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Cannabiskonsum: Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken (Dieter Kleiber, Reante Soellner)
Kurze Zusammenfassung von der ZDF Homepage: Der Berliner Wissenschaftler
Professor Dieter Kleiber vom Institut für Prävention und psychosoziale
Gesundheitsforschung stellte diese Ergebnisse am Mittwoch am Rande einer Tagung
der Fachhochschule Münster vor. Nach wie vor werde in den alten Bundesländern
etwa dreimal so viel Haschisch geraucht wie in den neuen Bundesländern.
Wirklich abhängig seien maximal zwei Prozent der regelmäßigen
Cannabiskonsumenten. Ausführlichere Zusammenfassung von der Homepage des Instituts für Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung Berlin: Förderer:
Bundesministerium für Gesundheit Ausgangslage: Im März 1994 löste ein Urteil des Lübecker Landgerichtes eine erneute heftige und kontrovers geführte Diskussion um die Substanz Cannabis aus. Von vorrangigem Interesse war die Frage nach etwaigen Gesundheitsrisiken, die mit dem Konsum von Cannabis einhergingen. Diese Diskussion machte u.a. Forschungsdefizite deutlich: Die Drogenforschung konzentrierte sich innerhalb der letzten 25 Jahre im deutschsprachigen Raum vor allem auf den Konsum harter Drogen, während der Konsum von Cannabis weitgehend unerforscht geblieben war. Ziel: Ziel des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Forschungsprojektes war es
Methode: Da die Grundgesamtheit der Cannabiskonsumenten nicht bekannt ist, und eine repräsentative Haushaltsbefragung einen zu großen Stichprobenumfang realisieren müßte, um eine hinreichend große Zahl unterschiedlicher Konsumtypen zu erfassen, wurde eine aufsuchende Stichprobenstrategie gewählt, die zum Ziel hatte Cannabiskonsument/innen mit unterschiedlichen Konsummustern und unterschiedlichen Sozialisations- und Lebensbedingungen, d.h. eine möglichst heterogene Stichprobe, zu befragen. Die Stichprobenrekrutierung erfolgte über Zeitungs- und Medienberichte sowie über Interviewer/innen. Erhebungsinstrumente waren zum einen ein teilstandardisierter Fragebogen, der vor allem Merkmale des Konsumverhaltens, aber auch Fragen zur allgemeinen Lebenseinstellung, soziodemographische Angaben sowie ausgewählte psychologische Charakteristika enthiel, zum anderen wurden zur Erfassung der Begründungen für eine Veränderung des Konsumverhaltens qualitative Interviews durchgeführt. Ergebnisse: Insgesamt konnten 1458 cannabiserfahrene Personen befragt werden. Es zeigte sich, daß Cannabiskonsum intra- und interindividuell, sowie zeitlich hoch variabel ist, und daß auf der Basis einer multivariaten Klassifikation neben Gelegenheitskonsumenten drei verschiedene Muster gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsums differenzierbar sind: Individualkonsumenten, die überwiegend alleine und zu Hause Cannabisprodukte konsumieren; gewohnheitsmäßige Freizeitkonsumenten, die an durchschnittlich sechs Tagen pro Woche in sozialen Freizeitkontexten konsumieren und die hinsichtlich ihres Konsums Arbeit und Freizeit strikt voneinander trennen, und schließlich gewohnheitsmäßige Dauerkonsumenten, die überall, d.h. auch in Arbeitskontexten Cannabis konsumieren, und deren Konsum sich durch eine häufigere Wahl substanzintensiver Konsumformen (pur) auszeichnet. Die Analysen ehemaliger Cannabiskonsumenten konnten zeigen, daß ein 'Ausstieg' aus dem Cannabiskonsum unabhängig von der Dauer des Konsums zu jeder Zeit erfolgen kann. Der Übergang zu partner- bzw. familienorientierten Lebensstilen erhöht nach der hier vorliegenden Datenlage die Wahrscheinlichkeit zur Einstellung des Cannabiskonsums. Mit dem Einstellen des Cannabiskonsums nimmt auch die Wahrscheinlichkeit, andere illegale Drogen zu konsumieren, deutlich ab. Diese Befunde widersprechen der Eskalationsthese, wonach der Konsum von Cannabis mit zunehmender Dauer quasi substanzinduziert härtere Konsumformen wahrscheinlicher und somit einen 'Ausstieg' unwahrscheinlicher macht. Eine Abhängigkeit vom Typ Cannabis entsprechend der Klassifikation des DSM-IV ließ sich bei 2% derjenigen aktuellen Konsumenten feststellen, die bislang ausschließlich Cannabisprodukte und nicht auch andere "harte" Drogen konsumiert hatten. Die Abhängigkeitsraten steigen jedoch bei parallelem, insbesondere aktuellem, Beikonsum anderer illegaler Substanzen auf bis zu 20% und lagen in der untersuchten Gesamtgruppe bei 8%. Interessanterweise weichen die Selbsteinschätzungen von der objektive Diagnostik ab: Insgesamt fühlen sich mehr Konsumenten psychisch abhängig von Cannabis als bei Anwendung psychiatrischer Diagnosesysteme (DSM-III-R; DSM-IV) klassifiziert würden. Die berichteten Probleme im Zusammenhang mit Cannabis incl. der Abhängigkeitsprobleme stehen dabei in keinem nachweisbaren Zusammenhang mit Indikatoren wie der Konsumdauer oder Konsummengen, sondern eher mit Faktoren, die als Indikatoren einer allgemeinen schlechteren psychischen Gesundheit gelten und prädisponierend für ungünstige Konsumverläufe sein können (ein früher Konsumeinstieg oder psychische Probleme wie Gehemmtheit, geringe Selbstwirksamkeit etc.). Insofern kann problematischer Cannabiskonsum auch als Strategie der Bewältigung (Coping) alltäglicher Belastungen interpretiert werden.
Kleiberstudie in Buchform: Titel: Auswirkungen
des Cannabiskonsums. Rezensionen Kurzbeschreibung:
Cannabis ist nicht nur die am häufigsten konsumierte, sondern - was das
Gefährdungspotential anbelangt - wohl auch die am kontroversesten diskutierte
illegale Droge der letzen Jahrzehnte. Die vorliegende Expertise wurde im Auftrag
des Bundesministeriums für Gesundheit erstellt und analysiert den internationalen
Forschungsstand zu den Wirkungen des Cannabiskonsums unter pharmakologischen
und psychosozialen Aspekten. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die
Auswirkungen des Cannabiskonsums sich als weniger dramatisch und gefährlich
erweisen als dies überwiegend noch angenommen wird. 1. Sekundärtext zur Kleiberstudie: Cannabiskonsum in Deutschland - Die Kleiber-Studie - Welche Motive
geben Cannabiskonsumenten für ihren Konsum an? Wieviele sind als 'abhängig'
anzusehen? Was hat ehemalige Konsumenten zum Aufhören bewegt? Hält
die Einstiegsdrogentheorie der Realität stand? Was für Einstellungen
und Werthaltungen weisen Cannabiskonsumenten auf? Wie sehen die unterschiedlichen
Konsummuster aus? Das sind einige der Fragen, zu denen eine umfangreiche und
sorgfältige Studie von Prof. Dieter Kleiber und Kollegen von der Freien
Universität Berlin und dem Sozialpädagogischen
Institut Berlin einige Antworten liefert. Insgesamt 1458 Cannabiskonsumenten
bzw. ehemalige Konsumenten wurden zwischen 1993 und 1995 befragt. Eine detaillierte,
324 Seiten starke Auswertung liegt nun vor. Eine Buchausgabe ist in Vorbereitung.
Mit einem augenzwinkernden Seitenhieb auf die Theorie des Amotivationssyndrom
dankten die Autoren den Teilnehmern für das Ausfüllen des mehr als
700 Einzelinformationen erfassenden Fragebogens: "Von mangelnder Motivation
der Teilnehmer/innen konnte glücklicherweise nicht die Rede sein" (Seite
32). Unter den Befragten waren 8 Prozent ehemalige Konsumenten, 87 Prozent aktuelle
Konsumenten unterschiedlicher Konsumintensität von Gelegenheits- bis Dauerkonsumenten
und 5 Prozent aktuelle Nichtkonsumenten, die sich aber nicht als Ex-Konsumenten
definierten. Dem Bundesgesundheitsministerium paßt die Studie nicht ins Konzept Dem Bundesgesundheitsministerium
paßten viele der Aussagen offenbar nicht so recht ins eigene drogenpolitische
Konzept. Die Untersuchung war vom Ministerium finanziert worden und jetzt hatte
es große Mühe ein regierungstreues Vorwort zu verfassen. So wird
im Vorwort postuliert: "In keinem Fall ist die vermeintliche Harmlosigkeit des
Konsums gewährleistet." Es ist selbstentlarvend in einem Vorwort zu einer
wissenschaftlichen Studie eine ideologische Argumentation zu verwenden, die
nichts mit der Studie zu tun hat,
anstatt zunächst einmal die Ergebnisse der Untersuchung zur Kenntnis zu
nehmen. Wer Drogen konsumiert - dies unterstreicht die Kleiber-Studie -, hat
nicht automatisch ein Drogenproblem. Dies gilt nicht nur für legale Drogen
wie Kaffee und Alkohol, sondern auch für Cannabis: "Haschisch - soviel
ist heute weitgehend unumstritten - ist eine Droge, die auch 'weiche' Konsummuster
zuläßt und deren Konsum weder schnell noch zwangsläufig zur
Abhängigkeit führt" (Seite 30). Es gibt sogar in verschiedenen
Studien Hinweise darauf, daß
Gelegenheitskonsumenten psychisch gesünder sind als Nichtkonsumenten. So
wird eine Studie von Shedler und Block aus dem Jahre 1990 angeführt, nach
der "18jährige Jugendliche, die hinsichtlich ihres Konsums 'weicher Drogen'
als 'Experimentierer' klassifiziert worden waren, im Vergleich zu Gleichaltrigen,
die als 18jährige 'Abstinenzler' oder gewohnheitsmäßige 'User'
waren, aktuell am sozial integriertesten und in psychisch bester Verfassung
waren" (Seite 29). Cannabiskonsumenten weisen unterschiedliche Konsummuster auf Es gibt keinen "durchschnittlichen" oder "typischen" Cannabiskonsumenten. Die Studie habe gezeigt, dass "Cannabiskonsum intra- und interindividuell, sowie zeitlich hoch variabel ist" (Seite 8). Zwischen verschiedenen Cannabiskonsumenten bestehen erhebliche Unterschiede, und auch der einzelne Cannabiskonsument kann sein Konsummuster im Laufe der Zeit eventuell erheblich verändern. "Zur Bewertung eines Cannabiskonsums in der Bundesrepublik erweist es sich als wichtig, einem Homogenisierungs- und Uniformitätsmythos zu widerstehen." (Seite 8) So weist beispielsweise die Anzahl der Konsumtage im letzten Monat keine (Normal-)Verteilung um einen Mittelwert auf, sondern die meisten Konsumenten haben entweder nur an wenigen Tagen oder an fast allen Tagen Cannabis konsumiert. Auch andere Charakteristika sind sehr ungleich verteilt, darunter die emotionale Bindung an den Konsum (Cannabis ist sehr wichtig oder unwichtig) und die soziale Einbettung des Konsums (Konsum allein oder mit Freunden). So wurden unter den aktuellen Konsumenten vier verschiedene Konsumtypen identifiziert: Gelegenheitskonsumenten, Individualkonsumenten, Freizeitkonsumenten und Dauerkonsumenten, die sich hinsichtlich verschiedener Charakteristika (Konsumfrequenz und -menge, durchschnittliches Alter, Einstiegsalter etc.) unterscheiden. Hedonistische und individualistische Orientierungen sind unter Cannabiskonsumenten häufig Die Antworten auf die Frage, warum Cannabis konsumiert wird, variieren in Abhängigkeit von den vier Konsumtypen (Tabelle 1). So spielt der Grund "um abzuschalten" bei den Gelegenheitskonsumenten im Gegensatz zu den anderen keine große Rolle. Insgesamt dominieren jedoch bei allen hedonistische und stimmungsverändernde Motive, wie Entspannung, Spaß haben und Intensivierung der Sinneswahrnehmung. Dies spiegelt sich auch in den Wertehaltungen und gesellschaftlichen Einstellungen wieder. Hedonistische Selbstverwirklichung spielt eine wesentlich größere Rolle als Macht und Reichtum. Nonkonformismus, große Bedeutung von Freundschaften, geringe Anpassungsbereitschaft, hoher Stellenwert von individueller Autonomie und große Zustimmung zu unkonventionellem Handeln sind weitere Aspekte, die die Wertehaltung der befragten Cannabiskonsumenten charakterisiert. Diese Haltungen wurden wiederholt in soziologischen Studien negativ bewertet. Die Autoren der Kleiber-Studie meinen dagegen: "Aus den hier dargestellten Ergebnissen wird zwar deutlich, daß vor allem ein stärkeres Eingebundensein in den Cannabiskonsum immer noch mit einem höheren Grad an Autonomiebestreben und politischer Unkonventionalität in Verbindung gebracht werden kann, inwieweit diese Grundhaltung aber mit einer verminderten sozialen Integration einhergeht, ist aufgrund der Ergebnisse dieser Studie nicht zu beantworten." (Seite 297) Cannabiskonsum und Abhängigkeit International hat man sich auf einheitliche Kriterien und Charakteristika für eine Abhängigkeit von unterschiedlichen Substanzen (Nikotin, Alkohol, Cannabis, Opiate etc.) geeinigt. Heute werden vielfach die auch in der Studie angelegten Abhängigkeitskriterien nach dem sogenannten DSM-IV angewendet, die jedoch eine unterschiedliche Interpretation zulassen (siehe Tabelle 2). Die objektive Klassifizierung durch die Berliner Autoren führte zur Annahme einer Abhängigkeit bei 8 Prozent der Befragten. Das Bundesgesundheitsministerium spricht im Vorwort von 14 Prozent. Diese Diskrepanz erklärt sich durch unterschiedliche Definitionen und dem Wunsch des Gesundheitsministeriums, Cannabis als möglichst abhängigkeitsmachend darzustellen. Es ist bemerkenswert, daß sich in der Studie mehr Cannabiskonsumenten selbst als abhängig bezeichneten, als dies nach der internationalen Defintion objektiv der Fall ist. 23 Prozent der 1265 aktuellen Cannabiskonsumenten bezeichneten sich selbst als abhängig, "was gegenüber der 'objektiven' Klassifizierung eine um 15 Prozent erhöhte Rate darstellt." (Seite 196) Hier findet also keinerlei Bagatellisierung des Konsums statt wie es von Alkoholikern bekannt ist, sondern eine vergleichsweise einsichtige, eher übereinsichtige Selbsteinschätzung. Eine relativ realistische Selbsteinschätzung wurde in der Studie auch bei anderen Fragen, etwa bei der Selbstzuordnung zu vorgegebenen Konsummustern, festgestellt. 14 Prozent der befragten Cannabiskonsumenten wiesen drei oder mehr Kriterien nach DSM-IV auf und wären danach als abhängig einzustufen. In der Kleiber-Studie wurde Kriterium 1 (Toleranzsteigerung) nicht abgefragt, da es beim Cannabiskonsum keine Rolle spiele. Auch das Kriterium 2 (Entzugssymptome) sei umstritten. So schlage die amerikanische psychiatrische Gesellschaft, die 1994 die DSM-IV-Einteilung einführte, vor, das Vorliegen einer spezifischen Entzugssymptomatik für die Diagnose 'cannabisabhängig' nicht zu berücksichtigen. Dieser Anregung folgten die Autoren der Studie. Dann seien aber nur 8 Prozent der befragten aktuellen Cannabiskonsumenten als abhängig anzusehen, von denen fast zwei Drittel als leicht abhängig gelten. Der Anteil der Cannabisabhängigen war in den verschiedenen Konsumgruppen unterschiedlich verteilt. So waren 1 Prozent der Gelegenheitskonsumenten, 7 Prozent der Individualkonsumenten, 10 Prozent der Freizeitkonsumenten und 28 Prozent der Dauerkonsumenten als 'abhängig' zu klassifizieren. Wurden nur die
Cannabiskonsumenten berücksichtigt, die außer Cannabis noch nie andere
illegale Substanzen konsumiert hatten, so reduzierte sich der Anteil der Abhängigen
von 8 Prozent auf 2 Prozent, wobei nur selten eine schwere Abhängigkeit
vorlag. Bei denjenigen, die im letzten Monat auch andere illegale Substanzen
konsumiert hatten, lag die Abhängigkeitsrate bei 20 Prozent.
Das Konzept eines Amotivationssyndroms wurde nicht bestätigt Im Vergleich mit den nicht abhängigen Cannabiskonsumenten wiesen die Abhängigen ein geringeres Selbstwertgefühl auf und fühlten sich vergleichsweise einsamer. Allerdings handelt es sich nur um relative Beschreibungen: Die Angehörigen beider Kollektive sind im Vergleich mit anderen Kollektiven als eher selbstbewußt und eher wenig einsam anzusehen. Die Parameter Gehemmtheit und Leistungsorientierung lagen für beide Gruppen in einem mittleren Bereich. "Interessanterweise
unterscheiden sich abhängige und nicht abhängige Cannabiskonsumenten
nicht hinsichtlich ihrer Leistungsorientierung. Wird das vielzitierte amotivationale
Syndrom (vgl. Täschner, 1986 und 1994) als
Begleiterscheinung bzw. Konsequenz des Langzeit- und somit mitunter auch abhängigen
Cannabiskonsums gesehen, so finden sich in unserer Stichprobe keinerlei Hinweise,
die diese These untermauern würden." Konflikte mit der Polizei haben keinen Einfluß auf die Einstellung eines Cannabiskonsums Die Berliner Forscher gingen der Frage nach, ob ehemalige Konsumenten häufiger negative Erfahrungen gemacht haben, die im Zusammenhang mit dem Konsum stehen (Tabelle 3). Dies könnte Hinweise darauf geben, warum der Konsum eingestellt wurde. Es fand sich in der Berliner Studie eine etwa gleich große Konfliktrate mit der Polizei bei ehemaligen und aktuellen Konsumenten. Etwa jeder fünfte Konsument gab an, schon einmal "Ärger mit der Polizei" gehabt zu haben. "Die sich aus dem Verbot von Cannabisbesitz ableitenden negativen Konsequenzen für Cannabiskonsumenten scheinen demnach für Personen, die bereits cannabiserfahren sind, keine präventive Wirkung zu haben." (Seite 221) Kein Wunder, daß dieses Ergebnis erneut dem Bundesgesundheitsministerium nicht gefällt, so daß es im Vorwort heißt: "So stellt die Studie fest, daß für die Fortsetzung oder das Beenden des Cannabis-Konsums die objektive Verfügbarkeit des 'Stoffes' keine Rolle zu spielen scheint. Die Verfügbarkeit könnte jedoch ... sehr wohl eine Rolle beim Einstieg in den Konsum spielen." Von Bedeutung für die Einstellung des Konsums ist dagegen vermutlich eine häufigere schlechte körperliche oder psychische Verträglichkeit (siehe Tabelle 3). Die größere Trennungsrate bei ehemaligen Konsumenten (21 Prozent gegenüber 9 Prozent) könnte ein Hinweis sein, daß der Cannabiskonsum im Umfeld der ehemaligen Konsumenten häufiger nicht toleriert werde als im Umfeld der aktuellen Konsumenten. Weitere Aspekte, die in der Studie als Gründe für eine Beendigung des Konsums herausgearbeitet wurden, sind eine größere Anzahl von festen Partnerschaften und eine häufigere Elternschaft bei den ehemaligen Konsumenten. "Der Übergang zu partner- bzw. familienorientierten Lebensstilen erhöht nach der hier vorliegenden Datenlage die Wahrscheinlichkeit zur Einstellung des Cannabiskonsums." (Seite 222) Eine Beendigung des Cannabiskonsums ist jederzeit mit der gleichen Wahrscheinlichkeit möglich Überraschend wiesen Langzeitkonsumenten (länger als 7 Jahre) deutlich geringere Abhängigkeitsraten auf als Konsumenten, die 7 Jahre oder kürzer Cannabis konsumierten (5 Prozent gegenüber 10 bis 12 Prozent). "Von einer kumulativen Wirkung des Langzeitkonsums und einer damit einhergehenden erhöhten Belastung kann entsprechend der hier vorgelegten Befunde demnach nicht ausgegangen werden." (Seite 201) Vielfach existiert der Mythos, daß mit zunehmender Länge des Cannabiskonsums sowohl die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit zunehme als auch die Wahrscheinlichkeit einer Beendigung des Konsums abnehme. Beim Vergleich der 117 Ex-Konsumenten mit den aktuellen Konsumenten lässt sich diese These jedoch nicht bestätigen: Es fand sich "eine sehr ähnliche Verteilung der Dauer des Cannabiskonsums für die beiden Konsumgruppen" (Seite 216). Dies deute darauf hin, daß die Länge des Konsums keine Rolle für die Wahrscheinlichkeit einer Beendigung des Konsums spiele. "Ein Ausstieg ist also sowohl jederzeit als auch jederzeit mit der gleichen Wahrscheinlichkeit möglich." (Seite 217) Die Befunde widersprechen der Einstiegsdrogen- oder Eskalationstheorie Die Berliner Forscher fanden zwischen aktuellen Cannabiskonsumenten und Ex-Konsumenten keine nennenswerten Unterschiede beim Anteil der Personen, die in ihrem Leben auch andere illegale Drogen verwendet hatten (Lebenszeitprävalenz: 66 Prozent gegenüber 63 Prozent). Mit dem Einstellen des Konsums nehme auch die Wahrscheinlichkeit ab, andere illegale Substanzen zu konsumieren. So hatten 44 Prozent der aktuellen Cannabiskonsumenten im letzten Jahr mindestens einmal auch eine andere illegale Substanz konsumiert, während es von den ehemaligen Konsumenten lediglich 15 Prozent waren. "Diese Befunde widersprechen der Eskalationsthese, wonach der Konsum von Cannabis mit zunehmender Dauer quasi substanzinduziert härtere Konsumformen wahrscheinlicher und somit einen 'Ausstieg' unwahrscheinlicher macht. (Seite 222) Nur weil Heroinkonsumenten vorher Cannabis konsumiert haben, könne der Cannabiskonsum nicht rückblickend als Ursache für einen späteren Heroinkonsum betrachtet werden. "Zumindest gerät bei einer solchen Perspektive aus dem Blick, daß es in der Regel einen viel größeren Teil von Drogenkonsumenten gibt, die nicht auf andere (härtere) Drogen umsteigen." (Seite 83) Andere Ursachen für einen Heroinkonsum, wie z. B. biographische oder persönlichkeitsbeschreibende Faktoren, erscheinen vielversprechender. Beispielsweise waren 16 Prozent der IV-Drogenabhängigen in einer früheren Untersuchung von Professor Kleiber in Heimen aufgewachsen gegenüber 0,2 Prozent der Befragten in der Cannabisstudie. Die Heroinkonsumenten wiesen also deutliche biographische Unterschiede zu den Cannabiskonsumenten auf. Mögliche Probleme durch Cannabis werden in der Studie eher überschätzt Um die Ergebnisse der Studie richtig bewerten zu können, soll kurz gezeigt werden, wie man es falsch macht: Ein geeignetes Negativbeispiel liefert das Vorwort des Gesundheitsministeriums. Dort heißt es: "Daß Konsum auch im Falle von Cannabis zu manifester Abhängigkeit führen kann, wird durch diese Studie belegt: 14 Prozent der aktuellen Cannabiskonsumenten sind nach etablierten Kriterien als abhängig einzustufen." Die Studie sagt allerdings etwas anderes: Es handle sich nicht um eine repräsentative Untersuchung, die zu bestimmten Fragen keine verallgemeinernden Aussagen zulasse. Wegen der Überrepräsentiertheit von starken Konsumenten könne "davon ausgegangen werden, daß Risiken und Probleme, die sich in Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis ergeben, anhand dieser Stichprobe in jedem Fall nicht unter- sondern im Gegenteil eher überschätzt werden." (Seite 37) So ist beispielsweise der Anteil der als "abhängig" einzustufenden Cannabiskonsumenten in der Realität vermutlich niedriger als bei den in der Studie befragten Konsumenten. Die Studie versucht, die methodischen Fehler früherer Untersuchungen zu vermeiden Die bisherigen Studien krankten meistens daran, daß hochselektierte Kollektive untersucht worden waren, beispielsweise Psychiatrie-Patienten oder sozial auffällige Jugendliche. Hier liegen die wesentlichen Gründe beispielsweise für die Entwicklung der Einstiegsdrogentheorie. Die Autoren der Berliner Studie weisen aber darau fhin, daß die "so ermittelten Ergebnisse hinsichtlich ihrer internen Gültigkeit, insbesondere aber in Bezug auf ihre Verallgemeinerbarkeit sehr umstritten" sind. (Seite 28-29) Ideal wäre
eine repräsentative Umfrage, weil diese ein genaues Bild von der Gesamtheit
der Cannabiskonsumenten lieferte. Dazu hätte - einmal abgesehen vom Aufwand
einer solchen Studie - die Anonymität und Freiwilligkeit der Befragten
aufgegeben werden müssen. Dies war nicht durchführbar. Die mangelnde Repräsentativität wurde in ihren Auswirkungen zu wenig diskutiert Wie bereits oben erwähnt, ist das Ziel der Repräsentativität nicht ganz erreicht worden. So zeigten Vergleiche mit anderen Studien "daß die hier befragten Personen weitaus häufiger Cannabis konsumieren als dies entsprechend epidemiologischer Studien erwartet werden könnte." (Seite 37) Unserer Ansicht nach wurde die mangelnde Repräsentativität der Studie in ihren Auswirkungen zu wenig problematisiert. So kann die regionale
Herkunft der Cannabiskonsumenten verschiedene Ergebnisse einseitig beeinflussen.
Bei einigen Fragenkomplexen könnte sich eine gewisse Berlin- bzw. Großstadtlastigkeit
bemerkbar machen. 57 Prozent der Befragten stammen aus Berlin, 19 Prozent aus
Städten größer 100.000
Einwohner und 25 Prozent aus einem mittelstädtischen bis ländlichen
Bereich. So wären möglicherweise Angaben über "Ärger
mit der Polizei"- in der Kleiber-Studie sind es etwa 20 Prozent - bei einer
Umfrage in Süddeutschland etwas anders ausgefallen. Fazit Die von Professor Kleiber und Kollegen vorgelegte Studie zeichnet ein differenziertes Bild des Cannabiskonsums in Deutschland mit überwiegend schlüssigen Argumentationen im Detail. Bemerkenswert ist die Ermittlung unterschiedlicher Konsummuster, die mit der Vorstellung vom typischen Cannabiskonsumenten aufräumt. Die fehlende Repräsentativität führt vermutlich zu einigen Verzerrungen der Wirklichkeit, die den Gesamteindruck jedoch nur wenig trüben, zumal sie im wesentlichen themenbedingt sind und die Wissenschaftler sich offensichtlich bemüht haben, frühere methodische Fehler möglichst zu vermeiden. Dr. med. Franjo
Grotenhermen Quelle: Kleiber, D., Soellner, R., Tossmann, P.: Cannabiskonsum in der Bundesrepublik Deutschland: Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Einflußfaktoren. Bundesministerium für Gesundheit, Bonn 1997 Der 1. Sekundärtext
zur Kleiberstudie "Cannabiskonsum in Deutschland" ist auch in der Ausgabe
11/97 der "HANF!" erschienen. Konsumententypen: Wer bin ich? Vier Konsummustertypen
beim Cannabiskonsum gefunden - Die Kleiber-Studie, Teil 2
Die Kleiber-Studie über Cannabiskonsum in der Bundesrepublik Deutschland wurde im vorletzten Heft ausführlich vorgestellt. Die Studie enthält so viele interessante Details über die bundesdeutschen Kiffer, daß man ein ganzes Heft damit füllenkönnte. Glücklicherweise wird die Studie bald als Buch erscheinen. In diesem Beitrag soll es um die in der Studie gefundenen vier Konsummustertypen gehen. Zu welchen zählt Ihr? Laßt Euch überraschen! Das Berliner Wissenschaftlerteam
Prof. Dieter Kleiber, Renate Soellner und Peter Tossmann haben in ihrer Cannabisstudie
stark unterscheidende Konsummuster gefunden, aus denen sich bei näherer
Analyse vier Typen herauskristallisiert haben. Bevor wir näher auf diese
Typen eingehen, möchten wir die Befunde, von den Autoren selbst zusammengefaßt,
zitieren: "Zur Bewertung des Cannabiskonsums in der Bundesrepublik erweist es
sich als wichtig, einem Homogenisierungs- und Uniformitätsmythos zu widerstehen.Cannabiskonsum
ist vor allem als zumeist transitorisches Phänomen zu klassifizieren. 90
bis 95 Prozent aller Cannabiskonsumenten stellen den Konsum nach einer Probierphase
beziehungsweise nach gelegentlichem Konsum wieder ein. Nicht einmal regelmäßige
(Dauer-)Konsumenten bilden eine homogene Gruppe. Die vorliegende Studie brachte
den Nachweis, daß Cannabiskonsum intra- und interindividuell sowie zeitlich
hoch variabel ist, und daß auf der Basis einer multivariaten Klassifikation
neben Gelegenheitskonsumenten drei verschiedene Muster gewohnheitsmäßigen
Cannabiskonsums differenzierbar sind: Wieviel wird geraucht? Wieviel wird dafür ausgegeben? Gelegenheitskonsumenten schätzen ihre durchschnittliche Konsummenge auf 3,4 Gramm Cannabis pro Monat ein, während Dauerkonsumenten angeben, im Mittel 35 Gramm Haschisch im Monat zu konsumieren. Individual- und Freizeitkonsumenten unterscheiden sich bezüglich Ihrer mittleren Konsummenge von 21,3 und 22 Gramm pro Monat kaum voneinander. Entsprechend der konsumierten Menge variieren auch die monatlichen Ausgaben für Cannabis: Dauerkonsumenten geben pro Monat etwa 170 Mark für ihre Droge aus, Individual- und Freizeitkonsumenten zirka 118 Mark und Gelegenheitskonsumenten durchschnittlich 36 Mark pro Monat. Gründe für den Konsum Die Gründe, Cannabis zu konsumieren, unterscheiden sich zwischen den unterschiedlichen Konsummustertypen kaum. Alle geben als wichtigste Konsumgründe an "um zu entspannen", "um Spaß zu haben", "um meine Sinneswahrnehmung zu intensivieren", "um abzuschalten" und "um mehr zu genießen zu können, was ich gerade tue". Auffallend ist lediglich, daß bei den Gelegenheitskonsumenten der Aspekt "Spaß haben" ganz besonders im Mittelpunkt steht, während bei allen Gewohnheitskonsumenten die "Entspannung" vorrangiges Ziel ist. Während bei den Freizeit- und Dauerkonsumenten der "Spaß" auf Platz zwei folgt, ist den Individualkonsumenten "Abschalten" und "Intensivierung der Sinneswahrnehmung" wichtiger als "Spaß haben". Erwartungsgemäß unterscheidet sich der Anteil der als abhängig eingestuften Konsumenten in den vier Gruppen erheblich. Während nach internationaler Klassifizierung nur ein Prozent der Gelegenheitskonsumenten als abhängig einzustufen sind, sind dies sieben Prozent der Individual-, zehn Prozent der Freizeit- und 28 Prozent der Dauerkonsumenten. In der Regel handelt es sich dabei um Formen einer nur leichten Abhängigkeit. Hierüber wurde in HANF! 11/97 (siehe oben) ausführlich berichtet. Interessant ist hierbei der Befund, daß Langzeitkonsumenten geringere Abhängigkeitsraten aufweisen, als Personen, deren Konsumbeginn innerhalb der letzten sieben Jahre angesiedelt ist. Familiäre Einflüsse auf den späteren Konsum Was die Situation in der Herkunftsfamilie angeht, zeigt die Untersuchung, daß zwischen den Konsumtypen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Familienstruktur bestehen. Ausgenommen der Tatsache, daß Dauerkonsumenten häufiger als die anderen Konsumenten eine längere Erwerbslosigkeit erlebt haben, finden sich bezüglich der erlebten familiären und der Anzahl nichtfamiliärer Lebensereignisse ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Konsumtypen. Hinsichtlich des Drogenkonsums der Eltern lassen sich Unterschiede feststellen. Gewohnheitsmäßige Dauerkonsumenten beschreiben häufiger einen elterlichen Cannabiskonsum als die anderen Konsumgruppen. Dies kann unter Umständen so interpretiert werden, daß Kinder, die bei ihren Eltern einen illegalen Konsum bemerken, weniger rationale Restriktionen der Umwelt wahrnehmen und sich deshalb freier im Umgang mit ihrem eigenen illegalen Konsum fühlen. Zudem geben Dauerkonsumenten häufiger an, daß ihr Vater sehr häufig Alkohol konsumiert habe. Bezüglich der Beziehung zum Vater gibt es bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Konsumgruppen: Bei den Gelegenheitskonsumenten ergibt sich gegenüber den anderen Konsummustern eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, die Beziehung zum Vater positiver zu bewerten. Dieser Unterschied zeigt sich besonders deutlich gegenüber gewohnheitsmäßigen Individualkonsumenten, die von allen Gruppen den Vater am wenigsten einfühlsam wahrnehmen. Mit welcher Partei und ... In ihrer Parteienpräferenz weichen Cannabiskonsumenten deutlich vom bundesdeutschen Durchschnitt ab. Unabhängig von der Zuordnung zu den vier Konsummustern gilt die größte Sympathie Bündnis 90/Die Grünen (84 Prozent), gefolgt von der SPD mit 48 Prozent. Überproportional hoch liegt die Sympathie für die PDS (45 Prozent). Die anderen Parteien schneiden demgegenüber bescheiden ab: FDP (neun Prozent), CDU (fünf Prozent), CSU (zwei Prozent) und Republikaner (ein Prozent). ... mit welchen Werten sympathisieren Cannabiskonsumenten? Wertemäßig
unterscheiden sich die Konsumgruppen untereinander wenig, wohl aber vom Bundesschnitt:
"Im Vergleich zur jugendlichen Vergleichsstichprobe jedoch stehen die jungen,
westdeutschen, großstädtischen Cannabiskonsumenten - unabhängig
vom Konsummuster - materialistischen, sicherheitsorientierten Werthaltungen
immer noch skeptischer gegenüber. Quelle: Kleiber,
D., Soellner, R., Tossmann, P.: Cannabiskonsum in der Bundesrepublik Deutschland:
Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Einflußfaktoren. Bundesministerium
für Gesundheit, Bonn 1997 Gelegenheitskonsum Gelegenheitskonsumenten
(35 Prozent des befragten Gesamtkollektivs) zeichnen sich in erster Linie durch
die geringe Konsumfrequenz aus. Die durchschnittliche Konsumhäufigkeit
liegt bei weniger als einmal pro Woche. Der Konsum findet fast ausschließlich
mit Freunden und bei Freunden oder auf Parties statt. Alleine oder mit dem Partner
zu konsumieren kommt so gut wie nie vor, Cannabis wird nur selten pur eingenommen.
Gelegenheitskonsumenten sind häufiger weiblich und zeichnen sich durch
ein höheres Bildungsniveau aus. Mit durchschnittlich 24,6 Jahren bilden
sie die zweitjüngste der gefundenen Gruppen. Die Erfahrung mit anderen
illegalen Substanzen ist in dieser Gruppe vergleichsweise niedrig. Konsummenge
und Ausgaben für Cannabis erreichen in dieser Gruppe ebenfalls die niedrigsten
Werte. Mitglieder dieser Konsumentengruppe ordnen sich selbst überwiegend
den Probierern oder Gelegenheitskonsumenten zu. Wichtigste Konsumgründe
sind hedonistische Motive. Konsumbezogene unerwünschte Nebeneffekte werden
vergleichsweise seltener berichtet. Gewohnheitsmäßiger Freizeitkonsum Die zweitgrößte
Gruppe im untersuchten Kollektiv stellen mit 25 Prozent die gewohnheitsmäßigen
Freizeitkonsumenten dar. Sie zeichnen sich durch eine mittelmäßige
bis hohe Konsumfrequenz aus, durchschnittlich an ungefähr zwei von drei
Tagen. Der Konsum findet ausschließlich in der Freizeit statt. Es wird
hauptsächlich mit Freunden, aber auch mit Fremden oder allein konsumiert.
Spezifisch für diese Gruppe ist der Konsum mit dem Partner, der im Vergleich
zu den anderen Gruppen häufiger vorkommt. In Kontexten wie Arbeit, Uni
oder Schule wird jedoch nie konsumiert. Die gewohnheitsmäßigen Freizeitkonsumenten
können am besten durch ihre Mittelmäßigkeit beschrieben werden.
Für diese Gruppe wurden keine spezifisch kennzeichnenden Variablen gefunden.
Hinsichtlich vieler Merkmalsbereiche sind die Freizeitkonsumenten am ehesten
den Individualkonsumenten zuzuordnen. Gewohnheitsmäßiger Individualkonsum Gewohnheitsmäßige
Individualkonsumenten (23 Prozent) konsumieren an ungefähr zwei von drei
Tagen. Der Konsum findet dabei an zwei bis drei unterschiedlichen Zeitpunkten
im Tagesverlauf statt. Überwiegender Konsumort ist das eigene Heim, wobei
fast immer allein konsumiert wird. Im Vergleich zur Gesamtstichprobe wird weniger
mit Freunden oder mit nicht bekannten Personen und daher auch weniger auf Parties
oder an öffentlichen Orten konsumiert. Individualkonsumenten sind die mit
Abstand älteste Konsumentengruppe (Durchschnittsalter 31 Jahre). Trotz
einer beträchtlichen Erfahrung mit anderen illegalen Substanzen konsumieren
Individualkonsumenten im Vergleich zu den anderen Gewohnheitskonsumenten aktuell
weniger andere Drogen. Der Konsum von Cannabis ist in dieser Gruppe vergleichsweise
weniger sozial motiviert. Gewohnheitsmäßiger Dauerkonsum Gewohnheitsmäßige
Dauerkonsumenten (17 Prozent) zeigen die höchste Konsumfrequenz. Im Mittel
wird zu vier unterschiedlichen Tageszeiten an fast sechs Tagen pro Woche konsumiert.
Auch hier findet der Konsum überwiegend mit Freunden, zuhause oder auf
Parties statt. Charakteristisch für diese Gruppe ist der Konsum auch in
arbeitsbezogenen Kontexten. Extremere Konsumformen, die mit einer stärkeren
und gleichzeitig geringer kalkulierbaren Wirkung einhergehen, werden in dieser
Gruppe weitaus häufiger angewandt als in den anderen Gruppen. Dauerkonsumenten
rekrutieren sich häufiger aus Männern. Sie bilden mit durchschnittlich
23,5 Jahren die jüngste Konsumentengruppe und sind gleichzeitig diejenigen,
die am frühesten mit dem Konsum von Cannabis begonnen haben (knapp 16 Jahre).
Als konsumstärkste Gruppe sind ihre Ausgaben sowie die konsumierte Menge
an Cannabis vergleichsweise am höchsten. Der stimmungsregulierend motivierte
Konsum von Cannabis ist in dieser Gruppe am stärksten ausgeprägt.
Starke konsumbezogene Begleiterscheinungen werden von dieser Gruppe am häufigsten
berichtet. Michael Karus
Der 2. Sekundärtext zur Kleiberstudie "Cannabiskonsum in Deutschland" ist in der Ausgabe 1/1998 der "HANF!" erschienen.
Cannabiskonsum. Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken. Die grösste deutsche Studie mit empirischen Daten zu Konsumverhalten von Cannabiskonsumenten, im Auftrag des Bundesgesundheitsministers. |