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CannabisLegalNews (Nummer 104, 04.04.2003)

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INHALT

1. Schweiz: Nationalratskommission beschließt Reform
2. Belgien: Parlament beschließt Cannabisreform
3. Wie Cannabis in Österreich illegal wurde
4. Jamaika: Entkriminalisierung wird vorbereitet
5. Dänemark: Aus für "Pusherstreet"?
6. Thailand: 1.897 Tote in zwei Monaten
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik


1. Schweiz: Nationalratskommission beschließt Reform

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrats (der großen Kammer des Schweizer Bundesparlaments) hat beschlossen, den Cannabiskonsum straffrei zu stellen und beim Verkauf eine "Lenkungsabgabe" darauf zu erheben. Diese soll nach Wirkstoffgehalt gestaffelt sein, von 8 bis 15 Franken (5,40 bis 10,- Euro) pro Gramm. Die erwarteten Einnahmen von 300 Millionen Franken (200 Millionen Euro) sollen zweckgebunden eingesetzt werden. Die Hälfte der Einnahmen soll an die staatliche Rentenversicherung (AHV) gehen, die andere Hälfte teilen sich die staatliche Invalidenversicherung (IV) und der Bund und die Kantone für Präventionsmaßnahmen. Der Verkauf soll nur an in der Schweiz wohnhafte Personen zugelassen werden. Diese werden dazu eine Kontrollkarte vorlegen müssen.

Das Jugendschutzalter soll wie bei Alkohol und Tabak auf 16 Jahre festgesetzt werden. Der Ständerat (die kleine Kammer des Bundesparlaments) hatte voriges Jahr in Abweichung zum Regierungsentwurf eine Grenze von 18 Jahren gezogen. Auch bei der Politik zu "harten" Drogen (Heroin, Kokain) setzte sich in der SGK eine andere Linie durch als im Ständerat. Durch eine Einführung des Opportunitätsprinzips soll die Möglichkeit geschaffen werden, auf die Strafverfolgung von Konsumenten dieser Drogen zu verzichten. Grundsätzlich soll ihr Konsum jedoch anders als bei Cannabis weiter strafbar bleiben.

Im Mai wird die Revision des Betäubungsmittelgesetzes in einer Sondersitzung im Plenum des Nationalrats behandelt werden. Wenn der Gesetzentwurf der SGK dort angenommen wird, wird es zu einer Volksabstimmung kommen. Erst wenn die Reform auch hier eine Mehrheit findet, kann sie in Kraft treten.

Das Gramm Gras zu 25 Franken [Tagesanzeiger (CH), 29.03.2003]
http://tagesanzeiger.ch/dyn/news/schweiz/268041.html

«Kiffen» straffrei, aber teurer [NZZ (CH), 28.03.2003]
http://www.nzz.ch/2003/03/28/il/page-newzzDDU68PF8-12.html

Die Jugend kifft und der Staat kassiert [Aargauer Zeitung (CH), 29.03.2003]
http://www.aargauerzeitung.ch/pages/index.cfm?dom=3&id=100126314&rub=1037&arub=1037&nrub=0

Haschisch wird teurer [20min.ch, 28.03.2003]
http://www.20min.ch/news/schweiz/story/6455627

Cannabis in der Schweiz
http://www.cannabislegal.de/international/ch.htm


2. Belgien: Parlament beschließt Cannabisreform

Am Donnerstag, 27.03.2003 schloß der Senat des belgischen Parlaments die seit über zwei Jahren in Arbeit befindliche Cannabisreform ab. Das Reformgesetz wurde mit 30 zu 19 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen.

Der Besitz von bis zu 5g Cannabis oder der Anbau zum persönlichen Gebrauch durch Erwachsene wird damit straffrei. Konsum in der Öffentlichkeit oder in Gegenwart von Minderjährigen bleibt strafbar, ebenso, wenn dadurch andere gefährdet oder belästigt werden. Bei "unproblematischem" Konsum nimmt die Polizei lediglich die Daten auf und unternimmt weiter nichts. Bei "problematischem" Konsum dagegen wird eine Geldbusse von bis zu 25 Euro fällig. Kommt es zu erneutem "problematischem" Konsum innerhalb eines Jahres, beträgt die Strafe 25 bis 50 Euro. Bei weiteren Übertretungen im zweiten Jahr kann auch eine Haftstrafe von 8 Tagen bis einem Monat verhängt werden. Der Handel wird weiterhin als Straftat verfolgt.

