|
CannabisLegalNews (Nummer 129, 10.10.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Berlin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nutzhanf
1. Berlin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nutzhanf
Seit über einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin schon wegen 63 legal angebaute Nutzhanfpflanzen, die bei der Hanfparade im August 2002 beschlagnahmt worden waren. Die Beschlagnahmung war auch der Anlass für eine Rede von Christian Ströbele, MdB die mit der "Gebt das Hanf frei!"-CD verewigt wurde. Statt das Verfahren einzustellen, hat nun die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Geschäftsführer des Deutschen Hanf Verbands erhoben:
Berliner Staatsanwaltschaft klagt gegen Deutschen Hanf Verband - wegen Nutzhanf!
DHV Pressemitteilung zur Anklage [Adobe PDF, DHV, 02.10.2003]
Deutscher Hanf Verband:
2. Schweiz: Protokolle der Nationalratsdebatte
Am 24. und 25.09.2003 debattierte der Schweizer Nationalrat, ob sich das Parlament mit dem Gesetzentwurf zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes beschaffen sollte. Ein Mehrheit des Hauses stimmt scshliesslich dafür, den Entwurf an den Ständerat, die kleine Kammer, zurückzuschicken.
Protokolle der sehr kontrovers geführten Debatte sind online verfübar (die Redebeiträge sind auf französisch, deutsch oder italienisch, je nach Herkunft der Abgeordneten). Weitere aktuelle Texte zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes sind auf der Website von infoset.ch zu finden.
Im Folgenden ein paar Zitate aus der Debatte:
Den Vogel abgeschossen hat aber die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA). Sie hat im Hinblick auf die Drogendebatte allen Mitgliedern des Nationalrates eine kleine Broschüre zugestellt, in der unter dem Titel "Cannabis richtig einschätzen" sehr deutlich auf die Gefahren des Cannabiskonsums hingewiesen wird. Wie im falschen Film kommt man sich vor, wenn man den beigelegten Brief liest, in dem die SFA sich für die Cannabis-Freigabe einsetzt. Irgend etwas kann da nicht stimmen!
Wenn die SVP-Vertreter die Stellungnahmen der SFA gelesen h&auuml;tten, wüssten sie, dass eine Studie dieser Organisation gezeigt hatte, dass der Cannabiskonsum unter Männern ausgerechnet in der cannabis-repressiven Westschweiz am weitesten verbreitet ist, weshalb der Nutzen der repressiven Strategie fragwürdig ist.
Die Abgeordnete Doris Leuthard von der christdemokratischen CVP verlangte eine Präzisierung der Pläne der Regierung, bevor es zu einer Beratung der Gesetzesvorlage kommen könne:
Leuthard Doris (C, AG): Falls wir auf diese Vorlage eintreten, möchte ich Ihnen beliebt machen, diese an die Kommission zurückzuweisen, und zwar nicht aus einem taktischen Manöver heraus, sondern weil ich gewohnt bin, mir ein gesamtes Bild über eine Vorlage zu machen und auch die Details zu kennen. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass Verordnungen kreiert wurden, die überhaupt nicht dem Willen des Parlamentes entsprachen. Weil bei diesem Gesetz Unklarheiten bestehen, laufen wir Gefahr, dass uns die Verordnung einmal mehr mit Details überrascht, mit Änderungen, die nicht unserer Absicht entsprechen.
Felix Gutzwiller von der FDP hob hervor, dass das Verbot des Drogenkonsums eine Anomalie im Schweizer Strafrecht ist: Es ist das einzige Gesetz im Gesetzbuch, das Selbstschädigung unter Strafe stellt. Des weiteren sei es erforderlich, sämtliche Substanzen, sämtliche Missbrauchsformen in einer möglichst kohärenten Art und Weise anzugehen. Er verwies auf die kurz vorher erfolgte Aufhebung des Absinthverbots und erinnerte daran, dass jene Politiker, die am entschiedensten für die Beibehaltung des Cannabisverbots eintraten wenige Monate vorher vehement gegen eine Absenkung der Alkoholgrenze im Strassenverkehr waren:
Es wurde in diesem Saal schon daran erinnert: Der Ständerat hat gestern ohne Diskussion das Absinthverbot aufgehoben; ein Signal an Jugendliche? Lesen Sie nach im Amtlichen Bulletin, wie man mit diesem Thema umgeht; es ist ausserordentlich faszinierend. Absinth wirkt durch Thujon auch bewusstseinsverändernd wie der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) des Cannabis. Laut dem Amtlichen Bulletin hat der Initiant der Aufhebung dieses Verbotes gestern - in einer schönen Sprache - gesagt: "Permettez-moi encore un dernier mot: Au Val-de-Travers, certains nostalgiques préféreraient maintenir l'interdiction. Ils pensent que l'illégalité fait largement partie de l'attractivité." ["Gestatten Sie mir ein letztes Wort: Im Travers-Tal würden manche Nostalgiker die Beibehaltung des (Absinth-)Verbots vorziehen. Sie denken, dass die Illegalität einen großen Teil der Anziehungskraft ausmacht." - Übersetzung von cannabislegal.de]
Anne-Catherine Ménétrey-Savary von den Grünen, die zusammen mit Herrn Gutzwiller im Gesundheitsausschutz sitzt, sprach mehrmals zum Thema:
Repression ist die teuerste Säule der Drogenpolitik. Sie allein verschlingt die Hälfte des ganzen Geldes, das der Drogenpolitik gewidmet ist, während Vorbeugung davon nur ganze 10 Prozent hat. Es ist also ein Gebäude mit vier Säulen, das riskiert, bald in sich zusammenzustürzen. Mit mehr als 500 Millionen Franken schafft es die Unterdrückung nicht, mehr als 2 Prozent der ganzen Drogen zu beschlagnahmen, die auf dem Markt kursieren.
Sie verwies auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge von Drogenmissbrauch:
Aber man muß jedoch auch sehen, daß diese Problematik in enger Verbindung mit der Logik unserer Konsumgesellschaft steht. "Citius - altius - fortius" ist der Leitspruch des olympischen Ideals; "immer schneller, weiter, stärker" ist auch die Logik der Drogenabhängigkeit. Wir leben in einer süchtigen Gesellschaft.
Ruth-Gaby Vermot von den Sozialdemokraten verteidigte die Reformpläne und befasste sich mit dem Argument des Jugendschutzes:
Vermot Ruth-Gaby (S, BE): Die SP-Fraktion unterstützt das Gesetz, bedauert jedoch, dass die Entkriminalisierung aller Drogen nicht verwirklicht wurde. Wir brauchen dieses neue Gesetz dringend, das seit der Beratung im Ständerat von unserem Rat vertrödelt wurde. (..) Repression hat noch nie einen präventiven Charakter gehabt. Jugendliche lassen sich vom Konsumverbot nicht einschüchtern. Die Bestrafung verhindert bei den Jugendlichen die dringend nötige Enttabuisierung von Sucht und die Möglichkeit, sich offen damit zu befassen und sich auch Suchtfachleuten oder Eltern und Lehrpersonen anzuvertrauen. Was versteckt geschieht, kann nicht behandelt werden. Der Zugang von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Suchtfachleuten und Freizeitleiterinnen und -leitern zu gefährdeten Jugendlichen ist damit erschwert. Suchtentwicklungen können rascher im Untergrund geschehen. Probleme und das Suchtverhalten von Jugendlichen dürfen nicht an die Polizei und die Repression oder an das Jugendgericht delegiert werden: Hier ist die
Nationalrat - Herbstsession 2003 - Neunte Sitzung/Zehnte Sitzung [Adobe PDF, 24./25.09.2003]
Debatte zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes [infoset.ch]
Cannabis in der Schweiz:
3. Kanada: Regierung verliert Prozess aber Verbot wieder gültig Das Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario (Ontario Court of Appeal) hat eine Klage der Regierung abgewiesen. Die derzeitigen Bestimmungen zur Versorgung von Patienten mit Cannabis als Arznei seien zu restriktiv und nicht verfassungsgemäß. Im Einzelnen: Es sei nicht mit der Verfassung vereinbar, wenn der Staat zwar Patienten den Besitz von Cannabis erlaubt, aber sie mangels legaler Anbieter dann in den Schwarzmarkt schickt, den der Staat eigentlich bekämpfen will.
Patienten, die eine Erlaubnis zum Besitz von Cannabis beantragen, müssen künftig kein zweites ärztliches Gutachten beibringen. Ein Gutachten reicht. Personen, die eine Erlaubnis zum Anbau haben, dürfen für ihren Aufwand entschädigt werden. Bisher war jede Bezahlung für den Anbau von Cannabis als Arznei verboten. Personen mit Anbauerlaubnis dürfen mehr als einen Patienten versorgen. Der Anbau darf zusammen mit mehr als zwei anderen Anbauern erfolgen. Bisher waren Kooperativen auf maximal drei Personen beschränkt. Damit haben die Richter die Tür für Cannabisclubs geöffnet, wie sie seit Jahren in Kalifornien existieren. Das Urteil trat mit Verkündung in Kraft.
Durch die Lockerung der Bestimmungen zur Versorgung der Patienten haben die Richter einen Konflikt beseitigt, der ein untergeordnetes Gericht dazu bewegt hatte, das Verbot des Besitzes generell für verfassungswidrig zu erklären. Mit anderen Worten: Der Besitz von bis zu 30g Cannabis ist jetzt in Ontario wieder eine Straftat.
Erst eine derzeit geplante Gesetzesänderung zur Umstufung des Besitzes geringer Mengen Cannabis zu einer Ordnungswidrigkeit könnte das wieder ändern. Mehrere Monaten lang hatten sich Gerichte in der Provinz nicht mehr mit Fällen des Besitzes geringer Mengen beschäftigt und die Polizei hatte keine Fälle mehr vor Gericht gebracht.
Ottawa's Pot Rules Unconstitutional, Court Rules [Globe and Mail (CA), 07.10.2003]
Die Entscheidung im Wortlaut [07.10.2003]
Kanada: Entkriminalisierung oder Rekriminalisierung? [CLN#116, 27.06.2003]
Cannabis in Kanada:
4. Dubai: Lebenslänglich für 0,6 Gramm Cannabis
Ein Gericht in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate, VAE) hat einen 27-Jährigen aus Sri Lanka zu lebenslänglicher Haft verurteilt, nachdem er im Besitz von 0,6g Cannabis ertappt worden war. Er soll auf der Strasse Cannabis verkauft haben.
Im Juni wurde eine 24-jährige Britin aus Dubai ausgewiesen, nachdem sie zwei Jahre vorher wegen Schmuggels von Cannabis und Kokain zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war. In einer Berufungsverhandlung war das Strafmaß auf 10 Jahre reduziert worden. Das britische Aussenministerium dementierte, dass es etwas mit der vorzeitigen Haftentlassung zu tun gehabt habe.
In Dubai droht bei Besitz und Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen gleichermassen eine Haftstrafe von mindestens vier Jahren. Selbst wer in Dubai nie Cannabis besitzt oder konsumiert, ist vor Strafe nicht sicher: Wenn jemand Cannabis nur im Ausland konsumiert und Wochen später dann in den Emiraten ein Urintest noch positiv ausfällt, muss er oder sie für mindestens vier Jahre hinter Gitter.
Der Handel mit illegalen Substanzen kann sogar mit dem Tod bestraft werden. Trotz der strengen Strafen ist Dubai ein wichtiger Umschlagplatz für Drogen aller Art. Mehrfach wurden Lieferungen von Hunderten von kg Haschisch aus Pakistan und anderen Ländern aufgespürt, die von Dubai aus weiterverschifft werden sollten. Dubai ist auch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für Importe und Exporte von und nach Afghanistan (siehe CLN#70, 12.07.2002).
Dass in Dubai nicht zwischen Drogen mit unterschiedlichen Eigenschaften unterschieden wird, begründet die Polizei mit der Einstiegsdrogentheorie, die sich auch in den VAE noch hartnäckig zu halten scheint. Dr Mohammed Murad Abdullah, Direktor für Forschung und Studien bei der Polizei von Dubai, wird wie folgt zitiert:
Dr Abdullah supported the principle which treated all drugs and drug abusers under the same sentencing umbrella.
Bei einigen Drogen ist man in Dubai jedoch großzügiger als bei anderen. Der Zollfreibetrag bei Zigaretten beträgt im Golfstaat stolze 100 Schachteln. Vor zwei Jahren enthüllte ein Artikel im britischen "Guardian", dass sogar der VAE-Botschafter in London in den internationalen Zigarettenschmuggel verstrickt war. Dubai ist laut eines Berichts des Weltzollverbandes einer der Hauptumschlagspunkte für internationale Schmugglerringe. Allein in Großbritannien wurden bisher 77 Millionen unversteuerter Zigaretten in 39 Lieferungen aus Dubai beschlagnahmt, so der "Guardian".
Life-term in drug case [Khaleej Times (AE), 06.10.2003]
UAE frees British woman who got life term for drug smuggling [Guardian (UK), 04.06.2003]
The Drugs Don’t Work [Al Shindagah (AE), Mai 1998]
Dubai diplomat accused of smuggling BAT cigarettes [Guardian (UK), 17.12.2001]
5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
05.-11.10.2003 Hamburg: Hanffest
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |