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CannabisLegalNews (Nummer 139, 26.12.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Prozess wegen Faserhanf
1. Prozess wegen Faserhanf
Von der Finanzkrise der öffentlichen Haushalte scheint die Berliner Justiz bisher nichts mitbekommen zu haben. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die Tatsache, dass, während allerorts Mittel gekürzt werden, auch bei Drogenberatungsstellen, die Berliner Staatsanwaltschaft einen Strafprozess anzettelt, in dem es um einige Hanfpflanzen mit unter 0,1% des Wirkstoffs THC geht. Solcher Industriehanf zur Textil- und Papierherstellung wächst in Deutschland ganz legal auf 3000 ha Anbaufläche. Die Pflanzen waren im August 2002 auf der Hanfparade in Berlin von der Polizei beschlagnahmt worden, was den Anlass für jene Rede des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele lieferte, die wiederum die Vorlage für den Stefan-Raab-Song "Gebt das Hanf frei" darstellte.
Im August 2003 waren wieder Nutzhanfpflanzen auf der Hanfparade dabei, ohne dass diesmal die Polizei eingriff. Das Ermittlungsverfahren vom Vorjahr lief jedoch weiter, seit nunmehr 16 Monaten.
Am 29.01.2004 um 9:00 Uhr vormittag beginnt am Amtsgericht Tiergarten, Raum A 138 in der Turmstraße 91, 10559 Berlin ein öffentlicher Prozess gegen Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband (DHV) und Theo Pütz, den Experten für Cannabis und Führerschein vom Verein für Drogenpolitik (VfD). Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Wer aus Berlin und Umgebung kommt und am 29.01.2004 Zeit hat, sollte sich den Termin vormerken.
Am Vorabend des Prozesses, also am 28.01.2004 findet um 20:00 Uhr im Berliner Abgeordnetenhaus (Saal 311) eine Diskussionsveranstaltung zu Cannabis statt. Vertreten sind Abgeordnete aller Fraktionen sowie der Berliner Polizeipräsident und Georg Wurth vom DHV. Näheres dazu auf der DHV-Website.
Prozesstermin gegen DHV wegen Faserhanf [DHV, 20.12.2003]
Podiumsdiskussion zur Berliner Cannabispolitik [DHV, 21.12.2003]
Berlin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nutzhanf [CLN#129, 10.10.2003]
Hans-Christian Ströbele bei Stefan Raab [CLN#87, 29.11.2002]
DHV - Homepage:
Verein für Drogenpolitik - Homepage:
Die Kosten des Cannabisverbots:
2. USA: Bundesgericht stoppt Verfolgung von Patienten
Zum ersten Mal hat ein US-Bundesgericht entschieden, dass die US-Regierung keine Patienten verfolgen darf, die mit Zustimmung ihres Arztes Cannabis als Medizin verwenden und dieses auch anbauen. Sie können auch Helfer anbauen lassen, sofern sie für das Cannabis nicht bezahlen. Bisher war die medizinische Verwendung nur nach dem Gesetz einiger Bundesstaaten legal, nach einem Bundesgesetz aus dem Jahre 1970 jedoch strafbar. Mehrere Kooperativen, die Patienten in Kalifornien mit Cannabis versorgt hatten, wurden von der Bundesdrogenpolizei gestürmt und geschlossen. Mehrere der Betreiber wurden teilweise vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen von bis zu 10 Jahren verurteilt.
Im Oktober 2002 klagten zwei kalifornische Patientinnen und zwei Personen, die für eine der Patientinnen Cannabis anbauen, auf eine einstweilige Verfügung, die das Justizministerium und die Bundesdrogenpolizei daran hindern sollte, gegen sie wegen Besitzes und Anbaus von Cannabis vorzugehen. Ärzte diagnostizierten bei Angel McClary Raich zehn verschiedenen Krankheiten, darunter einen nicht operierbaren Gehirntumor. Diane Monson leidet an chronischen Rükenschmerzen und dauerhaften, schmerzhaften Muskelkrämpfen die von einer Erkrankung der Wirbelsäule herrühren. Raich verwendet Cannabis seit fünf Jahren. Alle legalen Medikamente sind bei ihr entweder wirkungslos oder führen zu untolerierbaren Nebenwirkungen.