Das belgische Drogengesetz wurde ursprünglich im Jahre 1921 aufgrund von Verpflichtungen aus einer Klausel im Friedensvertrag von Versailles erlassen, über die die USA ihre Prohibitionspolitik weltweit exportierten.

Belgium relaxes cannabis legislation [expatica.com, 27.03.2003]
http://www.expatica.com/belgium.asp?pad=88,89,&item_id=30025

Protokoll des belgischen Senats (flämisch und französisch) [http://www.senat.be, 27.03.2003]
http://www.senat.be/crv/draft2-279.html#P995_161441

Belgien: 5g, eine Pflanze straffrei [CLN#98, 21.02.2003]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln098.htm#6

Cannabis in Belgien
http://www.cannabislegal.de/international/be.htm


3. Wie Cannabis in Österreich illegal wurde

Diesen Monat findet in Wien die 46. Sitzung der Commission on Narcotic Drugs des UN Drug Control Programme (UNDCP) mit einem ministeriellem Gipfeltreffen statt. Dabei geht es um den laufenden Zehnjahresplan der UN von 1998, der sich die Beendigung oder signifikante Reduzierung des illegalen Anbaus von Opium, Koka und Cannabis bis 2008 zum Ziel gesetzt hat. Dieser Plan ist nicht realistischer als das Ziel des Einheitsübereinkommens von 1961, bis spätestens 1986 weltweit der Produktion dieser Substanzen zu nichtmedizinischen Zwecken ein Ende zu setzen. Cannabis ist lediglich teurer und damit profitabler geworden. Es wird heute mehr angebaut als vor 42 Jahren und ein Fünftel bis ein Drittel der Erwachsenen in den meisten westlichen Ländern hat es bereits konsumiert.

Dass Cannabis in Österreich illegal ist, hängt mit dem Standort des Gipfeltreffens zusammen. Wien ist Sitz zweier UN-Behörden (UNDCP und Suchtstoffkontrollrat, INCB) und zwei der drei wichtigsten UN-Drogenverträge, die Übereinkommen von 1971 und von 1988, wurden in Wien unterzeichnet. Das diesen Abkommen vorausgegangene "Einheitsübereinkommen" von 1961 sah die Schaffung des Suchtstoffkontrollrats (INCB) vor, der eine ältere, damals noch in Genf beheimatete Institution aus der Vorkriegszeit ablösen sollte. Die Republik Österreich wollte, dass Wien Sitz der neuen Behörde werde. Doch da gab es ein diplomatisches Hindernis: Cannabis war damals in Österreich legal. Die Konvention von 1961, deren Einhaltung das INCB überwachen sollte, war noch nicht in Landesrecht umgesetzt.

Cannabis hat in Österreich eine lange Geschichte. Bis zum ersten Weltkrieg war die Donaumonarchie ein führender Produzent. Hanf wurde nicht nur für Seile, Textilien und als Ölsaat angebaut, sondern auch als "Kraut" in der Pfeife geraucht. Hans-Georg Behr (1937 in Wien geboren) nennt in seinem Buch " Von Hanf ist die Rede " besonders das Waldviertel, wo bis in die fünfziger Jahr weithin Cannabis als billiger Tabakersatz in die Pfeife wanderte. Einen Grund für ein strafrechtliches Verbot sah damals niemand.

Im Jahre 1938 marschierte die Nazi-Wehrmacht in Österreich ein und vollzog den "Anschluss" ans Reich. Ab da galten in Österreich die Nazigesetze, die unter anderem auch den Handel mit Cannabis unter Strafe stellten. Im Jahre 1945 traten alle von den Nazis erlassenen Gesetze und Verordnungen in der Republik Österreich ausser Kraft. Damit war Cannabis in Österreich wieder legal - bis die UN kam. Lange vor der Wiederentdeckung von Cannabis als Genussmittel durch die Jugend in den späten 60er Jahren erließ das österreichische Parlament deshalb im Jahre 1962 ein Gesetz, das den Besitz, Erwerb und die Herstellung von Cannabis als "Suchtgift" unter Strafe stellte. Es trat am Neujahrtag 1963 in Kraft. Österreich bekam seine UN-Behörden und durfte wenig später sogar einen UN-Generalsekretär stellen.

Vom 10. bis 13.04. findet in Wien ein "Gegengipfel" zur UN-Veranstaltung statt, an dem Aktivisten aus ganz Europa und aus Übersee teilnehmen werden. Höhepunkt ist eine Demonstration am 12.04.2003. Der geplante Bus von Berlin nach Wien und zurück (siehe CLN#103) kam leider wegen zu wenigen Interessenten nicht zustande. Die Fahrt mit dem Berlinlinienbus kostet 99 Euro für Hin- und Rückfahrt.

Programme for the alternative drug summit in Vienna, from 10 to 13 April [vienna2003.org]
http://www.edprc.org/index.php?Art=viennademo

Demonstration in Wien [CLN#103, 28.03.2003]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln103.htm#6

UN-Halbzeitsberichtskonferenz in Wien, April 2003
http://www.cannabislegal.de/international/un-wien2003.htm

Legalize! Österreich - http://www.legalisieren.at
http://www.legalisieren.at


4. Jamaika: Entkriminalisierung wird vorbereitet

Der Besitz von Cannabis soll in Jamaika Cannabis straffrei werden, solange er auf den privaten Bereich beschränkt ist (z.B. in der Wohnung). Generalstaatsanwalt A. J. Nicholson gab am Samstag, 29.03.2003 bekannt, dass zur Zeit ein Gesetzesentwurf vorbereitet wird, um eine entsprechende Empfehlung der "Ganja-Kommission" von vor zwei Jahren umzusetzen. Am 07.08.2001 veröffentlichte die von der Regierung eingesetzten Kommission unter Leitung von Professor Barry Chevannes (University of the West Indies) einen Bericht über Cannabis auf der Karibikinsel. Cannabis, in Jamaika "Ganja" genannt, gilt in der Rastafari-Religion als "heiliges Kraut", das als Sakrament gebraucht wird.

Vertreter der US-Botschaft in Kingston haben Bestrebungen, Cannabis zu entkriminalisieren, offen kritisiert. Es besteht die Möglichkeit, dass Jamaika wirtschaftlichen Repressionen seitens der USA ausgesetzt wird, wenn es den Empfehlungen der eigenen Expertenkommission folgt. Alljährlich erstellt die US-Regierung eine Liste von Ländern, die ihrer Meinung nach den amerikanischen "Krieg gegen Drogen" nicht genug unterstützen. Länder auf dieser Liste müssen mit einer automatischen Gegenstimme der USA rechnen, wenn sie etwa einen Kredit von der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds brauchen. Aus diesem Grund stand auch eine Legalisierung des Anbaus oder Handels in Jamaika von politisch vorneherein nicht zur Debatte.

Am ersten Samstag im Mai nehmen verschiedene Organisationen in Jamika an internationalen Protestaktionen gegen das Cannabisverbot teil. Zu ihnen gehören die Legalize Ganja Campaign, die First Order of Niyah Binghi Pinnacle Foundation, die National Alliance for the Legalization of Ganja und NORML Jamaica. Am Freitag, 02.05. werden sie dem Premierminister eine Petition zur Cannabisreform übergeben. Am Samstag findet dann eine Demonstration und ein Musikkonzert mit einem "Reasoning", einem religiösen Treffen von Rastafarians statt.

Im April 1981 wurde Bob Marley (kurz vor seinem Tod am 11.05.1981 ) vom jamaikanischen Ministerpräsidenten Edward Seaga mit dem "Order of Merit" ausgezeichnet und damit offiziell zum Nationhelden ernannt. Gleichzeitig war der Musiker, der weltweit der bekannteste Anhänger der Rastafari-Religion war, nach den Landesgesetzen jedoch auch ein Krimineller, weil er Cannabis gebrauchte. Der weitverbreitete Gebrauch von Cannabis ist in Jamaika seit fast einem Jahrhundert ein kontroverses Thema, weil der Gebrauch bzw. die Ablehnung stark mit religiösen und sozialen Abgrenzungen zusammenhängt.

Bill to legalise ganja for private use soon, says Nicholson [Jamaica Observer (JM), 30.03.2003]
http://www.jamaicaobserver.com/news/html/20030330T010000-0500_41781_OBS_BILL_TO_LEGALISE_GANJA_FOR_PRIVATE_USE_SOON__SAYS_NICHOLSON.asp

Report of the National Commission on Ganja (150 KB, HTML) [07.08.2001]
http://www.cannabislegal.de/studien/ganja.htm

Cannabis in Jamaika
http://www.cannabislegal.de/international/jm.htm


5. Dänemark: Aus für "Pusherstreet"?

Seit 1971 exististiert im Herzen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen der "Freistaat Christiania", eine selbstverwaltete Gemeinschaft auf dem besetzten 34 Hektar großen Gelände einer ehemaligen Kaserne. Über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde die alternative Gesellschaft durch den offenen Cannabishandel in der sogenannten "Pusherstreet". Seit Ende der 70er Jahre sorgt das selbstverwaltete Viertel dafür, dass in Christiania nicht offen mit Heroin und anderen illegalen Drogen gehandelt wird. Der "Freistaat" gehört mittlerweile zu den führenden Touristenattraktionen der Stadt. Doch der im Herbst 2001 gewählten Mitte-Rechts-Regierung ist der tolerierte Cannabishandel dort ein Dorn im Auge. Voriges Jahr hatte sie gewarnt, die Geschäfte auf der Pusherstreet könnten nicht länger geduldet werden, Christiania müsse sich an die Gesetze halten.

Nun will die Regierung das gesamte Viertel sanieren. Die derzeitigen Bewohner sollten nach Renovierungsmaßnahmen wieder einziehen können (d.h. falls sie sich die neuen Mieten noch leisten können), aber der Cannabishandel soll endgültig verschwinden. Laut einer Umfrage wollen aber drei Viertel der Einwohner Kopenhagens den "Freistaat" in seiner jetzigen Form behalten. Ein Viertel aller erwachsenen Dänen haben Cannabiserfahrung.

Die Händler auf der "Pusherstreet" protestieren seit Mittwoch, 26.03. mit einem Streik gegen die Pläne der Regierung. Bereits im Jahre 1994 kam es einmal zu einem fünftägigen Streik, nachdem sich Konflikte mit der Polizei zugespitzt hatten. Nachdem die Medien darüber berichteten, zog sich die Polizei wieder zurück.

Ein Freistaat soll gezähmt werden [NZZ (CH), 29.03.2003]
http://www.nzz.ch/2003/03/29/vm/page-article8R99Z.html

Silence on Pusherstrasse [DRCNet WOL#280, 28.03.2003]
http://www.drcnet.org/wol/280.html#christianiastrike

Danish Politicians Seek Cannabis Crackdown in Christiania [DRCNet WOL#228, 15.03.2002]
http://www.drcnet.org/wol/228.html#christiania

Christiania - Homepage (mehrsprachig)
http://www.christiania.org/


6. Thailand: 1.897 Tote in zwei Monaten

Rund 2000 Tote sind in der seit Anfang Februar laufenden Anti-Drogenkampagne der thailändischen Regierung zu verzeichnen. Die Polizei behauptet, die meisten Opfer seien von Drogenbanden getötet wurden um Zeugen auszuschalten. Menschenrechtsorganisationen vermuten dagegen, dass aus Polizisten bestehende Todesschwadrone Verdächtige ohne Gerichtsverfahren töten. "Für diejenigen die noch mit Drogen handeln hat die Regierung zwei Wahlmöglichkeiten, entweder Gefängnis oder den Tempelfriedhof", sagte Premierminister Thaksin Shinawatra.

Thai Drug War Toll Nears 2000 [BBC News, 25.03.2003]
http://www.mapinc.org/drugnews/v03/n446/a07.html

Jail Or Death For Dealers: PM [Nation (TH), 24.03.2003]
http://www.mapinc.org/drugnews/v03/n445/a08.html

Thailand: 1.140 Tote, Regierung verhängt Maulkorb [CLN#100, 07.03.2003]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln100.htm#8

Drogen in Thailand
http://www.cannabislegal.de/international/th.htm


7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:

08.04.2003-18.04.2003 Wien: UN Drogen-Konferenz
12.04.2003 Wien: Anti-Prohibitions-Demonstration
30.04.2003 Hamburg: Hanffest
03.05.2003 Weltweit: Million Marijuana March
06.05.2003-07.05.2003 Bern: BetMG im Nationalrat
31.05.2003 Weltweit: Nichtrauchertag
26.06.2003 Weltweit: Anti-Drogen-Tag der UN
23.08.2003 Berlin: Hanfparade
12.09.2003-14.09.2003 Castrop-Rauxel: 8. internationale CannaBusiness

Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm

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Mit freundlichen Grüßen

Joe Wein

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