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CannabisLegalNews (Nummer 141, 16.01.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. DNS-Tests für Kiffer?
1. DNS-Tests für Kiffer?
Die CDU/CSU hat einen Antrag in den Bundestag eingebracht ( Drucksache 15/2159 ), dass künftig auch bei sogenannter "Einstiegskriminalität", wie etwa dem Besitz weniger Gramm Cannabis zum Eigenverbrauch, ein "genetischer Fingerabdruck" genommen werden darf. Das berichtet Ulla Jelpke, die ehemalige drogenpolitische Sprecherin der PDS, in einem Artikel in der "Jungen Zeit". In dem von ihr erwähnten Antrag heißt es wörtlich:
(...)
Laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine solche Maßnahme nur in engen Grenzen zuläßig: «Notwendig ist, daß wegen der Art oder Ausführung der bereits abgeurteilten Straftat, der Persönlichkeit des Verurteilten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, daß gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind.»
Cannabisbesitz zum Eigenkonsum ist keine solche "Straftat von erheblicher Bedeutung", da hier das Bundesverfassungsgericht schon 1994 vorgeschrieben hat, daß beim Besitz geringer Mengen ohne Fremdgefährdung aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgebots des Grundgesetzes das Verfahren im Regelfall einzustellen ist. Fast eine Viertelmillion Ermittlungsverfahren werden pro Jahr aufgrund von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet. Rund 10 Millionen Einwohner Deutschlands haben laut offizieller Studien bereits Cannabis konsumiert, darunter 36% der 18 bis 24-Jährigen.
Im Dezember entschied das Verwaltungsgericht Regensburg, daß eine Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung bei einem 17-Jährigen, der zweimal wegen weniger Gramm Cannabis aufgefallen war, rechtswidrig sei.
Mit Erfolg setzte sich ein 17-jähriger Weidener gegen die erkennungsdienstliche Behandlung durch die Polizei mit einer Klage beim Verwaltunsgericht Regensburg zur Wehr. Die Maßnahme war wegen einiger Drogenvergehen des Jugendlichen per Bescheid angeordnet worden. Das Gericht gab dem Kläger recht: Der "Eingriff in die Persönlichkeitssphäre" stehe in keinem Verhältnis zum Bagatellcharakter der Drogendelikte. Der 17-Jährige hatte sich Ende 2002 mit der Post einige Gramm Marihuana und Haschisch aus Potsdam schicken lassen. Zudem war er an der österreichisch-schweizerischen Grenze mit vier Gramm Marihuana erwischt worden. In Vernehmungen hatte er zugegeben, zuweilen etwas "Gras" zu konsumieren. Beide Verfahren waren gegen geringe Geld- bzw. Arbeitsauflagen eingestellt worden. Dennoch blieb der Mann im Fadenkreuz der Drogenfahnder. Mit einem Bescheid ordnete die Weidener Kripo im Dezember 2002 seine erkennungsdienstliche Behandlung an, wogegen er Widerspruch einlegte.
(Anmerkung: DNA ist die englische Abkürzung für "deoxyribonucleic acid". Das deutsche Gegenstück ist Desoxyribonukleinsäure, DNS).
»Wunderwaffe« DNA-Analyse [Junge Welt, 10.01.2004]
Drucksache 15/2159 [CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, 09.12.2003]
Polizei unterliegt 17-Jährigem bei Rechtsstreit [Der Neue Tag, 22.12.2003]
2. Verbot und Einstellung des Konsums
Im September berichteten wir über einen Artikel im British Medical Journal, nach dem Cannabis "keinen negativen Einfluß auf die öffentliche Gesundheit" habe (siehe CLN#127 , 26.09.2003). Der Autor, Stephen Sidney von der amerikanischen Krankenkasse Kaiser Permanente, ließ darin jedoch die Möglichkeit offen, dass eine Entkriminalisierung oder Legalisierung von Cannabis das ändern könne, wenn nämlich bei Straffreiheit mehr Konsumenten den Konsum über Jahrzehnte fortsetzen würden als das derzeit tun.
In einem neuen Artikel analysieren wir eine US-Studie, auf die sich Sidney bezieht und vergleichen sie mit Daten aus den Niederlanden.
Fördert die Cannabisprohibition den Konsumausstieg?
