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Cannabis im Straßenverkehr

In der Cannabisdebatte wird oft das Verbot damit begründet, dass viele Unfälle unter Cannabiseinfluss passierten. Diese Begründung geht aber insofern am Thema vorbei, als niemand fordert, Cannabis am Steuer zu legalisieren. Die Befürworter der Cannabislegalisierung fordern lediglich, dass Cannabis am selben Massstab gemessen wird wie Alkohol: Das heisst, Konsum ohne Fremdgefährdung (z.B. zuhause oder als Beifahrer) ist zu tolerieren, aber Cannabis am Steuer sollte weiterhin verboten bleiben.

Ein Rechtsstaat ist bei der Wahl seiner Mittel an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebunden. Es ist nicht angemessen, allen Cannabiskonsumenten pauschal den Führerschein nehmen, unabhängig davon ob sie unter Cannabiseinfluss fahren oder nicht. Schliesslich will auch niemand allen Leuten die ab und zu mal ein Bier trinken den Führerschein nehmen, egal ob sie sich auch betrunken ans Steuer setzen oder nicht. Die strengere Regelung bei Cannabis ist auch insofern unverständlich als Alkohol einen wesentlich bedenklicheren Einfluss auf die Fahrfähigkeit ausübt als Cannabis.

Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien zum Einfluss von Cannabis auf die Fahrfähigkeit. Sie liefern keinen Anlass dafür, bei Cannabis strengere Massstäbe anzulegen als bei Alkohol, wo der Führerschein ja auch erst entzogen wird wenn belegt ist dass berauscht am Straßenverkehr teilgenommen wurde. Hier sind einige dieser Studien:

1. Die Studie der Universität Limburg in Maastricht 1994

H. W. J. Robbe von der Universität Limburg führte im Auftrag des US-Verkehrsministeriums Fahrversuche unter von den Amerikanern geliefertem Marihuana auf niederländischen Straßen durch.

Artikel dazu auf Deutsch:
http://www.cannabislegal.de/studien/thcfahren.htm

Artikel von H.W.J.Robbe auf Englisch:
http://www.druglibrary.org/olsen/HEMP/IHA/iha01206.html bzw.

In Buchform:
H.W.J. Robbe, Influence of Marijuana on Driving, Institute for Human Psychopharmacology, University of Limburg, Maastricht 1994,CIP-DATA, Den Haag (ISBN 90-5147-023-1)

Die Studie fand zwar in einzelnen Bereichen Fahrfehler. Selbst bei der höchsten verwendeten Dosis wurde jedoch keine Beeinträchtigung gefunden die mit der Wirkung von 0,8 Promille Alkohol vergleichbar gewesen wäre.

Interessanterweise waren die Effekte auch nicht immer proportional zur Dosis. Das zeigte, dass sich die Fahrer der Drogenwirkung bewusst waren und sie durch erhöhte Konzentration, angepasste Geschwindigkeit oder mehr Abstand kompensierten (entsprechende Versuche mit Alkohol zeigen dagegen Selbstüberschätzung und eine erhöhte Risikobereitschaft). Es wird jedoch davon ausgegangen, dass eine solche Kompensation nicht in allen Situationen möglich ist.

Beim Vergleich im Stadtverkehr wurde von Robbe bei 0,34 Promille Alkohol eine signifikante Beeinträchtigung festgestellt, nicht aber bei einer niedrigen Cannabisdosis.

2. Die Studie von Mischkowitz/Möller von 1996

Mischkowitz, R.; Möller, M.; Hartung, M.: Gefährdungen durch Drogen. Blutprobenuntersuchungen zur Prävalenz und Wirkung von Drogen- und Medikamentenbeeinflussung im Straßenverkehr und bei Kriminaldelikten. BKA Wiesbaden 1996

Dort wurde u.a. untersucht, welcher Prozentsatz von Fahrern, die unter dem Einfluss von verschiedenen Substanzen stand, der schuldhafte Unfallverursacher war.

Überraschend war die Erkenntnis, daß bei verkehrsauffälligen Teilnehmern "die Fälle mit einem positiven Cannabis-Befund ... sowohl bei den Unfällen mit Sachschaden als auch bei den Unfällen mit Personenschaden den Suchtmittel/Medikament-negativen Fällen [bei denen man also nichts gefunden hatte] vergleichbare Anteilswerte zeigten", "obwohl das Durchschnittsalter der Cannabis-Konsumenten deutlich unter dem der S/M-negativen Probanden liegt und sie von daher einer Altersgruppe mit einem höheren Unfallrisiko zugerechnet werden müssen". Mit anderen Worten, jüngere Cannabisfahrer verursachten laut dieser Studie nicht mehr Unfälle als erfahrenere nüchterne Fahrer!

3. Die Studie des Institute of Forensic Pathology in Melbourne, Australien

http://www.raru.adelaide.edu.au/T95/paper/s16p6.html

Diese Studie bestätigte das obige Ergebnis von Mischkowitz/Möller: Bei Unfalltoten bei denen nur THC (Cannabis) gefunden wurde ist laut der australischen Studie die Wahrscheinlichkeit, der Unfallverursacher zu sein *geringer* als bei drogenfreien Unfalltoten (Faktor 0,6), bei Alkohol dagegen 6,8 mal höher als bei nüchternen Fahrern. Zitat:

"It was of some interest that cannabis tended to show a negative effect on relative risk when other drug groups showed an increase. This phenomenon has also been seen elsewhere [Terhune et al, 1992; Williams et al, 1985]. The most likley reason probably relates to the over compensation of marijuana-using drivers on their driving skills. Over compensation may be caused simply by slowing down and avoiding adverse driving situations."

