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CannabisLegalNews (Nummer 142, 23.01.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Berlin: Podiumsdiskussion zu Cannabis
1. Berlin: Podiumsdiskussion zu Cannabis
Wie wir bereits im Dezember ankündigten, findet am kommenden Mittwoch, 28.01.2004 in Berlin eine Diskussionsveranstaltung im Abgeordnetenhaus mit Vertretern der politischen Parteien statt. Auch Polizeipräsident Glietsch und Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband nehmen teil. Die Veranstaltung beginnt um 20:00 Uhr in Saal 311 des Abgeordetenhauses, der Eintritt ist frei.
Im selben Saal fand am 08.01.2004 eine Expertenanhörung durch den Gesundheitsausschuss statt. Ein dreistündiger Videomitschnitt dieser Veranstaltung ist bei Rumpelstilzchen.com online verfübar, mit 122 MB jedoch sehr umfangreich. Wir werden versuchen, ein amtliches Protokoll der Sitzung zu erhalten.
Veranstaltungskalender: Berlin, 28.01.2004
Exzessiv Sonder-Sendung Nr. 01 vom 12.01.2004 [Rumpelstilzchen.com]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
2. Bayern: CSU-Stadträtin für Legalisierung
Dass die Befürwortung einer Legalisierung von Cannabis keine Frage von rechts und links ist, kann man an einem Streit im Stadtrat von Traunreut in Oberbayern sehen. Dort forderte die SPD den Rücktritt der CSU-Stadträtin und Jugendreferentin Andrea Haslwanter nachdem diese sich vor einigen Tagen für die Legalisierung ausgesprochen hatte:
Für eine Legalisierung von Cannabis sprach sich Jugendreferentin Andrea Haslwanter bei einer Diskussion zum Thema Drogen und Sucht im Jugendzentrum am vergangenen Wochenende aus: "Was ist das für eine Demokratie," schimpfte sie, in der der Staat an den Zigaretten verdiene, über die EU indirekt Tabakanbau-Gebiete unterstütze und das BranntweinMonopol verwalte. Was das Cannabis betreffe, spreche alles für eine Legalisierung. Dies würde am Ist-Zustand nichts ändern, würde aber die "kleinen Kiffer" nicht mehr in die Kriminalität treiben: "Warum soll man normale Bürger, die sonst nichts anstellen, damit zu Kriminellen machen und ihnen so als Vorbestraften die Zukunft verbauen?"
Der Traunreuter Bürgermeister Franz Parzinger erklärte dagegen, er teile Haslwanters Meinung nicht. Cannabis sei eine "Einstiegsdroge", so der Politiker.
Traunreut: ABU und SPD fordern Rücktritt von Jugendreferentin Haslwanter [Trostberger Tagblatt, 22.01.2004]
CDU/CSU und Cannabis
3. Großbritannien: Erster "Cannabistoter"?
Am 29.01. wird Cannabis von der mittleren in die am wenigsten restriktive Kategorie des britischen Drogengesetzes umgestuft werden. Es gab einigen Widerstand gegen diese Entscheidung von Innenminister Blunkett, was jedoch nicht verhinderte, dass eine Parlamentsmehrheit seinen Plänen zustimmte. Es mangelt nicht an Versuchen, in letzter Minute zu beweisen, Cannabis sei "nicht die nette Hippiedroge die es einmal war", wie der Suchtexperte Dr Philip Guy von der Universität Hull polemisiert.
Wasser auf diese Mühlen ist der Fall von Lee Maisey in Wales, der am 23.08.2003 tot aufgefunden wurde. Er war starker Cannabiskonsument und hatte über 11 Jahre hinweg rund 6 Joints pro Tag geraucht. Am Tag vorher klagte er noch über Kopfschmerzen.
Bemerkenswert an diesem Fall ist eigentlich nicht, dass ein 36-Jähriger gestorben ist, der Cannabis konsumiert hat - Todesfälle aus ungeklärter Ursache sind gar nicht so selten, ob bei Konsumenten oder Nichtkonsumenten - sondern, dass so ein Fall nach 40 Jahren Cannabiswelle noch solche Schlagzeilen macht, ganz anders als etwa die 800 Alkoholtoten jede Woche in Deutschland. Die Spiegel-Schlagzeile "Brite kiffte sich zu Tode" ist ein Fall von "Mann beißt Hund", eine Meldung die es nur deshalb in die Schlagzeilen schafft weil sie ungewöhnlich ist.
