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CannabisLegalNews (Nummer 110, 16.05.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Tabak wird teurer, Cannabis bleibt steuerfrei
1. Tabak wird teurer, Cannabis bleibt steuerfrei
Die Schachtel Zigaretten wird ab Januar um einen Euro teurer werden. Mit den Einnahmen sollen bisher von den Krankenkassen getragene Leistungen finanziert werden. Die Tabakindustrie befürchtet Umsatzverluste von 20 bis 30 Prozent wenn die Schachtel dann mehr als vier Euro kostet. Ärzte und das Gesundheitsministerium hoffen auf diese Auswirkung, denn je weniger geraucht wird, desto weniger Gesundheitsprobleme sind langfristig die Folge. Der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung spricht von 110 000 tabakbedingten Todesfällen pro Jahr.
Während bei Tabak schon das dritte Jahr in Folge an der Steuerschraube gedreht wird, bleibt Cannabis, die drittmeist konsumierte Droge in Deutschland nach Alkohol und Nikotin, nach wie vor komplett steuerfrei, weil sein Verkauf verbotsbedingt nur im unbesteuerten Schwarzmarkt stattfindet. In der Schweiz ist geplant, nach der Straffreistellung des Cannabiskonsums und des Besitzes eine "Lenkungsabgabe" von 8 bis 15 Franken pro Gramm auf den dann tolerierten Verkauf zu erheben, wovon man sich Einnahmen von bis zu 300 Millionen Schweizer Franken pro Jahr erwartet. Selbst wenn diese Schätzung zu hoch gegriffen wäre, dürften bei einer ähnlichen Reform in Deutschland, das 11mal mehr Einwohner hat als das reformbereite Nachbarland, eine beträchtliche Summe zusammenkommen.
Als Anfang der dreissiger Jahre die amerikanische Alkoholprohibtion nach einem Jahrzehnt wieder aufgehoben wurde, war nicht nur die Erkenntnis, dass das Verbot undurchsetzbar war und es die Kriminalität förderte, der Grund. Nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 vermisste man auch bitter die Steuereinnahmen aus alkoholischen Getränken, die bisher ins Staatssäckel geflossen waren, während die Kosten für die versuchte Durchsetzung des Verbots von Jahr zu Jahr stiegen. So stimmten auch viele für die Reform, die selber wenig für Alkohol übrig hatten, wie z.B. viele Frauen.
Wollen Sie zum Thema Steuern und Cannabisprohibition einen Leserbrief an eine Zeitung schreiben? Es ist einacher und wirkungsvoller als Sie vielleicht denken. Das Thema Steuern ist, durch die Wirtschaftslage bedingt, in den Medien zur Zeit sehr aktuell und betrifft jeden im Land. Das Medienprojekt MAP-DE hilft mit, die öffentliche Meinung zu ändern. Werden Sie aktiv und schreiben Sie diese Woche einen Leserbrief!
Rauchen wird teurer [Ärzteblatt, 08.05.2003]
Eichels Steuerpläne gehen in Rauch auf [Tagesspiegel, 10.05.2003]
«Ende der Fahnenstange ist erreicht» [Nürnberger Nachrichten, 10.05.2003]
Haschisch für die Rentenkasse [Spiegel, 12.05.2003]
Schweiz: Nationalratskommission beschließt Reform [CLN#104, 04.04.2003]
MAP-DE - Leserbriefe für die Legalisierung
Was verboten ist kann nicht besteuert werden
2. Kaupa (CSU) für Tabakwerbeverbot
Als die CDU/CSU noch die Bundesregierung stellte, klagte sie gegen ein EU-weites Werbeverbot bei Tabak vor dem EU-Gerichtshof. Jetzt könnte sich ihre neue drogenpolitische Sprecherin, MdB Gerlinde Kaupa (CSU), mit einem solchen Werbeverbot durchaus anfreunden:
Langfristig ist zu überlegen, ob nicht ein generelles Tabakwerbeverbot, wie es in vielen anderen europäischen Staaten längst der Fall ist, eingeführt werden sollte.
Die CSU-Politikerin spricht sich auf ihrer neuen Website auch für eine Abschaffung aller Zigarettenautomaten aus, weil sie nicht an die Wirksamkeit des von der Bundesregierung und der Zigarettenindustrie propagierten Chipkartensystems zum Jugendschutz glaubt. Beim Thema Cannabis jedoch folgt sie weiter der Parteilinie:
Insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Zahl an Drogentoten kann eine weitere Legalisierung von illegalen Drogen wie Cannabis nicht befürwortet werden
Zu dieser Darstellung gäbe es vieles anzumerken. Eher nebensächlich dabei ist, dass laut Taschenrechner eine Abnahme von 1835 auf 1397 einem Minus von 23,7% und nicht von 12,2% entspricht und dass der Drogen- und Suchtbericht 2003 der Bundesregierung für 2002 nicht von 1397 sondern von 1513 "Drogentoten" spricht, entsprechend einer Abnahme von 17,5%. Hier sollten Frau Kaupa und ihre Mitarbeiter etwas sorgfätiger arbeiten.
