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CannabisLegalNews (Nummer 98, 21.02.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Kaupa (CSU): "Drogenkonsum nicht legalisieren"
1. Kaupa (CSU): "Drogenkonsum nicht legalisieren"
Die neue drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Gerlinde Kaupa (MdB), hat in ihrer ersten Pressemitteilung zum Thema Drogenpolitik Äusserungen von Prof. Gundula Barsch (FH Merseburg), einem Mitglied der Drogen- und Suchkommission der Bundesregierung, kritisiert.
Schon die Überschrift der Pressemitteilung war irreführend: Der Konsum von im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgeführten Substanzen ist nämlich in Deutschland keine Straftat und kann auch nicht verboten werden, weil Selbstschädigung im deutschen Rechtssystem grundsätzlich straffrei ist. Der im BtMG verbotene Erwerb, Besitz oder Anbau ohne eine staatliche Erlaubnis dazu zu haben, konnte nur deshalb mit Strafe bedroht werden, weil bei diesen Handlungen zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, anderen Gelegenheit zum Konsum zu geben. Selbst hier bestehen aber Schranken durch das Verhältnismäßigkeitsgebot des Grundgesetzes, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1994 festgestellt hat.
Frau Kaupa störte sich vor allem an einer Äusserung von Prof. Barsch, wonach "ein geordneter und selbstkontrollierter Drogenkonsum möglich ist." Tatsächlich ist das aber keine Privatmeinung der Wissenschaftlerin, sondern steht so in der Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission der Bundesregierung zur Verbesserung der Suchtprävention vom 04.06.2002. Diese Kommission setzt sich aus 14 namhaften Experten aus dem Drogen- und Suchtbereich zusammen, darunter elf Professoren und einem Oberstaatsanwalt. Frau Kaupa war unseres Wissens bis zu ihrer Ernennung zur drogenpolitischen Sprecherin ihrer Fraktion Ende vorigen Jahres nie drogenpolitisch in Erscheinung getreten.
Auf eine telefonische Anfrage hin präzisierte Frau Kaupa, dass ihr Drogenbegriff auch Alkohol und Nikotin einschließt. Bei der Droge Alkohol scheint die grosse Mehrheit der Bevölkerung durchaus zu einem "geordneten und selbstkontrollierten Konsum" in der Lage zu sein. Studien ergaben auch, dass ein solcher Konsum bei der meistkonsumierten illegalen Droge, Cannabis, bei weitem die Regel und nicht die Ausnahme ist. Selbst bei Heroin, Kokain und Nikotin ist abhängiger Konsum nicht das einzige bekannte Konsummuster. Bei allen harten Drogen gibt es auch sozial integrierte und nicht täglich konsumierende Gebraucher. In ihrer Pressemitteilung setzt Frau Kaupa Konsum und Abhängigkeit von Drogen praktisch gleich, obwohl es bei jeder Droge sowohl abhängige als auch nichtabhängige Konsumenten gibt, in je nach Substanz und gesellschaftlichen Umständen verschiedenen Proportionen und Schattierungen dazwischen. In ihrer Stellungnahme zur Suchtprävention schrieben die Experten der Drogen- und Suchtkommission der Bundesregierung u.a.:
(...)
Für Frau Kaupa ist es das "oberste Ziel, eine suchtfreie Gesellschaft zu erreichen," ungeachtet der Tatsache, dass man dieser an sich unerreichbaren Vorstellung allenfalls näher kommen könnte. Es handelt sich also um ein Ideal oder eine Utopie, aber kein realistisches Ziel. Selbst stetig tiefere Eingriffe in Grundrechte von Individuen führen letztlich nicht zu einem solchen Ziel, wie in den zwanziger Jahren der amerikanische Versuch zur Ausrottung des Alkoholismus gezeigt hat. Die Alkoholprohibition führte zu einer Eskalation an staatlicher und nichtstaatlicher Gewalt, auf Kosten der Allgemeinheit, ohne das eigentliche Gesundheitsproblem lösen zu können. Das sogenannte "noble Experiment" der 20er Jahre scheiterte letztlich genauso kläglich und ernüchternd wie der fast gleichzeitig begonnene Versuch, die Utopie einer klassenlosen Gesellschaft ohne Privateigentum an Produktionsmitteln zu verwirklichen.
Utopien die die menschliche Natur ignorieren sind unmenschlich. Kein freiheitlicher Rechtsstaat wird jemals drogenfrei sein und umgekehrt kann auch kein Staat, der wirklich um jeden Preis drogenfrei werden wollte, ein freiheitlicher Rechtsstaat bleiben.
Kaupa: Drogenkonsum darf nicht legalisiert werden
Kommentar von Mathias Schindler [19.02.2003]
Gerlinde Kaupa (CSU) neue Sprecherin der Union [CLN#92, 10.01.2003]
Drogen- und Suchtkommission: "Prävention vor Repression" [CLN#65, 07.06.2002]
Übersicht zur Drogen- und Suchtkommission
Prof. Dr. habil Gundula Barsch, FH Merseburg
2. Substanzprobleme bei Jugendlichen
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) veranstaltet vom 19. bis 21. Februar eine Konferenz von Suchtexperten zum Thema "Süchtige Kinder und Jugendliche - Prävention und Therapie des Substanzmissbrauchs". Bei der Auftaktveranstaltung verwiesen Experten auf die rasant angestiegene Verbreitung des Cannabiskonsums unter jüngeren Menschen. Am Donnerstag abend fand eine Diskussionsveranstaltung zum Thema "Legalize it !? – Das Für und Wider einer Legalisierung von Cannabis" statt.
Aufklärung über risikoarmen und risikoreichen Konsum scheint bei manchen Teilnehmern ein Tabu zu sein. Für sie gibt es keine Alternative zur Forderung von Abstinenz, obwohl diese immer weniger Gehör findet:
Strikt lehnen die UKE-Suchtexperten "safer use"-Kampagnen und Substitution mit anderen Wirkstoffen ab. "Sicherer Substanzgebrauch" würde eine Entscheidungsfreiheit für oder gegen den Konsum voraussetzen. Darüber würden Kinder aber nicht verfügen. Laut Thomasius konsumieren Jugendliche "nicht, um Spaß zu haben, sondern um ihre persönlichen Schwächen und Konflikte zu bewältigen".
Ganz anders äußerte sich jüngst Rolf Hüllinghorst, der Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (früher: Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren e.V. ), wenn es um Alkohol geht, eine Droge also, mit der Kinder und Jugendliche im Schnitt rund zwei Jahre früher erste Erfahrungen sammeln als mit Cannabis:
Doch laut Hüllinghorst ist der erste Rausch in der Jugend kein Verbrechen. Das Austesten der eigenen Grenzen sei ein Kennzeichen dieser Lebensphase. Es bestehe kein Grund nach einem solchen Erlebnis sofort von Sucht zu sprechen. «Wichtig ist, dass man auf keinen Fall überreagiert», erklärt Hüllinghorst. Vielmehr müsse man sich mit den Jugendlichen auseinander setzen und ihnen signalisieren, dass man registriert was sie tun.
Der Trend zum Rauschtrinken [Yahoo.de/AP, 18.02.2003]
Drogenkonsum bei Jugendlichen steigt rasant [Welt, 19.02.2003]
Das Problem, nein zu sagen [taz, 19.02.2003]
"Süchtige Kinder und Jugendliche - Prävention und Therapie des Substanzmissbrauchs"
Cannabisverbot und Jugendschutz
3. Schweiz: Schmiergelder für das Cannabisverbot
Zwei Lehrerverbände, die deutschsprachige LCH und die französischsprachige SER sind gegen die geplante Cannabisreform in der Schweiz, weil sie eine Zunahme von Problemen an Schulen befürchten. Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA, franz./ital.: ISPA), die größte und älteste Suchthilfeorganisation des Landes ist anderer Meinung. Sie befürwortet die Reform: "Repression hindert uns daran, mit Cannabisgebrauchern Kontakt aufzunehmen und ihnen zu helfen, mit der Droge aufzuhören," erklärte SFA-Vizedirektor Michel Graf.
In einer Stellungnahme im Jahre 2000 kritisierte die SFA die geplante Beibehaltung des strafrechtlichen Verbots für Minderjährige. Es sei uneinsichtich, warum bei Drogenkonsum anders als im sonstigen Strafrecht Minderjährige strenger behandelt werden sollten. Ein Verzicht auf Alterslimiten beim Drogenkonsum schliesse Konsumverbote in Schulen, Freizeitorganisationen usw. zum Zwecke des Jugendschutzes keineswegs aus. Solche bestünden auch bereits für Alkohol und Tabak. Verstösse gegen solche Verbote würden disziplinarisch und nicht im strafrechtlichen Sinne sanktioniert. Statt minderjährige Konsumenten mit Strafe zu bedrohen, sollen Händler bestraft werden, die an Minderjährige verkaufen, analog zur Jugendschutzregelung bei Alkohol.
Gegner der Reform versuchen, Einfluss auf Parlamentsabgeordnete zu nehmen, um eine Verabschiedung der Cannabisreform im Parlament zu verhindern. Voraussichtlich werden sie jedoch damit keinen Erfolg haben. Im Ständerat wurde der Entwurf bereits mit 32 zu 8 Stimmen angenommen. Können die Gegner nach der erwarteten Verabschiedung im Nationalrat mindestens 50.000 Stimmen sammeln, dann wird es zu einer Volksabstimmung kommen. Dabei versuchen manche Gegner mit ungewöhnlichen Mitteln, Einfluß auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Michel Graf berichtete der Neuen Zürcher Zeitung, seiner Organisation sei bereits von Reformgegnern Geld für den Fall angeboten worden, dass sich die SFA-ISPA gegen die Liberalisierung ausspreche.
Swiss move closer to decriminalisation of cannabis [NZZ (CH), 19.02.2003]
Stellungnahme der SFA zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes
SFA-ISPA Homepage
Cannabis in der Schweiz
4. Schill-Partei für Zulassung von Cannabismedizin
Die Partei von Ronald Schill will Cannabis als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel einstufen, so daß es ärztlich verschrieben werden kann. Derzeit ist für seine medizinische Verwendung eine Sondergenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erforderlich. Bisher ist es noch keinem einzigen Patienten gelungen, eine solche Sondergenehmigung zu erhalten. Der aktive Cannabiswirkstoff THC ist ausschliesslich in synthetischer Form verschreibbar. Entsprechende Produkte aus deutscher oder amerikanischer Herstellung sind sehr teuer und werden von vielen Krankenkassen nicht erstattet. Setzt sich der Vorschlag in der Hamburger Bürgerschaft durch, dann wird im Bundesrat ein Vorstoss zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes erfolgen.
Schill-Partei will Cannabis als Medizin zulassen [Welt am Sonntag, 12.02.2003]
Cannabis als Medizin
5. "Drogenkrieg" in Thailand
In nur drei Monaten will Premierminister Thaksin Thailand von Drogen befreien. Seit Anfang des Monats wurden dabei 600 Menschen erschossen, bei denen es sich um vorwiegend um Drogenhändler handeln soll. Tagtäglich werden etwa 40 Menschen erschossen. Laut Polizei ermorden sich Bandenangehörige gegenseitig, um Zeugen auszuschalten. Kritiker vermuten jedoch, dass in zahlreichen Fällen Verdächtige von der Polizei ohne Gerichtsverfahren einfach hingerichtet werden. Seit Beginn der Kampagne werden kaum mehr verdächtige Todesfälle forensisch untersucht. Die Regierung hatte öffentlichkeitswirksam allen Polizisten mit Amtsentlassung oder Versetzung gedroht, die in der derzeitigen Kampagne zu wenig Einsatz zeigen.
Laut Somchai Homlahor, einem Vertreter einer Menschenrechtsorganisation, haben die Polizeikräfte des Landes "schwarze Listen" mit 25.000 Namen. Bei dieser Zahl ist es unvermeidlich, dass auch Unschuldige getroffen werden. Andererseits sollen hohe Politiker und Militärs des Landes enge Beziehungen zu Drogenschmugglern in Myanmar (Burma) haben, woher die meisten Methamphetaminpillen kommen. Es wird nicht damit gerechnet, dass einflussreiche Personen im Laufe der Kampagne ins Fangnetz geraten. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen haben die Tötungen scharf kritisiert.
Thailands tödliche Drogenrazzien [taz, 20.02.2003]
Counting The Cost Of Going Drug-Free [South China Morning Post (HK), 20.02.2003]
Human rights advocates critical as bodies pile up in anti-drug war [AP/San Diego Union Tribune (US), 11.02.2003]
Thailand's drug war gets messy [The Nation (TH), 14.02.2003]
Drogen in Thailand
6. Belgien: 5g, eine Pflanze straffrei
Das belgische Parlament hat am Donnerstag, 13.02.2003, mit 75 zu 40 Stimmen und vier Enthaltungen das neue Drogengesetz angenommen. Der Entwurf muss noch vom Senat angenommen werden. Der Erwerb und Besitz geringer Mengen Cannabis durch Erwachsene zum persönlichen Konsum wird dadurch straffrei, solange kein problematischer Konsum vorliegt. Konkret soll die Grenze bei 5g gezogen werden. Auch der Anbau zum persönlichen Konsum soll straffrei werden, sofern es sich nur um eine einzige Pflanze handelt.
Die niedrige Grenze beim Anbau und Besitz sowie das Verbot des Handels werden zur Folge haben, dass der kommerzielle Schwarzmarkt für Cannabis weiterbesteht. Hier bleibt also alles beim Alten. Lediglich für die Konsumenten, die sich auf dem Schwarzmarkt versorgen, gibt es mehr Toleranz. Die Coffeeshop-Politik in den Niederlanden und die geplante Tolerierungspolitik für den Anbau zur Deckung des inländischen Bedarfs in der Schweiz gehen da deutlich weiter.
Kammer stimmt neuem Drogengesetz zu [Gazet van Antwerpen, 14.02.2003]
Die Kammer billigt das Drogengesetz [Le Soir, 14.02.2002]
Belgium set to legalise cannabis [expatica.com, 14.02.2002]
Cannabis in Belgien
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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