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CannabisLegalNews (Nummer 99, 28.02.2003)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. INCB-Jahresbericht 2002 erschienen
1. INCB-Jahresbericht 2002 erschienen
Am Montag 24.02.2003 stellte das International Narcotics Control Board (INCB), eine UN-Behörde, zusammen mit Vertretern der Bundesregierung einen jährlichen Drogenbericht vor. Im Vorwort des Berichts setzte INCB-Vorsitzender Philip O. Emafo (Nigeria) vor allem zwei Schwerpunkte, die wirtschaftlichen Auswirkungen der illegalen Drogenproduktion in Entwicklungsländern und die politische Bewegung für eine Reform der weltweiten Drogenpolitik. Auffallend ist der aggressive Ton beim Thema Reform: Das INCB scheint die Möglichkeit einer politischen Alternative zur bisherigen starren Prohibitionspolitik sehr ernst zu nehmen.
Der Jahresbericht macht den Heroinhandel in Afghanistan für den Bürgerkrieg mitverantwortlich, in dem sich das zentralasiatische Land in den 90er Jahren zerfleischte. Tatsächlich aber begann der Bürgerkrieg bereits Ende der 70er Jahre als Teil des Kalten Krieges, als ein Konflikt zwischen von den USA, Saudi-Arabien und Pakistan unterstützten Mudschahedin und der sowjetisch gestützten Regierung in Kabul. Afghanisches Opium wurde damals in Pakistan zu Heroin verarbeitet, um damit den Krieg gegen die kommunistische Regierung zu finanzieren, eine Finanzierung, die nur durch prohibitionsbedingt hohe Schwarzmarktpreise möglich war, wie sie das starre Drogenkontrollsystem der UN ermöglicht.
Das INCB verweist auf den Verfall des Lebensstandards in Afghanistan in dieser Zeit und kontrastiert ihn mit einem gleichzeitigen Wirtschaftswachstum im Iran und Pakistan, zwei Ländern, in denen der Opiumanbau reduziert worden sei. Dabei vergisst das INCB, dass es sich bei diesen Ländern um die zwei wichtigsten Transitländer für afghanisches Opium und Heroin handelt. Fast das gesamte türkische Heroin kommt über den Iran aus Afghanistan und ohne den Heroinhandel wäre Pakistan, traditionell der engste amerikanische Verbündete in Südasien, längst bankrott.
Der Bericht kritisiert die "weltweiten Auswirkungen" einer geplanten Liberalisierung von Cannabis in Großbritannien. Eine Liberalisierung in Nordamerika (Kanada) und Europa mache es schwierig, den Anbau in anderen Regionen, insbesondere Marokko, zu unterbinden. Tatsächlich sollte laut Plänen der UN der Anbau von Cannabis in Marokko schon in den frühen 60er Jahren komplett eingestellt werden, also lange vor den Entkriminaliserungsbestrebungen seit Anfang der 90er Jahre. Dazu kam es aber nie, aus ganz einfachen wirtschaftlichen Gründen: Das offizielle Verbot des Anbaus erlaubte es der Regierung, im Gegenzug Auslandshilfe aus den USA und Europa zu erhalten und gleichzeitig im Inland Schmiergelder zu kassieren. In den folgenden Jahren haben viele Abnehmerländer die Strafen für unerlaubten Handel drastisch verschärft (derzeitige Höchststrafe bei Cannabisdelikten in Deutschland: 15 Jahre; Großbritannien: 14 Jahre; Österreich und USA: Lebenslänglich). Der Markt für Cannabis ist jedoch nicht kleiner sondern noch größer geworden. Laut UN-Schätzungen gibt es inzwischen weltweit 145 Millionen Cannabiskonsumenten. Der Bericht gibt zu, dass in den USA Cannabis "fast überall verfügbar" ist und erwähnt, dass amerikanische Jugendlich bei einer Umfrage angeben, leichter an Cannabis zu kommen als an Zigaretten und Alkohol.
Vor einem Jahr hatte das INCB die Zulassung von Drogenkonsumräumen in Deutschland und die geplante Cannabisreform in der Schweiz als unvereinbar mit den UN-Drogenabkommen kritisiert. Die Bundesregierung ignorierte damals die Kritik.
Das INCB wurde aufgrund der Einheitskonvention von 1961 zur Überwachung der Einhaltung der Konvention geschaffen. Seine 13 Mitglieder werden jeweils für eine Amtszeit von fünf Jahren bestimmt.
Auszüge aus dem Bericht
Report of the International Narcotics Control Board for 2002 (Inhaltsverzeichnis)
Report of the International Narcotics Control Board for 2002 (Adobe PDF, 593 KB, 25.02.2003)
One in 10 Jamaican fliers is a drug mule - UN report warns of risk to smugglers [Observer (UK), 23.02.2003]
INCB kritisiert Cannabisentkriminalisierung und Konsumräume [CLN#51, 01.03.2002]
INCB Hompage
UN und internationale Drogenpolitik
2. Schweiz: Cannabisbeschlagnahmungen in Zürich vervierfacht
Am 06. und 07. Mai wird sich der Schweizer Nationalrat, die grosse Kammer des Bundesparlaments, mit der Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes (BetMG) befassen. Bis zur Verabschiedung der Reform bleibt es aber noch bei Repression. Während im Kanton Zürich die Zahl der Strafanzeigen wegen Verstössen gegen das BetMG insgesamt im Jahre 2002 zum Vorjahr um 9,8% abnahm (15 385 zu 13 851), hat sich die beschlagnahmte Cannabismenge fast vervierfacht. 17 Tonnen Cannabiskraut (2001: 4,5 Tonnen) und 306 kg Cannabisharz (2001: 82 kg) zog die Polizei aus dem Verkehr. Damit wurde im vergangenen Jahr allein in Zürich fast doppelt soviel Cannabis beschlagnahmt als im Jahr 2001 in ganz Deutschland (8,9 Tonnen).
Die in der Schweiz produzierte Menge wird auf mehrere Hundert Tonnen jährlich geschätzt. "Selbst wenn man von der vorsichtigsten Schätzung ausgeht, werden jährlich mehr als 200 Tonnen Cannabis produziert," meldete die "Weltwoche" am 13.12.2002.
Weniger Strafanzeigen wegen Betäubungsmitteldelikten in Zürich [news.ch, 25.02.2002]
Schweiz: Hanfboom bringt Spannungen [CLN#90, 20.12.2002]
Cannabis in der Schweiz
3. USA: Krieg gegen Pfeifen
In einer landesweiten Aktion in den USA haben die Bundesdrogenpolizei DEA, der Zoll und weitere Behörden zahlreiche Versandunternehmen durchsucht, die Pfeifen und anderes Zubehör verkaufen, das zum Konsum verbotener Substanzen benutzt werden kann. Verkäufern von sogenannten "drug paraphernalia" droht eine Strafe von bis zu 3 Jahren Haft und $250.000. 55 Personen wurden bei der Aktion verhaftet und "mehrere Tausend Tonnen" an Waren beschlagnahmt. 11 Firmenwebsites sollen von der Bundesdrogenpolizei übernommen werden.
Die strengen Anti-Paraphernalia-Gesetze wurden in den 80er Jahren erlassen um einen blühenden Wirtschaftszweig abzuschnüren, der mit der "Gegenkultur" rund um Cannabis verbunden war. Die neuen Gesetze führten zu absurden Zuständen. Teilweise traf die Polizei die Entscheidung, ob sie gegen einen Anbieter einschritt, allein danach, ob im Laden auch einschlägige Magazine wie die "High Times" verkauft wurden. Fragt ein Kunde den Verkäufer nach einer/einem "Bong", wird er prompt des Ladens verwiesen, verlangt er dagegen eine "Wasserpfeife" (was eigentlich das selbe ist), dann kann er bedient werden.
Ob eine Pfeife legal ist oder den Verkäufer für Jahre hinter Gittern bringen kann, hängt nach US-Gesetzen vom Verwendungszweck ab, den der Verkäufer aber nicht kontrollieren kann. Wird in der Pfeife Tabak geraucht, darf sie verkauft werden. Wird sie für Cannabis benutzt, ist der Verkauf illegal. Deshalb werden Pfeifen in den USA in der Regel mit dem ausdrücklichen Vermerk verkauft, sie seien nur zum Konsum von Tabak und anderen legalen Kräutern bestimmt. Trotzdem kommt es immer wieder zu polizeilichen Aktionen und auch zu Verurteilungen.
Von den Durchsuchungen betroffen war auch die Firma und Privatwohnung von Tommy Chong (64). Seine Komödie "Viel Rauch um nichts" ("Up in Smoke", mit seinem damaligen Partner 'Cheech' Marin) geniesst unter Cannabiskonsumenten weltweit Kultstatus.
Online-Headshops in den USA dichtgemacht [heise.de, 25.02.2003]
Feds Smoke Out Chong? [eonline.com, 24.02.2003]
U.S. raids firms selling items used by pot smokers [San Francisco Chronicle (US), 25.02.2003]
Raids Put Drug-Paraphernalia Traffickers Out of Business [New York Times (US), 24.02.2003]
USC CSA Title 21, Section 863: Drug Paraphernalia
Drogen in den USA
4. Zehn Jahre Haft für Haschisch
Ein nicht vorbestrafter 51jähriger Familienvater aus den Niederländen ist in Deutschland zu 10 Jahren Haft verurteilt worden, weil er bei einem von Beamten des bayerischen Landeskriminalamtes eingefädelten Haschischgeschäft mitgemacht und 55 kg Cannabis für Abnehmer in Polen geliefert hatte. Eine solche Strafe bekommen andere dafür, dass sie einen Menschen umgebracht haben.
Von der Polizei ausgetrickst [Nürnberger Zeitung, 21.02.2003]
5. Peter Bluhm verunglückt
Peter Bluhm, der in den letzten beiden Jahren die MMM-Demonstrationen in Flensburg organisiert hatte, ist am 17.02. bei einem Schwimmunfall in Thailand ums Leben gekommen. Die Beerdigung findet am heutigen Freitag um 13:30 in Bad Schwartau statt. Wir möchten seinen Freunden und Angehörigen unser Mitgefühl aussprechen.
Die Organisation der Demonstration in Flensburg liegt nun bei Irene Weber:
MMM-Veranstaltungen am 03.05.2003:
6. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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