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CannabisLegalNews (Nummer 118, 11.07.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Summerjam: Jeder 50. Besucher wurde angezeigt
1. Summerjam: Jeder 50. Besucher wurde angezeigt
Beim größten Reggaekonzert Europas, dem "Summerjam" am Fühlinger See bei Köln, vervierfachte sich die Zahl der Anzeigen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zum Vorjahr. Aufgrund massiver Kontrollen ergingen diesmal 490 Anzeigen, bei 25.000 Besuchern. Im Vorjahr waren es 117 Anzeigen. Die Polizei hatte das Festival von vornherein verbieten wollen, der Oberbürgermeister genehmigte es jedoch trotzdem. Unter den diesmal Angezeigten waren nur 13 Personen denen Handel vorgeworfen wird. Das heißt, es traf fast ausschließlich einfache Konsumenten. Rechnet man die beschlagnahmte Menge von 2 kg Cannabiskraut und 360 g Cannabisharz auf die Personenzahl um, kommt man auf einen stolzen Schnitt von weniger als 5 Gramm Cannabis pro Anzeige.
Bundesweit ergingen im vergangenen Jahr 139.082 Anzeigen wegen des Cannabisverbots, mehr als in jedem Jahr zuvor. Dass sich die deutsche Justiz dieses zusätzliche Arbeitspensum kaum noch leisten kann, verdeutlicht ein Bericht von Spiegel TV, der am 06.07. im RTL lief. Während der Staat unter anderem 490 Menschen verfolgt, weil sie beim friedlichen Musikhören die nach Meinung des Gesetzgebers verkehrte Sorte Rauch inhalieren wollten, läßt er gleichzeitig mutmaßliche Vergewaltiger, Mörder, Bankräuber und anderer schwerer Kriminalität Verdächtigte laufen, weil die Justiz zu überlastet ist.
Schafft es ein vielbeschäftiger Staatsanwalt oder Richter nicht, binnen 6 Monaten einen Strafprozess gegen einen in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen zu eröffnen, dann muss dieser freigelassen werden - wie drei geständige mutmaßliche Mörder in Ahlen im Februar 2001, ein mutmaßlicher Vergewaltiger in München im März diesen Jahres und im Juni ein mutmaßlicher Totschläger in Berlin. Wen soll das Cannabisverbot eigentlich schützen?
Freundliche Töne für den "Summerjam" [Kölner Stadt-Anzeiger, 08.07.2003]
Spiegel TV - Überlastete Gerichte [kiffer.tv, von RTL, 06.07.2003]
Kölner OB genehmigt Reggaefest [CLN#95, 31.01.2003]
Kölner Polizei will "Summer Jam" stoppen [CLN#93, 17.01.2003]
2. Kanada: Regierung will Cannabismedizin ausliefern
Nach einer einjährigen Verzögerung will die kanadische Regierung jetzt Cannabis als Medizin an Patienten verteilen, denen sie bereits eine Lizenz zum Besitz erteilt hat. Das Cannabis wurde für die Regierung in einem ehemaligen Bergwerk unter der Stadt Flin-Flon angebaut. Der Auftrag zum Anbau stammt vom vorigen Gesundheitsminister Allan Rock. Seine Nachfolgerin Anne McLellan verhinderte die Auslieferung des bereits geernteten Cannabis und gab bekannt, es würde erst verfügbar gemacht werden, wenn erst noch zu beginnende Studien wissenschaftlich bewiesen hätten, dass Cannabis medizinisch wirksam sei.
Der oberste Gerichtshof von Ontario hatte in einer Entscheidung vom Juli 2000 das Cannabisverbot für verfassungswidrig erklärt, weil es Patienten die medizinische Verwendung von Cannabis verweigert. Weil die Regierung nicht ausreichend auf diese Entscheidung reagierte, trat in Ontario im Juli vorigen Jahres das Verbot des Besitzes von Cannabis komplett ausser Kraft. Kritiker haben den Verdacht, dass die Regierung mit einer beschränkten Abgabe von Cannabis an einige wenige der 500 lizenzierten Patienten den Berufungsprozess um die Verfassungsmäßigkeit des Verbots gewinnen wollen.
Docs picked to dole out pot [Edmonton Sun (CA), 09.07.2003]
Kanada: Cannabisstudien können 10 Jahre dauern [CLN#77, 20.09.2002]
Cannabis in Kanada:
3. Friedman tritt von allen Ämtern zurück
Michel Friedman, gegen den die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Verdacht auf Kokainbesitz ermittelt hat, hat einen Strafbefehl über 17 400 Euro angenommen und sich öffentlich entschuldigt. Drogen seien kein Ausweg aus einer Lebenskrise, mahnte der Talkshow-Gastgeber besonders die Jugend. Er kündigte seinen Rücktritt von allen gewählten Ämtern an.
Da der Strafbefehl auf 150 Tagessätze lautet, gilt Friedman nun als vorbestraft, wie bei allen Strafen ab 90 Tagessätzen (zu jeweils einem dreissigstel des Nettomonatseinkommens). Dabei waren bei Durchsuchungen laut Presseberichten nur "Anhaftungen" von Kokain in Tüten gefunden worden, die den Tatbestand des Besitzes noch nicht erfüllen, da dazu eine zum Konsum geeignete Menge vorleigen muß. Der Konsum selbst ist ebenfalls nicht strafbar. Hätte Friedman jedoch den Strafbefehl angefochten, dann wäre es zum gerichtlichen Prozess gekommen und damit möglicherweise zu Zeugenaussagen von Prostituierten, in deren Gegenwart er konsumiert haben soll. Nach derzeitigem Recht ist Prostitution - im Gegensatz zu Kokainbesitz - nicht mehr strafbar. So ist es eigentlich bemerkenswert, dass das Eingeständnis des Kokainbesitzes in diesem Fall für Friedman das kleinere Übel darstellte.
Geständnis [Abendblatt, 09.07.2003]
Der Fall Friedman - Chronik einer Affäre [spiegel.de, 08.07.2003]
Die Pressekonferenz von Michel Friedman zu seinem Kokain-Strafbefehl [kiffer.tv, von n-tv, 08.07.2003]
4. Großbritannien: Drogenbeauftragte hat inhaliert
Die neue Drogenbeauftragte der britischen Regierung hat selbst bereits Cannabis probiert, wie Millionen ihrer Landsleute. Sie ist damit in guter Gesellschaft. Als vor drei Jahren die konservative Politikerin Ann Widdecombe eine repressive Linie gegen Cannabiskonsumenten forderte, bekannten sich 8 von 10 Mitgliedern des "Schattenkabinetts" der oppositionellen Konservativen dazu, selbst bereits Cannabis konsumiert zu haben.
Auch Blairs Drogenbeauftragte hat mal gekifft [spiegel.de, 04.07.2003]
Cannabis in Großbritannien: Die bundesdeutsche Drogenbeauftragte, Frau Caspers-Merk, lässt sich dagegen auf ihrer Homepage "nur" bei der Weinprobe abbilden. Den Weinanbau bezeichnet sie dort als "Kulturgut".
Marion Caspers-Merk: Wahlkreis - Streifzug:
5. Großbritannien: Ärzte für Legalisierung
Mehrere Dutzend Ärzte haben sich auf der Jahreskonferenz des britischen Ärzteverbands (British Medical Association) für eine Legalisierung von derzeit illegalen Drogen ausgesprochen. Nur so könnten Probleme durch Verunreinigungen und Streckmittel vermieden werden und der Staat den Markt kontrollieren. Die Resolution fand jedoch keine Mehrheit und wurde von anderen Ärzten scharf kritisiert.
Der "Evening Standard" zitiert den Psychiater Dr. Arnold, der auf die Tatsache verweist, dass Methadon, eine Droge die laut Gesetz nur auf Rezept erhältlich ist, auf dem Schwarzmarkt weitverbreitet ist. Das zeige seiner Meinung nach, dass eine Legalisierung nicht funktionieren könne. Methadon wird von Heroinabhängigen konsumiert, weil es wie Heroin und Morphin die Entzugserscheinungen von Heroin unterdrückt. Dass es einen Markt dafür gibt ist eine Folge davon, dass die meisten Heroinabhängigen keinen legalen Zugang zu Heroin haben. Wieso die unkontrollierte Verfügbarkeit von Drogen auf dem Schwarzmarkt ausgerechnet ein Argument für die Prohibitionsgesetze sein soll, die den Schwarzmarkt verursacht haben, darauf geht Dr. Arnold nicht ein.
In letzter Zeit wird in britischen Medien öfter eine Studie von Professor Robin Murray vom Institut für Psychiatrie in London erwähnt, die einen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Psychosen herzustellen versucht. Sie beruft sich dabei u.a. auf eine 16 Jahre alte Studie aus Schweden. Tatsächlich fand die schwedische Studie, dass über 98% der Cannabiskonsumenten nicht an Schizophrenie erkrankten - eine Rate, die sich nur geringfügig vom Bevölkerungsdurchschnitt unterscheidet.
Doctors Call For Drug Legalisation [Evening Standard (UK), 02.07.2003]
Potheads, Beware: Shrinks Say There Really Is Reefer Madness [New York Post (US), 03.07.2003]
Argument: "Cannabis kann Schizophrenie auslösen"
Ärzte und Cannabisentkriminalisierung:
Cannabis in Großbritannien:
6. Recycling kann strafbar sein
Drei Mitarbeiter eines Müllheizkraftwerks wurden am vergangenen Dienstag (01.07.) von Beamten des Stuttgarter Drogendezernats festgenommen. In ihren Wohnungen wurden ca. 4,2 kg Cannabis beschlagnahmt. Es soll sich dabei um die Reste von ca. 6 kg handeln, die eigentlich vor etwa einem Jahr unter Polizeiaufsicht im Kraftwerk in Rauch aufgehen sollten. Nach Abschluss von Strafverfahren werden die Beweismittel aus Verfahren nach dem Betäubungsmittelgesetz üblicherweise verbrannt. Dies geschieht oft in Müllverbrennungsanlagen. In diesem Fall sollen die drei Arbeiter, die selbst Cannabiskonsumenten sind, das Cannabis, ohne dass es die Polizei bemerkt hätte, für den persönlichen Gebrauch abgezweigt haben.
Voriges Jahr wurden bundesweit ca. 11 Tonnen Cannabis polizeilich beschlagnahmt. Sogar wenn die gesamte Menge ordnungsgemäß entsorgt würde, beträgt die konsumierte Menge wahrscheinlich etwa das 20-fache davon.
Beschlagnahmte Drogen gestohlen [Stuttgarter Nachrichten, 04.07.2003]
Zahlen zum Cannabisverbot:
Leserbrief zu "Ein Zentner Drogen im Müllkraftwerk verbrannt" [MAP-DE, 11.04.2003]
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
21.07.2003: Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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