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Briefwechsel: Ute Vogt, SPD in Baden-Württemberg
Brief von Herrn Z. an Ute Vogt, SPD-BaWü Sehr geehrte Frau Vogt, erstmal meine Gratulation zu ihrem Wahlerfolg (auch wenn er besser hätte laufen können). Hätte Ihnen den Sieg natürlich gegönnt, doch es hat nun mal nicht sollen sein. Kämpfen sie weiter, das Baden-Württenberg auch bald mal einen Regierungswechsel erlebt!! Vielleicht erinnern Sie sich ja noch an die Jugendpressekonferenz im Medienhaus in Stuttgart (Mitte Januar), an der ich damals auch teilgenommen habe und von Ihren Antworten begeistert war. Doch nun zu meinem Anliegen. Ich beschäftige mich jetzt nun schon seit einem Jahr mit dem allgemeinen Thema Drogen (Wirkungen, Folgen, etc.): Lese Bücher, Zeitungsartikel, Homepages und verfolge das aktuelle Politikgeschehen auch im Besonderen diesbezüglich. Ich bin ganz und gar nicht drogenabhängig (nehmen wir mal die paar Zigaretten weg), jedoch stellt sich für mich nach ausgiebiger Beschäftigung mit diesem Thema die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn die Politik mal wieder eine Diskussion über die Drogenpolitik beginnen würde. Vorallem geht es mir um die Drogenpolitik im Bereich Cannabis. Sie als junge, aufgeklärte Politikerin sollten vielleicht auch wissen, dass Cannabis zu einenr weitverbreiteten Droge unter Jugendlichen geworden ist. Mal abgesehen davon, dass sich viele Jugendlichen mit dem Gebrauch dieser Droge (ob dies jetzt positiv oder negativ ist, ist egal!) strafbar machen und sich damit eventuell ihre Zukunft verbauen, ist es mittlerweile erwiesen, dass die Droge Cannabis zu den eher "harmlosen" Drogen gehört (selbst bei dauerhaftem Konsum harmloser als z.B. die legale Droge Alkohol). Ich denke, dass auch dies bei einem derartigen hohen Konsum/Tolleranz von Cannabis zumindest in meiner Generation ein wichtiger Faktor dafür ist, dass viele Jugendliche das Vertrauen in die Politik verlieren, da diese Fakten abgestritten werden und das Thema verdrängt wird. Auch ich war früher ein harter bekämpfer aller illegalen Drogen, jedoch hat sich meine Meinung schnell geändert, nachdem ich mich mit dem Thema beschäftigt habe. Ich bitte sie und Ihre Kollegen/innen dringend darum, über eine Änderung des Betäubungsmittelgesetztes nachzudenken. Es kann nicht sein, dass man in Deutschland auch als Abhängiger von "harten" Drogen, die ich ganz und gar nicht tolleriere, derartig hart bestraft wird. Der Abhängige einer Droge ist nicht der Dealer (also der Verursacher von Kriminalität), ihm muss stattdessen geholfen werden!!!! Selbst, wenn sie nicht der meinung sein sollte, dass es sich lohnen würde über eine Entkriminalisierung von Cannabis nachzudenken, sollten sie jedoch darüber nachdenken, dass der Staat, dann allerdings auch Cannabis"abhängige" als ABHÄNGIG ansehen sollte und Ihnen, dann aber bitte auch beim Drogenentzug (wenn man überhaupt bei Cannabis davon sprechen kann) helfen sollte. In der Schweiz und in den Niederlanden zeigt sich, dass die Entkriminalisierung den Konsum nicht gleichzteitig anhebt!!! Ich habe mich als junger, politisch interessierter Mensch mit diesem Problem an Sie gwendet und bitte Sie sehr darum, dieses Thema ernst zu nehmen. Die niedrigen Wahlbeteiligungen dieser Landtagswahl unter jungen Leuten könnten mit ein Grund für die Drogenpolitik der Bundesregierung sein. Des weiteren bitte ich sie mal darüber nachzudenken, ob sich eine niedrige Wahlbeteiligung nicht auch mit einer aggresiven, modernen, intensiven Werbekampagne (Bsp.: Wählen stützt die Demokratie!!!!) zumindest teilweise beheben könnte. Zum Ende dieser Email noch ein kleiner, für mich historischer Satz zum nachdenken: "Die Strafe für den Gebrauch einer Droge sollte nicht schädlicher sein, als die Droge selbst. Wo das der Fall ist, muß es geändert werden. Nirgendwo ist dies eindeutiger als bei Haschisch und Marihuana." Ich danke Ihnen für das lesen dieser langen Email. Ich wäre Ihnen sehr,um eine persönliche Antwort verbunden. Ich für meinen Teil werde mich weiter mit diesen beiden Themen beschäftigen und dafür kämpfen, dass irgednwann Jugendliche nicht wegen einer Droge, die harmloser ist als Alkohol (zumindest nicht schlimmer), ohne das sie diese konsumieren auf offener Straße von der Polizei zur Durchsuchung gedrängt werden (was in meinem Alter häufig vorkommt) und damit, als kriminell verdächtigt werden!!! = Entkriminalisierung von Cannabis Bitte entschuldigen Sie meine schlechte Rechtschreibung. Mit freundlichen Grüßen [Name, Anschrift]
Von: Ute Vogt <ute.vogt@bundestag.de> Sehr geehrter Herr Z., ich danke Ihnen für Ihre Mail zur Drogenpolitik bzw. zur Legalisierung von Cannabis-Produkten und nehme zu diesem Bereich gerne Stellung. Zunächst einmal kann ich Ihnen nur Recht geben: Wir wissen nicht zuletzt durch zahlreiche medizinische Gutachten, dass der Konsum von Cannabis anscheinend ungefährlicher sein soll als der von Alkohol. Zu bedenken ist aber auch, dass Hanf und Marihuana oft als "Einstiegsdroge" dienen. Um hier einen vernünftigen Weg des weiteren Umgangs zu finden, bin ich der Meinung, dass eine pauschale Lösung, also entweder das totale Verbot oder die vollständige Legalisierung, keine Lösung sein kann. Mir ist wichtig, die NutzerInnen und KonsumentInnen erst einmal straffrei zu stellen - wie Sie ja auch schreiben. Durch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist immer noch nicht vollständig klar, was im Einzelfall Eigenbedarf ist und was nicht. Deshalb finde ich es entscheidend, zunächst den Verbrauch zu entkriminalisieren. In einem zweiten Schritt sollten wir sehr sorgfältig über den weiteren Umgang mit Cannabis beraten. Aktueller Vorschlag ist momentan die Durchführung einer Anhörung im Bundestag, zu der auch und gerade KonsumentInnen eingeladen werden. Diese Forderung finde ich sehr sinnvoll und unterstütze sie auch. Zum allgemeinen Kurs in der Drogenpolitik der Bundesregierung möchte ich noch bemerken, dass zur Zeit durchaus eine Diskussion stattfindet. Vielleicht erreicht sie die Öffentlichkeit nicht genügend, aber die Ansätze, die die Regierung verfolgt, kann ich nur unterstützen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, haben sich kürzlich im Kabinett mit der Problematik des Drogenkonsums in Deutschland befasst. Anlass hierfür waren u. a. die im Februar veröffentlichten Daten über die Zahl der Drogentoten im Jahr 2000, die im Vergleich zu 1999 um 11,6 % auf 2023 angestiegen ist. Um die Überlebenshilfe für Schwerstabhängige zu stärken wurde vom Bundeskabinett die Einführung eines Substitutionsregisters beschlossen, um Mehrfachverschreibungen von Substitutionsmitteln zu verhindern. Im Zusammenspiel mit den weiteren bereits beschlossenen Maßnahmen, wie der rechtlichen Absicherung von Drogenkonsumräumen und dem Modellprojekt zur heroingestützen Behandlung, sind wir einen wichtigen Schritt weiter, den Menschen zu helfen. Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Drogen- und Suchtpolitik einem humanitären und ganzheitlichen Ansatz. Besonderer Schwerpunkt ist dabei die Prävention. Die Betroffenen werden über die Gefahren aller Suchtstoffe und deren Risiken aufgeklärt und ihre Gesundheit soweit wie möglich geschützt. Des weiteren wird die Bundesregierung Präventionsmaßnahmen auf besonders gefährdete Betroffenengruppen konzentrieren und hierbei auf die Ergebnisse aktueller Forschungsarbeiten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit zurückgreifen. Um aktuelle Informationen über neue Trends, Konsummuster und neu auf dem illegalen Markt auftauchende Drogen besonders in den Großstädten zu gewinnen, wird derzeit ein länderübergreifendes Früherkennungssystem (Monitoring) geprüft. Als eine Maßnahme der Sekundärprävention und Frühintervention hat ein Bund-Länder-Modellprogramm begonnen, an dem sich 8 Länder und der Bund beteiligen. Träger ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Dieses Modellprogramm soll insbesondere strafrechtlich auffällig gewordenen Drogenkonsumenten ein freiwilliges Angebot zu einem Intensivkurs über Drogen, ihre Wirkungen und gesundheitlichen Gefahren sowie alternative Handlungsmöglichkeiten machen. Drogenabhängige sollen auch durch die Einrichtung von Drogenkonsumräumen, die durch das 3. BtmGÄndG zugelassen wurde, und demnächst durch den Modellversuch zur heroingestützten Behandlung erreicht, betreut und reintegriert werden. Weiterhin ist vorgesehen, die Sicherheit und Qualität der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger zu verbessern. Mit der ebenfalls heute beschlossenen 15. Betäubungsmittelrechts-Änderungsänderungsverordnung (BtMÄndV) sollen dazu für Ärzte, die Substitutionsmittel verschreiben, eine von den Ärztekammern zu definierende suchttherapeutische Qualifikation und für das Verschreiben von Substitutionsmitteln ein zentrales Meldesystem (Substitutionsregister) verbindlich eingeführt werden. Ich zweifle zwar ein wenig an Ihrer Analyse, dass junge Leute auch wegen der Drogenpolitik von der Wahl fernbleiben. Aber zumindest haben Sie insoweit wirklich Recht, als dass die Drogenpolitik ein ganz entscheidendes Feld ist, da es den Alltag vieler Menschen, nicht nur junger, prägt. Aus diesem Grund finde ich es auch prima, dass Sie an diesem Thema dranbleiben wollen. Denn eine Änderung der Drogenpolitik erfordert einen neuen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie der leider noch immer sehr rückwärtsgewandte Ansatz der Unionsparteien zeigt. Viele Grüße Ute Vogt Hier geht es zu unserer Briefseite, hier zur SPD-Bundestagsfraktion. Hier geht es zu unserer Linkseite zur Parteipolitik, mit Thesenpapieren der Parteien und unseren Erwiderungen darauf, Links zu parteipolitischen Onlineforen sowie zu den Listen der Abgeordneten der Fraktionen im Bundestag. |