Ein Bezirksgericht wies zunächst im März 2003 die Klage der Patienten ab. Die Kläger gingen in Berufung und das Berufungsgericht gab ihnen nun recht. Das Berufungsgericht ist für acht westliche Bundesstaaten (Alaska, Arizona, Hawaii, Idaho, Nevada, Oregon, Washington) und das Territorium Guam zuständig. Nur einer dieser Bundesstaaten, Idaho, hat keine Gesetz das Cannabis für medizinische Zwecke legalisiert.
Nach der US-Verfassung sind die Bundesstaaten allgemein für Strafverfolgung zuständig. Das Parlament in Washington darf nur in bestimmten, ausdrücklich in der Verfassung aufgeführten Bereichen Gesetze erlassen. Einer der Zuständigkeitsbereiche ist der Handel zwischen Bundesstaaten. Unter Berufung auf zwei Entscheidungen des obersten Gerichtshofes entschieden die Richter des Berufungsgerichts, dass der Besitz und Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken den Handel zwischen den Bundesstaaten nicht berührt und damit ausserhalb der verfassungsmäßigen Zuständigkeit der Bundesregierung liegt, sofern das Cannabis selbst angebaut ist bzw. ein Anbauer nicht bezahlt wird.
Medical Pot Users Win Key Ruling [Los Angeles Times (US), 17.12.2003]
Raich vs. Ashcroft [9th Circuit, 16.12.2003]
Website zu Raich vs. Ashcroft:
Cannabis in den USA:
3. Kanada: Oberster Gerichtshof bestätigt Cannabisverbot
In einer am 23.12. bekanntgegebenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof Kanadas entschieden, dass das Cannabisverbot mit der kanadischen Verfassung vereinbar sei. Drei der neun Richter wichen von der Mehrheitsmeinung ab und erklärten, das Verbot sei nicht verfassungskonform, weil es unverhältnismäßig sei.
Die Entscheidung hat keinen Einfluß auf die geplante Entkriminalisierung von Cannabis, für die im Januar ein Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht werden soll. Der neue Ministerpräsident Paul Martin hat unterdessen in einem Interview angedeutet, selbst schon Cannabis konsumiert zu haben und zwar als Gebäck. Auf die Frage eines Journalisten, ob er bereits einmal Cannabis geraucht habe, erwiderte er, er habe noch nie etwas geraucht. Seine Frau Sheila habe jedoch einmal Plätzchen gebacken, die seltsam geschmeckt hätten.
Der kanadische Ministerpräsident ist 65, also drei Jahre älter als Edmund Stoiber, sein bayerischer Amtskollege.
Pot Still Illegal, Top Court Rules [Globe and Mail (CA), 24.12.2003]
David Malmo-Levine v. Her Majesty The Queen [2003 SCC 74, 23.12.2003]
Minderheitsmeinungen des Obersten Gerichtshofs von Kanada [23.12.2003]
PM Hints He's Eaten Hashish [Edmonton Sun (CA), 19.12.2003]
Cannabis in Kanada:
4. Kanada: Studie zu Cannabis als Schmerzmittel beginnt
Im Juli 2001 erhielt Dr. Mark Ware von der kanadischen McGill University von der Regierung die Erlaubnis für eine Studie über Cannabis als Schmerzmittel. Im September vorigen Jahres mussten wir leider berichteten, dass er aufgrund bürokratischer Hindernisse immer noch nicht mit der Forschung beginnen konnte. Noch einmal über ein Jahr später ist es soweit. Die Regierung erteilte endlich einem Lieferanten die Erlaubnis, Dr. Ware mit Cannabis zu versorgen. Erste Resultate werden Anfang 2005 erwartet.
Cannabisprohibition: So nennt man ein System der staatlichen Kontrolle, das sicherstellt, dass ein Arzt erst 29 Monate warten muss, wenn er Cannabis als Medizin für Schmerzpatienten erforscht will, während gleichzeitig Jugendlichen die selbe Substanz jederzeit von Klassenkameraden auf dem Schulhof verkauft wird. Oder ist das zu zynisch ausgedrückt?
McGill marijuana study underway [CBC (CA), 23.12.2003]
Kanada: Cannabisstudien können 10 Jahre dauern [CLN#77, 20.09.2002]
Cannabis in Kanada:
Cannabis als Medizin:
5. Hanf-Konferenz-Bericht
Am Wochenende vom 12. bis 14. Dezember 2003 fand in Mannheim die Konferenz "Hanf für Europa" statt. Aktivisten und Interessierte aus ganz Deutschland reisten an, um sich über verschiedene Bereiche des Themas zu informieren, Erfahrungen auszustauschen und Ideen für die weitere drogenpolitische Arbeit zu sammeln. Ein Bericht dazu steht jetzt online.
Konferenz "Hanf für Europa":
6. Schiffsladung Haschisch am Persischen Golf
Die US-Marine hat am Eingang zum Persischen Golf ein Boot mit einer größeren Menge Cannabisharz abgefangen. Der Spiegel schreibt von ca. 2 Tonnen, die New York Times von ca. 1,7 metrischen Tonnen. Drei bzw. vier der 12 Besatzungsmitglieder (laut Spiegel bzw. NYT) werden verdächtigt, Beziehungen zu der Terrororganisation Al Quaida zu haben. Sie wurden zum afghanischen Luftwaffenstützpunkt Bagram bei Kabul geflogen, wo sie verhört werden.
Aus welchem Land das Boot stammte und wohin es unterwegs war, wurde interessanterweise nicht berichtet. Möglich wäre jedoch, dass die Fracht wie ein grosser Teil des in Golfstaaten aufgegriffenen Haschischs aus Pakistan stammt, offiziell einem US-Verbündeten. Pakistan ist auch eine wichtige Basis für untergetauchte Kämpfer der Taliban und Al Quaidas.
US-Marine geht Haschischfrachter der Qaida ins Netz [Spiegel, 19.12.2003]
Terrorismus und Drogenhandel:
7. Spanien: "Joints bis zu fünfmal stärker"
Laut dem spanischen Innenminister Angel Acebes ist Cannabis heute "bis zu fünfmal stärker" als vor zehn Jahren, was an "genmanipuliertem" Saatgut liege:
Die Samen der Cannabis-Pflanze, aus der Haschisch und Marihuana hergestellt werden, seien genetisch manipuliert. Die Drogenschmuggler wollen die Suchtwirkung erhöhen, sagte der Minister. Damit wird das Rauschgift gefährlicher.
Ähnliche Aussagen hört man auch in Deutschland immer wieder, ohne Quellenangaben für die Zahlen.
Cannabis in Spanien stammt grösstenteils aus Marokko, wie 70% des in Europa konsumierten Cannabisharzes (Haschisch). Marokkanisches Haschisch ist auch in Deutschland weit verbreitet.
Ein mittlerer Wirkstoffgehalt von 20% lässt sich durch gerichtsmedizinische Analysen nicht bestätigen. Laut "Rauschgiftjahresbericht 2000" des Bundeskriminalamts (BKA) hatten rund 80% der untersuchten Haschischproben einen Wirkstoffgehalt von nicht mehr als 10% THC. Nur etwa jede achte Probe (13%) enthielt mehr als 14% THC. Cannabis mit 20% THC oder mehr ist damit nicht der Normalfall sondern eine teure und relativ seltene Spitzenqualität. Tatsächlich liegt der am häufigsten vorgefundene THC-Gehalt bei 7-8% THC, also gerade am oberen Rand jener Spanne, die der Minister für den Wirkstoffgehalt von vor einem Jahrzehnt angab.
Auch für die Behauptung, handelsübliches Cannabis sei genetisch modifiziert (wie vor drei Jahren schon einmal der "Spiegel" behauptet hatte), gibt es keine Indizien. Cannabis ist eine sehr anpassungsfähige Pflanze, die sich durch konventionelle Züchtung in sehr unterschiedliche Richtungen entwickeln lässt, von EU-Nutzhanf mit unter 0,2% THC bis zu hochwirksamem niederländischem Medizinalhanf mit 18% THC. Genmanipulation ist schlichtweg nicht nötig, um diese Ergebnisse zu erzielen.
Dass der in Spanien vorwiegend konsumierte Wein prozentual zwei bis dreimal soviel Alkohol enthält wie deutsches Bier bedeutet nicht, dass spanische Lebern zwei bis dreimal gefährdeter sind als deutsche Lebern: Schließlich trinkt niemand Wein aus Maßkrügen. Der Wirkstoffgehalt wird bei der Wahl der Dosierung schon berücksichtigt. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Reinalkohol liegt in Spanien sogar niedriger als in Deutschland. Ähnliches gilt für Cannabis: Wenn wirkstoffreicheres Cannabis entsprechend niedriger dosiert wird als wirkstoffärmeres Cannabis ist nicht nur die Rauschwirkung nicht stärker, sondern als nützlicher Nebeneffekt wird sogar die Lungenbelastung verringert.
Probleme mit falscher Dosierung gibt es nicht zuletzt wegen der Illegalität: Weder der Konsument noch der Händler haben zuverlässige Informationen über den Wirkstoffgehalt. Ein Chemiker, der Cannabis auf den Wirkstoffgehalt untersucht, ohne eine gesonderte Cannabislizenz von der Bundesopiumstelle zu haben, macht sich damit sogar strafbar. Es handelt sich also um kein Problem von Cannabis an sich sondern um eine Folge des Cannabisverbots.
Joints werden immer stärker [dpa, 16.12.2003]
Korrektur: Wirkstoffgehalt von Haschisch [CLN#128, 03.10.2003]
Wirkstoffgehalt (THC) von Cannabis:
8. Fußball: Bremer Torwart für 7 Monate gesperrt
Torhüter Alexander Walke von Werder Bremen wird vom Fußball-Weltverband FIFA bis zum 8. Juli 2004 für alle nationalen und internationalen Spiele gesperrt und muß außerdem 10.000 Schweizer Franken (ca. 6500 Euro) bezahlen.Walke waren bei einer Urinprobe Abbauprodukte des Cannabiswirkstoffs THC nachgewiesen worden, was auf Cannabiskonsum innerhalb der vergangenen Wochen schließen lässt.
Sieben Monate Sperre für Walke [kicker, 23.12.2003]
Fußball: Alexander Walke gesperrt [CLN#138, 12.12.2003]
Cannabis und Dopingtests:
9. USA: Gore-Sohn wegen Cannabis verhaftet
Einige der Politiker, die sich zum Ziel gesetzt haben, aus Amerika eine "drogenfreie" Gesellschaft zu machen, haben scheinbar Probleme, ihre eigenen Familien drogenfrei zu halten.
Der 21-jährige Sohn des ehemaligen US-Vizepräsidenten und späteren Präidentschaftskandidaten Al Gore ist vorige Woche von der Polizei wegen des Besitzes von Cannabis verhaftet worden. Das Auto von Al Gore jr. fiel nachts einer Polizeistreife auf, weil er damit ohne Licht unterwegs war. Bei einer Durchsuchung wurden ein Jointrest und Cannabis gefunden.
Al Gore juniors Vater hatte zugegeben, in seiner Jugend selbst Cannabis konsumiert zu haben. Auch in der Familie seines Mitbewerbers um die Präsidentschaft, George Bush, gab es Auffälligkeiten mit Drogen. Bush selbst wurde als 30-Jähriger wegen Alkohol am Steuer verhaftet und verlor seinen Führerschein für 18 Monate. Seine Zwillingstöchter bekamen Probleme, als sie als Minderjährige unter Vorlage eines falschen Ausweises versuchten, Alkohol zu kaufen. Inzwischen sind die Töchter volljährig, so daß sie legal Alkohol erwerben können. Eine von ihnen soll aber bei einer Party Cannabis geraucht haben.
George Bushs Nichte (die Tochter seines Bruders Jeb, der Gouverneur von Florida ist) landete wegen eines illegal besessenen rezeptflichtigen Medikaments in einer Entziehungsanstalt, wo sie einige Monate später im Besitz von Crack erwischt wurde.
Al Gore's son charged with pot possession [CNN, 21.12.2003]
USA: Drogen, Familie Bush und Kolumbien [CLN#76, 13.09.2002]
USA: Bush will Drogenkonsum reduzieren [CLN#49, 15.02.2002]
Cannabis in den USA:
10. Frohe Weihnachten!
Wir wünschen Ihnen allen ein frohes und friedliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Ein Jahresrückblick auf 2003 folgt in der nächsten Ausgabe.
Joe Wein und Familie
11. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.01.2004 Berlin: Diskussionsveranstaltung im Abgeordentenhaus
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