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CannabisLegalNews (Nummer 71, 19.07.2002)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Führerscheinentzug verfassungswidrig
1. Führerscheinentzug verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag, 12.07.2002, entschieden, dass der Besitz einer geringen Menge Cannabis keine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigt. Es gab damit einem Mann Recht, der im Jahre 1994 einen nach dem festgestellten Besitz von 5g Cannabis angeordneten Urintest verweigerte und dem daraufhin seine Fahrerlaubnis entzogen worden war. In einem anderen Fall, in dem ein Jointstummel im Aschenbecher des Autos gefunden wurde, wurde die Rechtmässigkeit der Anordnung eines Drogentests dagegen bestätigt, weil ein konkreter Zusammenhang zum Strassenverkehr bestand.
Wo Politiker am Steuer geschlafen haben, musste das höchste deutsche Gericht die Notbremse ziehen: Wir begrüssen die höchstrichterliche Entscheidung gegen die generelle Anordnung von Drogentests ohne Bezug zum Strassenverkehr, die hoffentlich die extremsten Auswüchse der grundgesetzwidrigen Verfolgung von Cannabiskonsumenten beenden wird. Weitere Schritte sind erforderlich, wie z.B. die Einführung einer Promillegrenze für Cannababinoide im Blut. Wieder hat das Bundesverfassungsgericht auf das Verhältnismässigkeitsgebot verwiesen, das schon der Entscheidung von 1994 zur Straffreiheit des Besitzes geringer Mengen zugrundeliegt - die damals geforderte, "im wesentlichen einheitliche Rechtspraxis" ist immer noch eine Fiktion. Hier sind die Politiker gefordert.
Lesen Sie den Kommentar von Rechtsanwalt Michael Hettenbach (besonders wichtig, falls Sie selbst zu den Betroffennen gehören!) und die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts für genauere Informationen zu den Fahrerlaubnis-Entscheidungen.
Ausserdem haben wir Pressemitteilungen der PDS, des Deutschen Hanf Verbands und Links zu verschiedenen Presseartikeln online gestellt.
Pressemitteilung Nr. 62/2002 [BVerfG, 12.07.2002]
Kommentar von Rechtsanwalt Hettenbach [jurathek.de, 12.07.2002]
Das Urteil im Wortlaut [jurathek.de, 12.07.2002]
Gutachtliche Äußerung zu den Fragen des Fragenkatalogs [Prof. Dr. G. Berghaus]
Pressemitteilung: Deutscher Hanf-Verband [12.07.2002]
PDS: Cannabis legalisieren, alle Verfahren einstellen! [12.07.2002]
Gelegenheitskiffer dürfen Führerschein behalten [Spiegel, 12.07.2002]
Haschisch im Auto reicht nicht für Führerschein-Entzug [Süddeutsche Zeitung, 13.07.2002]
Rauchzeichen aus Karlsruhe [taz, 13.07.2002]
Cannabis und Führerschein
2. Volksparteien und Volksdrogen
Die PDS hat im Anschluss auf eine Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage zu Straftaten und Unfällen unter Alkoholeinfluss gefordert, dass sich Aufklärungsarbeit bei Drogen vor allem mit der legalen Droge Alkohol auseinandersetzten müsse:
899 Menschen kamen im letzten Jahr bei alkoholbedingten Verkehrsunfällen ums Leben. Weitere 34.392 Menschen wurden bei diesen Unfällen verletzt, 10.365 Menschen davon schwer.
Auch die CDU/CSU und die SPD verweisen auf bestehende Probleme mit Alkohol, allerdings mit genau entgegengesetzten Schlussfolgerungen:
Es ist richtig: Alkoholismus oder der übermäßige Genuß von Nikotin sind ernstzunehmende Suchterscheinungen, sie können Menschen auf Dauer ebenso zugrunde richten wie Heroin oder Ecstasy.
Auch der ständige Hinweis, Alkohol und Nikotin seien "ja auch erlaubt", zeigt, dass die Grünen das Ausmaß der Schäden, welche die legalen Drogen bisher angerichtet haben, noch nicht begriffen haben. Frau Jelpke nennt Zahlen zur Drogenproblematik, während die Vertreter der Union lieber abstrakt argumentieren: Konkrete Zahlen hört man von ihnen selten, ob es um Alkohol geht oder um Cannabis. Die steigenden Fallzahlen bei der strafrechtlichen Verfolgung von Menschen, die niemanden gefährdet haben, werden ignoriert. Für diese Politiker ist Drogenpolitik keine Gesundheitspolitik sondern Teil eines ideologischen Selbstverständnisses. Der Verweis auf die kulturelle Verankerung des Alkoholkonsums stellt ihn als unveränderliches Element der vorherrschenden "Leitkultur" dar. Politikerauftritte auf Volksfesten belegen dies. Auf ihrer Website zeigt Marion Caspers-Merk, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Fotos von sich bei einer Weinprobe und von Weintrauben unter dem Titel »Das "Kulturgut" dieser Region«. Cannabis erscheint diesen Politikern als fremdländisch, seine Konsumenten - also die eigene Jugend - als suspekte Aussenseiter.
Was würden Frau Caspers-Merk, Herr Beckstein oder Herr Hüppe wohl sagen, wenn ein Politiker Bilder von Cannabiskonsumenten mit Wasserpfeife oder von erntereifen Cannabispflanzen auf seine Homepage stellen würde?
Konservative Politiker behaupten, eine Cannabislegalisierung würde Cannabis verharmlosen. Um das zu vermeiden können sie sich scheinbar keinen besseren Weg vorstellen als die Drohung mit Polizei und Justiz. Doch ihre derzeitige Politik ist voller Widersprüche und unglaubwürdig. Sie sendet nur die Nachricht, dass unsere Kultur eine gegen Abweichler intolerante Alkoholkultur ist. Gesundheitsbewusstes Verhalten erreicht man so nicht, weder bei Alkohol noch bei Cannabis! Das ginge nur mit glaubwürdiger Aufklärung, die ältere wie jüngere Erwachsene beim einem bewussten, selbstverantwortlichen Umgang mit den Genussmitteln ihrer Wahl bzw. bei Abstinenz unterstützt.
Alkohol weiter Volksdroge Nr. 1 [Ulla Jelpke, PDS, 16.07.2002]
"Positionen der bayerischen Drogenpolitik" [G. Beckstein, 21.04.1998]
Rotes Licht für grüne Cannabis-Freigabe [H. Hüppe, 11.07.2002]
Edmund Stoiber beim Drogenkonsum ;-)
Fotoalbum von Marion Caspers-Merk:
Cannabis, Alkohol und Nikotin im Vergleich
Argument: "Wir haben mit Alkohol und Nikotin schon genug Probleme"
PDS und Cannabis:
3. Unterschriftenaktionen, Spenden
Die Grüne Jugend hat eine Unterschriftenaktion für die Cannabislegalisierung gestartet. Das Ziel ist ehrgeizig: 100.000 Unterschriften sollen bis Herbst zusammenkommen. Auf dem
Hanftag in Nürnberg am 17.08. und bei der Hanfparade in Berlin am 31.08. wird nur ein Teil davon zusammenkommen. Bitte unterstützen Sie diese Aktion!
Kampagne der Grünen Jugend: 100.000 Unterschriften
Seit Jahresanfang läuft bereits die CannabisKampagne von akzept e.V., die mehrere Tausend Unterschriften für vier Minimalforderungen zur Cannabisreform gesammelt hat, darunter auch namhafte Fachleute und Politiker der Grünen, der PDS und der Jungsozialisten. Wenn Sie noch nicht unterschrieben haben, bitte beteiligen Sie sich auch dort.
Die CannabisKampagne von akzept e.V.:
Der Verein für Drogenpolitik e.V. hat im April allen Abgeordneten des Bundestags in Berlin je ein Exemplar seines Infohefts zur Cannabisreform zugestellt. Seitdem hat er auch an das Bundesverfassungsgericht, an Polizeipräsidenten, Kommunalpolitiker und viele andere Einzelpersonen Informationsmaterial verteilt. In den nächsten Monaten werden Hunderte von Exemplaren an die Landtagsabgeordneten der Bundesländer geschickt werden. Wenn Sie diese Aufklärungsarbeit unterstützen wollen, aber dazu nicht Mitglied werden wollen, rufen Sie die VfD-Spendenhotline an und spenden sie unkompliziert 3 EUR über ihre Telefonrechnung:
Verein für Drogenpolitik e.V.:
4. Cannabis und Schizophrenie
Laut einer am Donnerstag, 11.07.2002, veröffentlichten Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim kann Cannabiskonsum eine latente Schizophrenie früher zum Ausbruch kommen lassen und bei fortgesetztem Konsum die Psychose verschlimmern.
