Cannabislegalisierung in Deutschland!
Neuigkeiten
Argumente
Politik
Verein
Aktionen
Medienprojekt
Infos über Cannabis
Hanf & Recht
Politik international
Studien
Bücher
Links
Suchen
Kontakt
in English in English
 

Interview mit der neuen Drogenbeauftragten, Frau Caspers-Merk

http://www.badische-zeitung.de/
10.02.2001

BZ-Interviev mit Marion Caspers-Merk: Die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen führt zu falschen Fragen

"Wir müssen Kinder stark machen"

FREIBURG. Die Lörracher SPD-Bundestagsabgeordnete Marion Caspers-Merk ist neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Franz Schmider befragte sie nach den Schwerpunkten ihrer künftigen Arbeit.

BZ: Christa Nickels, ihre Vorgängerin, hat ihre jährliche Bilanz nicht mehr Drogen-, sondern Suchtbericht genannt, was auch einen Wechsel signalisierte. Wird das bei Ihnen genau so sein?

Caspers-Merk: Ja, das wird so bleiben. Weil wir den Begriff Sucht breiter gefasst haben. Es war ja bereits eine politische Entscheidung, die Stelle des Drogenbeauftragten vom Innenministerium ins Gesundheitsministerium zu verlagern. Denn Sucht ist eine Krankheit, unabhängig vom Stoff.

BZ: Politischen Konfliktstoff birgt aber vor vor allem das Thema illegale Drogen.

Caspers-Merk: Das kann man so nicht sagen, denken Sie an die Debatte um die Absenkung der Promillegrenze im Straßenverkehr. Da gibt es starke Interessengruppen.

BZ: Ist beim Thema Alkohol mit weiteren Verschärfungen zu rechnen?

Caspers-Merk: Das Parlament hat die Höchstgrenze gerade erst auf 0,5 Promille gesenkt. Meine Aufgabe verstehe ich so, dass ich über die Grenzen der Ressorts hinweg tätig sein werde, sei es mit dem Arbeitsminister beim Thema Sucht am Arbeitsplatz, mit dem Verkehrsminister oder auch mit dem Aussiedlerbeauftragten. Denn in der Statistik des vergangenen Jahres fällt der überdurchschnittliche Anteil jugendliche Aussiedler unter den Drogentoten auf.

BZ: Wird es von Ihnen auch eine neue Initiative zur Legalisierung so genannter weicher Drogen wie Haschisch geben?

Caspers-Merk: Nein. Mein Ansatz ist ein anderer, ich will stärker bei der Prävention ansetzen, sie verbessern. Wir müssen Kinder stark machen, damit sie nicht in Lebensphasen, in denen sie Enttäuschungen erleben müssen, zur Flasche, zur Zigarette, zu Pillen oder sonst etwas greifen. Eine Diskussion um das Thema Legalisierung setzt da falsche Akzente, denn es suggeriert: Dieser oder jener Stoff ist im Grunde harmlos, den kannst du nehmen. Das aber ist falsch, das Suchtproblem bleibt. Und 42'000 Alkoholtote im vergangenen Jahr beweisen, wie falsch die Konzentration auf die Fragestellung legal-illegal ist. Nur einen Punkt wollen wir aufgreifen, das ist die Zulassung von Cannabis als Medikament. Das ist einer der offenen Punkte, die ich übernommen habe.

BZ: Und die anderen?

Caspers-Merk: Die Frage der Zugänglichkeit von Zigarettenautomaten für Jugendliche unter 16 Jahren, die wir mit Chipkarten einschränken wollen. Dann will ich die Prävention verbessern, sie muss weg vom erhobenen Zeigefinger, muss stärker mit lokalen Aktionen verbunden werden, wie es derzeit mit dem Projekt "Life" im Landkreis Lörrach geschieht. Ich könnte mir auch die Gründung einer Präventionsstiftung vorstellen, die solche Projekte unterstützt und an der sich auch die Wirtschaft beteiligt. Wir müssen sehr genau die Fragen beantworten, die sich aus dem Anstieg der Zahl der Drogentoten ergeben. Wir haben festgestellt, dass Methadon aus den Substitutionsprogrammen auf den grauen Markt wandert. Wir müssen also die Kontrolle verbessern, vielleicht mit Hilfe eines Substitutionsregisters. Wir müssen auch Antworten finden auf die Zunahme von Partydrogen und die Verbreitung von Crack. Und wir überlegen uns, wie wir Jugendliche besser vor Alkohol und Tabak schützen können. Da gibt es eine europäische Initiative der schwedischen Ratspräsidentschaft.

BZ: Die drogenpolitische Diskussion war lange Zeit stark mit Ideologie belastet.

Caspers-Merk: Ja, und es ist wichtig, dass wir diese ideologischen Gräben überwinden. Man muss aber auch sehen: Vieles fällt in die Kompetenz der Länder. Und da bin ich gespannt, wie sich Baden-Württemberg, das sonst immer so kommunalfreundlich gibt, verhält. Bisher hat es die Bemühungen von unten um neue Wege, etwa in Lörrach und Karlsruhe, um Konsumräume und Heroinversuche, stets blockiert.


Wir sehen hier viele positive Ansätze, aber Inkonsequenz im Denken. Frau Caspers-Merk geht leider nicht auf die negativen Folgen der Kriminalisierung ein, die sie durch die Ablehnung einer Reform Hunderttausenden vor allem junger Menschen aufbürdet. Wenn "Konzentration auf die Fragestellung legal-illegal [falsch]" ist, warum dann die ganze Stigmatisierung von Cannabiskonsumenten? Die Drogenpolitik der Bundesregierung ist inkonsistent. Das zeigen die von Frau Caspers-Merk genannten 42'000 Toten pro Jahr durch die legale Droge Alkohol gegenüber keinen bekannten Toten durch die ebenfalls von Millionen konsumierte illegale Droge Cannabis. Hier misst der Staat mit zweierlei Mass. Das macht ihn unglaubwürdig. Wenn der Staat die Prävention verstärken soll, wie Frau Caspers-Merk das fordert, dann muss er zuallererst glaubwürdig sein, was nur mit einer Entkriminalisierung von Cannabis möglich wird.

Hier geht es zu unserem offenen Brief an die neue Bundesdrogenbeauftragte.

Schreiben Sie der neuen Drogenbeauftragten auch Ihre Meinung zum Thema:

Marion Caspers-Merk
Platz der Republik
11011 Berlin
 
Telefon: 030/227-75783
Fax: 030/227-76613
E-Mail: marion.caspers-merk@bundestag.de