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CannabisLegalNews (Nummer 149, 19.03.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. "Gentechnik-Marihuana"?
1. "Gentechnik-Marihuana"?
Eine aktuelle AP-Meldung zu Cannabis, die derzeit durch die Presse geht, veranschaulicht, wie unseriös bei dem Thema berichtet werden kann:
Genmanipuliertes Marihuana spielt auf dem norddeutschen Drogenmarkt nach Beobachtungen von Suchtgiftfahndern eine zunehmend wichtige Rolle.
Doch nur wenige Sätze weiter heisst es dann: "Der hohe THC-Wert werde schon seit einigen Jahren in den Niederlanden durch spezielle Züchtung erzeugt. Ob diese auf natürlicher Auslese oder Genmanipulation beruhe, sei offen, hieß es." Mit anderen Worten, das angebliche neue "Gen-Marihuana" ist erstens ein alter Hut (solche Züchtungen gibt es in Nordamerika und Europa seit über zwei Jahrzehnten), und zweitens kann das mit der genetischen Manipulation genauso gut nur ein Gerücht sein. Warum dann die reisserische Überschrift mit dem "Gen-Marihuana"?
"Viele Heroin-Dealer würden mittlerweile auf den Vertrieb der neuen Marihuana-Züchtung setzen, erklärte der deutsche Fahnder Wolfgang Rulfs weiter", heißt es im "Standart". Wir hoffen doch sehr, dass die Kunden dieser Dealer nicht versuchen werden, sich das grüne Kraut in die Venen zu spritzen...
Unklar ist auch, warum das Wunderkraut aus Bremen "fünf Mal so stark wie herkömmliches Marihuana" sei, wenn laut Fahnder Rulfs normales Marihuana 6 Prozent THC enthält. Jeder Zweitklässler könnte nachrechnen, dass die "neue" Sorte dann 30% THC und nicht "bis zu 20%" enthalten müßte.
An und für sich wäre ein Anstieg des Wirkstoffgehalts kein Grund zur Panik: Ein Cannabisraucher, der weiß, dass er 15%iges statt 5%igem Cannabis vor sich hat und entsprechend dosiert, erreicht die selbe Wirkung und erspart gleichzeitig seinen Lungen zwei Drittel der Rauchbelastung. Das ist der Idealfall, in einem legalen, staatlich kontrollierten Markt. In einem illegalen Markt jedoch, wo weder der Anbauer noch der Händler, geschweige denn der Konsument den tatsächlichen Wirkstoffgehalt kennt, kann es schon sein, dass jemand etwas zuviel erwischt, wenn er mit Cannabis unbekannten Ursprungs wie gewohnt umgeht.
Die Cannabisprohibition verhindert nicht den Konsum, sondern nur den Verbraucherschutz. Warum werden solche Zusammenhänge nicht angesprochen, wenn es um den Wirkstoffgehalt von Drogen geht? Helfen Sie mit, das zu korrigieren. Schreiben Sie einen Leserbrief an eine Zeitung! Das Medienprojekt MAP-DE hilft Ihnen dabei.
Leider geht es bei vielen Berichten über Drogen nicht in erster Linie darum, Informationen zu verbreiten. Oft werden einfach nur Emotionen geschürt, Logik und faktische Details sind dabei scheinbar völlig nebensächlich. Kein Wunder, dass wir heute noch mit Drogengesetzen leben, die auf 80 Jahre alte Vorurteile zurückgehen.
Neue Marihuana-Sorte mit fünffacher Wirkung bei Dealern gefragt [Yahoo, 10.03.2004]
Neue Marihuana-Sorte bei Dealern sehr beliebt [Rheinische Post, 11.03.2004]
Gen-Marihuana auf dem Vormarsch [Standart (AT), 10.03.2004]
Wirkstoffgehalt von Haschisch und Marihuana
Medienprojekt MAP-DE
2. Interviews: Martin Matz, Andreas Müller
Zwei interessante Interviews mit Personen, die sich für eine Cannabisreform einsetzen, wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Die "Junge Welt" sprach mit Martin Matz. Als drogenpolitischer Sprecher der Berliner FDP war er federführend bei dem Vorschlag, den staatlich kontrollierten Verkauf von Cannabis in Berlin als Modellversuch zu erproben.
