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CannabisLegalNews (Nummer 136, 28.11.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Berlin: Innenausschuss für 15g-Grenze
1. Berlin: Innenausschuss für 15g-Grenze
Vier der fünf Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus haben sich im Innenausschuss für die Anhebung der "geringen Menge", bei der Verfahren eingestellt werden, ausgesprochen. Die CDU war als einzige Partei dagegen. Die Landesregierung plant, einen Erlass herauszugeben, nachdem Fälle mit bis zu 15g nicht mehr vor Gericht landen.
Derzeit werden Verfahren, wo es um Besitz zum Eigenkonsum geht, bis 6g regelmässig eingestellt. Bis 15g ist bereits jetzt eine Verfahrenseinstellung möglich, aber nicht vorgeschrieben. Die geplante Änderung ist also eher gering. Nicht zutreffend ist denn auch die Überschrift der Berliner Zeitung vom 25.11., "Bei 15 Gramm Hasch schaut die Polizei bald weg". Tatsächlich ist die Polizei auch künftig verpflichtet, bei jeder noch so geringen Menge Cannabis einzugreifen, es zu beschlagnahmen und bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft wird also mit der 15g-Regelung wesentlich entlastet.
Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) kündigte an, der Senat plane keinen Modellversuch zur kontrollierten Cannabisabgabe, wie von den Grünen und der FDP gefordert worden war. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bestätigte diese Aussage. Würde ein Modellversuch stattfinden, dann wäre der Besitz von geringen Mengen, die mit staatlicher Erlaubnis erworben wurden, straffrei und weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft müsste einschreiten.
Der Georg Wurth vom Deutschen Hanf Verband (DHV) kommentierte die Meldungen in einer Pressemitteilung:
"Die Vorschläge des Berliner Senats sind Blendwerk und haben keinerlei praktische Auswirkungen. Die Berliner werden dieses Täuschungsmanöver durchschauen. Ich fordere die Abgeordneten auf, sowohl am Modellprojekt zur Cannabisabgabe festzuhalten als auch über eine stärkere Anhebung der "geringen Menge" nachzudenken. Nur so können wirkliche Fortschritte in der Drogenpolitik erreicht werden. Berlin braucht echte und spürbare Reformen für Cannabis, nicht Peanuts!"
Innenausschuss für liberale Drogenpolitik [Berliner Morgenpost, 25.11.2003]
Bei 15 Gramm Hasch schaut die Polizei bald weg [Berliner Zeitung, 25.11.2003]
Pressemitteilung: Berliner Senat blendet mit Peanuts [DHV, 26.11.2003]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
2. Berlin: Patient darf straffrei Cannabispflanzen anbauen
Michael Grosse, der seit über 20 Jahren an Morbus Crohn leidet, stand am Donnerstag, 27.11.2003 zum dritten Mal vor einem Berliner Richter, weil er Cannabis als Medizin verwendet hat. Herkömmliche Medikamente helfen ihm nicht.
Vor mehr als drei Jahren beschlagnahmte die Polizei in seiner Wohnung 59 Cannabispflanzen. Die Cannabismenge von 250g enthielt 21,658g des Hauptwirkstoffs THC, die Grenze zur "nicht geringen" Menge (7,5g THC) wurde damit um etwa das dreifache überschritten. Normalerweise schreibt das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) für den Anbau einer "nicht geringen" Menge eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor. Eine von Grosses Anwalt beantragte Vorlage zum Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung, ob die Strafbarkeit des medizinischen Gebrauchs von Cannabis mit dem Grundgesetz vereinbar ist, lehnte das Amtsgericht Berlin ab. Es verurteilte Grosse zunächst wegen Cannabisanbau zu 5 Monaten auf Bewährung. Seine Revision gegen das Urteil hatte beim Kammergericht Erfolg (siehe CLN#87, 29.11.2002).
Nun mußte das Amtsgericht erneut beraten. Die Staatsanwaltschaft beantragte drei Monate auf Bewährung, also weniger als das Minimum. Das Gericht entschied auf eine Geldstrafe von 4050 Euro (90 Tagessätze zu 45 Euro) auf Bewährung. Der medizinische Notstand rechtfertige in diesem Fall den Anbau von Cannabis. Die damals gefundene Menge überstieg jedoch Michael Grosses Jahresbedarf erheblich. Solange er künftig nicht mehr als seinen Jahresverbrauch besitzt, muss er die Geldstrafe von 4050 Euro nicht bezahlen und darf weiter in seiner Wohnung straffrei Cannabis anbauen, um seine Beschwerden damit zu lindern.
