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AfghanistanDas Hindukuschgebirge im Osten Afghanistans und Norden Pakistans gilt als die Heimat von Cannabis. Seit Jahrtausenden wurde in Afghanistan Cannabis angebaut, ebenso Mohn zur Herstellung von Opium. Beide Produkte wurden jahrhundertelang auf der historischen "Seidenstrasse", die von Arabien bis China reichte, gehandelt. Seit der Invasion der Sowjetarmee im Jahr 1979 sind Drogen und Krieg in Afghanistan untrennbar verbunden. Können illegale Drogen durch Repression zum Verschwinden gebracht werden? Ja, behaupten die Befürworter des sogenannten "Drogenkrieges", der in den USA zuerst von Präsident Nixon und dann von Reagan ausgerufen worden war. Beispiele für einen Erfolg dieser Strategie sind aber dünn gesäht. Als eines davon nennen sie das Edikt der islamisch-fundamentalistischen Taliban-Milizen, die nun durch die jüngsten Terroranschläge in den USA erneut ins Gerede gekommen sind. Vorigen Sommer erliess der Taliban-Führer ein religiöses Edikt, nachdem der Anbau von Mohn zur Opiumproduktion verboten ist. Daraufhin sagte US-Aussenminister Powell im Mai den Taliban 43 Millionen Dollar an finanzieller Hilfe zu, trotz der brutalen Menschenrechtsverletzungen, trotz der Beherbergung und Unterstützung von Terroristen. Der Erfolg des afghanischen Mohnanbauverbots bleibt abzuwarten. Noch gibt es keine Anzeichen für eine Heroinverknappung in Europa oder den USA. Hunderte von Tonnen von Rohopium in Lagern in Afghanistan, die vom Verbot nicht betroffen sind, sind nun für die Heroinproduzenten und ihre afghanischen Lieferanten zehnmal soviel wert als vorher. Selbst nach dieser Preissteigerung machen die Herstellerpreise aber nur einen Bruchteil der Konsumentenpreise aus. Die steigenden Erzeugerpreise bereicherten nicht nur die Taliban, sie werden auch den Anbau in anderen Ländern, wie Myanmar, Kolumbien und ehemaligen Sowjetrepubliken kräftig ankurbeln. Nach dem Fall der Taliban wurde der Mohnanbau in ganz Afghanistan in grossem Stil wiederaufgenommen. Das Land befindet sich seit mehr als zwei Jahrzehnten im Krieg oder Bürgerkrieg. Afghanistan hat ausser Opiumhandel und Spenden keine nennenswerten Devisenquellen. Ohne Drogengelder kann der Machtkampf nicht fortgesetzt werden. Solange es weltweit eine repressive Drogenpolitik gibt, wird das Geld für blutige Konflikte nicht versiegen. Diese ökonomischen Realitäten sind ein Grund dafür, warum Drogenprobleme durch Repression nicht gelöst werden können. Eine Verbesserung kann nur durch eine schadensminimierende Drogenpolitik in den Verbraucherländern erreicht werden. In den Niederlanden, wo diese Philosophie seit 1976 Grundlage der Drogenpolitik ist und wo Cannabis toleriert wird um die Drogenmärkte zu trennen, liegt die Drogensterblichkeit durch harte Drogen etwa achtmal niedriger als in Deutschland, Österreich oder Schweden.
Die Macht des Schlafmohns
[03.06.2002] Nach einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian wollten die afghanischen Taliban das erst im Jahre 2000 erlassene Opiumanbauverbot bei einem Angriff der USA wieder aufheben. Nach verschiedenen Berichten sind die Opiumpreise auf ein Fünftel gefallen, weil im kommenden Frühjahr wieder eine Ernte erwartet wird. Afghanistan stellte vor dem Anbauverbot etwa 75 Prozent der Weltopiumproduktion. Die Einstellung des Opiumanbaus in Afghanistan war als grosser Erfolg der UN-Drogenpolitik gefeiert worden. Doch Wirtschaftssanktionen, Versuche der USA, den Geldfluss aus den Golfstaaten zu stoppen sowie materielle Unterstützung der oppositionellen nördlichen Allianz (die frühere Regierung) durch die USA liessen den Taliban wenig Alternativen, wenn sie ihr totalitäres Regime fortsetzen wollten. Solange der Westen drogenpolitisch auf Verbote setzte, verblieb den Taliban der lukrative Opiumhandel als Geldquelle. Eine Bombardierung der Felder war aussichtslos: Im letzten Anbaujahr wuchs Mohn auf insgesamt 82 000 Hektar im ganzen Land. Mit dem Sturz der Taliban-Regierung soll der Mohnanbau im Oktober und November im ganzen Land wieder aufgenommen worden sein. Im April 2002 wird die nächste Opiumernte erwartet.
Vancouver Courier: US Nurtured Radical Islam, Ignored Drug Dealing
[01.10.2001]
Financial Times: US-Regierung ignoriert Opiumanbau
[18.02.2002] British officials believe that unless urgent action is taken militarily to back a crop eradication and aid effort in the Helmand and Nangahar regions within the next four weeks, a large opium crop could be ready for harvest by June. The assessment is provoking fresh tension between the US and its European allies. British officials - backed by the German, Spanish and Italian governments - want a more vigorous logistical support to be offered to a new aid programme in the poppy growing areas which would include construction work and crop substitution. For the UK, the political stakes are high. Tony Blair, prime minister, identified the opportunity for eradicating opium production in Afghanistan when justifying British military involvement with the US bombing campaign last October. But now British officials say that such early optimism was misplaced, with the US government showing little interest in evidence that opium is being cultivated. "The fact is that on the drugs issue it is showing limited interest and partnership," one official said.
US and UN 'ignoring' menace of drugs cultivation
[Financial Times, 18.02.2002]
"Die größte Heroin-Regierung aller Zeiten"
[24.02.2002] "Die größte Heroin-Regierung aller Zeiten"
UN FAO: Afghanistan erntet 2952 Tonnen Opium
[CLN#73, 23.08.2002]
Die Taliban und der "Drogenkrieg"
Drogentote im internationalen Vergleich
UNDCP World Drug Report 2000: Zahlen und Lagebeschreibungen
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