4. Die Studie des britischen Verkehrsministeriums (2000)

Eine im Sommer 2000 veröffentlichte Studie, für die im Auftrag des britischen Verkehrsministeriums Testpersonen unter dem Einfluss von Cannabis in Fahrsimulatoren getestet worden waren, ergab dass die Fahrer die negativen Einflüsse von Cannabis weitgehend durch eine vorsichtigere, defensivere Fahrweise ausglichen.

The Influence of Cannabis on Driving

Vom britischen Verkehrsministerium gibt es auch eine gute Literaturstudie zum Thema:

http://www.roads.dtlr.gov.uk/roadsafety/cannabis/

5. Die Studie von Krüger (1995)

"Aus den experimentellen Befunden ist für Cannabis dann kein sicherheitsgefährdender Effekt zu finden, wenn von normalem Konsum ausgegangen wird und zwischen Rauchen und Verkehrsteilnahme etwa 1 - 2 Stunden liegen. Deutliche Sicherheitsgefahren bestehen bei hohen Konzentrationen, wie sie insbesondere während und kurz nach dem Rauchen auftreten" sowie beim "Zusammenwirken von Alkohol mit Cannabis", das zu "einer überadditiven Wirkungsverstärkung führt" (S.37; s. ingesamt Nolte 1996).

6. Studien zum Nachweis von Cannabis

Während THC in vielen Fällen nach Unfällen nachgewiesen wurde, handelt es sich dabei in den meisten Fällen um Fahrer die unter dem Einfluss von Alkohol, Medikamenten oder anderer Drogen standen. So fand etwa eine Studie im Saarland bei 660 auffälligen Fahrern denen Blutproben abgenommen worden waren, nur zwei Falle wo ausschliesslich THC (Cannabis) nachgewiesen wurde. Bei Blutproben aus 209 Verkehrsunfällen, bei denen von 1990 bis August 1993 vom Institut für Rechtsmedizin der Universität München forensisch-toxikologische Gutachten durchgeführt wurden und bei denen Cannabinoide nachgewiesen worden waren fanden sich nur in 14 Fällen (6,7 Prozent) THC ohne sonstige Drogen/Medikamente bzw. Blutalkohol ab 0,3 Promille.

Aufgrund der Fettlöslichkeit von THC sind mit modernen Analysemethoden geringe Spuren davon selbst Wochen nach dem Konsum noch messbar, obwohl die Wirkung der Droge in 2-4 Stunden abklingt. Angemessener wäre eine Festlegung eines THC-Grenzwerts der geeignet wäre, kürzlichen Konsum von Wochen zurückliegendem Konsum zu unterscheiden.

So schlug der Sachverständige Berghaus bei der Anhörung vor dem Bundestagsausschuss vor, 8 - 10 ng THC pro ml Plasma mit 0,8 Promille Alkohol gleichzusetzen, womit die "akute Beeinträchtigung unter Cannabis erfaßt werde und nicht der länger zurückliegende Konsum. Daß ein Cannabiskonsument in jedem Falle, d.h. unabhängig von der Höhe der Blutkonzentration ... fahrrelevante Leistungsminderungen zeigt, die in der Schwere denen von 0.80 Promille Alkohol entsprechen, läßt sich an Hand der veröffentlichten experimentellen Untersuchungen nicht nachvollziehen" (siehe QUENSEL).

Mit dem inzwischen geltenden generellen Verbot des Fahrens unter THC, egal ob die gemessene Dosis geeignet ist, die Fahrfähigkeit zu beeinträchtigen oder nicht, wurden diese Studien im wesentlichen ignoriert. Es gibt keinen Grenzwert für THC. Damit können Cannabiskonsumenten für einen vor Wochen gerauchten Joint mit einem Bussgeld von mehreren Hundert DM und 3 Monaten Führerscheinentzug bestraft werden, genau als wären sie besoffen am Steuer ertappt worden.

In Anbetracht der oben zitierten Ergebnisse ist nicht plausibel, warum hier bei Cannabis ein wesentlich strengerer Massstab angesetzt wird als bei Alkohol, wenn doch Alkohol im Straßenverkehr wesentlich riskanter ist als Cannabis.

Es erscheint daher, als ob nun das Verwaltungsrecht (Führerscheinentzug) als Ersatzstrafe herhalten muss nachdem das Bundesverfassungsgericht der Bestrafung von Cannabiskonsumenten verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt hat.

Stephan Quensel, ein Experte der auch vom Bundesverfassungsgericht 1994 zu Rate gezogen wurde, hat die Problematik von Cannabis im Straßenverkehr in einem sehr lesenswerten Artikel beschrieben:

http://www.bisdro.uni-bremen.de/quensel/Bundestag.htm

Weitere Informationen:

Cannabis und Führerschein - Informationen zur derzeitigen Rechtslage.

Verursacht Cannabiskonsum einen "Flashback" (Echorausch)?