F: Was sind die alternativen Vorschläge Ihrer Fraktion?
Drogenlegalisierung in Berlin: FDP für Joints mit staatlicher Lizenz? [junge Welt, 12.03.2004]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
Hintergründe, Argumente und Thesen zum Thema Cannabis [Martin Matz/FDP Berlin, PDF, 08.09.2003]
Berlin: FDP für Coffeeshops [CLN#127, 26.09.2003]
FDP und Cannabis
An den Anhörungen zu den Vorschlägen im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses nahm Richter Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau teil, mit dem die "taz" sprach. Mit einem Vorlagebeschluß an das Bundesverfassunggericht will er prüfen lassen, ob die derzeitige Rechtspraxis bei Cannabis mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist.
An den deutschen Schulen ist es nach wie vor so, dass jeder erzählen kann, er habe sich am Wochenende halb tot gesoffen, aber kaum jemand sagt offen: Ich habe gekifft. Lehrer und Eltern sprechen das Thema nicht an, weil es unter dem Damoklesschwert der Strafbarkeit steht. Ich bevorzuge das Modell der Holländer, wo Cannabis seit 30 Jahren frei zugänglich ist und ehrlich darüber geredet wird. Mit dem Ergebnis, dass die Zahl der Konsumenten trotz Freigabe nicht angestiegen ist.
"Ich stand oft auf der Abschussliste" [taz, 15.03.2004]
Normenkontrollantrag (AG Bernau)
3. Dänemark: Razzia in Christiania
Bei einer polizeilichen Razzia im "Freistaat Christiania", einer selbstverwalteten Gemeinschaft auf einem ehemaligen Kasernengelände in Kopenhagen, wurden 48 Personen festgenommen.
Ein Sanierungsplan der Regierung für das Viertel, nach dem wohl die meisten Einwohner wegziehen hätten müssen, wurde zwar inzwischen aufgegeben, die Regierung besteht jedoch weiter darauf, dass der Cannabisverkauf in Christiania eingestellt wird.
Haschisch-Razzia in Kopenhagens Hippie-Viertel [FAZ, 16.03.2004]
Dänemark: Stände in "Pusherstraße" niedergebrannt [CLN#141, 16.01.2004]
Cannabis in Dänemark
4. USA: "Null Toleranz" im Strassenverkehr
In den USA fällt der Strassenverkehr in den Zuständigkeitsbereich der Bundesstaaten. So gelten etwa in verschiedenen Staaten unterschiedliche Promillegrenzen bei Alkohol. Die Bund kontrolliert jedoch erhebliche Mittel zum Strassenbau, über die er eine Hebelwirkung auf die Gesetze der Bundesstaaten hat. So wurden vor mehreren Jahren bereits Mittel gekürzt, wenn Bundesstaaten kein Gesetz erließen, wonach Besitz selbst geringer Mengen von Cannabis automatisch eine sechsmonatige Führerscheinsperre zur Folg hatte, auch wenn der Besitz in keinerlei Zusammenhang zum Strassenverkehr stand. Ein entsprechendes Gesetz in Kalifornien liess das Parlament in Sacramento jedoch wieder auslaufen.
Nun wollen Abgeordnete des Kongresses in Washington D.C. die Staaten dazu bewegen, jeden Nachweis von vergangenem Konsum bei Fahrern wie Fahren im berauschten Zustand zu bestrafen. Urin- und Haarstests etwa weisen keine Rauschwirkung nach sondern sprechen noch Wochen und Monate nach dem Konsum an, während eine akute Rauschwirkung nur wenige Stunden anhält. Im Februar fand in Tampa, Florida eine Konferenz statt. Dort riefen Robert Dupont, ein ehemaliger Drogenbeauftragter der US-Bundesregierung und andere Experten Politiker dazu auf, entsprechende "Null-Toleranz"-Gesetze zu erlassen.
DuPont propagierte bereits während der Amtszeit von Präsident Reagan Drogentests und machte z.B. die Vergabe von Regierungsaufträgen an Privatfirmen davon abhängig, dass diese ihre Mitarbeiter auf Drogenkonsum testeten. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt betrieb DuPont dann zusammen mit Carlton Turner, einem anderen ehemaligen "Drogenzar" eine Firma, die eben diese Drogentests an Firmen und die Regierung verkaufte.
Nachdem im Laufe der 80er Jahre viele US-Firmen Drogentests für Jobbewerber und Mitarbeiter eingeführt hatten, stagnierte die Zahl der Firmen, die solche Tests verwendeten und war in den letzten Jahren sogar rückläufig. Verschiedene wissenschaftliche Studien konnten keine Produktivitätsverbesserungen durch Drogentests feststellen.
Wenn man per Urintests tatsächlich Konsumenten zum Umstieg von Drogen mit langer Nachweisdauer (Cannabis) auf solche mit relativ kurzer Nachweisdauer (Alkohol, Kokain) motiviert, sind Verbesserungen der Sicherheit wohl eher nicht zu erwarten. Allein die Bilanzen der Lieferanten von Drogentests dürften sich verbessern, sollten die Vorschläge aus Tampa Gesetz werden.
"Amerikas Erfahrung mit Drogentests am Arbeitsplatz (wo Drogentests ohne vorherigen Verdacht erlaubt sind) hat uns auf Tests für Fahren unter Drogen vorbereitet," sagte der frühere NIDA-Direktor Robert DuPont. "Wir müssen von dem Konzept 'Du kannst nicht unter Drogenbeeinträchtigung fahren' zu 'Du kannst überhaupt nicht mit Drogen fahren.'"
Congress Seeking To Mandate States Pass Per Se "Drugged Driving" Laws [NORML, 18.03.2004]
International "Drugged Driving" Conference Calls For Expanded Role For Drug Testing [NORML, 26.02.2004]
Drogentests am Arbeitsplatz
Drug Test Makers Benefit From Testing [News Leader (US), 03.07.2002]
Cannabis in den USA
5. Übergewicht in den USA
Für jeden Amerikaner, der im Jahre 2000 im Zusammenhang mit illegalen Drogen um's Leben kam, starben 23 Amerikaner wegen falscher Ernährung. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie in der aktuellen Ausgabe des Journal of the American Medical Association (JAMA).
Mit 400,000 Todesfällen pro Jahr liegt Übergewicht als vermeidbare Todesursache nur noch knapp hinter der legalen Droge Tabak, die 435.000 Menschen pro Jahr das Leben kostet. Setzt sich der bestehende Trend fort, wird Übergewicht bald die häufigste vermeidbare Todesursache in den USA sein. An dritter Stelle folgt Alkohol, mit 85.000 Toten. Weitere Ursachen: Infektionen, 75.000; Vergiftungen: 55.000; Verkehrsunfälle: 43.000; Schusswaffen: 29.000; riskantes Sexualverhalten: 20.000; illegale Drogen: 17.000.
Für die Bekämpfung des illegalen Drogenkonsums geben die USA pro Jahr rund 40 Milliarden Dollar aus. Für die Bekämpfung der anderen Todesursachen liegen keine Zahlen vor.
Fat & Sloth Kill 20 Times More People than Illegal Drugs, Study Finds [DWC#328, 12.03.2004]
Cannabis in den USA
6. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
19.-21.03.2004 Bern (CH): Cannatrade
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
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