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CannabisLegalNews (Nummer 51, 01.03.2002)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. INCB kritisiert Cannabisentkriminalisierung und Konsumräume 1. INCB kritisiert Konsumräume und Cannabisentkriminalisierung Die UN Drogenkontrollbehörde INCB kritisierte in ihrem Jahresbericht 2001 die Entkriminalisierung von Cannabis in mehreren Ländern Europas. Der Konsum von Cannabis werde zunehmend toleriert. Ob jedoch Repression überhaupt ein geeignetes Mittel ist, diese Frage stellt sich für das INCB gar nicht, obwohl der Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen seit dem ersten UN-Drogenabkommen Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts nicht gefallen sondern kräftig gestiegen ist. Die Frage nach der "richtigen Strategie", die das INCB an europäische Regierungen richtet, müsste es sich längst selbst stellen.
Some countries in western Europe have decriminalized offences related to the possession and abuse of controlled drugs and openly tolerate the abuse of drugs, particularly cannabis and MDMA (Ecstasy). The Governments of those countries should consider whether that is the proper strategy for achieving the targets set by the General Assembly at its twentieth special session, in particular the target of significantly reducing drug abuse by the year 2008. So far, none of the Governments concerned have been able to provide to the Board information showing that the application of such measures reduces the demand for illicit drugs. Beim Besitz zum Eigengebrauch wird die Aufforderung zum Verbot im erwähnten Artikel 3 des Abkommens von verfassungsmässigen und grundsätzlichen rechtlichen Bedingungen abhängig gemacht. Das heisst konkret, dass z.B. Vorbehalte des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Verhältnismässigkeit der Strafandrohung des Verbotes eine Bestrafung grundsätzlich ausschliessen können. Ebenso kann der Besitz grundsätzlich verboten sein, wie vom Abkommen gefordert, aber bis zu einer bestimmten Menge straffrei sein, wie in der Schweiz oder das Ermessensprinzip bei der Verfolgung gelten, wie in den Niederlanden. Näheres zur Rechtslage finden Sie in unserem Artikel "Cannabisverbot und Drogenkonventionen". Der Bericht behauptet ausserdem, Konsumräume (Fixerstuben) verstiessen gegen internationale Drogenabkommen:
510. The Board wishes to reiterate that the establishment of drug injection rooms, where addicts can abuse drugs obtained from illicit sources, under direct or indirect supervision of the Government, is contrary to the international drug control treaties. Dabei ignoriert das INCB, dass Artikel 3, Absatz 11 des Suchtstoffabkommens von 1988 es den Unterzeichnerstaaten überlässt, wie sie Gesetzesvorschriften verfassen wollen. Nach dem deutschen Betäubungmittelgesetz (BtMG) ist der Betrieb von Konsumräumen ausdrücklich erlaubt. Nothing contained in this article shall affect the principle that the description of the offences to which it refers and of legal defences thereto is reserved to the domestic law of a Party and that such offences shall be prosecuted and punished in conformity with that law. Es ist gut möglich, dass das INCB ab März seine Position ändern wird, wenn nämlich die Amtszeit des nicht mehr wiedergewählten Vertreters der USA abläuft und je ein Vertreter Österreichs und der Niederlande nachrücken (siehe Bericht in CLN#10).