Es wäre, wenn Cannabisvergiftung die Todesursache darstellte, der erste dokumentierte Fall unter immerhin über 140 Millionen Konsumenten weltweit (laut UNDCP-Schätzung). Zum Vergleich, bei ca. 60 Millionen Alkoholkonsumenten in Deutschland kommt es zu ca. 40.000 alkoholbedingten Todesfällen pro Jahr. Ein Verbot von Bier und Wein fordert deswegen jedoch niemand.
In der offiziellen Todesmeldung wurde die Todesursache als "unfallbedingt" (death by misadventure) angegeben. Begründet wurde das damit, dass der Verstorbene während einer "illegalen Aktivität" ums Leben gekommen sei. Mit anderen Worten, allein aus der Illegalität von Cannabis wurde ein kausaler Zusammenhang abgeleitet. Das ist nicht plausibel. Es ist unklar, ob der Cannabiskonsum des Verstorbenen überhaupt etwas mit seinem Tod zu tun hatte. Eine tödliche Vergiftung durch übermässigen Konsum ist nach der wissenschaftlichen Erkenntnislage nahezu auszuschliessen.
Das Konsumverhalten dieses Briten wich zwar weit vom Durchschnittskonsumenten von Cannabis ab, ist jedoch auch nicht allzu selten. Etwa eine Viertelmillion Menschen in Deutschland (unter ca. 3,4 Millionen aktuellen Konsumenten) konsumieren Cannabis täglich. Darunter lassen sich wohl mehrere Zigtausend finden, die soviel rauchen wie Mr. Maisey. Wenn allein der Konsum von 6 Joints pro Tag tödlich wäre, müßten sich Zigtausende solcher Fälle finden lassen. Eine bei einem gesunden Menschen tödliche Überdosis des Cannabiswirkstoffs THC hat bisher niemand ermittelt. Studien an anderen Säugetieren (Hunde, Affen, Ratten und Mäuse) lassen aber darauf schliessen, daß die erforderliche Menge um ein Mehrhundertfaches höher liegt als die Menge, die aus einem Joint in den Körper gelangt.
Diese relative Sicherheit von Cannabis gegen tödliche Überdosierungen heißt nicht, daß Cannabis noch niemals Auslöser für Todesfälle gewesen wäre: Wer entsprechend ernsthafte Herz- und Kreislaufprobleme hat (ohne dass er sich deswegen bewusst sein muss), bei dem kann Cannabis genauso einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen wie das bei Dauerlauf, Treppensteigen oder Sex möglich ist. Deswegen kommt jedoch kein vernünftiger Mensch auf die Idee, die genannten Tätigkeiten für lebensgefährlich zu erklären oder strafrechtlich zu verbieten.
Paradox erscheint es, wenn mit diesem "Cannabistoten" nun versucht nun versucht wird, für die Beibehaltung jener Gesetzeslage zu argumentieren, unter der er gestorben ist. Die bisherige Strafandrohung bei Cannabis hat offsensichtlich nicht verhindert, dass Mr. Maisey in den letzten 11 Jahren 24.000 Joints geraucht hat (wahrscheinlich neben einer nicht unerheblichen Menge Tabak) und dass er - aus welchen Gründen auch immer - gestorben ist. Stattdessen hat sie nur Hunderttausende von Menschen kriminalisiert. Wenn die Strafandrohung bei Cannabis eine konsumminimierende Wirkung hätte, wäre es kaum möglich, dass prozentual mehr Briten als Niederländer regelmäßig Cannabis konsumieren. Eine vernünftige Cannabispolitik muss endlich auf gesundheitliche Aufklärung und Schadensminimierung setzen, nicht auf sinnlose Kriminalisierung.
Drogensucht: Brite kiffte sich zu Tode [Spiegel Online, 20.01.2004]
Lesebriefanschrift des "Spiegel":
Cannabis is blamed as cause of man's death [Telegraph, 20.01.2004]
Argument: "Cannabis ist ein Rauschgift"
Alkohol, Nikotin und Cannabis im Vergleich
4. Großbritannien: Cannabisaufklärungskampagne
Mit einer Kampagne mit einem Budget von einer Million Pfund (ca. 1,45 Millionen €), die am Donnerstag, 22.01.2004 begann, will die britische Regierung über die geplante Umstufung von Cannabis ab 29.01.2004 mit Millionen von Flugblättern sowie Zeitungsanzeigen und Durchsagen im Radio aufklären. Das britische Innenministerium dazu:
Cannabis ist schädlich und wird nach dem 29. Januar illegal bleiben, wenn es in Klasse C umgestuft wird. Das ist die einfache Botschaft.
Nach der Änderung soll eine Verhaftung bei Cannabisbesitz bei Erwachsenen nur noch dann möglich sein, wenn erschwerende Umstände hinzukommen, wie öffentlicher Gebrauch, Störung der öffentlichen Ordnung oder Konsum in Gegenwart von Kindern. Jugendliche müssen auch nach der Reform mit einer Verhaftung rechnen.
Million Pound Cannabis Message [Western Mail (UK), 19.01.2004]
Cannabis in Großbritannien
5. Medizin: Zulassung im 2. Quartal 2004 erwartet
Am Mittwoch, 21.01.2004 legte die britische Arzneimittelfirma GW Pharmaceuticals ihren Jahresbericht für das vorige Finanzjahr vor. Im März 2003 hatte die Firma eine Zulassung für ein Arzneimittel auf Basis von Auszügen aus Cannabispflanzen beantragt. Dieser Antrag ist in einem fortgeschrittenen Stadium der Bearbeitung. Dr. Geoffrey Guy rechnet mit einer britischen Zulassung der Arznei im zweiten Quartal 2004.
Auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums hieß es im Jahre 2001:
Natürliche Gemische von Cannabis werden derzeit als Ausgangsstoff für die Arzneimittelherstellung in der Apotheke noch nicht angeboten. Die Bereitstellung von standardisiertem Cannabisextrakt wird jedoch von verschiedenen Firmen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Arzneimittelkodex vorbereitet und dürfte in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang wird die Aufnahme von Cannabisextrakt in die Anlage III des BtMG vorbereitet.
Wann wirklich Cannabis als Medizin in Deutschland legal verfügbar sein wird, ist weiterhin nicht abzusehen. Hier scheint die Politik der Justiz die Initiative zu überlassen, indem sich Richter bei einzelnen Patienten weigern, diese wegen Besitzes oder Anbaus zu bestrafen.
GW Pressemitteilung [21.01.2004]
GW Pharmaceuticals - Homepage:
Artikel zu Cannabis als Medizin
Das Bundesministerium für Gesundheit zu Cannabis als Medizin (2001)
Cannabis als Medizin
6. USA: Mehr medizinische Cannabiskonsumenten
Im Jahre 1998 stimmten die Wähler des US-Bundesstaats Oregon für ein Gesetz, das die medizinische Verwendung von Cannabis zulässt. Sie folgten damit dem Beispiel Kaliforniens, wo ein solches Gesetz 1996 verabschiedet wurde.
Mittlerweile sind 7.584 Bürger Oregons im Besitz einer Identifikationskarte, mit der sie sich als legitime Patienten ausweisen können, so dass sie nicht befürchten müssen, von der Polizei verhaftet zu werden und ihre Medizin zu verlieren. Diese Zahl entspricht etwa 0,2% der Bevölkerung des westlichen Bundesstaats. Weitere 4.600 Bürger aus Oregon haben sich als Betreuer für solche Patienten registriert, um z.B. für Personen Pflanzen anzubauen, die selbst nicht dazu in der Lage sind, weil sie etwa im Rollstuhl sitzen. Bisher beteiligen sich 1.280 Ärzte an dem Programm.
In Kalifornien hat sich die Zahl der Cannabis-Patienten von 2002 bis 2004 rund verdoppelt und überschreitet nun 75.000.
(Quelle: IACM-Nachrichten, 17.01.2004)
IACM - Homepage
Cannabis als Medizin
7. Bundesweite Befragung von Cannabiskonsumenten
Ein Sozialwissenschaftler der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf (Lehrstuhl Soziologie II) führt eine bundesweite Datenerhebung unter derzeitigen oder ehemaligen Cannabiskonsumenten in der Bundesrepublik Deutschland durch. Der Fragebogen kann zum Ausfüllen von der Website www.datenerhebung.de heruntergeladen werden. Alle Daten werden vertraulich behandelt und anonymisiert ausgewertet. Zweck der Umfrage ist ein Vergleich der Auswirkungen einer liberaleren oder repressiveren Drogenpolitik in verschiedenen Bundesländern und Städten.
Homepage zur Datenerhebung
8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.01.2004 Berlin: Diskussionsveranstaltung im Abgeordentenhaus
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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