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CannabisLegalNews (Nummer 168, 09.08.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Hanfparade am 14.08.2004
1. Hanfparade am 14.08.2004
In einer Woche, am Samstag, 14.08.2004 findet zum achten Mal in Berlin die Hanfparade statt, Deutschlands größte Demonstration für die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genußmittel.
Die Auftaktveranstaltung beginnt um 12:00 am Roten Rathaus. Der Zug führt an der Chinesischen Botschaft vorbei zum Oranienplatz in Berlin Kreuzberg, wo von 16:00-22:00 die Abschlusskundgebung mit Rednern und Musikprogramm stattfindet.
Pressemitteilung zur Hanfparade 2004
Hanfparade - Homepage
2. Drogen-Razzien an Schulen?
CDU-Politiker sprachen sich vor einer Woche für Drogenrazzien an deutschen Schulen aus. Experten halten jedoch wenig von diesen Forderungen.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn forderte regelmässige Kontrollen. Der schleswig-holsteinische JU-Vorsitzende Rasmus Vöge verlangte: "Schon in den Ferien sollten Polizei und Schulleitung die Razzien vorbereiten."
Ein Sprecher des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern stellte dagegen klar, dass die Polizei nur im Falle eines konkreten Tatverdachts einschreiten könne.
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands hält die Forderungen der Politiker für "blanken Aktionismus" und "ausgesprochene Wichtigtuerei". Am meisten Sorgen machten ihm der Konsum von Alkohol und Tabak: "Von der Quantität her verursachen Alkohol und Nikotin größere Probleme als Cannabis", sagte Kraus der Nachrichtenagentur ddp.
Kraus betonte, im Kampf gegen Drogen sei ein «permanentes Bemühen» im Unterricht und in Form zusätzlicher Präventionsmaßnahmen nötig. Dazu gehöre es, Netzwerke in den Schulen sowie zu Suchtpräventionsstellen und der Polizei aufzubauen. Wichtig sei auch, die Eltern über Drogenprobleme aufzuklären und sie einzubeziehen. Auch die Suchtvorbeugung von Schülern für Schüler in sogenannten «Peer»-Projekten nannte Kraus als positives Beispiel für eine «Strategie der vielen Wege».
Cannabis - Politiker fordern Drogenrazzien an Schulen [bbv-net.de, 21.07.2004]
Kraus: Alkohol und Nikotin verursachen mehr Probleme als Cannabis [Yahoo! Nachrichten, 24.07.2004]
Breite Abwehr gegen Drogenrazzien [spiegel.de, 01.08.2004]
3. Nichtrauchen zur Cannabisprävention
Als im Jahre 1971 das Betäubungsmittelgesetz verabschiedet wurde, waren keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme durch Cannabiskonsum bekannt. Das Verbot wurde vorwiegend mit einer angeblichen Schrittmacherfunktion von Cannabis zu "härteren" Drogen begründet:
"Mit großer Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, daß die Droge eine Schrittmacherfunktion ausübt. Der Umsteigeeffekt auf härtere Drogen zeigt sich besonders bei jungen Menschen. Praktisch vollziehen sie mit ihr den Einstieg in die Welt der Rauschgifte."
Wie sich die Zeiten ändern! Während die These von Cannabis als "Einstiegsdroge" mittlerweile allgemein diskreditiert ist, gewinnt nun immer mehr Tabak den Status als Einstiegsdroge zu Cannabis und anderen illegalisierten Drogen. Die Argumentation ist die selbe: Ein Zurückdrängen der "Einstiegsdroge" sei wünschenswert, um die Verbreitung nachfolgend konsumierter Drogen zu reduzieren.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sieht den Konsum von Cannabis an Schulen in einem engen Zusammenhang mit dem Konsum von Nikotin. Wenn es gelinge, den Nikotinkonsum zurückzudrängen, sinke auch die Zahl derer, die Cannabis rauchen, sagte die Direktorin der Bundeszentrale, Elisabeth Pott der Nachrichtenagentur ddp in Berlin.