Experten empfehlen Personen mit schizophrenen Psychosen oder bei Fällen von Schizophrenie in der Familie Cannabis zu meiden. Wir haben uns in einem Artikel mit dem Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Schizophrenie auseinandergesetzt.
Cannabismissbrauch kann Schizophrenie vorzeitig auslösen [Giessener Anzeiger, 13.07.2002]
Cannabismissbrauch löst Schizophrenie vorzeitig aus und verschlimmert die Psychose [Prof. Häfner, 11.07.2002]
Cannabis und Schizophrenie:
5. Schill warnt vor "Schitzophrenie"
Ronald B. Schill von der Partei Rechtsstaatliche Offensive hat den Grünen vorgeworfen, mit ihrer Kampagne für die Cannabislegalisierung "gefährliche Drogen und Suchtstrukturen" zu verharmlosen. Dass Experten seit Jahren die Ansicht ablehnen, Cannabis sei eine "Schrittmacher" zu harten Drogen, hindert Herrn Schill nicht daran, es als "anerkannte Einstiegsdroge" zu bezeichnen.
Unter Bezugnahme auf eine neue Studie aus Mannheim warnt der Politiker: "Neueste Forschungen gehen davon aus, daß sie Schitzophrenie fördert und auslöst." Tatsächlich gelten Schizophrene seit langem als Risikogruppe für Cannabis, Alkohol und andere Drogen, weil sie oft versuchen, mit diesen die für die Krankheit typischen extremen Angstzustände zu bewältigen, wobei sich jedoch die Symptome teilweise verschlimmern. Strafandrohung und Verfolgung dürfte sich dabei jedoch eher als kontraproduktiv erweisen.
Ein Eigentor schiesst der Hamburger Innensenator, indem er erklärt, Cannabiskonsumenten förderten mit dem Kauf von Cannabis kriminelle Händler: Stimmt, Herr Schill, das ist einer der Nachteile des von Ihnen verteidigten Verbots! Staatlich kontrollierter Handel mit Cannabis, wie von den Grünen und anderen politischen Gruppierungen gefordert, würde schnelle Abhilfe schaffen, ebenso eine Tolerierung des privaten Anbaus von Cannabis zum persönlichen Konsum durch Erwachsene. Solange jedoch Politiker weiterhin an einem überholten Verbot festhalten, werden den Schwarzhändlern Millionen von zahlenden Kunden erhalten bleiben.
Nicht immer war Herr Schill übrigens so uneinsichtig: Im Sommer 1999 sprach er sich gegenüber DALLAS LIVE (http://www.dallaslive.de/) für die Legalisierung von Cannabis aus:
"Mit diesem Thema rennen Sie bei mir offene Türen ein. Es gibt keine sinnvollen Gründe, das Verbot von Cannabis aufrechtzuerhalten. Polizei und Justiz könnten sich endlich den wichtigen Aufgaben zuwenden."(Anmerkung von cannabislegal.de: Ja, wir wissen schon, wie man "Schizophrenie" buchstabiert - aber Herr Schill scheinbar nicht...)
Schill verurteilt grüne Cannabis-Kampagne [14.07.2002]
Cannabis und Schizophrenie:
Argument: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
Argument: "Wir dürfen nicht vor der Mafia kapitulieren"
Konservative und das Cannabisverbot
Ronald B. Schill und die Cannabislegalisierung
6. Drogenpolitik und Drogentote
Am 21. Juli ist jedes Jahr der bundesweite Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher. Alljährlich sterben etwa 2000 Menschen in Deutschland an den Folgen einer unglaubwürdigen Drogenpolitik.
Anstatt sich an der pragmatischen Schadensminimierungs-Politik der Niederlande zu orientieren, setzt man in Deutschland weiterhin auf Repression, mit tragischen Ergebnissen.
Laut dem Jahresbericht 2000 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) starben in den Niederlanden (16 Mio Einwohner) im Lauf der 8 Jahre von 1991 bis 1998 insgesamt 407 Menschen an den Folgen des Konsums illegaler Drogen. Allein in München zählte die Bayerische Polizei im gleichen Zeitraum 553 Drogentote, in Bayern (12 Mio EW) 1968 Tote, bundesweit (82 Mio EW) 14038 Drogentote. Berücksichtigt man, dass Deutschland fünfmal mehr Einwohner hat als die Niederlande, dann liegt die Sterblichkeit pro Million Einwohner in Deutschland ca. 7-mal höher als in den Niederlanden.
http://www.cannabislegal.de/argumente/drogentote.htm
Im folgenden leiten wir einen Aufruf des bundesweiten Selbsthilfenetzwerks der Junkies - Ehemaligen und Substituierten - J.E.S. gegen die Einstellung der Spritzenvergabeprojekte
Protestaktion und Forderungen des bundesweiten Selbsthilfenetzwerks der Junkies - Ehemaligen und Substituierten - J.E.S. gegen die Einstellung der Spritzenvergabeprojekte in Hamburger Justizvollzugsanstalten! Mit meiner Unterschrift unterstütze ich den Protesdesbundesweiten JESHomepage des JES Bielefeld: http://www.junkienetz.de
7. Kanada: Justizminister erwägt Entkriminalisierung
Wegen der regional unterschiedlichen Handhabung des derzeitigen Drogengesetzes erwägt der kanadische Justizminister Martin Cauchon eine einheitliche Entkriminalisierung von Cannabis. Der Besitz geringer Mengen würde zwar nicht legal werden, würde aber nur noch zu einem Bussgeld führen. Während die Provinzen British-Columbia und Quebec relativ liberal im Umgang mit Cannabis sind, wird Cannabisbesitz in den Prärie-Provinzen Alberta und Manitoba sowie an der Ostküste noch relativ streng verfolgt. Der Justizminister hat sich dazu bekannt, in seiner Jugend selbst Cannabis probiert zu haben.
Voriges Jahr hatte der kanadische Ärzteverband eine Entkriminalisierung gefordert. Zur Zeit befasst sich ein Ausschuss des kanadischen Senats mit der Frage einer Cannabisreform. Es wird damit gerechnet, dass er in naher Zukunft eine Liberalisierung empfehlen wird.
Eine Reform in Kanada hätte politische Brisanz für den Nachbarn USA, mit dem Kanada eine 8892 km lange unbefestigte Grenze teilt. Der Grossteil der kanadischen Bevölkerung lebt weniger als 100 km von der Landesgrenze entfernt. Kanada und die USA unterhalten enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Der illegale Cannabisanbau in Kanada, der von der Liberalisierung nicht betroffen wäre, ist ein milliardenschwerer Wirtschaftszweig.
Cauchon considers relaxing law on cannabis [Ottawa Citizen, 16.07.2002]
Kanadischer Senatsausschuss empfiehlt Entkriminalisierung [CLN#61, 10.05.2002]
Cannabis in Kanada:
8. Frankreich: "Es gibt keine weichen Drogen"
Während in Grossbritannien die Strafen bei Cannabis reduziert werden, will die neue französische Regierung eine harte Linie verfolgen. Innenminister Nicolas Sarkozy: "Die Worte 'weich' und 'Drogen' werden immer inkompatibel sein. So etwas wie eine 'weiche Droge' gibt es ganz einfach nicht. Wir sind entschlossen, gegen Drogen und Drogenhändler jeder Art überall, jederzeit und auf jede Art zu kämpfen." Alkohol ist nach Auffassung der neuen Regierung keine Droge, obwohl ihn ein Expertengutachten für die vorige Regierung in die selbe Kategorie eingestuft hatte wie Heroin. Die Regierung von Präsident Chirac will die Mittel für Polizei und Justiz kräftig aufstocken, nachdem der Rechtsextremist Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen rund ein Fünftel der Stimmen gewonnen hatte, weil er versprochen hatte, Straftäter entschiedener zu verfolgen. Laut der neuen Regierung steht ein Grossteil der Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Dabei wirft die Regierung Beschaffungskriminalität bei harten Drogen und Kleinhandel mit
Heavy Merde [Guardian (GB), 11.07.2002]
Cannabis in Frankreich:
9. Urlaubszeit
Wie bereits angekündigt, macht cannabislegal.de ab nächster Woche Urlaub. Deshalb wird wahrscheinlich der nächste Newsletter erst wieder Mitte August erscheinen. Auch die Nachrichten auf unserer Website werden in dieser Zeit eher spärlich auf den neuesten Stand gebracht werden.
Wenn Sie in dieser Zeit weiterhin regelmaessig aktuelle Informationen lesen wollen, können Sie sich auf der öffentlichen Informationsliste "VfDInfomaterial" des VfD anmelden. Das Mailaufkommen beträgt dort etwa 5 Artikel pro Tag:
http://groups.yahoo.com/group/vfdinfomaterial/
10. Wir berichteten vorige Woche:
11. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
21.07.2002 Bundesweit: Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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