Cannabislegalisierung in Deutschland!
Neuigkeiten
Argumente
Politik
Verein
Aktionen
Medienprojekt
Infos über Cannabis
Hanf & Recht
Politik international
Studien
Bücher
Links
Suchen
Kontakt
in English in English
 

Cannabis, Alkohol, Tabak und Co.
Ein Vergleich der gesundheitlichen Risiken von Drogen
 

Starker Cannabiskonsum verursacht geringere gesundheitliche Schäden als der starke Konsum der gebräuchlichsten anderen legalen und illegalen Drogen. Zwei Studien haben damit bestätigt, was viele seit langem annehmen. Anfang dieses Jahres erschien eine Untersuchung australischer und kanadischer Wissenschaftler über die Gefährlichkeit von Cannabis im Vergleich zu Tabak, Alkohol und Opiaten. Bereits im Juni 1998 war der Öffentlichkeit der Bericht einer französischen Expertenkommission über die Gefährlichkeit von Drogen vorgestellt worden.

Eine der zentralen Aussagen des "Roques-Reports" an das französische Gesundheitsministerium ist die Einteilung der Substanzen in drei Risikogruppen. Zu den gefährlichsten Mitteln zählen danach Opiate, Alkohol und Kokain. In die mittlere Kategorie fallen Ecstasy, Aufputschmittel, Benzodiazepine (Beruhigungsmittel) und Tabak. Relativ geringe Risiken seien dagegen mit Cannabisprodukten wie Haschisch und Marihuana verbunden. 1997 hatte Bernhard Kouchner, Staatssekretär für Gesundheit im französischen Ministerium für Arbeit und Solidarität den Pariser Pharmazieprofessor Bernard Roques, der das Nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) leitet, beauftragt, die internationale Literatur zu sichten und die Gefährlichkeit von Drogen zu vergleichen. Im Mai 1998 legte er dem Ministerium einen 190 Seiten starken Bericht vor, der von einer zehnköpfigen Expertenkommission und weiteren externen Beratern erstellt worden war. Im Juni 1998 wurde der Bericht der Öffentlichkeit präsentiert.

Vergleich der Gefährlichkeit verschiedener Drogen. Nach dem Bericht von Bernard Roques an den französischen Gesundheitsminister aus dem Jahre 1998.

Gesellschaftliche Faktoren beeinflussen die Gefahren

Die Gefährlichkeit von Drogen hängt nicht nur von ihren gesundheitlichen Effekten, sondern auch von historischen und gesellschaftlichen Faktoren, beispielsweise dem rechtlichen Status, ab. Besonders deutlich wird dies bei den Opiaten. Diese gelten im Falle der arzneilichen Verwendung, etwa bei der Therapie von Schmerzkrankheiten, als vergleichsweise sicher und wenig toxisch. Beim illegalen Konsum ist vor allem die bevorzugte Anwendungsform, das Spritzen der Droge, mit einer Anzahl ernster Gefahren verbunden. Dies betrifft vor allem Infektionen mit Hepatitis und Aids sowie tödliche Überdosierungen. Das traditionelle Rauchen von Opiaten beziehungsweise Opium ist weniger ergiebig als das Spritzen. Durch eine Injektion läßt sich der gewünschte Rausch mit kleineren Mengen erzielen, so daß die durch eine repressive Drogenpolitik bewirkte Verteuerung der Droge die risikoreichere Applikationsart fördert. Für einige Gefahrenbereiche sind die Wirkungen, insbesondere die Langzeitwirkungen noch nicht hinreichend bekannt. So ist nach Meinung der Autoren des Roques-Reports noch unklar, ob Ecstasy-Konsum schwere Nervenschäden verursachen kann, was in der Zukunft auch die Gesamteinschätzung der Gefährlichkeit dieser Droge verändern könnte.
 

Unser Wissen ist vorläufiger Natur

Professor Wayne Hall und Kollegen, die Autoren eines anderen Berichts, betonen zudem die Vorläufigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die langzeitigen Effekte eines chronischen Cannabiskonsums. Im Vergleich zu Tabak und Alkohol gebe es nur wenige epidemiologische Studien, die Aufschlüsse über Spätwirkungen lieferten. Daher würde die Stärke des Zusammenhangs zwischen einigen gesundheitlichen Konsequenzen und einem Cannabiskonsum gelegentlich von anderen Drogen abgeleitet. Beispielsweise werden Gefahren des Marihuanarauchens für die Atemwege oft vom Tabakrauchen hergeleitet oder seine Gefährlichkeit beim Autofahren vom Alkoholkonsum. Dieses Vorgehen hat allerdings erhebliche Schwächen. So zeigen beispielsweise die wenigen vorhandenen epidemiologischen Studien, daß Cannabiskonsum in wesentlich geringerem Maße als Alkohol die Gefahren im Straßenverkehr vergrößert. Die Autoren weisen zudem darauf hin, daß die meisten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen des Cannabiskonsums durch Studien in den entwickelten Ländern Nordamerikas und Europas gewonnen wurden. Demgegenüber sei nicht viel bekannt über die Auswirkungen in weniger entwickelten Ländern, in denen Cannabisprodukte traditionellerweise seit langer Zeit konsumiert werden. Die Durchführung entsprechender Untersuchungen in diesen Ländern sei daher vordringlich.

Die WHO geht auf Distanz

Professor Wayne Hall, Direktor des australischen Zentrums für Drogen- und Alkoholforschung in Sydney, und zwei kanadische Drogenexperten aus Toronto, Dr. Robin Room vom Institut für Sucht und seelische Gesundheit und Dr. Susan Bondy vom Institut für klinische evaluative Wissenschaft, waren von der who (Weltgesundheitsorganisation) gebeten worden, die Gefährlichkeit von Cannabis mit der von Alkohol, Tabak und Opiaten zu vergleichen. Diese Untersuchung sollte mit weiteren Studien im Cannabisbericht der WHO vom Dezember 1997 zusammengefaßt werden. Als die Analyse vorlag und für Cannabis recht günstig ausfiel, ging die who allerdings auf Distanz zu dieser Untersuchung. Zumindest wurden ihre wesentlichen Aussagen nicht in den Cannabisbericht aufgenommen. Die britische Fachzeitschrift New Scientist schrieb im Februar 1998, die who habe einen Rückzieher gemacht, nachdem das amerikanische Nationale Institut gegen den Drogenmißbrauch und das UNO-Drogenkontrollprogramm Druck gegen eine Veröffentlichung ausgeübt hätten. Der Vorwurf der Zensur wurde von der WHOallerdings zurückgewiesen. Die Nichtberücksichtigung des Vergleichs im Cannabisbericht der WHO basiere auf rein wissenschaftlichen Überlegungen. Die Studie erschien schließlich Anfang 1999 in einem 520 Seiten starken Buch über die gesundheitlichen Effekte von Cannabis.

Die gesundheitlichen Risiken im Vergleich

Die folgenden Abschnitte geben die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie wieder. Sie sind übersichtlich in der Grafik  dargestellt. Die Beurteilungen
beziehen sich dabei grundsätzlich auf eine starke chronische Anwendung der schädlichsten Form der jeweiligen Droge für nichtmedizinische Zwecke in entwickelten Gesellschaften. "Schädlichste Form" meint für Tabak und Cannabis das Rauchen, für Alkohol hochprozentige Spirituosen und für Opiate injiziertes Heroin.

Grafik:
Die gesundheitlichen Risiken im Vergleich

Akute Effekte

Alkohol:    
Einige akute Risiken des Cannabiskonsums ähneln denen des Alkoholkonsums. Dies betrifft die Beeinträchtigung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit und der Denkfunktionen, die das Risiko für verschiedene Unfallarten vergrößert. Alkohol erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit für risikoreiches Verhalten, wie etwa gefährliches Fahren und unsichere sexuelle Praktiken. Es ist noch unklar, inwieweit Cannabis ebenfalls risikoreiches Verhalten fördert. Der Alkoholrausch ist mit aggressivem und gewalttätigem Verhalten assoziiert, und es gibt deutliche Hinweise, daß Alkohol eine Rolle beim Selbstmord spielt. Demgegenüber bestehen kaum Anhaltspunkte, daß Cannabis ursächlich mit Aggression und Gewalt in Verbindung steht. Alkoholkonsum kann zudem tödlich wirken, durch Ersticken, Alkoholvergiftung, Kardiomyopathie (Herzschaden) und Herzinfarkt. Dagegen existieren keine Berichte über Todesfälle nach der Einnahme von Cannabis.

Tabak:    
Die wichtigsten akuten Gesundheitsrisiken des Tabaks und gerauchten Cannabis sind die Irritation der Schleimhäute und die stimulierenden Wirkungen von Nikotin und des Cannabisinhaltsstoffes THC auf das Herzkreislaufsystem, die schädlich für Personen mit Erkrankungen der Atemwege und des Herzkreislaufsystems sein können. Die Reizung der Schleimhäute tritt bei oraler Aufnahme nicht auf.

Opiate:    
Einige Opiate haben mit Cannabis einen berauschenden Effekt gemeinsam,allerdings sind die beruhigenden Qualitäten der Opiate ausgeprägter. So wie beim Cannabis berichten einige Erstkonsumenten von Opiaten von unangenehmen Gefühlen, insbesondere von Übelkeit und Mißstimmungen. Alle Opiate wirken auf das zentrale Nervensystem beruhigend, können den Bewußtseinsgrad verringern und Schlaf auslösen. Wie auch für Cannabis gibt es wenige direkte epidemiologische Hinweise auf durch Opiate verursachte Verkehrsunfälle. Im Gegensatz zum Cannabis können bei Opiaten tödliche Überdosen durch starken Blutdruckabfall und Atemlähmung vorkommen.

LITERATUR

- Hall, W., Room, R., Bondy, S.: Comparing the health and psychological risks of alcohol, cannabis nicotine and opiate use. In: Kalant, H., Corrigan, W., Hall, W., Smart, R. (eds.): The health effects of cannabis. Addiction Research Foundation, Toronto 1999, S. 477-508.

- Roques, B., et al.: Problèmes posées par la dangerosité des drogues. Rapport du professeur Bernard Roques au Secrétaire d'Etat à la Santé. Paris 1998.
 

Dr. med. Franjo Grotenhermen (nova-Institut)