Laut einer Studie des "Institute of Medicine" für die US-Regierung entwickeln 32% aller Tabakprobierer irgendwann davon eine Abhängigkeit, aber nur 9% aller Cannabisprobierer. Tabakkonsum ist Ursache für über 100.000 Todesfälle pro Jahr in Deutschland, während für Cannabiskonsum bisher keine erhöhte Sterblichkeitsrate nachgewiesen ist. Etwas merkwürdig ist es da schon, wenn Tabakprävention bei Jugendlichen als Mittel zur Cannabisprävention verkauft wird und nicht als Schutz vor den Langzeitfolgen des Tabakkonsums. Hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt.
Die von der BzgA genannten Zahlen sind Lebenszeitprävalenzzahlen, die wenig über regelmässigen Konsum oder gar schädlichen Konsum aussagen. Man kann davon ausgehen, dass Tabakkonsum mit einer gewissen Riskobereitschaft einhergeht, die auch erforderlich ist, wenn man strafrechtlich verbotene Substanzen konsumiert. Der zahlenmässige Zusammenhang bedeutet nicht, dass der Konsum der einen Substanz zum Konsum der anderen Substanz führt.
Cannabis und Tabak sind zwei Drogen mit sehr unterschiedlicher Wirkung und unterschiedlichen Risiken. Sie haben wenig miteinander gemeinsam, ausser dass beide durch Rauchen konsumiert werden können.
Internationale Vergleiche sind in diesem Zusammenhang aufschlussreich: In den USA gibt es keine Zigarettenautomaten, Tabakprodukte sind nur gegen Vorlage eines Altersnachweises (z.B. Führerschein) ab 18 Jahren erhältlich. Laut einer WHO-Studie rauchten in den USA 20% der 15-jährigen Jungen Zigaretten, in Deutschland 28%. Bei den Mädchen waren es 21 bzw. 33%.
Diese deutlich niedrigere Prävalenz von Tabak in den USA setzt sich nicht bei Cannabis fort. Im Gegenteil, Cannabiskonsum ist dort sogar etwa doppelt so verbreitet wie in Deutschland: 11% der Bevölkerung der USA konsumierten in den 12 Monaten vor einer Umfrage (2002) Cannabis, verglichen mit 6% in Deutschland (2000).
Deutschland und Österreich belegen beim Tabakkonsum unter Jugendlichen im europäischen Vergleich Spitzenpositionen, während sie bei Cannabis im Mittelfeld liegen. Unter den europäischen Ländern mit niedrigerer Tabakprävalenz finden sich also sowohl welche mit prozentual weniger Cannabiskonsumenten (z.B. Finnland, Schweden) als auch mehr (z.B. Großbritannien, Frankreich, Dänemark).
Wir glauben daher nicht, dass eine Reduzierung des Tabakkonsums unter Jugendlichen einen direkten Einfluss auf die Verbreitung des Cannabiskonsums haben wird. Es ist erstrebenswert, dass möglichst wenige Jugendliche mit dem Rauchen anfangen. Rauchfreie Schulen sind eine gesündere Umgebung. Dass hier jedoch medienwirksam die Angst vor Cannabis als Zugpferd für ohnehin erforderliche Tabakprävention herhalten muss, zeigt, wie realitätsfremd die relativen Risiken dieser beiden Drogen immer noch in der Politik bewertet werden.
Pott: Enger Zusammenhang zwischen Nikotin- und Cannabis-Konsum [Yahoo! Nachrichten, 24.07.2004]
Teen Smoking Rates Around The World
World Drug Report 2004
4. USA: Gesundheitsministerium prüft Umstufung von Cannabis
Die US-Bundesdrogenpolizei DEA hat das US-Gesundheitsministerium (US Department of Health and Human Services, HHS) beauftragt, im Rahmen einer möglichen gesetzlichen Umstufung von Cannabis eine wissenschaftliche und medizinische Bewertung von Cannabis zu erstellen.Eine solche Bewertung ist seit 34 Jahren im Bundesdrogengesetz vorgesehen. Erzwungen wurde sie erst jetzt durch einen Prozess von Jon Gettman und der Cannabis-Reformorgansiation NORML. Gettman reichte im Oktober 2002 eine Klage ein, um durch eine Umstufung von Cannabis seine medizinische Verwendung zu ermöglichen.
Im Jahre 1970 trat in den USA ein neues Drogengesetz in Kraft, das Drogen in 5 Kategorien einstufte. Kriterien für die Einstufung sind die Missbrauchsgefahr und die medizinische Verwendbarkeit. Cannabis landete provisorisch in Kategorie 1, d.h. mit höchstem Missbrauchspotenzial und ohne medizinischen Nutzen, bis eine 1972 veröffentlichte Studie Daten zur endgültigen Einstufung liefern sollte. Die Studie empfahl eine Entkriminalisierung von Cannabis, wurde jedoch ignoriert.
Daraufhin klagte NORML auf eine Umstufung von Cannabis in eine weniger restriktive Kategorie. Anhörungen für den Umstufungsprozess fanden erst 14 Jahre später, im Jahre 1986 statt. 1988 entschied dann Richter Francis Young, dass Cannabis nicht die Voraussetzungen erfüllte, um in Kategorie 1 zu verbleiben. Der Leiter der Drogenpolizei weigerte sich jedoch, diese Entscheidung umzusetzen und gewann den Rechtsstreit im Jahre 1994.
Gettman und die Zeitschrift "High Times" klagten im folgenden Jahr dagegen, ein Gericht entschied jedoch, dass sie nicht ausreichend von der Entscheidung negativ betroffen seien, um zu einer Klage berechtigt zu sein. Am 11.10.2002 reichte Gettman erneut eine Petition ein, diesmal mit Cannabispatienten als Mitklägern. Ein halbes Jahr später, am 03.04.2003 nahm die DEA die Petition zur Bearbeitung an.
Gettman verspricht sich von einer Studie und Anhörung nicht nur Fortschritte für Patienten. Er sieht darin auch einen Weg, die Meinungsbildung zur Strafverfolgung von Cannabis als Genussmittel zu beeinflussen, weil das selbe Beweismaterial, das den medizinischen Nutzen von Cannabis belegt, auch die vergleichsweise geringen Risiken dieser Droge dokumentiert:
[...] there is a connection between medical marijuana reform and reducing if not ending arrests for marijuana related offenses. The connection is that the scientific basis for both policies is the same. However unlike state level reform the federal rescheduling process provides a mechanism for a thorough review of all the scientific evidence relevant to the cannabis issue. A breakthrough at the federal level will certify formidable scientific evidence that cannabis is not the drug many people fear it is, and can have a tremendous impact on public and political attitudes about the wider cannabis reform. For this reason rescheduling at the federal level, unlike state level medical marijuana reform, provides not only a tremendous opportunity for public education but also will make a significant contribution to ending the wider prohibition on marijuana use.
DrugScience.org -- Homesite for the Cannabis Rescheduling Petition
Demagoguery and the Advocacy of Medical Marijuana Reform [Jon Gettman, 22.06.2004]
Cannabis in den USA
5. Israel: Cannabis zur Traumabewältigung
Die israelische Armee will Cannabis zur Behandlung von Posttraumatischem Stresssyndrom (PTSD) bei Soldaten einsetzen, meldet die israelische Zeitung "Maariv". Es soll helfen, negative Erinnerungen zu bewätigen. Das Projekt steht unter der Leitung von Dr. Raphael Mechoulam, dem Entdecker des körpereigenen Cannabinoids Anandamid. Der Cannabiswirkstoff THC aktiviert die selben Rezeptoren wie Anandamid.
Eine Studie des Max Planck Instituts in München fand vor zwei Jahren, dass Anandamid eine Rolle bei der Bewältigung negativer Erinnerung spielen kann.
Während des Vietnamkriegs verwendeten zahlreiche amerikanischen Soldaten in Südostasien und Ostasien Cannabis.
Israelische Armee: Joints gegen Kriegstraumata [spiegel.de, 04.08.2004]
Pot Blocks Painful Memories, Study Says [Globe and Mail (CA), 01.08.2004]
Cannabis als Medizin
6. In eigener Sache
Aufgrund der Urlaubszeit wird die nächste Ausgabe unseres Newsletters wahrscheinlich erst im September erscheinen. In der Zwischenzeit werden wir weiter aktuelle Meldungen auf der Neuigkeiten-Seite unserer Website veröffentlichen.
Falls Sie selbst in den nächsten Wochen etwas ausspannen werden, wünschen wir Ihnen an dieser Stelle einen schönen Urlaub!
Cannabislegal.de-Neuigkeitenseite:
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
14.08.2004 Berlin: Hanfparade (www.hanfparade.de)
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |