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CannabisLegalNews (Nummer 69, 05.07.2002)

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INHALT

1. SPD-Fraktionssprecher: Cannabisbesitz soll entkriminalisiert werden
2. CSU wirft SPD/Grünen "Drogenverharmlosung" vor
3. Bayerische FDP für Straffreiheit bis 10g Cannabis
4. Bundestag stimmt über Legalisierung ab
5. Landesjugendring Thüringen kritisiert repressive Drogenpolitik
6. EU: Nur Deutschland und Österreich gegen Tabak-Werbeverbot
7. Wir berichteten vorige Woche
8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik


1. SPD-Fraktionssprecher: Cannabisbesitz soll entkriminalisiert werden

Laut einem Bericht der Zeitschrift "Focus" fordert eine interne Vorlage in der SPD-Bundestagsfraktion, den Besitz von Cannabis zur Ordnungswidrigkeit herunterzustufen. Ausserdem soll nicht schon für den Besitz die Fahrerlaubnis entzogen werden. Marion Caspers-Merk, die Drogenbeauftragte der rot-grünen Koalition, ist gegen die Reform, weil sie befürchtet, dass die Umstufung "missverstanden" wird.

Eine Sprecherin der Fraktion dementierte indessen: Ihr sei keine derartige Vorlage bekannt. Doch seit Mitte der Woche ist der Text auf auf der Homepage von Dr. Hansjörg Schäfer nachzulesen. Er ist der drogenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:

II. Was sind die nächsten Aufgaben?
(...)
18. sich für eine praxisnahe einheitliche Handhabung der Straffreiheit des Besitzes geringer Mengen von Cannabis zum gelegentlichen Eigenkonsum bei den Ländern einzusetzen und zu einer Harmonisierung auf Bundesebene zu kommen. Es sollte geprüft werden, ob durch eine Ahndung des Cannabisbesitzes als Ordnungswidrigkeit das Ziel , sogenannte »Probierer" vor juristischen Konsequenzen zu bewahren, besser erreicht werden kann, als durch die bestehende Regelung;

19. Forschung und klinische Studien im Zusammenhang mit der Zulassung von Cannabiswirkstoffen als Arzneimittel auszubauen und die Apotheken aufzufordern, flächendeckend Cannabis-Arzneimittelrezepturen, die bereits jetzt herstellbar sind, schwerkranken Patienten zur Verfügung zu stellen;

Bereits im Januar hatte Dr. Schäfer einen entsprechenden Vorschlag gemacht, über den auf der Website des Deutschen Bundestags berichtet wird.

"Vorbeugen. Verhindern. Helfen. Die drogen- und suchtpolitische Bilanz von Rot-Grün"
http://www.hansjoergschaefer.de/bund/Drogenpolitik.htm

SPD-Bundestagsfraktion: Besitz von Cannabis soll nicht mehr strafbar sein [Focus, 30.06.2002]
http://www.focus.de/F/FM/FMB/FMBA/fmba.htm?snr=1175

Umstufung von Cannabisdelikten zur Ordnungswidrigkeit
http://www.cannabislegal.de/politik/ordnungswidrigkeit.htm

Heute im Bundestag (hib Nr. 27, 30.01.2002):
http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2002_027/03.html

Cannabis und die SPD:
http://www.cannabislegal.de/politik/spd.htm


2. CSU wirft SPD/Grünen "Drogenverharmlosung" vor

Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Wolfgang Zeitlmann, hat der Regierungskoalition vorgeworfen, eine Umstufung von Cannabisbesitz zur Ordnungswidrigkeit würde Drogen verharmlosen. Der Konsum würde so zunehmen. "Aufklärung, Warnung und auch Strafdrohung sind unverzichtbare Bestandteile einer verantwortungsvollen Drogenpolitik", so Zeitelmann.

Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 und die bestehende Rechtsungleichheit in verschiedenen Bundesländern ging Zeitlmann dabei nicht ein. Immerhin behauptete er diesmal nicht, Cannabis sei eine "Einstiegsdroge", wie in seiner letzten Pressemitteilung zum Thema.

Zeitlmann: Rot-grün verharmlost Drogen [01.07.2002]
http://www.presseportal.de/story.htx?nr=361442

Argument: "Das Verbot hat eine präventive Wirkung"
http://www.cannabislegal.de/argumente/contra.htm#praev

CSU gegen Legalisierung "sogenannter Einstiegsdrogen" [03.06.2002]
http://www.cannabislegal.de/neu/2002-06.htm#2002-06-03-csu

CDU/CSU und Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/politik/cducsu.htm


3. Bayerische FDP für Straffreiheit bis 10g Cannabis

Auf dem Landesparteitag der bayerischen FDP am 29./30.06. hat der Fachausschuss Gesundheit folgenden Antrag eingebracht:

Die Drogenpolitik wird bestimmt vom Grundsatz: "Vorbeugen ist besser als heilen, und heilen ist besser als bestrafen." Strafrechtliche Verfolgung allein treibt Drogenkonsumenten in die Verelendung. Neben Prävention, Therapie und Strafe müssen konkrete Maßnahmen der Überlebenshilfe initiiert werden. Gesundheitsräume sollen als Anlaufstellen für Drogenkonsumenten eingerichtet werden, die hier Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Sucht erhalten. Die kontrollierte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige unter ärztlicher und psychologischer Betreuung kann Heroinkranken bei der Resozialisierung helfen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Besitz sog. weicher Drogen muss umgesetzt werden. Die FDP spricht sich für die Aussetzung der Strafverfolgung bei einem Besitz von 10g Cannabis aus.

Im Vordergrund steht für die Liberalen die Suchtprävention. Hierzu müssen personelle Engpässe in den Suchtberatungsstellen, insbesondere im Verbund mit den Schulen durch die flächendeckende Einstellung von Suchtberatern und Suchttherapeuten deutlich verbessert werden."

(Fachausschuss Gesundheit der bayerischen FDP)

Ein konkreterer Antrag zur Cannabisentkriminalisierung kam auf dem Parteitag nicht zur Abstimmung, wird aber auf den nächsten beiden Sitzungen des Landesvorstands behandelt werden. Die bayerische FDP gilt als einer der konservativeren Landesverbände der Partei.

Bayerische FDP will über Cannabisreform beraten [CLN#65, 07.06.2002]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln065.htm#6

FDP und Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/politik/fdp.htm


4. Bundestag stimmt über Legalisierung ab

Am 04.07. plante der Bundestag eine Abstimmung über einen Antrag der PDS auf Legalisierung von Cannabis und Cannabisprodukten sowie auf Entkriminalisierung von dem persönlichen Konsum dienenden Besitz von Drogen. Der Antrag wurde von der PDS im Jahre 1999 eingebracht und im Gesundheitsausschuss des Bundestags behandelt. Er hat keine Aussicht auf eine Mehrheit. Die SPD, die heutzutage Probleme hat, sich auch nur offen für eine Entkriminalisierung von Cannabis auszusprechen, brachte vor fünf Jahren selbst einen Gesetzentwurf zur generellen Entkriminalisierung von Drogenbesitz ein. Die Grünen haben angekündigt, dass sie aufgrund einer Koalitionsvereinbarung gegen den Antrag stimmen werden, obwohl die Legalisierung von Cannabisprodukten auch zu ihren politischen Forderungen gehört.

Kommentar von cannabislegal.de: Der Vorstoss der PDS ist sachlich richtig. Nur eine Legalisierung von Cannabis kann den unkontrollierten Schwarzmarkt zum Verschwinden bringen. Kriminalisierung von Drogenkonsumenten löst keine Probleme, sondern schafft nur zusätzliche Probleme. Dass die PDS zu ihren Überzeugungen steht, statt wie die Regierungsparteien taktischen Überlegungen zu folgen, wird ihr Anerkennung bringen und die Grünen Wählerstimmen kosten. Doch erfolgreiche Reformen brauchen nicht nur vernünftige Konzepte sondern auch Mehrheiten, und zwar nicht nur im Bundestag und Bundesrat, sondern letztlich auch bei den Wählern. In der Schweiz war die Regierung bereit, auf manche sachlich gerechtfertigte Massnahmen zu verzichten um so sicherzustellen, dass die Kernteile der geplanten Gesetzesrevision Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments sowie in einer wahrscheinlichen Volksabstimmung finden werden. In Deutschland fehlt es für den Vorstoss der PDS noch an Akzeptanz. Es müssen kleinere Brötchen gebacken werden. Nur eine schrittweise Reformpolitik auf breiter politischer Grundlage wird Aussicht auf Erfolg haben.

Entkriminalisierung von Drogenkonsum überfällig [PDS, 03.07.2002]
http://www.pds-im-bundestag.de/index.php?main=/aktuelles/presse/single.php_-_nr=7788

Grüne wollen gegen PDS-Legalisierungsantrag stimmen [CLN#68, 28.06.2002]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln068.htm#2

Gesetzesentwurf der SPD zur Drogenentkriminalisierung [Drucksache 13/6534, 11.12.1996]
http://www.cannabislegal.de/politik/spd-btmg96.htm

Welche Reformen sind möglich?
http://www.cannabislegal.de/politik/reformen.htm

PDS und Cannabis
http://www.cannabislegal.de/politik/pds.htm


5. Landesjugendring Thüringen kritisiert repressive Drogenpolitik

Der Landesjugendring Thüringen e.V. ist eine Arbeitsgemeinschaft von 32 landesweit tätigen Jugendverbänden. Zu ihm gehört u.a. der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, der seinerseits die Kolpingjugend, die Malteser Jugend und die Pfadfinderschaft St. Georg vereint. Auf seiner 20. Vollversammlung hat sich der Landesjugendring gegen eine repressive Drogenpolitik ausgesprochen:

In der Öffentlichkeit und Politik wird illegaler Drogengebrauch vor allem der Zuständigkeit von Polizei und Justiz zugeordnet. Wir sehen darin eine Gefahr; denn Ausgrenzung, Stigmatisierung und Kriminalisierung haben bisher die bestehenden Probleme eher noch verschärft. Dies ist weder im Interesse der Betroffenen noch im Interesse der öffentlichen Sicherheit.
Deshalb regen wir für Thüringen an:
* Drogenpolitik soll sich an Gesundheit, Lebensqualität und sozialer Integration orientieren. Drogenpolitische Entscheidungen sollen sich am konkreten Wohl des einzelnen Menschen messen lassen und müssen immer wieder überprüft werden.
* Prävention soll lebensweltnah, pädagogisch kompetent und inhaltlich sachlich erfolgen. Ein Klima der Abschreckung und Überwachung ist dabei schädlich, denn es erzeugt Angst und verhindert eigenverantwortliche Entscheidungen.
* Die Verhältnismäßigkeit der Mittel soll gewahrt bleiben. Verdachtsunabhängige Drogenkontrollen an Schulen widersprechen nicht nur der Grundlage jeglicher ernstgemeinter Prävention; sie schaffen auch eine Atmosphäre von Misstrauen und Denunziation. Dies ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig. Repressive Maßnahmen sind keine Lösung für die Drogenprobleme an Thüringer Schulen. Gleiches gilt in besonderem Maße für den berichteten Versuch, Schüler zu »Spitzeldiensten« an Mitschülern schriftlich zu verpflichten.
* Hilfsangebote müssen verbessert und die Angebotspalette deutlich verbreitert werden. Dies betrifft Streetwork, Anlauf- und Kontaktstellen, Überlebenshilfen und Therapieangebote speziell für Jugendliche.
* Drogengebrauchende Menschen sind weder unsere Gegner noch unsere Objekte; sie sind und bleiben unsere Partner. Wir sollten ihre Eigenverantwortung und soziale Kompetenz stärken und sie in die Diskussion über drogenpolitische Entscheidungen einbeziehen.

Gerade weil Drogen Risiken und Gefahren mit sich bringen, wollen wir sie nicht undurchschaubar in einem Nebel von Illegalität und Verdrängung belassen. Wir wollen offensiv und offen mit drogengebrauchenden Menschen arbeiten. Gestalten wir dafür auch einen entsprechenden Rahmen.

Prävention statt Repression – Veränderung in der Thüringer Drogenpolitik [01.06.2002]
http://www.landesjugendring-thueringen.de/beschlus/download/drogen_010602.pdf

Erklärung der Evangelischen Jugend in Thüringen zu Drogentests an Thüringer Schulen [18.03.2002]
http://www.cannabislegal.de/politik/th-evjugend.htm

Minister will Haar-, Urin- und Blutproben von Schülern [CLN#52, 08.03.2002]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln052.htm#6


6. EU: Nur Deutschland und Österreich gegen Tabak-Werbeverbot

Ab 2004 soll es EU-weit keine Tabakwerbung mehr in Zeitungen, Zeitschriften, im Radio oder im World Wide Web mehr geben. Laut EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne zeichnet sich eine breite Mehrheit dafür ab. Nur die Vertreter der deutschen und österreichischen Regierungen sind noch dagegen.

Werbeverbot für Tabak rückt näher [Focus, 30.06.2002]
http://focus.de/G/GN/gn.htm?snr=107652&streamsnr=7

Werbung für Drogen
http://www.cannabislegal.de/politik/werbung.htm


7. Wir berichteten vorige Woche:
http://www.cannabislegal.de/cln/cln068.htm

Noch kein Ende der Führerschein-Diskriminierung
Grüne wollen gegen PDS-Legalisierungsantrag stimmen
"Es sind nicht die Altkiffer, die mit Hasch Probleme haben"
Joint weitergereicht - von der Schule geflogen
Anti-Drogen-Tag: Drogen in China
Anti-Drogen-Tag: Opium in Afghanistan
Singapur: Fünf Jahre Haft für Julia Bohl
In eigener Sache


8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:

09.07.2002 Luxemburg: Cannabis-Demonstration
21.07.2002 Bundesweit: Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
17.08.2002 Nürnberg: Hanftag
28.08.2002 Bern (CH): BetMG-Reformentwurf kommt in den Nationalrat
31.08.2002 Hanfparade in Berlin (ab 12 Uhr am Potsdamer Platz)
13.-23.09.2002 Hamburg: Hanffest
22.09.2002 Bundestagswahl
27.09.2002-29.09.2002 Jena: 7. internationaler akzept-Drogenkongress
27.09.2002-29.09.2002 Castrop-Rauxel: 7. CannaBusiness
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
April 2003 Wien: UN Drogen-Konferenz
03.05.2003 Weltweit: Million Marijuana March
31.05.2003 Weltweit: Nichtrauchertag
26.06.2003 Weltweit: Anti-Drogen-Tag

Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm

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Mit freundlichen Grüssen

Joe Wein

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