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CannabisLegalNews (Nummer 165, 16.07.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Karlsruhe nimmt Vorlagebeschluss nicht an
1. Karlsruhe nimmt Vorlagebeschluss nicht an
Das Bundesverfassungsgericht hat den vor zwei Jahren vom Amtsgericht Bernau geschriebenen Vorlagebeschluss zum Cannabisverbot nicht zur Entscheidung angenommen (AZ. 2 BvL 8/02). Damit bleibt das Cannabisverbot im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in seiner gegenwärtigen Form vorerst erhalten.
Das eigentlich Überraschende an der Entscheidung war nicht ihr Ausgang; hier gab es unterschiedliche Erwartungen. Der Zeitpunkt der Entscheidung war es, der alle überraschte, die den Vorlagebeschluss verfolgt hatten. Für einen am 26.06.2004 veröffentlichten Telepolis-Artikel (siehe CLN#163, 04.07.2004 ) kontaktierte noch dessen Autor das Gericht um festzustellen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. "Aufgrund der Arbeitsbelastung durch früher eingegangene Verfahren ist derzeit allerdings noch kein Entscheidungstermin über die Bernauer Vorlage absehbar, wie ein Sprecher des Gerichts Telepolis mitteilte," hiess es im Artikel. Jedenfalls stand ganze drei Tage nach Veröffentlichung des Telepolis-Artikels der Karlsruher Beschluss bereits fest. Er fiel in genau Woche, in der der Spiegel-Titel zur "Seuche Cannabis" (siehe CLN#163, 04.07.2004 ) und viele weitere Presseberichte dazu die Runden machten.
Das Amtsgericht Bernau hatte seine Zweifel an der Verfassungsmässigkeit des Verbots massgeblich mit der unterschiedlichen Rechtspraxis in den verschiedenen Bundesländern begründet. Darauf ging das höchste deutsche Gericht nur am Rande ein: "Die Darlegungen des Amtsgerichts zu der uneinheitlichen Einstellungspraxis der Strafverfolgungsbehörden sind in sich widersprüchlich und daher nicht geeignet, die gesetzliche Konzeption in Zweifel zu ziehen," war alles, was das Bundesverfassungsgericht dazu zu sagen hatte.
Wie 1994 entschied das Gericht, das Cannabisverbot an sich verstosse nicht gegen das Übermassverbot des Grundgesetzes, weil es bei geringer Schuld keine Bestrafung vorschreibt, sondern u.a. durch den 1992 eingeführten §31a BtMG eine Verfahrenseinstellung ermöglicht. Die Richter verpflichteten den Gesetzgeber damals, eine "im wesentlichen einheitliche" Rechtspraxis bei dessen Anwendung sicherzustellen. Entsprechende Verhandlungen zur Festlegung einheitlicher Einstellungskriterien im Jahre 1994 blieben ohne Ergebnis. Als dann 1997 eine Studie im Auftrag der Bundesregierung Daten aus den Jahren 1994/1995 auswertete, bestätigte sie "gravierende Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern" (Aulinger-Studie).
Entgegen unseren Erwartungen wartete das Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluss nicht eine vor zwei Jahren vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene Studie des Max-Planck-Instituts (MPI) zur Rechtspraxis bei geringen Mengen Cannabis ab, die bis Ende dieses Jahres veröffentlicht werden wird. Die MPI-Studie wird endlich Daten liefern, die neuer sind als die mittlerweile 9 bis 10 Jahre alten Zahlen aus der Aulinger-Studie. Im Herbst 2002 beschlossen die Justizminister der Bundesländer, auf die MPI-Studie zu warten, bevor sie erneut über eine Angleichung der Definition der geringen Menge sprechen wollen. Nachdem das Karlsruher Gericht bis Ende 2003 keine Entscheidung gefällt hatte, war zu erwarten, dass es für eine Entscheidung auf die aktuellen Zahlen aus der MPI-Studie dieses Jahr warten würde. Dem war nicht so. Über die Gründe kann man nur mutmassen.
Sollte die MPI-Studie die Existenz von gravierenden Unterschieden bei der Rechtspraxis zwischen verschiedenen Bundesländern bestätigen, dann wird das die bestehende Rechtslage erneut in Frage stellen. Die Studie untersucht auch mögliche Auswirkungen der Einstellungspraxis auf Konsumverbreitung und Konsummuster. Wenn eine repressivere Rechtspraxis keine niedrigere Konsumprävalenz bewirkt als eine liberale Rechtspraxis, ist eine repressive Rechtspraxis offensichtlich kein geeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks. Damit in Grundrechte eingreifende Gesetze zulässig sind, müssen sie sowohl geeignet als auch notwendig sein, so das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1994.
Indem das Bundesverfassungsgericht der Veröffentlichung der MPI-Studie zuvorgekommen ist, ist eine rasche Umsetzung eventueller neuer Erkenntnisse daraus auf juristischem Weg weniger wahrscheinlich geworden. Daher ist wieder verstärkt die Politik gefordert, d.h. der Bundestag und die Regierungen der Bundesländer.
Pressemitteilung Nr. 67/2004 vom 9. Juli 2004
Beschluss vom 29.06.2004
Der Weg zur Entkriminalisierung von Haschischrauchern geht nicht über Karlsruhe [Grüne, 09.07.2004]
Besitz kleinerer Mengen Haschisch bleibt strafbar [Freie Presse, 09.07.2004]
Normenkontrollantrag (AG Bernau)
Studie des Max-Planck-Instituts Freiburg (Albrecht / Paoli)
Ungleiche Rechtspraxis in den Bundesländern
2. Bernau: 100 Euro Geldstrafe
Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Vorlage des Amtsgerichts Bernau zur Verfassungsmässigkeit des Cannabisverbots bei geringen Mengen abgelehnt hat, hat das AG Bernau einen 20-Jährigen wegen Vermittelung eines Verkaufs von 450g Cannabis zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Anwalt des Angeklagten war bemüht, auch diesen Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen zu lassen.
Kein Weg nach Karlsruhe [Märkische Allgemeine, 13.07.2004]
Bernau Drogenurteil: 100 Euro Strafe [Märkische Oderzeitung, 13.07.2004]
Karlsruhe nimmt Vorlagebeschluss nicht an [09.07.2004]
Drogenpolitik in den Ländern: Brandenburg
3. Neue Drogenbeauftragte in Baden-Württemberg
Der bisherige Sozialminister und Drogenbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung, Friedhelm Repnik, scheidet aus dem Amt aus. Repnik, der als Hardliner galt und der vor mehreren Jahren in die Schusslinie der Kritik geriet, nach dem er die Schweizer Psychosekte "VPM" in Schutz genommen hatte, übernimmt die Leitung der staatlichen Lotto- und Toto-Gesellschaft. Seine Amtsnachfolgerin wird die CDU-Bundestagsabgeordnete Tanja Gönner (35) aus dem Wahlkreis Zollernalbkreis-Sigmaringen.
Teufel tauscht in Baden-Württemberg vier Minister aus
Tanja Gönner (MdB) - Homepage
Drogenpolitik in den Ländern: Baden-Württemberg
Minister Repnik gegen Schweizer Entkriminalisierung [CLN#5, 07.04.2001]
4. USA: Tommy Chong aus der Haft entlassen
Tommy Chong, eine Hälfte des amerikanischen Komikerdous "Cheech und Chong", verließ am Dienstag, 06.07. ein US-Bundesgefängnis, nachdem er eine 9-monatige Haftstrafe abgesessen hatte. Er war verurteilt worden, weil seine Firma Glaspfeifen verkauft hat, mit denen man Cannabis rauchen kann.
Newsbrief: Tommy Chong Walks Out of Prison [DWC#345 (US), 09.07.2004]
USA: Tommy Chong hinter Gittern [CLN#130, 17.10.2003]
Cannabis in den USA
5. Philippinen: 37 Jahre für Drogenbesitz
Wegen Besitz von 2,1 Gramm Cannabis, 0,4 Gramm Methamphetamin und Zubehör zum Konsum von Methamphetamin ist ein 27-Jähriger in den Philippinen zu 37 Jahren Haft verurteilt worden. Dazu kommt noch eine Geldstrafe von 620.000 Pesos (ca. 8900 Euro).
Drakonische Strafen wie diese verhindern trotzdem nicht, dass Millionen Menschen auf den Philippinen illegale Drogen konsumieren. Die Regierung schätzt, dass 1,7 bis 2,1 Millionen Einwohner des Landes Cannabis, Methamphetamin oder andere illegale Drogen gebrauchen.
Man Gets 37-Year Term For Drug Possession [Sunstar Davao (PH), 15.06.2004]
Drogen auf den Philippinen
6. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
21.07.2003 Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |