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CannabisLegalNews (Nummer 90, 20.12.2002)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. 108 Europa-Abgeordnete für UN-Drogenreform
1. 108 Europa-Abgeordnete für UN-Drogenreform
Mit innovativen drogenpolitische Maßnahmen wie Konsumräumen für Heroinkonsumenten oder der ärztlich kontrollierten Vergabe von Ersatz- oder pharmazeutisch produzierten Originalstoffen haben mehrere Länder es geschafft, schwerwiegende Schäden wie Todesfälle durch Fehldosierungen, HIV-Infektionen oder AIDS-Tode zu vermindern. Dabei stiessen sie vielfach an die Grenzen des engen politischen Spielraums, den existierende UN-Drogenübereinkommen den Unterzeichnerstaaten lassen. Am 27.02.2002 bezichtigte ein UN-Jahresbericht wie alljährlich seit 1999 die Bundesregierung eines Verstosses gegen UN-Abkommen, weil sie Konsumräme für Heroinkonsumenten ermöglicht hat. Nun haben 108 Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus 7 Fraktionen und 13 Mitgliedsländern einen Aufruf unterzeichnet, der zu einer Reform der internationalen Drogenabkommen aufruft.
Die Abkommen werden zunehmend zur Zwangsjacke. Eine Legalisierung und staatliche Kontrolle des Cannabisanbaus, wie im Sommer 2001 zur Reduzierung der Kriminalität vom niederländischen Parlament gefordert, hätte gegen die Abkommen verstossen. Ausschüsse des britischen Unterhauses und des kanadischen Senats zur Drogenpolitik haben im vergangenen Jahr auf die Möglichkeit einer Neuverhandlung der UN-Abkommen hingewiesen. Im nächsten Jahr in Wien werden die Weichen der UN-Drogenpolitik für die nächsten fünf Jahre gestellt werden.
Der Beschluss der 108 EU-Abgeordneten im Wortlaut (aus dem englischen übersetzt):
Das Europäische Parlament
Wer diese Erklärung namentlich unterstützen will, kann das auf folgendem Link tun:
Appeal to reform the UN Conventions on Drugs
UN-Halbzeitberichtskonferenz in Wien, April 2003
108 MEPs Ask For Legal Control [18.12.2002]
Cannabisverbot und UN-Drogenabkommen:
2. Schweiz: Hanfboom bringt Spannungen
Zur Zeit bewegt man sich bei Anbau und Handel mit Cannabis in der Schweiz noch in einer rechtlichen Grauzone. Das führt dazu, dass die Preise noch hoch liegen und deshalb mit Cannabis viel Geld zu machen ist. Die Anbaufläche soll derzeit bei mindestens 200 bis 300 ha liegen, mit einer Jahresernte von mindestens 200t , zu einem Grammpreis von 3 bis 7 SFr. Im Tessin, wo angeblich alleine 150 ha Hanf wachsen, will die Regierung des Kantons härter gegen Bauern und Händler vorgehen, die einen regen Touristenstrom aus Italien mit Nachschub versorgen. In Basel, wo viele Kunden aus dem Elsass oder aus Baden kommen, kam es zu mehreren Razzien gegen Hanfläden.
Die geplante Reform des Schweizer Betäubungsmittelgesetzes von 1951 soll für klare Verhältnisse sorgen. Wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden, müssen Bauern und Händler nicht mehr mit Verfolgung rechnen. Das wird zu niedrigeren Preisen und kleineren Gewinnspannen führen. Solange die Nachbarländer an einer repressiveren Politik festhalten, wird es weiter lukrative, wenn auch illegale Exporte geben, die in der Schweiz für Arbeitsplätze sorgen. Hier befindet sich die Schweiz in einer ähnlichen Lage wie Kanada während der amerikanischen Alkoholprohibition der 20er Jahre.
300 Millionen Joints pro Jahr [Weltwoche, 13.12.2002]
Interview mit Jörg Schild, Polizeidirektor von Basel-Stadt [Swiss Hemp Times, Frühjahr 2002]
Cannabis in der Schweiz:
3. EU: Mindeststrafen vom Tisch
Bereits bei den letzten zwei Treffen der EU-Justizminister scheiterte ein Plan für EU-weite Mindeststrafen bei Drogendelikten. Streitpunkt war die Strafhöhe bei Abgabe geringer Cannabismengen. Ein Jahr Haft war den Niederlanden zu hoch. Ein Kompromissvorschlag, dass ich alle Mitgliedsstaaten in einer Erklärung zu "wirksamen" und "abschreckenden" Strafen bekennen müssten und alle zwei Jahre ein Bericht erstellt würde, ging Schweden und Frankreich nicht weit genug. Bei der letzten Sitzung dieses Jahr strich nun die dänische EU-Präsidentschaft den Punkt von der Tagesordnung, weil es immer noch keine Einigung gab. Im Januar übernimmt Griechenland den EU-Vorsitz. Bezeichnend ist, dass die "Welt" ihren Bericht zur gescheiterten Coffeeshop-Regelung auf ihrer Website mit einem Foto einer Heroinspritze illustriert. Die Bundesregierung ist nicht glücklich über den Ausgang der Verhandlungen:
Bundesinnenminister Otto Schily und die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries bedauerten den Rückschritt. Ministerin Zypries machte jedoch kein Drama daraus. »Das Problem mit den Niederlanden haben wir ja schon seit zwanzig Jahren«, sagte sie. Ein deutscher Diplomat sagte allerdings, es sei ein »Skandal«, dass bei diesem wichtigen grenzüberschreitenden Problem keine europäische Regelung zustande gekommen sei und man es weiter mit völlig unterschiedlichen nationalen Strafkonzepten zu tun habe. Hier seien »Fundamentalisten am Werk«.
Plan für gemeinsame EU-Drogenpolitik gescheitert [Süddeutsche Zeitung, 20.12.2002]
EU-Kampf gegen Drogenhandel scheitert an Coffee-Shops [Welt, 19.12.2002]
Keine EU-Angleichung bei Coffeeshops [CLN#88, 06.12.2002]
4. USA drohen Kanada
Vertreter der US-Regierung haben ihrem nördlichen Nachbarn Kanada Nachteile für den Fall angedroht, dass Cannabisbesitz zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft wird, wie am 12.12.2002 von einem Sonderausschuss des kanadischen Unterhauses empfohlen. "Wir werden die Schrauben an unserer Grenze noch stärker anziehen müssen, wenn Sie liberalisieren und zu etwas beitragen, was wir als Drogentourismusproblem sehen," drohte Robert Maginnes, ein Berater der US-Regierung in einem Interview mit CBC Newsworld. "Ich will nicht an einen Punkt gelangen, wo wir zu einem Boykott kanadischer Produkte aufrufen." Auch der "Drogenzar" John Walters warnte Kanada vor einer Liberalisierung.
Ob die Drohungen den gewünschten Effekt haben, darf bezweifelt werden. Im Allgemeinen reagieren Kanadier sehr allergisch auf Bevomundungsversuche durch den "grossen Bruder" im Süden. Auch dürften Industriebetriebe in Detroit und anderen Städten kaum erfreut sein, wenn Güter von Zuliefererbetrieben in Ontario und anderen Nachbarprovinzen aufgrund überzogener Grenzkontrollen verspätet eintreffen.
Die in Kanada geplante Reform ist in Wirklichkeit sehr zurückhaltend. Bereits im Jahre 1973 entkriminalisierte der US-Bundesstaat Oregon den Besitz einer Unze (28g) Cannabis, gefolgt von Kalifornien und 10 anderen Staaten. Im US-Bundesstaat Ohio, direkt südlich der bevölkerungsreichsten kanadischen Provinz Ontario, ist der Besitz von bis zu 100g Cannabis nur eine Ordnungswidrigkeit. Cannabiskonsum ist dort trotzdem nicht weiter verbreitet als in anderen US-Bundesstaaten. Ohio ist auch nicht von kanadischen Drogentouristen überlaufen.
Die Behauptung Walters', 95% des in der kanadischen Provinz British Columbia produzierten Cannabis im Schätzwert von 5 Milliarden Dollar würden in die USA exportiert, ist wenig glaubwürdig. Laut einer Studie für den "Drogenzaren" lag der Jahresverbrauch der USA im Jahre 2000 bei 10,4 Milliarden Dollar. Damit würde diese Provinz die Hälfte des in den USA verbrauchten Cannabis liefern. Damit widerspricht Walters einer Aussage des Chefs der US-Bundesdrogenpolizei DEA, Donnie R. Marshall, vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses im Jahre 2001, wonach "praktisch das gesamte in die USA geschmuggelte Marihuana" über die amerikanisch-mexikanische Grenze ins Land kommt. Beispielsweise wurde an einem einzigen Tag (03.12.2002) in Laredo, Texas, doppelt soviel Cannabis aus Mexiko beschlagnahmt wie im ganzen Jahr 1999 an der Grenze zwischen dem Bundesstaat Washington und British Columbia.
Marihuana-Freigabe sorgt für Verstimmung zwischen Kanada - USA [Die Presse (AT), 15.12.2002]
Insulting U.S. rhetoric overshadows real problems with pot reform [Edmonton Journal (CA), 14.12.2002]
State By State Laws / Ohio [NORML.org]
DEA Congressional Testimony [DEA, 29.03.2001]
Kanada: Unterhausausschuss empfiehlt Entkriminalisierung [CLN#89, 13.12.2002]
Cannabis in Kanada:
5. USA: Abgeordneter diskutiert Legalisierung
Ein einflußreicher amerikanische Kongressabgeordneter hat bei einer Anhörung zur Heroinproduktion in Kolumbien zum Nachdenken über eine Legalisierung von derzeit illegalen Drogen angeregt. Dan Burton, ein konservativer Republikaner aus dem Bundesstaat Indiana, der bereits seit 1982 im Repräsentantenhaus sitzt und Vorsitzender des Ausschusses für Regierungsreform ist, fragte am 12.12.2002 vor zahlreichen Polizeivertretern aus den USA und Kolumbien und anderen Abgeordneten:
"Was würde passieren wenn Drogen nicht profitabel wären? Wenn sie mit dem Verkauf von Drogen keinen Gewinn machen könnten, was würde dann passieren?"
Government Reform Committee Hearing to Focus on Colombian Heroin Crisis
Videoaufzeichnung: Burton-Rede ab 1:18:00 [C-Span, RealPlayer erforderlich]
6. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
28.02.2003-02.03.2003 Bern (CH): CannaTrade
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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