Jahresbericht 2001 des INCB [27.02.2002]
USA verlieren Sitz in Drogenkontrollrat [CLN#10, 11.05.2001]
Cannabisverbot und Drogenkonventionen 2. Innenminister Schily kritisiert Niederlande Man merkt, dass der Wahlkampf begonnen hat: In einem Interview mit der Zeitung Algemeen Dagblad hat Bundesinnenminister Otto Schily die niederländische Drogenpolitik scharf kritisiert, wie man das sonst vor allem von Politikern der CSU gewohnt ist. Er warf den Niederlanden vor, nicht genug gegen den Schmuggel von illegalen Drogen zu unternehmen. Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der Bundesregierung im Ausland derart scharfe Kritik an der Politik unserer Nachbarn übt. Der niederländische Justizminister Henk Korthals wies Schilys Kritik zurück und verwies auf die positiven Ergebnisse der niederländischen Politik. "Eure Drogenpolitik ist besser als unsere", hatte erst vor einer Woche der französische Gesundheitsminister Kouchner die Niederländer gelobt. Die Niederlande verfolgen den Grosshandel und Export von illegalen Drogen nach wie vor, wie von UN-Abkommen gefordert. Seit 1976 werden nur der Besitz geringer Mengen Cannabis und sein Verkauf in Coffeeshops nicht mehr verfolgt. Bei bandenmässigem Schmuggel sind Strafen von mehreren Jahren Gefängnis auch in den Niederlanden an der Tagesordung. Doch das kann den Handel nicht stoppen, denn eine stete Nachfrage nach diesen Drogen und riesige Gewinne dank Schwarzmarktpreisen locken immer neue Anbieter in den Markt. Dabei strömen die Drogen nicht nur in eine Richtung: Ein grosser Teil des in den Niederlanden gehandelten Heroins gelangt im Transit durch Deutschland ins Land, ein grosser Teil des marokkanischen Haschischs über das strenge Frankreich. Die repressive Politik in allen drei Staaten verpufft machtlos. Deutschland kann die Niederlande nicht mehr für deutsche Drogenprobleme verantwortlich machen als die USA während der Prohibitionszeit der 20er Jahre seinen Nachbarn Kanada für amerikanische Alkoholprobleme. Solange in Deutschland der Staat nur einen Bruchteil des Betrages, den er für Strafverfolgung ausgibt, in wirksame Prävention investiert, ist keine Besserung in Sicht. Herr Schily sollte es eigentlich besser wissen. Im Januar 1997 hatte er noch einen Gesetzesentwurf der SPD verteidigt, der die Entkriminalisierung des Besitzes geringer Mengen illegaler Drogen zum Eigenkonsum vorsah, wie in den Niederlanden bei Cannabis:
Bestrafung von Handlungen, die mit dem ausschließlichen Eigenverbrauch unmittelbar in Verbindung stehen und weder mit einer Fremdgefährdung noch mit der Abgabe von Drogen einhergehen, kann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbart werden. Darum ist es notwendig, die Straflosigkeit dieser Handlungen im Gesetz klarzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 9. März 1994 deutlich gemacht, daß bei Konsumentendelikten ohne Fremdgefährdung die unterschiedliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften in den Bundesländern bedenklich sei. Die Länder treffe die Pflicht, für eine im wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen. Die Länder haben seither jedoch keine einheitlichen Verwaltungsvorschriften für die Staatsanwaltschaften zur Anwendung des § 31 a geschaffen. Darum ist eine gesetzliche Regelung durch den Bundesgesetzgeber geboten. Der Gesetzentwurf setzt somit den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 aus einem Verfahren über Cannabisprodukte um. Die vor 5 Jahren im Gesetzentwurf der SPD für eine Reform genannten Gründe sind heute noch gültig. "Wir appellieren an die Öffentlichkeit, das Thema Drogenpolitik sachbezogen und emotionsfrei zu diskutieren und sich nicht von einer verleumderischen Polemik der Bundesregierung irreführen zu lassen," sagte Schily damals.
Deutsche greifen niederländische Drogenpolitik an [25.02.2002]
(Justizminister) Korthals verwirft deutsche Kritik an Drogenpolitik [26.02.2002]
Otto Schily: Eigenverbrauch straffrei stellen [20.01.1997]
Gesetzesentwurf der SPD vom 11.12.1996:
Argument: "Die niederländische Drogenpolitik ist gescheitert"
Die Drogenpolitik der Niederlande: 3. "Drogenprozess mit politischer Tragweite" Nachdem ein Brandenburger Staatsanwalt eine Verfahrenseinstellung wegen geringer Shuld abgelehnt hat, gab Richter Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau bekannt, dass er am 11.03.2002 zwei namhafte Drogenexperten bei einem anderen Prozess als Gutachter vorladen wird. Prof. Dieter Kleiber hat bereits 1997 und 1998 zwei Cannabisstudien für Gesundheitsminister Seehofer (CSU) erstellt. Peter Cohen vom Zentrum für Drogenforschung (CEDRO) der Universität Amsterdam gehört zu den weltweit führenden Drogenexperten. Hintergrund ist das Rechtsgefälle zwischen östlichen Bundesländern wie Brandenburg und anderen Bundesländern. Am 9.3.2002 werden es 8 Jahre, dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesländer zu einer im wesentlichen einheitlichen Rechtspraxis bei der straffreien Verfahrenseinstellung verpflichtet hat, die es bis heute nicht gibt. Zur Verfassungsgerichtsentscheidung von 1994 kam es, nachdem Richter Wolfgang Neskovic vom Landgericht Lübeck verschiedene Experten zu Cannabis angehöhrt hatte und daraufhin den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung auf Verfassungsmässigkeit vorlegte. Nun spricht die Märkische Allgemeine von einem "Drogenprozess mit politischer Tragweite." Wenn die Politiker nicht handeln um eine einheitliche Rechtspraxis auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse herzustellen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese Frage wieder beim Bundesverfassungsgericht landen wird. Der VfD erinnert an den 8. Jahrestag der Cannabisentscheidung am 09.03. in Stuttgart mit einem Infostand, andere Infostände sind ebenfalls geplant.
Amtsrichter lässt Wirkung von Cannabis prüfen [Berliner Zeitung, 27.02.2002]
Gutachten für Brandenburgs Justiz [Märkische Allgemeine, 26.02.2002]
Ungleiche Rechtspraxis bei Verfahrenseinstellungen (§31a)
Der Vorlagebeschluss des Landgerichts Lübeck
Die Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
4. Cannabiskonferenzen in Belgien und Grossbritannien Am Montag dem 25.02.2002 veranstalteten die Gesundheitsminister Belgiens, der Niederlande, Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz in Brüssel gemeinsam eine europäische Konferenz zu Cannabis. Thema der Veranstaltung war der derzeitige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Cannabis. Dazu wurde ein Fragenkatalog an 15 wissenschaftliche Autoren versandt. Die Antworten wurden 30 unabhängigen internationalen Gutachtern vorgelegt. Während der Veranstaltung hatten die Autoren Gelegenheit, ihre Ergebnisse zu folgenden Themen vorzustellen: Epidemiologie von Cannabisgebrauch, Auswirkungen auf Gesundheit und Verhalten (besonders am Steuer), Vorbeugung und Behandlung bei Missbrauch sowie das Verhältnis von Polizei und Justiz zum Cannabisgebrauch. Die Erkenntnisse sind laut der Schweizer Bundesrätin Ruth Dreifuss nicht nur eine Unterstützung für die Forschung, sondern können auch in die politische Debatte eingebracht werden.
Cannabisforschung: Ruth Dreifuss sass auf der Schulbank [news.ch, 25.02.2002]
Cannabis 2002 Report (Adobe PDF)
Europäische Cannabiskonferenz in Belgien Am 19.02.2002 fand eine Cannabiskonferenz in Liverpool statt. Britische Experten sprachen über den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Cannabis. Ein Vertreter des niederländischen Gesundheitsministeriums machte das Publikum mit dem "niederländischen Modell" und den recht positiven praktischen Erfahrungen daraus vertraut. Bei den ca. 200 Teilnehmern handelte es sich vorwiegend um Ärzte, Polizeibeamte, Richter, Bewährungshelfer, Studenten- und Jugendvertreter, Lehrer und Drogenberater. Solche Veranstaltungen werden auch in Deutschland nötig sein um einen neuen drogenpolitischen Konsens zu erreichen.
Cannabiskonferenz in Liverpool [LCA, 19.02.2002]
Cannabis in Großbritannien
5. BR Zündfunk: Wer hat Führerscheinprobleme? Achtung, Bayern! Für einen Radiobeitrag, der im Bayerischen Rundfunk/Zündfunk laufen soll, werden Leute gesucht, die mit geringen Mengen Cannabis erwischt worden sind und daraufhin Probleme wegen des Führerscheins bekommen haben. Lukas Grasberger schreibt:
Wäre super, wenn ihr a) aus Bayern, vielleicht sogar München und Umgebung b) keine Hardcore-Kiffer, sondern Gelegenheitskonsumenten wärt c) man euch nicht gerade am Steuer erwischt hat und d) der ganze Heckmeck mit Drogenscreening bzw MPU noch einigermaßen aktuell ist 6. "Kiffende Killer" Unter diesem reisserischen Titel berichtete Spiegel TV am Sonntag über Cannabis im Strassenverkehr. Gezeigt wurden weinende Mütter, die Kinder durch "Kiffer" am Steuer verloren haben. Dass die meisten Drogenunfälle unter gleichzeitigem Einfluss von Alkohol geschehen, wurde nicht erwähnt. Studien der Universität Würzburg, der Universität Limburg und Studien in Grossbritannien ergaben, dass Cannabis am Steuer (wo es im übrigen niemand legalisieren will) nicht annähernd so riskant ist wie Alkohol, den trotzdem niemand generell verbieten will. Ängste vor Cannabis im Strassenverkehr werden geschürt, weil das zur Rechtfertigung der Verfolgung von Cannabiskonsumenten mit Führerschein nötig ist.
"Kiffende Killer" [Spiegel TV, 24.02.2002]: Leserbriefe: spon_spiegeltv@spiegel.de
Wissenschaftliche Studien zu Cannabis im Strassenverkehr:
Cannabis und Führerschein: 7. "USA Today"-Anzeige zu Drogen und Terror Die Libertarian Party in den USA hat mit einer Anzeige in der auflagenstärksten Tageszeitung der USA auf zwei Werbespots der Regierung geantwortet. Am Dienstag, den 26.02.2002, erschien in der Zeitung USA Today (Auflage: 2.197.275 Exemplare) sowie in der auch von Präsident Bush gelesenen konservativen Washington Times eine Anzeige, die den Versuch der Regierung parodiert, Konsumenten illegaler Drogen für den Terrorismus verantwortlich zu machen. Die Anzeige zeigt ein Foto des "Drogenzaren" John Walters, mit den Worten: Diese Woche hatte ich ein Mittagessen mit dem Präsidenten, sagte vor dem Kongress aus und half, 40 Millionen Dollar an illegalen Drogengeldern Gruppen wie den Taliban zukommen zu lassen.Darunter steht: Der Krieg gegen Drogen steigert den Preis illegaler Drogen um bis zu 17.000 Prozent - und lässt riesige Gewinne terroristischen Organisationen zukommen. Wenn Sie den Krieg gegen Drogen unterstützen oder für Politiker stimmen die ihn führen, helfen Sie, den Terrorismus zu unterstützen. Lesen Sie die Fakten auf www.LP.org/drugwar. Diese beiden Anzeigen kosteten 71.200 Dollar (ca. 80.000 Euro), die diese eher kleine Partei (ca. 1% der Wählerstimmen) in nur fünf Tagen über eine Spendenkampagne aufbrachte, die vor allem per E-Mail lief.
Artikel zur LP-Anzeige in den beiden Zeitungen 8. "Die größte Heroin-Regierung aller Zeiten" Ein aktueller Artikel von Mathias Bröckers erläutert die Doppelmoral der internationalen Drogenpolitik. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der illegale Drogenhandel aussenpolitisch nützliche Aktivitäten finanziert. Während seit dem 11. September Terrorgruppen von Politikern für illegalen Drogenhandel verantwortlich gemacht wurden, gibt es kaum Medienberichte über den Stand der Dinge in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban. Dabei steht in nur wenigen Wochen die erste afghanische Opiumernte seit dem Regimewechsel an. Aus der Haft entlassene Drogenbarone, eine von der Regierung auf die Strasse gesetzte Drogenkontrollbehörde und blühende Mohnfelder in der Provinz Helmand, nur 100 km westlich der amerikanischen Basis bei Kandahar. De facto überlassen die USA die Kontrolle der Opiumproduktion der Regierung in Kabul, die weder die Mittel noch das Interesse hat, den lukrativen Handel zum Erliegen zu bringen, an dem auch Mitglieder der Regierung verdienen.
"Die größte Heroin-Regierung aller Zeiten" [Telepolis, 24.02.2002]
Drogen in Afghanistan: 9. Neu auf cannabislegal.de
Neue Aktionen zum 04.05.2002:
Ungleiche Rechtspraxis:
Landtagswahlen und Cannabislegalisierung:
Cannabis und konservative Politik:
Zahlen und Fakten zum Thema "Sucht":
10. Wir berichteten vorige Woche:
11. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
01.03.2002-03.03.2002 Bern: CannaTrade 2002
Diese und andere Ankündigungen finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüssen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |