenheit bereits mit Drogenberatungsstellen zu tun hatten und im Jahre 1999 eine ambulante Behandlung wiederaufnahmen, ging es bei 61,5 Prozent der Fälle um Alkohol, im Vergleich zu nur 2,2 Prozent in denen es um Cannabis ging. Hier wird mit zweierlei Mass gemessen. Diese unverhältnismässige Politik schadet der Glaubwürdigkeit des Staates, ohne die eine wirksame Drogenprävention nicht möglich ist.
Polizeiliche Kriminalstatistik
Landauer Neue Presse: 21-Jähriger verurteilt - 0,8 Gramm Haschisch in der Wohnung
Suchthilfestatistiken des IFT
7. Neuseeland erwägt Entkriminalisierung Jährlich über 25.000 Anzeigen für Cannabisdelikte unter nur 3,8 Millionen Einwohnern haben nicht verhindert dass 52 Prozent aller Neuseeländer zwischen 15 und 45 bereits Cannabis konsumiert haben. Die Strafverfolgung verschlingt knappe öffentliche Mittel die für Aufklärung und Therapie fehlen. Im Jahre 1997 empfahl der renommierte Drug Policy Forum Trust eine Entkriminalisierung von Cannabis. Ende 1999 schlug die neuseeländische Polizei vor, den Besitz geringer Mengen von Cannabis zu einer Ordnungswidrigkeit umzustufen und mit Bussgeldern zu belegen. Seit der letzten Wahl wird die Commonwealth-Nation von einer Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen regiert. Auf Druck der Grünen hat die Regierung voriges Jahr beschlossen, eine Reform der Gesetze zu Cannabis zu studieren. Bis zum vergangenen Februar wurden zahlreiche Stellungsnahmen zur Cannabispolitik aus dem In- und Ausland entgegengenommen (darunter auch von cannabislegal.de). Seit dem 30. Mai führt die Regierung Anhörungen zu einer Gesetzesreform durch. Der Neuseeländische Ärzteverband will einer Entkriminalisierung nicht im Wege stehen werde, wenn gezeigt werden kann dass dadurch der Missbrauch nicht zunehmen würde. Nach einer Umfrage von vorigem Jahr sind 19 Prozent der Neuseeländer für eine Legalisierung und weitere 41 Prozent für eine Entkriminalisierung. Auch führende Abgeordnete der konservativen National Party sind für Reformen. Nur eine Minderheit der Bevölkerung ist noch für die Beibehaltung des strafrechtlichen Verbots von Cannabisbesitz. Die Regierungskommission wird Anfang nächsten Jahres ihren Bericht vorlegen. Dann werden die Abgeordneten des Parlaments ohne Fraktionszwang über eine Reform abstimmen.
Aktueller Bericht über die Situation in Neuseeland:
Die Cannabiskampagne der neuseeländischen Grünen:
Positionspapier der neuseeländischen Grünen
Alternative Systems of Cannabis Control in New Zealand
NORML Neuseeland:
Aotearoa (New Zealand) Legalize Cannabis Party
8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
16.06. Leipzig: Workshop Drug Scouts-Drogenführerschein
Diese und andere Ankündigungen finden Sie bei unseren Terminen.
Mit freundlichen Grüssen Joe Wein |