| |
CannabisLegalNews (Nummer 153, 16.04.2004)
Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de
"Steter Tropfen höhlt den Stein"
Kontakt: info@cannabislegal.de
Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com
Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com
INHALT
1. "Tagesthemen" warnen vor "Gentechnik-Cannabis"
2. Frankreich führt beim Cannabiskonsum Jugendlicher
3. Offener Brief an Kaupa, Beckstein (CSU)
4. Niederlande: Kabinett für Verbot von starkem Cannabis
5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik
1. "Tagesthemen" warnen vor "Gentechnik-Cannabis"
http://www.cannabislegal.de/cln/cln153.htm#1
In einem sehr unsachlichen Bericht haben sich die ARD-"Tagesthemen" am 12.04. mit Cannabis beschäftigt. Im Vorspann hiess es:
"Haschisch gilt immer noch als harmlos. Wer auf die Gefahren des Konsums hinweist, gilt als Spießer und Spielverderber. Das aber ist Teil des Problems. Die Wirkung von Cannabis wird unterschätzt."
Tatsächlich werden die Risiken von der Mehrheit eher überschätzt, insbesondere im Vergleich zu von der Mehrheit selbst konsumierten legalen Drogen. So glauben laut einer EMNID-Umfrage von August 2002 rund 70% der Deutschen, dass Cannabis für einen "hohen Prozentsatz" der Konsumenten zu Heroin führe und etwa die Hälfte der Bevölkerung hält es für gesundheitsschädlicher als Alkohol, auf dessen Konto 40.000 Tote pro Jahr gehen.
Wenn andererseits einige Konsumenten ins andere Extrem verfallen, und Cannabis tatsächlich für völlig harmlos halten, dann ist das wohl auch dem Glaubwürdigkeitsverlust bei staatlichen Warnungen aufgrund der jahrzehntelangen Verteufelung dieser Droge zuzuschreiben.
"Für mehr als fünf Millionen in Deutschland gehört diese Droge inzwischen zum Alltag. Vielfach wird die totale Freigabe des ehemals so friedlichen 68er-Krauts gefordert, aber die Kiffer werden in den letzten Jahren immer jünger und für die Kids ist die angeblich so weiche Droge eine große Gefahr, warnen Experten."
Der Hinweis auf die 68er Jahre in der Reportage verknüpft die Cannabisdebatte mit einem alten politischen und kulturellen Konflikt. Die Angst vor Cannabis war auch eine Angst vor der unabhängigen Jugendkultur, vor sich ändernden Wertvorstellungen. Bei der Cannabisdebatte geht es nicht nur um Gesundheit, sondern auch um Verständigungsprobleme und Misstrauen zwischen den Generationen.
Als einziger Experte kam in der Sendung Dr. Thomasius aus Hamburg zu Wort. Er habe in seiner Drogenambulanz mit 22-Jährigen Konsumenten zu tun, die seit 7 Jahren konsumierten und auf dem Entwicklungsstand eines 15-Jährigen stehengeblieben seien. Einer davon wurde interviewt. Es wurde nicht darauf eingegangen, welche anderen Faktoren zu ihren Entwicklungsproblem beigetragen haben könnten. Thomasius hatte ähnliche Ausagen bereits im November 2002 in einer Sendung von Report Mainz zu Cannabis gemacht (siehe CLN#86, 22.11.2002).
Wenn der Bericht etwas zeigte, dann vor allem, dass der verbotsbedingte Schwarzmarkt ohne Alterskontrollen offensichtlich nicht geeignet ist, psychisch labile 15-Jährige vom jahrelangen Cannabis-Dauerkonsum und damit für sie einhergehenden Problemen abzuhalten. Eine Politik, die sich weigert, zwischen maßvollem Gebrauch und riskantem Missbrauch zu unterscheiden und dabei auch keine Altersgrenzen akzeptiert, fordert ungewollt zum Missbrauch auf. Es ist immer wieder erstaunlich, wie manche Menschen ausgerechnet mit problematischen Erscheinungen, die unter der derzeitigen Gesetzeslage auftreten, ein Festhalten an eben dieser Gesetzeslage begründen wollen.
Dann ging es um ein Thema, dass in letzter Zeit mehrfach Schlagzeilen gemacht hatte:
"Vor allem aber hat die Gentechnik bei Hanfanbau Einzug gehalten. Genetisch manipulierte Pflanzen stecken inzwischen voller THC, dem Stoff, der für den Rausch sorgt: 30 Prozent Wirkstoff, sechsmal soviel wie früher üblich, inzwischen aber gang und gäbe, wenn man Haschisch beim Dealer um die Ecke kauft."
Dabei gibt es für diese These, handelsübliches Cannabis stamme aus genmanipuliertem Saatgut, keinerlei Beweise. Genauso dubios sind die Wirkstoffangaben des Berichts. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen vom Bundeskriminalamt (BKA) übertraf der Wirkstoffgehalt von Cannabisharz (Haschisch) in Deutschland nur in 14 Prozent der untersuchten Proben einen Wert von 14 Prozent THC, in 86 Prozent der Fälle lag er also bei weniger als der Hälfte des im Bericht genannten Wertes. 46 Prozent der Analysen, also rund die Hälfte, ergaben einen Wirkstoffgehalt zwischen 6 und 9 Prozent THC, mit 7 bis 8 Prozent (ein Viertel der im Bericht genannten Stärke) als häufigstem Wert. In 92 Prozent aller untersuchten Cannabiskrautproben (Marihuana) wurde ein Wirkstoffgehalt von 14 Prozent THC nicht überschritten. Sieht man von jenem Viertel der Proben ab, in dem der Wirkstoffgehalt sogar nur höchstens 2 Prozent erreichte, dann lag der am häufigsten ermittelte Wirkstoffgehalt bei Marihuana laut BKA bei 5 bis 6 Prozent, also genauso hoch wie laut Tagesthemen "früher üblich".
Der Deutsche Hanfverband hat zu Medienberichten über "Gen-Marihuana" kürzlich wie folgt Stellung bezogen:
"Gentechnik" im Sinne von Züchtung (dadurch genetische Lenkung) ist wie bei allen angebauten Pflanzen auch bei Hanf üblich.
Technische genetische Veränderungen durch das Manipulieren der Gensequenzen gibt es aber sicherlich nicht. Das wäre viel zu teuer und ist auch nicht notwendig, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten.
Auch das sog. "Klonen" von Pflanzen ist nichts anderes als die Produktion von Stecklingen von einer Mutterpflanze (also gleiches Genmaterial). Von Gen"technik" im engeren Sinne kann also nicht die Rede sein.
Zoll und Medien gehen hier grob fahrlässig mit dem Schlagwort "Gentechnik" um, nur um möglichst sensationelle Nachrichten zu erzeugen. Was soll da noch die ganze Debatte um die Deklaration von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, wenn jetzt schon Marijuana mit Gentechnik gewonnen wird, mag sich so mancher fragen...
Es mag sein, dass insbesondere in Marijuana-Sorten der Wirkstoffgehalt steigt (insbesondere in Haschisch gab es schon früher hohe THC-Konzentrationen). Ein hoher Wirkstoffgehalt ist an sich erstmal kein großes Problem, außer wenn der Konsument nicht damit rechnet und sich unbeabsichtigt überdosiert. Das ist im Übrigen vor allem ein Problem der Kriminalisierung, in einem legalen Markt wäre die Ware entsprechend deklariert. Für die Lunge ist eine hohe Wirkstoffkonzentration sogar gut, es muss weniger Rauch eingeatmet werden, um den gleichen Effekt zu erzielen. Umgekehrt kann man sich auch mit schwächerem Cannabis sehr stark berauschen, man muss nur mehr davon konsumieren. Insofern ist auch der hohe Wirkstoffgehalt ein Schreckgespenst, mit dem in den letzten Monaten die Öffentlichkeit verunsichert wird.
(DHV, 23.03.2004)
Superpotentes Gentech-Marijuana? [DHV, 23.03.2004]
http://www.hanfverband.de/aktuell/content.html#43
Schädlichkeit von Cannabis wird unterschätzt [tagesschau.de, 12.04.2004]
http://tagesschau.de/sendungen/0,1196,OID3191094_OIT3191100,00.html
Substanzprobleme bei Jugendlichen [CLN#98, 21.02.2003]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln098.htm#2
Report Mainz warnt vor Legalisierung [CLN#86, 22.11.2002]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln086.htm#2
Drogenambulanz für Jugendliche, junge Erwachsene und deren Familien [www.uke.uni-hamburg.de]
http://www.uke.uni-hamburg.de/kliniken/psychiatrie/kernklinik/drogenambulanz/
Email-Adresse der Tagesthemen-Redaktion
redaktion@tagesschau.de
Wirkstoffgehalt von Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/cannabisinfo/wirkstoffgehalt.htm
2. Frankreich führt beim Cannabiskonsum Jugendlicher
http://www.cannabislegal.de/cln/cln153.htm#2
Wenn das Cannabisverbot eine konsumminimierende Wirkung hätte, müsste man davon etwas in Frankreich merken, das mit die strengsten Drogengesetze in Europa hat.
Nicht nur der Besitz sondern auch der Konsum von Cannabis ist dort ausdrücklich unter Strafe gestellt (in Deutschland fällt Selbstschädigung grundsätzlich nicht unter das Strafrecht). Die Abbildung eines Hanfblattes kann zu Geldstrafen von mehreren Tausend Euro führen. Präsident Chirac gilt als erbitterter Gegner jeder Liberalisierung. Er hat in der Vergangenheit Druck auf die Niederlande ausgeübt, um diese zu einer Verschärfung ihrer Drogengesetze zu bewegen.
Eine aktuelle Studie der Europäischen Schul-Überwachungsstelle für Alkohol und andere Drogen (ESPAD) zeigt nun, wie kontraproduktiv die französische Drogenpolitik ist. Mehr als jeder Fünfte (21%) der 16- und 17-jährigen Jungen und jedes neunte Mädchen (11%) rauchte mehr als 10 Joints pro Jahr. Die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer haben bis zur Volljährigkeit bereits Cannabis probiert. Damit belegt Frankreich den Spitzenplatz in Europa. Aber auch der Konsum von Alkohol und Zigaretten sind sehr verbreitet:
Regelmässige Haschisch-Raucher - mit mindestens zehn Joints pro Monat - sind demnach mehr als ein Fünftel der 18-jährigen Schüler und sieben Prozent der gleichaltrigen Schülerinnen. Mit 18 Jahren haben 52 Prozent der Französinnen bereits mindestens einmal Haschisch konsumiert, der Anteil bei den jungen Männern liegt bei 66 Prozent. "Diese hohen Werte sorgen dafür, dass Frankreich in Europa an der Spitze steht", sagte der Chef der staatlichen Anti-Drogen-Kommission, Didier Jayle, der Tageszeitung "Libération". Mit 18 Jahren sind 51 Prozent der Jungen und 47 Prozent der Mädchen in Frankreich schon mindestens einmal betrunken gewesen. 22 Prozent der Jungen und sieben Prozent der Mädchen berichten von regelmässigem Alkohol-Konsum (mindestens zehn Mal monatlich). Einen Rückgang verzeichnet die Studie beim Rauchen: Im Untersuchungsjahr 2003 lag der Anteil der 16-jährigen Jungen, die täglich rauchten, bei 25 Prozent, 1999 waren es noch 31 Prozent gewesen. Bei den Mädchen ging der Anteil der täglich Rauchenden in diesem Zeitraum von 35 auf 28 Prozent zurück. Die Studie beruht auf Selbstauskünften von 16.000 Schülerinnen und Schülern.
Frankreichs Schüler mit höchstem Cannabis-Konsum [Basler Zeitung (CH), 14.04.2004]
http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=9D7672B5-D575-4896-906A935BA1CA202F
Cannabis in Frankreich:
http://www.cannabislegal.de/international/fr.htm
3. Offener Brief an Kaupa, Beckstein (CSU)
http://www.cannabislegal.de/cln/cln153.htm#3
Weil vor einer Woche der bayerische Innenminister Beckstein Cannabis als die "Droge Nummer eins" im Freistaat bezeichnet hatte, haben wir an seine Parteikollegin, die niederbayerische Bundestagsabgeordnete Gerlinde Kaupa geschrieben, ihres Zeichens drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Auf ihrer Website erkennt Frau Kaupa an, dass z.B. auch Tabak eine Droge ist. Davon wird in Bayern an einem Tag mehr geraucht als an Cannabis in einem ganzen Jahr.
Eine Kopie des Schreibens ging an die Poststelle des bayerischen Innenministeriums für Minister Beckstein. Sobald wir eine Antwort erhalten, werden wir hier berichten.
Offener Brief an Gerlinde Kaupa [13.04.2004]
http://www.cannabislegal.de/aktionen/obriefe/brief-kaupa.htm#brief1
Was ist die "Droge Nummer eins" in Bayern? [CLN#152, 09.04.2004]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln152.htm#4
Gerlinde Kaupa, MdB (CSU)
http://www.cannabislegal.de/politik/csu-kaupa.htm
Günther Beckstein, MdL (CSU)
http://www.cannabislegal.de/politik/csu-beckstein.htm
Drogenpolitik in den Ländern: Bayern
http://www.cannabislegal.de/politik/laender.htm#by
Cannabis und die CDU/CSU
http://www.cannabislegal.de/politik/cducsu.htm
4. Niederlande: Kabinett für Verbot von starkem Cannabis
http://www.cannabislegal.de/cln/cln153.htm#4
Der Ministerrat von Ministerpräsident Balkenende hat beschlossen, in niederländischen Coffeeshops den Verkauf von besonders wirkstoffreichem Cannabis aus inländischem Anbau nicht mehr zu dulden. Ausserdem soll die Höchststrafe für Cannabisanbau von vier auf fünf Jahre angehoben werden. Illegal importiertes Cannabis darf weiterhin verkauft werden. Demnächst soll sich das Parlament mit dem Vorschlag befassen.
Kabinett einig mit Verbot von Verkauf von starkem niederländischem Marihuana [de Volkskrant (NL), 09.04.2004]
http://www.legalizewiesbaden.de/press/vk20040409.htm
Niederlande: Kein "Nederwiet" mehr in Coffeeshops? [CLN#152, 09.04.2004]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln152.htm#1
Cannabis in den Niederlanden
http://www.cannabislegal.de/international/nl.htm
5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
01./08.05.2004 Weltweit: MMM 2004
19.06.2004 Hamburg: Hanfmove
26.06.2004 Essen: Pottdemo
26.06.2004 Weltweit: Anti-Drogen-Tag der UN
14.08.2004 Berlin: Hanfparade
10.-12.09.2004 Berlin: InterHanf 2004 (Messe)
24.-26.09.2004 Köln: CannaBusiness
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns!
http://www.cannabislegal.de/kontakt.htm
Mit freundlichen Grüßen
Joe Wein
http://www.cannabislegal.de
Kontakt: info@cannabislegal.de
Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com
Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com
|