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CannabisLegalNews (Nummer 71, 19.07.2002)

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"Steter Tropfen höhlt den Stein"

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INHALT

1. Führerscheinentzug verfassungswidrig
2. Volksparteien und Volksdrogen
3. Unterschriftenaktionen, Spenden
4. Cannabis und Schizophrenie
5. Schill warnt vor "Schitzophrenie"
6. Drogenpolitik und Drogentote
7. Kanada: Justizminister erwägt Entkriminalisierung
8. Frankreich: "Es gibt keine weichen Drogen"
9. Urlaubszeit
10. Wir berichteten vorige Woche
11. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik


1. Führerscheinentzug verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag, 12.07.2002, entschieden, dass der Besitz einer geringen Menge Cannabis keine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigt. Es gab damit einem Mann Recht, der im Jahre 1994 einen nach dem festgestellten Besitz von 5g Cannabis angeordneten Urintest verweigerte und dem daraufhin seine Fahrerlaubnis entzogen worden war. In einem anderen Fall, in dem ein Jointstummel im Aschenbecher des Autos gefunden wurde, wurde die Rechtmässigkeit der Anordnung eines Drogentests dagegen bestätigt, weil ein konkreter Zusammenhang zum Strassenverkehr bestand.

Wo Politiker am Steuer geschlafen haben, musste das höchste deutsche Gericht die Notbremse ziehen: Wir begrüssen die höchstrichterliche Entscheidung gegen die generelle Anordnung von Drogentests ohne Bezug zum Strassenverkehr, die hoffentlich die extremsten Auswüchse der grundgesetzwidrigen Verfolgung von Cannabiskonsumenten beenden wird. Weitere Schritte sind erforderlich, wie z.B. die Einführung einer Promillegrenze für Cannababinoide im Blut. Wieder hat das Bundesverfassungsgericht auf das Verhältnismässigkeitsgebot verwiesen, das schon der Entscheidung von 1994 zur Straffreiheit des Besitzes geringer Mengen zugrundeliegt - die damals geforderte, "im wesentlichen einheitliche Rechtspraxis" ist immer noch eine Fiktion. Hier sind die Politiker gefordert.

Lesen Sie den Kommentar von Rechtsanwalt Michael Hettenbach (besonders wichtig, falls Sie selbst zu den Betroffennen gehören!) und die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts für genauere Informationen zu den Fahrerlaubnis-Entscheidungen.

Ausserdem haben wir Pressemitteilungen der PDS, des Deutschen Hanf Verbands und Links zu verschiedenen Presseartikeln online gestellt.

Pressemitteilung Nr. 62/2002 [BVerfG, 12.07.2002]
http://www.bverfg.de/bverfg_cgi/pressemitteilungen/frames/bvg62-02

Kommentar von Rechtsanwalt Hettenbach [jurathek.de, 12.07.2002]
http://www.jurathek.de/showdocument.php3?ID=4676

Das Urteil im Wortlaut [jurathek.de, 12.07.2002]
http://www.jurathek.de/showdocument.php3?ID=4675

Gutachtliche Äußerung zu den Fragen des Fragenkatalogs [Prof. Dr. G. Berghaus]
http://www.medizin.uni-koeln.de/institute/rechtsmedizin/ga_bvg.html

Pressemitteilung: Deutscher Hanf-Verband [12.07.2002]
http://www.cannabislegal.de/politik/dhv-fs.htm

PDS: Cannabis legalisieren, alle Verfahren einstellen! [12.07.2002]
http://www.cannabislegal.de/politik/pds-fs.htm

Gelegenheitskiffer dürfen Führerschein behalten [Spiegel, 12.07.2002]
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,204867,00.html

Haschisch im Auto reicht nicht für Führerschein-Entzug [Süddeutsche Zeitung, 13.07.2002]
http://sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel2540.php

Rauchzeichen aus Karlsruhe [taz, 13.07.2002]
http://www.taz.de/pt/2002/07/13/a0004.nf/text

Cannabis und Führerschein
http://www.cannabislegal.de/recht/fs.htm


2. Volksparteien und Volksdrogen

Die PDS hat im Anschluss auf eine Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage zu Straftaten und Unfällen unter Alkoholeinfluss gefordert, dass sich Aufklärungsarbeit bei Drogen vor allem mit der legalen Droge Alkohol auseinandersetzten müsse:

899 Menschen kamen im letzten Jahr bei alkoholbedingten Verkehrsunfällen ums Leben. Weitere 34.392 Menschen wurden bei diesen Unfällen verletzt, 10.365 Menschen davon schwer.

Allein diese Zahlen in der Antwort der Bundesregierung dokumentieren erneut, dass Alkohol weiter Volksdroge Nr. 1 ist, oft mit tödlichen Folgen.

Auch die Zahl der Straftaten unter Alkoholeinfluss ist weiter erschreckend hoch. Bei mehr als einem Viertel aller in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Gewalttaten ist Alkohol im Spiel. Konkret stellte die Polizei im vergangenen Jahr bei
25,8 Prozent aller Raubmorde,

41,3 Prozent aller Fälle von Totschlag,

33,6 Prozent aller Raubüberfälle auf Taxifahrer,

27,0 Prozent aller Vergewaltigungen und Fälle von sexueller Nötigung sowie bei

29,2 Prozent aller Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung fest,
dass diese Gewalttaten unter Alkoholeinfluss erfolgten.

Auch die Zahl der Personen, die an den Folgen von Alkoholkonsum sterben, ist mit 42.000 Personen im Jahr weiter erschreckend hoch.

All das zeigt: Alkohol ist weiter Volksdroge Nr. 1. Jede Präventionspolitik gegen Drogen, jede Aufklärungsarbeit muss sich weiter vor allem mit dieser legalen Droge auseinander setzen.

Die von konservativen Kreisen, aber auch der amtierenden Regierung weiter betriebene Kriminalisierung leichter Drogen wie Cannabis ist angesichts solcher Zahlen nur noch absurd.

Auch die CDU/CSU und die SPD verweisen auf bestehende Probleme mit Alkohol, allerdings mit genau entgegengesetzten Schlussfolgerungen:

Es ist richtig: Alkoholismus oder der übermäßige Genuß von Nikotin sind ernstzunehmende Suchterscheinungen, sie können Menschen auf Dauer ebenso zugrunde richten wie Heroin oder Ecstasy.

Es ist auch richtig: Aufgabe des Staates muß es sein, gefährliche Suchtfelder wie den Alkoholismus einzudämmen und vor den Gefahren von Alkohol oder Nikotin zu warnen und über die gesundheitlichen Folgen aufzuklären.

Tatsache ist jedoch: Es gibt keine Gesellschaft ohne Suchtmittel. Genuß- und Suchtmittel haben in der Regel einen kulturellen Hintergrund, und ihr Gebrauch ist langfristig historisch gewachsen; in westlichen Ländern sind dies der Alkohol- und Zigarettenkonsum, in arabischen und östlichen Gesellschaften ist es der Genuß von Opiaten. Deshalb ist klar: Ein Verbot sogenannter "legaler Drogen" ließe sich nicht durchsetzen.
(...)
Es ist Aufgabe der Gesellschaft, den verantwortungsvollen Genuß von legalen Suchtmitteln zu kultivieren. Aufgabe des Staates ist die Eindämmung des Mißbrauchs legaler Rauschmittel und gleichzeitig die konsequente Bekämpfung illegaler Suchtfelder. Keine Gesellschaft kann sich ständig neue Suchtfelder nebeneinander leisten. Gerade der Alkoholmißbrauch zeigt, daß der Alkohol uns bereits mehr als genug Probleme bereitet. Die Legalisierung illegaler Drogen würde unsere Gesellschaft überfordern.

Auch der ständige Hinweis, Alkohol und Nikotin seien "ja auch erlaubt", zeigt, dass die Grünen das Ausmaß der Schäden, welche die legalen Drogen bisher angerichtet haben, noch nicht begriffen haben.

Während Drogenverbände und Politik versuchen, den Konsum von Alkohol und Nikotin zu begrenzen, haben die Grünen anscheinend nichts Besseres zu tun, als unbesorgt die Freigabe weiterer Drogen zu fordern.

Frau Jelpke nennt Zahlen zur Drogenproblematik, während die Vertreter der Union lieber abstrakt argumentieren: Konkrete Zahlen hört man von ihnen selten, ob es um Alkohol geht oder um Cannabis. Die steigenden Fallzahlen bei der strafrechtlichen Verfolgung von Menschen, die niemanden gefährdet haben, werden ignoriert. Für diese Politiker ist Drogenpolitik keine Gesundheitspolitik sondern Teil eines ideologischen Selbstverständnisses.

Der Verweis auf die kulturelle Verankerung des Alkoholkonsums stellt ihn als unveränderliches Element der vorherrschenden "Leitkultur" dar. Politikerauftritte auf Volksfesten belegen dies. Auf ihrer Website zeigt Marion Caspers-Merk, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Fotos von sich bei einer Weinprobe und von Weintrauben unter dem Titel »Das "Kulturgut" dieser Region«. Cannabis erscheint diesen Politikern als fremdländisch, seine Konsumenten - also die eigene Jugend - als suspekte Aussenseiter.

Was würden Frau Caspers-Merk, Herr Beckstein oder Herr Hüppe wohl sagen, wenn ein Politiker Bilder von Cannabiskonsumenten mit Wasserpfeife oder von erntereifen Cannabispflanzen auf seine Homepage stellen würde?

Konservative Politiker behaupten, eine Cannabislegalisierung würde Cannabis verharmlosen. Um das zu vermeiden können sie sich scheinbar keinen besseren Weg vorstellen als die Drohung mit Polizei und Justiz. Doch ihre derzeitige Politik ist voller Widersprüche und unglaubwürdig. Sie sendet nur die Nachricht, dass unsere Kultur eine gegen Abweichler intolerante Alkoholkultur ist. Gesundheitsbewusstes Verhalten erreicht man so nicht, weder bei Alkohol noch bei Cannabis! Das ginge nur mit glaubwürdiger Aufklärung, die ältere wie jüngere Erwachsene beim einem bewussten, selbstverantwortlichen Umgang mit den Genussmitteln ihrer Wahl bzw. bei Abstinenz unterstützt.

Alkohol weiter Volksdroge Nr. 1 [Ulla Jelpke, PDS, 16.07.2002]
http://www.pds-im-bundestag.de/index.php?main=/aktuelles/presse/single.php_-_nr=7903

"Positionen der bayerischen Drogenpolitik" [G. Beckstein, 21.04.1998]
http://www.cannabislegal.de/politik/csu-gb980421.htm

Rotes Licht für grüne Cannabis-Freigabe [H. Hüppe, 11.07.2002]
http://www.cducsu.de/TextVersion/presse/pressemitteilungen_detail.jsp?ID=4439

Edmund Stoiber beim Drogenkonsum ;-)
http://rhein-zeitung.de/on/98/09/20/topnews/ozapft.html

Fotoalbum von Marion Caspers-Merk:
http://www.caspers-merk.de/wkstreifzug.htm

Cannabis, Alkohol und Nikotin im Vergleich
http://www.cannabislegal.de/cannabisinfo/vergleich.htm

Argument: "Wir haben mit Alkohol und Nikotin schon genug Probleme"
http://www.cannabislegal.de/argumente/contra.htm#zusaetzlich

PDS und Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/politik/pds.htm


3. Unterschriftenaktionen, Spenden

Die Grüne Jugend hat eine Unterschriftenaktion für die Cannabislegalisierung gestartet. Das Ziel ist ehrgeizig: 100.000 Unterschriften sollen bis Herbst zusammenkommen. Auf dem Hanftag in Nürnberg am 17.08. und bei der Hanfparade in Berlin am 31.08. wird nur ein Teil davon zusammenkommen. Bitte unterstützen Sie diese Aktion!

Kampagne der Grünen Jugend: 100.000 Unterschriften
http://www.hanf-fuer-alle.de/

Seit Jahresanfang läuft bereits die CannabisKampagne von akzept e.V., die mehrere Tausend Unterschriften für vier Minimalforderungen zur Cannabisreform gesammelt hat, darunter auch namhafte Fachleute und Politiker der Grünen, der PDS und der Jungsozialisten. Wenn Sie noch nicht unterschrieben haben, bitte beteiligen Sie sich auch dort.

Die CannabisKampagne von akzept e.V.:
http://www.diecannabiskampagne.de

Der Verein für Drogenpolitik e.V. hat im April allen Abgeordneten des Bundestags in Berlin je ein Exemplar seines Infohefts zur Cannabisreform zugestellt. Seitdem hat er auch an das Bundesverfassungsgericht, an Polizeipräsidenten, Kommunalpolitiker und viele andere Einzelpersonen Informationsmaterial verteilt. In den nächsten Monaten werden Hunderte von Exemplaren an die Landtagsabgeordneten der Bundesländer geschickt werden. Wenn Sie diese Aufklärungsarbeit unterstützen wollen, aber dazu nicht Mitglied werden wollen, rufen Sie die VfD-Spendenhotline an und spenden sie unkompliziert 3 EUR über ihre Telefonrechnung:
0190 0 10009

Verein für Drogenpolitik e.V.:
http://www.drogenpolitik.org


4. Cannabis und Schizophrenie

Laut einer am Donnerstag, 11.07.2002, veröffentlichten Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim kann Cannabiskonsum eine latente Schizophrenie früher zum Ausbruch kommen lassen und bei fortgesetztem Konsum die Psychose verschlimmern.

Experten empfehlen Personen mit schizophrenen Psychosen oder bei Fällen von Schizophrenie in der Familie Cannabis zu meiden. Wir haben uns in einem Artikel mit dem Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Schizophrenie auseinandergesetzt.

Cannabismissbrauch kann Schizophrenie vorzeitig auslösen [Giessener Anzeiger, 13.07.2002]
http://cms.mos1.de/sixcms/list.php?page=mittelhessen1&kind=&_z2=dpasolo&z1hr=4277&z1ur1=4284&image=4453&id=488811

Cannabismissbrauch löst Schizophrenie vorzeitig aus und verschlimmert die Psychose [Prof. Häfner, 11.07.2002]
http://www.uni-heidelberg.de/presse/news/2207haefner.html

Cannabis und Schizophrenie:
http://www.cannabislegal.de/studien/schizo.htm


5. Schill warnt vor "Schitzophrenie"

Ronald B. Schill von der Partei Rechtsstaatliche Offensive hat den Grünen vorgeworfen, mit ihrer Kampagne für die Cannabislegalisierung "gefährliche Drogen und Suchtstrukturen" zu verharmlosen. Dass Experten seit Jahren die Ansicht ablehnen, Cannabis sei eine "Schrittmacher" zu harten Drogen, hindert Herrn Schill nicht daran, es als "anerkannte Einstiegsdroge" zu bezeichnen.

Unter Bezugnahme auf eine neue Studie aus Mannheim warnt der Politiker: "Neueste Forschungen gehen davon aus, daß sie Schitzophrenie fördert und auslöst." Tatsächlich gelten Schizophrene seit langem als Risikogruppe für Cannabis, Alkohol und andere Drogen, weil sie oft versuchen, mit diesen die für die Krankheit typischen extremen Angstzustände zu bewältigen, wobei sich jedoch die Symptome teilweise verschlimmern. Strafandrohung und Verfolgung dürfte sich dabei jedoch eher als kontraproduktiv erweisen.

Ein Eigentor schiesst der Hamburger Innensenator, indem er erklärt, Cannabiskonsumenten förderten mit dem Kauf von Cannabis kriminelle Händler: Stimmt, Herr Schill, das ist einer der Nachteile des von Ihnen verteidigten Verbots! Staatlich kontrollierter Handel mit Cannabis, wie von den Grünen und anderen politischen Gruppierungen gefordert, würde schnelle Abhilfe schaffen, ebenso eine Tolerierung des privaten Anbaus von Cannabis zum persönlichen Konsum durch Erwachsene. Solange jedoch Politiker weiterhin an einem überholten Verbot festhalten, werden den Schwarzhändlern Millionen von zahlenden Kunden erhalten bleiben.

Nicht immer war Herr Schill übrigens so uneinsichtig: Im Sommer 1999 sprach er sich gegenüber DALLAS LIVE (http://www.dallaslive.de/) für die Legalisierung von Cannabis aus:

"Mit diesem Thema rennen Sie bei mir offene Türen ein. Es gibt keine sinnvollen Gründe, das Verbot von Cannabis aufrechtzuerhalten. Polizei und Justiz könnten sich endlich den wichtigen Aufgaben zuwenden."
(Anmerkung von cannabislegal.de: Ja, wir wissen schon, wie man "Schizophrenie" buchstabiert - aber Herr Schill scheinbar nicht...)

Schill verurteilt grüne Cannabis-Kampagne [14.07.2002]
http://www.presseportal.de/story.htx?nr=364582

Cannabis und Schizophrenie:
http://www.cannabislegal.de/studien/schizo.htm

Argument: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
http://www.cannabislegal.de/argumente/einstieg.htm

Argument: "Wir dürfen nicht vor der Mafia kapitulieren"
http://www.cannabislegal.de/argumente/contra.htm#mafia

Konservative und das Cannabisverbot
http://www.cannabislegal.de/politik/konservative.htm

Ronald B. Schill und die Cannabislegalisierung
http://www.cannabislegal.de/politik/schill.htm


6. Drogenpolitik und Drogentote

Am 21. Juli ist jedes Jahr der bundesweite Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher. Alljährlich sterben etwa 2000 Menschen in Deutschland an den Folgen einer unglaubwürdigen Drogenpolitik.

Anstatt sich an der pragmatischen Schadensminimierungs-Politik der Niederlande zu orientieren, setzt man in Deutschland weiterhin auf Repression, mit tragischen Ergebnissen.

Laut dem Jahresbericht 2000 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) starben in den Niederlanden (16 Mio Einwohner) im Lauf der 8 Jahre von 1991 bis 1998 insgesamt 407 Menschen an den Folgen des Konsums illegaler Drogen. Allein in München zählte die Bayerische Polizei im gleichen Zeitraum 553 Drogentote, in Bayern (12 Mio EW) 1968 Tote, bundesweit (82 Mio EW) 14038 Drogentote. Berücksichtigt man, dass Deutschland fünfmal mehr Einwohner hat als die Niederlande, dann liegt die Sterblichkeit pro Million Einwohner in Deutschland ca. 7-mal höher als in den Niederlanden.

http://www.cannabislegal.de/argumente/drogentote.htm

Im folgenden leiten wir einen Aufruf des bundesweiten Selbsthilfenetzwerks der Junkies - Ehemaligen und Substituierten - J.E.S. gegen die Einstellung der Spritzenvergabeprojekte
in Hamburger Justizvollzugsanstalten weiter, sowie einen Aufruf der deutschen AIDS-Hilfe zu diesem Thema:

Protestaktion und Forderungen des bundesweiten Selbsthilfenetzwerks der Junkies - Ehemaligen und Substituierten - J.E.S. gegen die Einstellung der Spritzenvergabeprojekte in Hamburger Justizvollzugsanstalten!

Gegen alle Warnungen aus Wissenschaft, Politik, AIDS- und Drogenhilfen sowie durch Betroffenengruppen wurden in der ersten Jahreshälfte 2002 die seit vier Jahren erfolgreich laufenden Modellprojekte zur Spritzenvergabe im Justizvollzug gestoppt.

Im Gegensatz zu der Situation in Freiheit, wo es mittlerweile eine Vielzahl von Angeboten wie Spritzentauschprojekte und Konsumräume gibt in denen unter Einhaltung von Safer - Use Grundsätze schadensminimierend konsumiert werden kann, werden für i.V. Drogen gebrauchende Menschen in Haft wieder einmal ideologische, politische und finanzielle Interessen über deren Gesundheit bzw. Leben gestellt.

Es kann nicht angehen, das bewährte Maßnahmen zur HIV- und Hepatitisprävention den Inhaftierten nun wieder vorenthalten werden und somit ein weiteres Mal Sonderwirklichkeiten für drogengebrauchende Menschen geschaffen und Menschenleben auf´s Spiel gesetzt werden.

Die zum Beginn der Projekte geäußerten Befürchtungen konnten in den Modellprojekten erfolgreich widerlegt werden. Es kam weder zu einer Zunahme des Drogenkonsums in den JVA's noch gab es Angriffe auf Bedienstete oder ähnliches.

Wir fordern daher die sofortige Wiederaufnahme der Spritzenvergabe in den betroffenen Vollzugsanstalten sowie eine Ausweitung dieser gesundheitsfördernden und präventiven Maßnahmen auf alle Deutschen JVA's.

Wir bitten Sie daher unsere Forderung durch Ihre Unterschrift zu unterstützen. Die gesammelten Unterschriften werden wir zusammen mit unseren Forderungen an die Drogenbeauftragte Frau Caspers Merk sowie die Verantwortlichen des Hamburger Senats schicken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Solidarität !!!

Mit meiner Unterschrift unterstütze ich den Protesdesbundesweiten JES
Netzwerks gegen die Einstellungder Spritzentauschprojekte in Deutschen
Justizvollzugsanstalten und fordere die sofortige Aufhebung der
entsprechenden Beschlüsse, sowie die Wiederaufnahme der eingestellten
Projekte und die
Ausweitung auf alle anderen Justizvollzugsanstalten.

Datum, Name und Anschrift zufügen, ausdrucken
und unterschrieben ab damit nach:

Deutsche AIDS Hilfe, c/o JES Dieffenbachstr 33,
10967 Berlin, Fax: 030 690087 42

Homepage des JES Bielefeld:
http://www.junkienetz.de


7. Kanada: Justizminister erwägt Entkriminalisierung

Wegen der regional unterschiedlichen Handhabung des derzeitigen Drogengesetzes erwägt der kanadische Justizminister Martin Cauchon eine einheitliche Entkriminalisierung von Cannabis. Der Besitz geringer Mengen würde zwar nicht legal werden, würde aber nur noch zu einem Bussgeld führen. Während die Provinzen British-Columbia und Quebec relativ liberal im Umgang mit Cannabis sind, wird Cannabisbesitz in den Prärie-Provinzen Alberta und Manitoba sowie an der Ostküste noch relativ streng verfolgt. Der Justizminister hat sich dazu bekannt, in seiner Jugend selbst Cannabis probiert zu haben.

Voriges Jahr hatte der kanadische Ärzteverband eine Entkriminalisierung gefordert. Zur Zeit befasst sich ein Ausschuss des kanadischen Senats mit der Frage einer Cannabisreform. Es wird damit gerechnet, dass er in naher Zukunft eine Liberalisierung empfehlen wird.

Eine Reform in Kanada hätte politische Brisanz für den Nachbarn USA, mit dem Kanada eine 8892 km lange unbefestigte Grenze teilt. Der Grossteil der kanadischen Bevölkerung lebt weniger als 100 km von der Landesgrenze entfernt. Kanada und die USA unterhalten enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Der illegale Cannabisanbau in Kanada, der von der Liberalisierung nicht betroffen wäre, ist ein milliardenschwerer Wirtschaftszweig.

Cauchon considers relaxing law on cannabis [Ottawa Citizen, 16.07.2002]
http://www.canada.com/search/site/story.asp?ID=25FFAF25-BBA0-4668-839C-048D5B276C3F

Kanadischer Senatsausschuss empfiehlt Entkriminalisierung [CLN#61, 10.05.2002]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln061.htm#6

Cannabis in Kanada:
http://www.cannabislegal.de/international/ca.htm


8. Frankreich: "Es gibt keine weichen Drogen"

Während in Grossbritannien die Strafen bei Cannabis reduziert werden, will die neue französische Regierung eine harte Linie verfolgen. Innenminister Nicolas Sarkozy: "Die Worte 'weich' und 'Drogen' werden immer inkompatibel sein. So etwas wie eine 'weiche Droge' gibt es ganz einfach nicht. Wir sind entschlossen, gegen Drogen und Drogenhändler jeder Art überall, jederzeit und auf jede Art zu kämpfen." Alkohol ist nach Auffassung der neuen Regierung keine Droge, obwohl ihn ein Expertengutachten für die vorige Regierung in die selbe Kategorie eingestuft hatte wie Heroin. Die Regierung von Präsident Chirac will die Mittel für Polizei und Justiz kräftig aufstocken, nachdem der Rechtsextremist Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen rund ein Fünftel der Stimmen gewonnen hatte, weil er versprochen hatte, Straftäter entschiedener zu verfolgen. Laut der neuen Regierung steht ein Grossteil der Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Dabei wirft die Regierung Beschaffungskriminalität bei harten Drogen und Kleinhandel mit
Cannabis in einen Topf.

Heavy Merde [Guardian (GB), 11.07.2002]
http://www.mapinc.org/drugnews/v02.n1290.a09.html

Cannabis in Frankreich:
http://www.cannabislegal.de/international/fr.htm


9. Urlaubszeit

Wie bereits angekündigt, macht cannabislegal.de ab nächster Woche Urlaub. Deshalb wird wahrscheinlich der nächste Newsletter erst wieder Mitte August erscheinen. Auch die Nachrichten auf unserer Website werden in dieser Zeit eher spärlich auf den neuesten Stand gebracht werden.

Wenn Sie in dieser Zeit weiterhin regelmaessig aktuelle Informationen lesen wollen, können Sie sich auf der öffentlichen Informationsliste "VfDInfomaterial" des VfD anmelden. Das Mailaufkommen beträgt dort etwa 5 Artikel pro Tag:

http://groups.yahoo.com/group/vfdinfomaterial/
bzw. email an
vfdinfomaterial-subscribe@yahoogroups.com


10. Wir berichteten vorige Woche:
http://www.cannabislegal.de/cln/cln070.htm

  • Karlsruhe entscheidet über Führerscheinentzug
  • GB: Cannabisreform offiziell angekündigt
  • CDU/CSU gegen Cannabisreform
  • SPD: "Wir bleiben stur"
  • Chat-Protokoll mit Dr. Peter Tossmann/drugcom.de
  • Demonstrationen in Luxemburg und Berlin
  • Ermorderter afghanischer Vizepräsident "förderte Opiumproduktion"
  • USA: Cannabis-Abstimmung in Washington D.C.


11. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:

21.07.2002 Bundesweit: Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
17.08.2002 Nürnberg: Hanftag
28.08.2002 Bern (CH): BetMG-Reformentwurf kommt in den Nationalrat
31.08.2002 Hanfparade in Berlin (ab 12 Uhr am Potsdamer Platz)
13.-23.09.2002 Hamburg: Hanffest
22.09.2002 Bundestagswahl
27.09.2002-29.09.2002 Jena: 7. internationaler akzept-Drogenkongress
27.09.2002-29.09.2002 Castrop-Rauxel: 7. CannaBusiness
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
April 2003 Wien: UN Drogen-Konferenz
03.05.2003 Weltweit: Million Marijuana March
31.05.2003 Weltweit: Nichtrauchertag
26.06.2003 Weltweit: Anti-Drogen-Tag

Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm

Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns!
info@cannabislegal.de


Mit freundlichen Grüssen

Joe Wein

http://www.cannabislegal.de


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