BMJ: "Kein negativer Einfluß auf öffentliche Gesundheit" [CLN#127, 26.09.2003]
3. BMJ-Studie zu Filterzigaretten
Raucher, die Filterzigaretten mit "mittlerem", "niedrigem" und "sehr niedrigem" Teergehalt rauchen, gehen das selbe Lungenkrebsrisiko ein. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie, die in der aktuellen Ausgabe des British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht wurde.
Die Studie untersuchte 364.000 Männer und 576.000 Frauen ab 30 Jahren über einen Zeitraum von sechs Jahren. Darunter befanden sich Raucher, ehemalige Raucher und Nichtraucher. Die Wissenschaftler verglichen, welcher Prozentsatz von ihnen in dieser Zeit an Lungenkrebs erkrankte und welche Zigarettensorte sie in dieser Zeit rauchten.
Während das Krebsrisiko bei filterlosen Zigaretten mit hohem Teergehalt im Rauch (22 mg und mehr) um 44% höher lag als bei Filterzigaretten mit "mittlerem" Teergehalt, unterschied sich das Risiko der anderen drei Kategorien (bis zu 7 mg, 8-14mg, 15-21 mg) nicht signifikant.
Alle Gruppen von Rauchern hatten eine erheblich höhere Lungenkrebsrate als Nichtraucher oder ehemalige Raucher. Das Risiko war mehr als 10-mal so hoch als bei Nichtrauchern und bei ehemaligen Rauchern, die den Konsum bis zum 35. Lebensjahr einstellten.
Süchtige Raucher, die von einer Zigarette mit mehr Teer zu solchen mit wenig Teer wechseln können ihre Nikotinaufnahme beibehalten, indem sie Lufteinlasslöcher blockieren, das Zugvolumen oder die Zeit, in der sie den Rauch in der Lunge halten, vergrößern, und indem sie mehr Zigaretten rauchen. Als Ergebnis kann die Dosis von Giftstoffen für den Raucher viel größer sein als von den mit Maschinen gemessenen Werten vorausgesagt."
Die Tabakindustrie optimiert Zigaretten auf die standardisierten Testmaschinen. Speziell in die Filter eingebrannte Lufteinlasslöcher, die beim Rauchen mit den Fingern blockiert werden, aber einer Testmaschine verdünnten Rauch liefern, täuschen den Konsumenten ein niedrigeres Risiko vor. Andere Verarbeitungsmethoden des Tabaks führen zwar zu weniger Teer aber mehr tabakspezifischen Nitrosaminen (TSNA), die krebserregend sind.
Eine Reduzierung der Verwendung von filterlosen Zigaretten in Ländern, in denen sie einen signifikanten Marktanteil haben (z.B. Frankreich, Osteuropa) könnte Vorteile für die öffentliche Gesundheit bringen. Eine Umstieg auf "low-tar", "ultra low-tar", "light" Sorten dagegen (Bezeichnungen, die von der EU inzwischen verboten wurden), bringt keine Vorteile und verzögert vielleicht sogar die Konsumeinstellung.
Auch beim Rauchen von Cannabis gibt es eine Teerbelastung. Sie fällt wegen der geringeren Konsummengen und der in der Regel nach wenigen Jahren erfolgenden Konsumeinstellung (siehe "Verbot und Einstellung des Konsums" in dieser CLN-Ausgabe) weit geringer aus. Diese Teerbelastung kann durch Konsum geringerer Mengen wirkstoffreicherer Sorten und durch Verzicht auf Beikonsum von Tabak minimiert werden. Inhalation mit einem Vaporisierer vermeidet die Teerbelastung weitgehend (siehe CLN#138, 12.12.2003).
Cigarette tar yields in relation to mortality from lung cancer in the cancer prevention study II prospective cohort, 1982-8 [BMJ, 10.01.2004]
Grafik: Lungenkrebsrisko in Abhängigkeit vom Rauchverhalten
USA: Vaporisierer-Studie genehmigt [CLN#138, 12.12.2003]:
Tabak und Rauchen:
4. Kanada: 25.000 Pflanzen in Brauerei angebaut
Eine riesige Brauerei, die bis vor drei Jahren der kanadischen Braufirma Molson gehörte, wurde zum Anbau von Cannabis umfunktioniert. Es handelt sich um die größte illegale Cannabisplantage, die bisher in der Provinz Ontario entdeckt wurde.
Auf dem Gelände, das nur wenige Hundert Meter neben einer Autobahn lag, wuchsen Cannabispflanzen unter Speziallampen in riesigen Edelstahlfässern, in denen bisher Bier gebraut worden war. Jedes der 60 Fässer hat die Größe eines privaten Schwimmbeckens. Die Anbauer zapften illegal Strom ab, um nicht durch die Stromrechnung aufzufallen.
Die Anlage wurde 24 Stunden pro Tag von Arbeitern betreut, die in Schichten arbeiteten und in Schlafräumen in der Brauerei übernacheten. 11 Personen wurden von der Polizei verhaftet.
Die Regierung von Premierminister Paul Martin plant, den Besitz geringer Mengen Cannabis zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen und mit Bussgeldern zu bestrafen, aber gleichzeitig die Höchststrafen für Anbau auf 14 Jahre zu verdoppeln.
Pot Bust Biggest Ever [Toronto Star, 12.01.2004]
Fotos aus der Brauerei:
Cannabis in Kanada:
5. Afghanistan: "Drogenkrieg" unterliegt dem "Krieg gegen Terrorismus"
Mehr als zwei Jahre vergingen vom Sturz des Taliban-Regimes durch die von den USA unterstützten Truppen der afghanischen Nordallianz bis zur ersten Drogenrazzia durch amerikanische Truppen in Afghanistan. Dabei kommt aus Afghanistan doppelt soviel Opium bzw. Heroin als aus dem ganzen Rest der Welt zusammengenommen. Die USA, sonst so aktiv wenn es darum geht, andere Länder bei repressiven Maßnahmen zur Drogenbekämpfung zu unterstützen, überlassen die Ausbildung einer afghanischen Drogenpolizei ihren britischen Verbündeten. Die Briten versuchen seit zwei Jahren, den Anbau von Opium in Afghanistan zu reduzieren. Von den USA haben sie dabei bisher kaum Unterstützung erhalten.
Ein Grund für die Zurückhaltung der Amerikaner: Führer der Nordallianz, wie der usbekischstämmige General Abdul Rashid Dostum, in dessen Einflußgebiet nun auch Bundeswehrtruppen stationiert sind, gehören zu den größten Gewinnern des Drogenschwarzmarkts. Ohne diese "Warlords" wäre der schnelle Sturz der Taliban, die bis Herbst 2001 Osama bin Laden Unterschlupf gewährten, nicht möglich gewesen. Ohne die Nordallianz besteht die Möglichkeit, dass die Taliban erneut in Kabul die Macht ergreifen.
Der offiziell propagierte "Krieg gegen Drogen" hat bei diesen Erwägungen offenbar den Kürzeren gezogen. Anläßlich der verfassungsgebenden Loya Jirga in Kabul stattete der US-Verteidigungsminister Rumsfeld zwei Warlords im Norden einen Besuch ab und umarmte General Dostum und dessen Rivalen Ustad Attas Mohammed öffentlich.
Afghanistan: Briten bilden Anti-Drogen-Polizei aus [Der Standard (AT), 10.01.2004]
Erster Einsatz gegen Drogenhandel [NZZ (CH), 08.01.2004]
Drug War Yields to Terror War as Rumsfeld Glad-Hands Drug Dealing Warlords [Drug War Chronicle (US), 19.12.2003]
Drogenprohibition und internationaler Terrorismus:
6. Dänemark: Stände in "Pusherstraße" niedergebrannt
Seit in Dänemark im Jahre 2001 zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten eine konservative Partei die Regierung übernahm, steht die Zukunft eines sozialen Experiments in Frage. Im Jahre 1971 wurde ein 34 ha großes ehemaliges Kasernengelände in Kopenhagen besetzt. Der "Freistaat Christiania" wird seitdem von seinen Bewohnern autonom verwaltet. Mehrere Versuche, die Bewohner zu vertreiben, scheiterten. Vor einigen Jahren schloss der Staat einen Mietvertrag mit ihnen ab.
Die neue Regierung hat Sanierungspläne für das Gelände, aber die jetzigen Bewohner befürchten, dass es eine Luxussanierung wird, so dass für Menschen mit schmalem Geldbeutel nach der Renovierung dort künftig kein Platz mehr sein.
Ein Dorn im Auge der Regierung ist die sogenannte "Pusherstraße" (pusher street), wo seit drei Jahrzehnten öffentlich Cannabis verkauft wird. Im letzten Jahr hatte die Polizei den Cannabisumsatz in Christiania angekurbelt, indem sie mehrere Kellerclubs in anderen Teilen Kopenhagens geschlossen hatte, wo ebenfalls Cannabis verkauft worden war. Um der Regierung einen Vorwand für das Einschreiten gegen die Christianiter zu nehmen, zerstörten nun die Cannabishändler am Sonntag, 04.01.2004 ihre Verkaufsbuden entlang der "Pusherstraße". Verkäufe finden weiterhin statt, aber nur so wie in anderen Teilen der Hauptstadt und in anderen Orten in Dänemark, d.h. nicht so offensichtlich wie früher.
Battle of Christiania Flares as Hash-Seller Burn Own Stands [Drug War Chronicle #319, 09.01.2004]
Christiania - Homepage (mehrsprachig)
Website der "Hampepartiet" (Hanfpartei, auf dänisch)
Cannabis in Dänemark:
7. USA: Polizei vor Gericht
Neun Polizeibeamte, darunter ein Bundesdrogenpolizist, haben im US-Bundesstaat Colorado eine gerichtliche Vorladung erhalten, weil sie eine richterliche Anordnung missachtet hatten. Die Beamten hatten im Oktober die Wohnung des 57-Jährigen Krebspatienten Don Nord durchsucht und ihm zwei Unzen (ca. 56g) Cannabis weggenommen, obwohl Nord eine Lizenz von der Cannabisregistratur des Bundesstaates besass, die ihm erlaubte, geringe Mengen Cannabis zu medizinischen Zwecken zu besitzen und anzubauen. Ein Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, nachdem angeblich die ursprüngliche Anzeige verloren ging. Der Richter ordnete am 08.12.2003 die Rückgabe der zwei Unzen Cannabis, von Pfeifen und einer beschlagnahmten Anbauanlage an und setzte eine Frist von 21 Tagen, der Anordnung Folge zu leisten. Die Bundespolizei weigerte sich, weil ohne eine Lizenz der Bundesdrogenpolizei der Besitz nach Bundesrecht strafbar sei. Das Cannabis sei zu einer Untersuchung an ein Labor geschickt worden, so die Drogenpolizei. Am 02.02.2004 we
9 Officers Cited for Contempt in Pot Case [Rocky Mountain News, 08.01.2003]
Fines, Jail Possible For Officers [Craig Daily Press, 09.01.2003]
Cannabis in den USA:
8. USA: Krankheit reformiert Abgeordneten
Gregg Underheim, ein republikanischer Abgeordneter im Abgeordnetenhaus des US-Bundesstaats Wisconsin und Mitglied des Gesundheitsausschusses des Parlaments, unterstützt die medizinische Verwendung von Cannabis, seit er selbst an Krebs erkrankte. Der konservative Politiker bricht damit mit der Linie seiner Partei, die auch für Patienten keine Ausnahme vom Totalverbot für Cannabis machen will. Er hat einen Gesetzentwurf in das Abgeordnetenhaus eingebracht.
Im Juni 2003 wurde Underheims Prostata wegen Krebs entfernt. Glücklicherweise hatte sich der Tumor noch nicht auf andere Organe verbreitet. In dieser Zeit lernte er andere Patienten kennen, die sich einer Chemotherapie unterziehen mussten. Cannabis hilft gegen die dabei auftretende Übelkeit und regt den Appetit an.
Cancer Changes Lawmaker's Mind on Drug [Milwaukee Journal Sentinel (US), 02.01.2004]
Cannabis als Medizin:
9. Schill: Kein Ende der Kokain-Gerüchte
Wie das Hamburger Abendblatt am 12.01.2004 berichtete, kursieren Gerüchte im Umfeld des Hamburger Ex-Innensenators Ronald Schill, die von ihm bestellte Haaranalyse im Februar 2002 schliesse die Möglichkeit gelegentlichen Kokainkonsums nicht aus. Weder Schill selbst noch die Hamburger Geschäftsstelle der von ihm gegründeten Partei, die die Kosten der Analyse übernommen hatte, will noch im Besitz eines Exemplars des Gutachten sein.
Schill betont, dass es an der Haar-Analyse nichts zu deuteln gebe. Damals war betont worden, dass auch ein gelegentlicher Kokainkonsum auszuschließen sei. Schill: "Das Gutachten wurde ja an Journalisten verteilt."
Schill: Neue Fragen zur Haar- Analyse [Abendblatt, 12.01.2004]
Schill-Haartest findet keine Drogenspuren [CLN#50, 22.02.2002]
10. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.01.2004 Berlin: Diskussionsveranstaltung im Abgeordentenhaus
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