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Die Schule ist der Ort, an dem Jugendliche am meisten rauchen
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Europäische Vergleichsstudie in Brüssel vorgestellt Die Schule ist der Ort, an dem Jugendliche am meisten rauchen Obwohl an deutschen Schulen das Rauchen, wenn überhaupt, dann erst ab 16 Jahren erlaubt ist, wird auch von jüngeren Schülerinnen und Schülern viel zur Zigarette gegriffen. Mehr noch: Die Schule ist der Ort, an dem Jugendliche überhaupt am meisten rauchen. Mehr als in anderen öffentlichen Räumen und auch mehr als zu Hause und bei den Freunden wird während der Schulzeit auf dem oder am Schulgelände geraucht. Die Ergebnisse einer Untersuchung von 10 890 Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 Jahren aus acht europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Norwegen, Österreich, Schottland, Wales) wurden jetzt von einem internationalen Forschungsteam dem Europäischen Parlament in Brüssel vorgestellt. An der deutschen Teilstudie unter Leitung von Dr. Bettina Schmidt und Professor Klaus Hurrelmann von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld beteiligten sich 1599 Schülerinnen und Schüler aus 62 Schulen in Nordrhein-Westfalen. Rund 70 Prozent der befragten 15jährigen Jugendlichen haben nach der Bielefelder Studie bereits Erfahrungen mit Zigaretten gemacht, und schon 25 Prozent rauchen täglich. Damit liegen die deutschen Jugendlichen im europäischen Vergleich an der Spitze, nur die österreichischen Mädchen rauchen noch mehr. Zahlen aus der vorherigen europaweiten Studie von 1994 belegen außerdem, daß immer mehr Jungen und vor allem immer mehr Mädchen mit dem Rauchen beginnen. Wenn die Jugendlichen rauchen, dann rauchen sie vor allem während der Schulzeit. Rund 30 Prozent der Jugendlichen rauchen jeden Tag im Rahmen der Schulzeit, entweder auf dem oder am Schulgelände. Zwar ist in Deutschland 15jährigen Schülerinnen und Schülern das Rauchen in der Öffentlichkeit und deshalb auch an der Schule grundsätzlich verboten, doch hindern diese formalen Rauchverbote Jugendliche offenbar keinesfalls daran, dennoch dort zu rauchen. Offenbar ist der Schulhof der zentrale Ort, wo Jugendliche Erfahrungen mit Zigaretten sammeln und wo der Zigarettenkonsum schließlich auch zur alltäglichen Gewohnheit wird. In den an der Untersuchung beteiligten Ländern ist das Rauchen recht unterschiedlich geregelt, und diese Unterschiede spiegeln sich beim Zigarettenkonsum auf dem Schulhof wider. In Deutschland ist das Rauchen von Kindern und Jugendlichen bundesweit durch das Jugendschutzgesetz geregelt, eine Konkretisierung des generellen Rauchverbots für alle jungen Menschen unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit findet für den Schulbereich durch ergänzende länderspezifische Verordnungen statt. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist Schülern das Rauchen auf dem Schulgelände grundsätzlich untersagt, über Ausnahmen für Schüler der Sekundarstufe II kann mit Zustimmung der Schulkonferenz sowie der Erziehungsberechtigten entschieden werden. Ähnlich wie in Deutschland ist auch in Österreich, Finnland und Norwegen das Rauchen an Schulen durch eine nationale Tabakpolitik geregelt. Im Gegensatz dazu obliegt in Dänemark, Schottland und Wales die Gestaltung der schulischen Tabakpolitik den einzelnen Schulen oder den Kommunen. Wie die in Brüssel vorgestellte Studie zeigt, nutzen solche bloß schulischen und kommunalen Regeln vergleichsweise wenig: Im Vergleich zu den Ländern mit nationaler Tabakpolitik werden in Dänemark, Schottland und Wales die bestehenden Schulgesetze deutlich seltener befolgt, in diesen Ländern berichten mindestens 40 Prozent der rauchenden Schüler, daß sie täglich auf dem Schulhof rauchen. In Österreich mit einer nationalen Tabakpolitik wird demgegenüber viel seltener auf dem Schulgelände geraucht. Deutschland ohne eine nationale Tabakpolitik, aber mit länderspezifischen Regeln, liegt im Mittelfeld, was die Befolgung des Rauchverbots auf dem Schulgelände angeht. In zukünftigen Debatten über die Einführung eines nationalen Nichtraucherschutzgesetzes sollten nach Auffassung der Bielefelder Wissenschaftler diese Ergebnisse berücksichtigt werden: "Offenbar haben Verordnungen eine desto größere Durchschlagkraft, je globaler sie verankert sind", faßten die Wissenschaftler dieses Ergebnis in Brüssel zusammen. Die Untersuchung macht deutlich, daß Schülerinnen und Schüler von Schulen mit strikter Politik - etwa einem schulweiten Rauchverbot für Schüler, Lehrer und Besucher - und strikten Kontrollen insgesamt weniger rauchen. Auf politischer Ebene sind nach der Studie neben der schulischen Tabakgesetzgebung außerdem der Zigarettenpreis und die Zigarettenautomaten von Bedeutung. Dies ist insbesondere für Deutschland bedeutsam, da Zigaretten hier deutlich billiger sind als in anderen Ländern. Beispielsweise kostet in Deutschland eine Schachtel Zigaretten etwa so viel wie ein Big Mac, in Schottland fast das Doppelte. Außerdem gibt es in Deutschland rund 800 000 Zigarettenautomaten, die zum größten Teil frei zugänglich sind, in Norwegen dagegen sind Zigarettenautomaten komplett verboten, und in Finnland oder Wales dürfen Zigarettenautomaten nur da aufgestellt werden, wo Jugendliche sich nicht aufhalten dürfen, zum Beispiel in Kneipen. Darum erstaunt es nicht, daß die Jungen und Mädchen aus Nordrhein-Westfalen im europäischen Vergleich die Spitzenplätze beim Konsum belegen. Um den steigenden Zigarettenkonsum von Jungen und besonders von Mädchen zu stoppen, ist es nach Auffassung der Bielefelder Wissenschaftler notwendig, zukünftig auf mehr Ebenen als bisher anzusetzen: "Vor allem sollte mehr Mut bei der Umsetzung politischer Präventionsmaßnahmen bewiesen werden. Es ist dringend erforderlich, sich gegen mächtige Kräfte in Politik und Wirtschaft zu wappnen, wenn es um die Einführung eines nationalen Nichtraucherschutzgesetzes oder den flächendeckenden Abbau von Zigarettenautomaten geht. Außerdem sollten viel öfter pragmatischere Lösungsansätze gewählt werden, die von der Tatsache ausgehen, daß zahlreiche Jugendliche nun einmal rauchen. Schadensbegrenzende Maßnahmen, wie sie sich beispielsweise in der Arbeit mit illegalen Drogen seit rund zwei Jahrzehnten bewährt haben, sollten auch für die Tabakprävention nutzbar gemacht werden. Auf die Tagesordnung einer wirklichkeitsnahen Tabakpolitik gehören deshalb Entwöhnungsprogramme für Schüler und Schülerinnen und die Bereitstellung von Nikotinersatzpräparaten für Jugendliche. Vielleicht sollten einige der bestehenden Zigarettenautomaten entsprechend umgerüstet werden." Kontakt: Dr. Bettina Schmidt, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Telefon 0521/106-3888, 106-4669. |