Viel wesentlicher ist, dass selbst nach dem von ihr erwähnten Rückgang der Freistaat Bayern mit seinen 12 Millionen Einwohnern noch rund dreimal soviele Drogentote zu beklagen hat wie die liberalen Niederlande mit ihren 16 Millionen Einwohnern. Das spricht nicht gerade für den von der CSU propagierten harten Kurs (und ganz nebenbei bemerkt, die stärkste Zunahme bei den Drogentoten (+73%) gab es im letzten Jahr im unionsregierten Freistaat Sachsen, drogenpolitisch ebenfalls ein Hardliner).
Wenn Frau Kaupa eingesteht, dass nicht Cannabis die "Einstiegsdroge Nummer Eins" ist, lässt sie unausgesprochen, welche Drogen dann diesen Titel eher verdienen: Alkohol und Tabak. Wenn sie wirklich bereit wäre, "alle Maßnahmen [zu] ergreifen, um [eine] Verringerung der [Zahl der] Drogenkonsumenten zu erreichen", müßte sie, ihrer eigenen Logik folgend, ein Totalverbot dieser beiden Drogen fordern, die jeweils Millionen von Konsumenten zählen und die "nahezu jeder Heroinabhängige vorher genommen" hat.
Noch bleibt Frau Kaupa auf halben Wege stehen. Einserseits gibt sie zu, dass auch von ihren Freunden und Kollegen konsumierte Substanzen Drogen sind, macht aber im selben Atemzug noch Aussagen über Drogen, die, wenn man sie etwa bei Alkohol ernst nehmen würde, hierzulande zu saudi-arabischen Verhältnissen führen würden. Jüngere Politiker der CDU/CSU, wie die RCDS-Bundesvorsitzende Barbara Wnuk-Lipinski oder der ehemalige Flensburger JU-Vorsitzende Finn Age Hänsel sind da bereits einen Schritt weiter. Sie haben sich offen für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen (siehe «CDU/CSU und Cannabis»). Bis auch ein Nachfolger von Frau Kaupa diesen konsequenten Schritt tut, werden wohl noch ein paar Jahre vergehen.
Homepage von Gerlinde Kaupa - Standpunkte: Drogen
Gerline Kaupa, drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU
CDU/CSU und Cannabis:
3. Kanada: 100 Dollar Bussgeld bis 15 Gramm
Das kanadische Justizministerium bereitet zur Zeit einen Entkriminalisierungsentwurf vor, der ins Bundesparlament eingebracht werden soll. Laut einem Bericht der Zeitung "Ottawa Citizen" sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Besitz von weniger als 15g Cannabis als Ordnungswidrigkeit mit einem Bussgeld von 100 kanadischen Dollar (ca. 63 €) bestraft wird. Der Besitz von 15g und mehr bleibt eine Straftat, mit einer Höchststrafe von 6 Monaten Haft und 1000 Dollar Geldstrafe. Die Grenze zwischen Ordnungswidrigkeit uns Straftat liegt damit nur halb so hoch wie von einem Ausschuss des Unterhauses im Dezember vorgeschlagen.
Während die Reform vielen kanadischen Konsumenten einen Eintrag ins Strafregister und damit Probleme bei Reisen ins Nachbarland USA oder im Berufsleben ersparen soll, will die Regierung die Strafen für Anbau und Handel verschärfen. Das soll wohl vor allem die US-Regierung beschwichtigen, die wegen der Reform mit verschärften Grenzkontrollen droht, um Schmuggel zu unterbinden. Solche Massnahmen könnten viele legale Exporteure treffen, da rund 6/7 aller kanadischen Exporte in die USA gehen. Aus diesem Grund besuchte der kanadische Justizminister Martin Cauchon am Dienstag (13.05.) seinen US-Amtskollegen John Ashcroft in Washington um ihm die Reformpläne seiner Regierung zu Cannabis vorzustellen. Am Mittwoch (14.05.) gab der Minister bekannt, dass der Reformentwurf nicht wie ursprünglich geplant am Donnerstag ins Parlament kommen würde sondern erst etwa zwei Wochen später.
Vermutlich überarbeitet die Regierung noch jenen Teil der Gesetzesänderung, der sich mit Anbau, Handel und Schmuggel befasst. Hier drängt die US-Regierung auf eine drastische Erhöhung der Höchststrafen nach US-Vorbild. Trotz Strafen bis zu lebenslänglicher Haft für Anbau oder Handel gehören die USA jedoch bei der Verbreitung des Cannabiskonsms zur Weltspitze.
Die oppositionelle New Democratic Party (NDP) kritisierte, dass die amerikanische Regierung die Pläne zu Gesicht bekam noch bevor die Abgeordneten des kanadischen Parlaments einen Blick darauf werfen konnten. Auch Joe Clark von der Conservative Party sah darin eine Frage der Souveränität und sagte, die regierenden Liberalen kümmerten sich offensichtlich mehr darum, was die Amerikaner über das Gesetz denken als um die Meinungen der gewählten Vertreter Kanadas. Cauchon dementierte, dass er sich mit Ashcroft über die Pläne "beraten" habe. Er habe ihm nur in groben Zügen den Plan vorgestellt. "Als Justizminister werde ich das tun, was ich glaube, dass für die kanadische Bevölkerung gut ist."
