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Das Urteil des Schweizer Bundesgerichts

Das Schweizer Bundesgericht urteilte am 29.8.1991 in einem Fall in dem es um vier Kilo Haschisch ging, dass sogar von dieser Menge keine "Gefahr für die Gesundheit vieler Menschen" ausginge. In ihrer Urteilsbegründung stellten die obersten Schweizer Richter unter anderem fest: "Ähnlich äusserte sich im Jahre 1985 auch Prof. Kind. Er führte aus, Cannabisprodukte verursachten keine sicher nachgewiesenen körperlichen Schäden, die denen des Nikotins in der Schwere oder Häufigkeit auch nur entfernt vergleichbar seien."


f) aa) Wie dargelegt (E. 2d /cc), ging der Gesetzgeber davon aus, Cannabis stelle eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar; er war insbesondere der Auffassung, dieses Betäubungsmittel könne als "Einstiegsdroge" leicht zum Gebrauch härterer Stoffe verführen.

bb) Das stellten bereits die Professoren Kielholz, Ladewig und Uchtenhagen in ihrem Gutachten zuhanden des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. September 1978 (veröffentlicht in Schweiz. Rundschau für Medizin 68 /1979, S. 1687 ff.) in Frage. Sie vertraten die Auffassung, dass der Konsum von Haschisch weder bei akuter Vergiftung noch bei länger dauerndem mässigem Konsum ein deutliches Gesundheitsrisiko in sich berge; erhebliche körperliche Schädigungen des Organismus seien selten, soweit das beurteilt werden könne; Haschischkonsum könne zu Toleranz und mässiger psychischer Abhängigkeit führen; das Abhängigkeitspotential und die Fähigkeit, soziale und psychische Folgen zu verursachen, sei bei Haschisch jedoch deutlich schwächer als bei andern Drogen wie Morphin /Heroin, Amphetamin /Kokain, Alkohol /Barbiturate; körperliche, psychische und soziale Schädigungen würden wahrscheinlicher, wenn weitere Risikofaktoren hinzukämen, die nichts mit der Droge Haschisch zu tun hätten, aber auch bei steigender Dosierung und Häufigkeit des Konsums; insofern seien die Risiken beim Gebrauch des Haschischkonzentrats (Haschischöl) höher zu veranschlagen als beim gewöhnlichen Haschischkonsum; eine auf die Droge zurückzuführende erhebliche Gefahr des Umstiegs von Haschisch auf härtere Drogen sei nicht erwiesen; ein Vergleich der Gefährlichkeit von Haschisch und Heroin ergebe in fast allen Punkten ein erhöhtes Risiko beim Heroinkonsum, einschliesslich der damit verbundenen sozialen Folgekosten. Ähnlich äusserte sich im Jahre 1985 auch Prof. Kind. Er führte aus, Cannabisprodukte verursachten keine sicher nachgewiesenen körperlichen Schäden, die denen des Nikotins in der Schwere oder Häufigkeit auch nur entfernt vergleichbar seien; es gebe jedoch eine kleine Zahl von Konsumenten, die abhängig werde, indem sie die Droge exzessiv gebrauche und dadurch in psychische und soziale Schwierigkeiten gerate; die besondere Gefährlichkeit von Cannabisprodukten sei bisher immer wieder damit begründet worden, dass Haschisch eine "Einstiegsdroge" für sogenannte harte Drogen (Heroin /Kokain) sei; diese Behauptung sei heute eindeutig widerlegt (Die Gefährlichkeit der Drogen und die heutige Drogenpolitik, NZZ Nr. 142 vom 22. /23. Juni 1985, S. 39).

cc) Das wird im wesentlichen bestätigt im Bericht der Subkommission "Drogenfragen" der Eidgenössischen Betäubungsmittelkommission über Aspekte der Drogensituation und Drogenpolitik in der Schweiz (herausgegeben vom Bundesamt für Gesundheitswesen, Bern, Juni 1989). Danach ist beim Cannabistyp bei einer akuten Vergiftung keine Lebensgefährdung belegt; je nach Dosierung und Konzentration des Wirkstoffes (THC) könne eine mehr oder weniger geringfügige Störung im Bereich der Herztätigkeit oder des Magen-Darms sowie eine Reizung der Bronchialschleimhaut auftreten (S. 41); der Langzeitgebrauch von Cannabis könne die bekannten Raucherschäden verursachen; vor allem Störungen der Lungenfunktion, chronische Bronchitis und Lungenkrebs könnten beim Cannabis-Rauchen früher als beim gewöhnlichen Rauchen auftreten (S. 42); über sonstige schädliche Auswirkungen des Gebrauchs von Cannabis auf den menschlichen Körper sei noch nichts Sicheres bekannt (S. 42); eine körperliche Abhängigkeit werde bei Cannabis selten beobachtet; dagegen sei die Gefahr der psychischen Abhängigkeit deutlich vorhanden und hange in besonderem Masse vom Wirkstoffgehalt ab, der bei den einzelnen Handelsformen (Marihuana, Haschisch, Haschischöl) sehr unterschiedlich sei (S. 44); die seelischen Auswirkungen der akuten Vergiftung seien stark von der Persönlichkeit des Konsumenten und der Situation der Drogeneinnahme abhängig; bei höherer Dosierung oder bei entsprechender Disposition gebe es Wahrnehmungsverzerrungen, Fehlleistungen, auch ängstliche Erregungszustände bis zur Panik; vorübergehender Verfolgungswahn sei möglich, ebenso ein späterer Echorausch (Wiederholung des Rausches ohne Drogeneinnahme; S. 45); bei Langzeitgebrauch von Cannabis seien suchtbedingte Persönlichkeitsveränderungen möglich, umso eher, je häufiger und in je konzentrierterer Form der Stoff konsumiert werde; längerdauernde Psychosen (Wahnzustände) seien selten (S. 47); unerwünschte soziale Folgen seien beim Cannabistyp eher die Ausnahme als die Regel, träten aber vermehrt bei häufigem als bei mässigem Konsum auf; inwieweit es sich dabei um eine unmittelbare Folge des Cannabiskonsums handle oder um eine Folge der gesellschaftlichen Reaktion darauf, sei unsicher (S. 49); die Theorie eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Gebrauch von Cannabis und jenem härterer Drogen sei nicht haltbar; nur der kleinste Teil der Haschisch-Raucher steige auf Opiate um (S. 54).

g) aa) Die Droge Cannabis ist demnach nicht unbedenklich. Sie kann insbesondere bei lange dauerndem und übermässigem Gebrauch durchaus zu psychischen und physischen Belastungen führen. Die Gefahren, die vom Konsum von Cannabis für die menschliche Gesundheit ausgehen, sind jedoch vergleichsweise gering. Sie unterschreiten deutlich jene der harten Drogen, insbesondere von Heroin, und bleiben in verschiedener Beziehung sogar hinter jenen des Alkohols zurück (vgl. dazu die Übersicht über die Wirkungen der abhängigkeitserzeugenden Stoffe auf S. 53 des Berichts der Subkommission "Drogenfragen" vom Juni 1989). Anders als Heroin und Alkohol ist Cannabis auch bei akuter Vergiftung nicht lebensgefährlich. Die auf den Gebrauch von Cannabis zurückzuführenden Schädigungen der Atemwege und der Lunge treten überdies in der Regel, wie beim Genuss von Tabakwaren, - wenn überhaupt - erst nach geraumer Zeit ein, und auch das nur, wenn die Droge geraucht, nicht aber wenn sie, beispielsweise in Teeform, oral aufgenommen wird. Durch Cannabis hervorgerufene psychische Schäden sind, wie dargelegt, ausserdem selten; sie treffen vor allem Personen, die entsprechend vorbelastet sind (vgl. GESCHWINDE, Rauschdrogen, 2. Aufl., 1990, S. 46 N 170). Der Gebrauch von Cannabis führt ferner keineswegs zwangsläufig zu jenem gefährlicherer Stoffe; nach neuesten Schätzungen greifen insgesamt etwa fünf Prozent aller Jugendlichen, die Erfahrung mit Cannabis haben, zu härteren Drogen (GESCHWINDE, a.a.O., S. 44 N 166). Nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse lässt sich somit nicht sagen, dass Cannabis geeignet sei, die körperliche und seelische Gesundheit vieler Menschen in eine naheliegende und ernstliche Gefahr zu bringen.

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