Im Mai diesen Jahres sprach das Amtsgericht Mannheim einen an Multiple Sklerose leidenden Patienten frei, der 14 Cannabispflanzen angebaut hatte (siehe CLN#121, 01.08.2003).
Cannabis als Medizin zugelassen [Tagesspiegel, 28.11.2003]
Richter erlauben Anbau von Cannabis [Berliner Zeitung, 28.11.2003]
In Marihuana-Blüten gebadet [Tagesspiegel, 27.11.2003]
Urteil gegen Patienten aufgehoben [CLN#87, 29.11.2002]
Cannabis als Medizin: Fünf Monate auf Bewährung [CLN#62, 17.05.2002]
Cannabis als Medizin
3. Kaupa (CSU): "Werbeveranstaltung für ein gefährliches Produkt"
Nicht etwa vom Starkbieranstich auf dem Nockherberg im kommenden Frühjahr war die Rede, als die niederbayerische CSU-Bundesabgeordnete Gerlinde Kaupa vor einer "Werbeveranstaltung für ein gefährliches Produkt" warnte (die sogenannte Starkbierzeit gilt in Bayern als die "fünfte Jahreszeit"; primär um Alkoholprobleme geht es bei zwei Drittel aller Suchtberatungsfälle). Nein, es ging der Politikerin um die Hanftage in Passau im kommenden Februar (12.-14.02.2004), mit der die Hanf-Initiative (HaI), die örtlichen Grünen und andere lokale Aktivisten über Cannabis und die Folgen seines Verbotes informieren wollen. Unter anderem ist eine Filmvorführung und eine Podiumsdiskussion geplant, die sicher auch zur Aufklärung der dienstlich anwesenden Drogenfahnder beitragen werden.
Die "Passauer Neue Presse" erwähnte am 26.11.2003 in einem Artikel einen Bericht in der Online-Zeitung "Dope am Sonntag", der von uns stammt. "Noch kursieren nur ungenaue Ankündigungen im Internet, doch allein die Aussicht auf 'Passauer Hanftage' im kommenden Februar lassen bei der Drogenbeauftragten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB Gerlinde Kaupa aus Pocking, die Alarmglocken schrillen," schreibt die Regionalzeitung, die sich offensichtlich auch im Internet über Drogenpolitik informiert.
Legal oder illegal, Cannabis ist auch in Bayern ein Wirtschaftsfaktor. Rechnet man die Zahlen des Deutschen Hanfverbands zu den wirtschaftlichen Folgen der Aufhebung des Cannabisverbots entsprechend der Einwohnerzahlen auf Bayern um, kommt man auf mindestens 2026 neue Arbeitsplätze und Einsparungen bzw. Mehreinnahmen von 148 Millionen Euro für den Freistaat. Bayern ist trotz (oder gerade wegen?) seiner repressiven Politik keineswegs Schlusslicht beim Cannabiskonsum, zumindest bei Jugendlichen. Laut einer im vorigen Herbst veröffentlichten Studie war die Landeshauptstadt München im bundesweiten Vergleich mit anderen Großstädten sowohl beim Konsum von Cannabis als auch Alkohol unter Jugendlichen führend.
Veranstaltungskalender: Hanftage in Passau
Hanftage in Passau [CLN#135, 21.11.2003]
Gerlinde Kaupa, MdB (CSU)
Cannabispolitik in den Ländern: Bayern
4. Niederlande: Höhere Höchststrafen, Coffeeshops bleiben
Die Niederlande haben im Streit der EU-Justizminister um die Anhebung der Höchststrafen bei Drogendelikten nachgegeben. Zur Schliessung der Coffeeshops in den Niederlanden wird das aber nicht führen. Vor allem Frankreich und Schweden, aber auch Deutschland drängten darauf, dass in keinem Land der EU die Höchststrafe für den Handel mit geringen Mengen von Drogen weniger als ein bis drei Jahre Haft betragen dürfe.
Bisher beträgt die Höchststrafe für den Verkauf von bis zu 30g Cannabis in den Niederlanden 1 Monat Haft. Die Polizei greift jedoch generell nicht ein, solange bestimmte Bedingungen eingehalten werden (z.B. kein Verkauf an Minderjährige, kein Verkauf anderer Drogen). Künftig wird die Höchststrafe dann eben 12 Monate betragen, ohne dass die Polizei eingreift. Für die bereits jetzt verfolgten Lieferanten der Coffeeshops wird es riskanter. Bei Handel mit grösseren Mengen Cannabis wird die Höchststrafe von bisher 4 auf 5 Jahre ansteigen.
Justizminister Donner hat angedeutet, künftig nur noch den Verkauf an Einheimische zuzulassen. In der Praxis dürfte diese Beschränkung kaum durchsetzbar sein. Passkontrollen in lizenzierten Coffeeshops würden wahrscheinlich zu einer Zunahme des unkontrollierten Strassenhandels und entsprechender Belästigungen von Anwohnern führen. Daran werden die jeweiligen Gemeinden, in deren Zuständigkeit die konkrete Umsetzung der niederlädischen Coffeeshoprichtlinien fällt, kaum ein Interesse haben.
Deutschland ist von der EU-Vereinbarung nicht direkt betroffen. Die möglichen Strafen liegen hier in allen Kategorien höher als von der EU gefordert. Bei einfachem Handel drohen bis zu fünf Jahren statt der geforderten ein bis drei Jahre, bei bandenmässigem Handel gar bis zu 15 Jahre statt der geforderten 10 Jahre.
Drogenhändlern drohen künftig gleiche Strafen [Mitteldeutsche Zeitung, 27.11.2003]
EU-Justizminister beschließen Mindeststandards für Strafen zur Bekämpfung des Drogenhandels [BMJ PM Nr. 95 / 03, 27.11.2003]
EU vereinbart strengere Drogen-Gesetze - Coffee Shops bleiben [yahoo News, 27.11.2003]
QA Drogen: Fragen und Antworten zur niederländischen Drogenpolitik [NL-Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, 2000]
Cannabis in den Niederlanden
5. Berlin: Interview mit Elfriede Koller
In einem Interview mit der Berliner Morgenpost erklärte die Berliner Drogenbeauftragte Elfriede Koller erneut ihre Ablehnung des vorgeschlagenen Modellversuchs zur Cannabisabgabe. Internationale Suchtstoffabkommen schrieben ein Verbot der Abgabe vor. Ausserdem müssten Minderjährige von einem Modellversuch ausgeschlossen werden, diese seien jedoch ein "Großteil" der Konsumenten. Etwa 20.000 Berliner rauchten regelmäßig Cannabis. Der Anteil der Konsumenten unter Jugendlichen habe sich seit 1993 fast verdreifacht. Erforderlich sei besonders Aufklärung, in Drogenberatungsstellen wie dem Therapieladen Potsdamer Straße, aber auch Broschüren für Eltern und Jugendliche. Cannabis sei keine Einstiegsdroge, sei aber trotzdem gefährlich:
Es heißt, weiche Drogen machen nicht abhängig und sind ungefährlich. Stimmt das? Einige Anmerkungen zu den Äußerungen der Politikerin:
"Haschisch - keine harmlose Droge" [Berliner Morgenpost, 25.11.2003]
6. Hans-Christian Ströbele und Hera Lind bei Gabi Bauer
Am Mittwoch debattierten die Bestsellerautorin Hera Lind und der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele bei Gabi Bauer (ARD) über Cannabis. Der Videoclip steht online.
Sendung vom Mittwoch, 19.11.2003 [daserste.de]
7. Brandenburg: JuKuFa-Verfahren eingestellt
Im März berichteten wir über eine Razzia und ein Ermittlungserfahren in Brandenburg (siehe CLN#101 und #103). Die Staatsanwaltschaft warf den Vorstand des Jugendkulturfabrik Brandenburg e.V. (JuKuFa) einen Aufruf zum Konsum von Betäubungsmitteln gemäß § 29 (1) Nr. 12 des Betäubungsmittelgesetzes vor, nachdem die JuKuFa Aufklärungsbroschüren zu Ecstasy und Pilzen verteilt hatte. Nun hat das Amtsgericht Brandenburg die Aufnahme eines Verfahrens gegen Jukufa-Chef Andreas Walz abgelehnt. Bei den Informationen zum Konsum handele es sich um Sicherheitsregeln im Sinne einer kritischen Auseinandersetzung. Ein Vorsatz, die Adressaten zum Konsum zu animieren, sei nicht erkennbar.
Amtsgericht weist Anklage gegen Jukufa-Chef ab [Märkische Allgemeine, 25.11.2003]
Brandenburg: Polizei durchsucht Jugendkulturfabrik [CLN#103, 28.03.2003]
Brandenburg: Streit um Drogenbroschüren [CLN#101, 14.03.2003]
Drogenpolitik in den Ländern: Brandenburg
8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
12.-14.12.2003 Mannheim: ['solid]-Konferenz "Hanf für Europa"
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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