Bei ihren Protesten gegen die Entkriminalisierung des Besitzes geringer Cannabismengen im Nachbarland ignoriert die US-Bundesregierung übrigens, dass ähnliche Reformen in einem Dutzend US-Bundesstaaten bereits seit drei Jahrzehnten in Kraft sind. Oregon schaffte im Jahre 1973 Gefängnisstrafen für bis zu 30g Cannabis ab, nachdem eine von Präsident Nixon eingesetzte Kommission die landesweite Entkriminalisierung empfohlen hatte. In Ohio liegt die Grenze, jenseits der nicht nur eine Geldstrafe droht, sogar bei 100g, also mehr als sechsmal so hoch wie in Canada geplant.
Ottawa's Pot Plan Overhaul Delayed Two More Weeks [Toronto Star (CA), 15.05.2003]
PM Lashed For Pot Bill's US Preview [Winnipeg Free Press (CA), 14.05.2003]
New charges for marijuana possession: 15 grams, $100 fine [Ottawa Citizen (CA), 13.05.2003]
Pot Legislation Expected Next Week [CBC (CA), 10.05.2003]
Cannabis in Kanada
4. Schweiz: Rückzugsgefechte
Während im nächsten Monat der Schweizer Nationalrat über einen Reformentwurf der Schweizer Bundesregierung debattieren wird, der die Tolerierung des staatlich kontrollierten Hanfanbaus und -handels vorsieht, haben Staatsanwälte, Richter und Polizisten aus zehn Schweizer Kantonen auf einer Tagung angekündigt, dass man die Jagd auf Hanfbauern und Hanfhändler in naher Zukunft dennoch verschärfen wolle. "Null Toleranz" solle es für sie geben, wie bei den jüngsten Razzien im Tessin (wir berichteten).
Kampf dem Hanf [news.ch, 12.05.2003]
Schweiz: Hanfrazzien im Tessin [CLN#102, 21.03.2003]
Cannabis in der Schweiz
5. MMM in Wien, Rostock
Wir haben zwei weitere Berichte von den Veranstaltungen am 3. Mai gegen die Cannabisprohibition online gestellt. Der PDS-nahe Jugendverband ['solid] war in Rostock das erste mal mit einem Infostand dabei. Das Hanffeuer in Wien dagegen fand bereits zum 6. Mal statt und 2000 Menschen machten mit, vergleichbar mit den Veranstaltungen in London und Toronto (Kanada), zwei Ländern an der Schwelle zur Entkriminalisierung.
Bericht vom MMM 2003 in Rostock:
Bericht vom Hanffeuer in Wien:
Aktionen am 03. Mai 2003:
6. Thailand: Protestaktionen geplant
Der 12.06. ist als Stichtag für internationale Protestaktionen gegen die Menschrechtsverletzungen im thailändischen "Krieg gegen Drogen" ausgewählt worden. Aktivisten aus mehreren Ländern, darunter das Bundesnetzwerk Drogenpolitik der Grünen, wollen mit Unterschriftensammlungen, Briefen an Premierminister Thaksin und diplomatische Vertretungen des Landes sowie Protestkundgebungen auf die Tausende von ungeklärten Ermordungen während einer dreimonatigen Anti-Drogenkampagne vom 01.02. bis zum 30.04. hinweisen. Menschenrechtsorganisationen vermuten, dass die Polizei hinter vielen der Todesfälle steht. Laut Amnesty International werden die Morde nicht ernsthaft untersucht. Wir werden Sie über konkrete Aktionen auf dem Laufenden halten.
Thailand's 'war on drugs' [Amnesty International]
Bundesnetzwerk Drogenpolitik - Homepage
Royal Thai Embassy, Berlin
Thailand: Drogenpreise fallen wieder [CLN#108, 02.05.2003]
Drogen in Thailand
7. In eigener Sache
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschift "Hanfblatt" (Nr. 83) ist ein Interview mit uns zu finden. Aus dem Leitartikel dazu:
Der Krieg im Irak ist das medienbeherrschende Thema. Und schnell kann man den Eindruck bekommen, dass die Medien tatsächlich beherrscht werden. Multimedia-Propaganda an allen Fronten. Was nützt die bunte Bilderflut, wenn jede Sendeminute hinterfragt und angezweifelt werden muss? Obwohl es zwei Parteien sind, die ihre jeweilige Position über die Medien als einzig wahre und richtige verbreiten, so steckt doch nur eine Position dahinter: Wir haben Recht und die Anderen lügen.
hanfblatt Nr. 83 Editorial:
hanfblatt.de - Homepage
8. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
31.05.2003 Weltweit: Nichtrauchertag
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |