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Legalisierung von Cannabis gefordert (Nürnberger Zeitung, 19.04.2002)Verband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik tagt in der Villa LeonDas Rauschmittel Cannabis hat sich auch in Deutschland zu einer Alltagsdroge entwickelt. Immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche, konsumieren Cannabis als Genussdroge ähnlich wie Nikotin oder Alkohol. Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, "akzept", hält daher das Cannabis-Verbot für überholt und fordert eine Reform des deutschen Betäubungsmittelgesetzes mit einem legalen Zugang zu dieser Substanz, „akzept" veranstaltete gestern in der Villa Leon eine bundesweite Tagung zu dem Thema und hält heute dort seine Mitgliederversammlung ab. Unter dem Titel "Die Cannabis-Kampagne" strebt "akzept" innerhalb der nächsten Legislaturperiode eine Umsetzung der Cannabisreform an und hat dafür auch schon eine Reihe von prominenten Unterstützern gefunden. Diese Reform hat vor allem eine Entkriminalisierung der Konsumenten zum Ziel: Wer bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich führt, sollte straffrei bleiben. Derzeit gibt es in Deutschland keine einheitliche Rechtspraxis: In Schleswig-Holstein etwa gilt schon jetzt die 30-Gramm-Grenze, in Baden-Württemberg oder Bayern können bereits sechs Gramm oder weniger für eine Anklageerhebung ausreichen. Sinnvoller als ein staatliches Cannabis-Verbot wäre laut Heino Stöver, wissenschaftlicher Beirat von "akzept", der sachliche Umgang mit dem Thema. Ohne klare Rechtslage sei aber die dringend notwendige Aufklärung vor allem jugendlicher Cannabis-Konsumenten schwierig. "Cannabis ist keine Einstiegsdroge und macht körperlich nicht abhängig", so Stöver. Trotzdem müsse man vor der Möglichkeit der psychischen Abhängigkeit warnen und dürfe die mit dem Cannabis-Konsum einhergehenden Risiken nicht verharmlosen. In anderen europäischen Ländern habe man längst erkannt, dass der strafrechtlich orientierte Umgang mit Cannabis-Konsumenten nicht mehr den gesellschaftlichen Gegebenheiten entspreche und gesetzliche Konsequenzen gezogen. So ist z. B. in der Schweiz der Erwerb und Besitz von Cannabis inzwischen straffrei. In Deutschland geraten dagegen jedes Jahr zirka 100 000 Menschen mit dem Gesetz in Konflikt, weil sie Cannabis konsumieren. Häufig sind es Jugendliche, bei denen das Verfahren wegen Geringfügigkeit der Rauschmittel-Menge wieder eingestellt wird. "Wenn so etwas aber erst einmal bekannt wird, zum Beispiel in der Schule oder am Arbeitsplatz, dann bekommen diese Leute wirkliche Probleme", so Heino Stöver Nicht selten würden Jugendliche erst in der Folge in die Kriminalität abrutschen. Bei "akzept" ist man sich der Tatsache bewusst, dass noch einige Jahre ins Land gehen dürften, bis die Vorstellungen des Verbands in die Realität umgesetzt werden. Trotzdem, so "akzept "-Vorsitzender Edwin Scholz, sei es überfällig, dass die Politik das Thema endlich anpacke. Weil die Politiker sich — gerade in Wahlkampfzeiten — aber gerne darum herumdrückten, müssten Initiativen wie die von "akzept" den "Außendruck" verstärken. Ute Wolf © 2002 Nürnberger Zeitung |