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Drogenpolitik - rechtliche Forderungen (22.05.2002)

Der folgende Text stammt von Georg Wurth vom Bundesnetzwerk Drogenpolitik (BND) bei den Grünen:


Drogenpolitik - rechtliche Forderungen

Zunächst mal folgendes aus Sicht des BND vorweg: Wir hielten es für das sinnvollste, das gesamte Betäubungsmittelgesetz (BtMG) abzuschaffen und alle Drogenfragen durch Lebensmittel- und Arzneimittelrecht, durch Verbraucher- und Jugendschutz zu regeln. Im Weiteren gehe ich aber nur auf Themen ein, die sich im Rahmen grüner Programmatik bewegen.

Cannabis

Cannabislegalisierung
Soweit unsere Forderung aus den Programmen. Wir plädieren dabei für die Abgabe in Fachgeschäften, also ein qualitativ wesentlich aufgebessertes Coffeeshop-Modell. Dazu gehören für uns z.B. eine entsprechende Ausbildung der Verkäufer und Beipackzettel.

Auf der Tagung wäre noch mal die Klärung der internationalen Abkommen sinnvoll. Unserer Meinung nach sind die Verträge so schwammig formuliert, dass sie eine Cannabislegalisierung zulassen würden. Ansonsten wäre eben eine Änderung der Abkommen anzustreben oder ein Austritt aus diesen. Schließlich interessieren sich die USA, die diese Abkommen durchgesetzt haben, auch nicht besonders für internationale Abkommen, wenn sie ihnen nicht mehr passen.

Wenn eine komplette Legalisierung mit dem Koalitionspartner nicht durchsetzbar ist, kommen folgende Themen auf:

Eigenanbau und Hanfsamen
Zumindest der Anbau einer begrenzten Anzahl von Pflanzen zum Eigenverbrauch sollte erlaubt werden. Das noch von der CDU-Regierung beschlossene Verbot von Hanfsamen sollte zurückgenommen werden. Hanfsamen sind die erste und einzige Substanz im BtMG, die selbst nicht psychoaktiv ist.

Vereinheitlichung der straffreien geringen Mengen in den Bundesländern wie schon 94 vom BVG gefordert. Aus unserer Sicht sollte diese Vereinheitlichung dann natürlich auf möglichst hohem Niveau erfolgen, damit sich in keinem Bundesland eine Verschlechterung der Lage ergibt. Daraus ergibt sich eine Menge von mindestens 30 Gramm. Ein wirklicher Erfolg der Grünen wäre aber erst bei z.B. 50 Gramm gegeben. Dann sollte die Einstellung bei geringer Menge zum Eigenverbrauch zwingend erfolgen, und das auch im Wiederholungsfall und wenn andere Straftaten vorliegen.

Eine Herabstufung von Cannabisbesitz zur Ordnungswidrigkeit halten wir nur für sinnvoll, wenn das dann wirklich zu holländischen Verhältnissen führt. Im schlimmsten Fall könnte das sonst zu einer Verschlechterung für die Konsumenten führen, wenn solche Ordnungswidrigkeiten konsequent verfolgt und mit Bußgeldern belegt würden. Eine Verfahrenseinstellung im heute üblichen Sinne wäre dann ja nicht mehr möglich. Es bestünde auch die Gefahr, dass es zu noch krasseren regionalen Unterschieden kommt. Wir sind also insgesamt eher skeptisch.

Andere Drogen
Einige weitere Substanzen, die kürzlich verboten wurden, teilweise auch noch unter CDU-Herrschaft sollten wieder aus dem BtMG entfernt werden, dazu gehören z.B. Psilocybinpilze, mexikanische Kakteen, Kath.
Außerdem sollte natürlich der Trend gestoppt werden, weitere Substanzen in das BtMG aufzunehmen und damit die Repressionsspirale weiter zu drehen.
(Dieser Punkt ist im Wahlprogramm genannt, zumindest, soweit man diese Drogen als "weiche" Drogen definiert.)

Entkriminalisierung
Konsumenten illegaler Drogen sollten entkriminalisiert werden, d.h. generell sollte auf die Strafverfolgung von Handlungen, die dem Eigenkonsum dienen (Besitz, Erwerb, Einfuhr...), beendet werden.
(Dieser Punkt ist im Wahlprogramm genannt.)

Führerschein
Die Führerscheinproblematik sollte möglichst bald erledigt werden. Wir halten die Einführung von Blutgrenzwerten für die Enschätzung der Fahrtauglichkeit für sinnvoll. Eine Expertenkommission müsste entsprechende Werte festlegen. Die verkehrsunabhängige Überprüfung bei bloßem Besitz von Drogen muss komplett und schnell eingestellt werden.
(Dieser Punkt ist im Wahlprogramm genannt.)

drug-checking
Einführung von Angeboten zur chemischen Inhaltsstoffanalyse (Drugchecking) von illegalen Drogen wie Ecstasy- Tabletten, um die Risiken des unkontrollierten Drogenschwarzmarkts einzudämmen. Derzeit ist das nur im rechtlichen Graubereich möglich und wird leider in Deutschland nirgendwo umfassend praktiziert.
(Dieser Punkt ist im Wahlprogramm genannt.)

Werbung
Werbung für alle legalen Drogen sollte eingeschränkt werden. Z.B. sollte Deutschland einer Einschränkung der Tabakwerbung auf europäischer Ebene nicht weiter im Wege stehen.
(Dieser Punkt ist im Wahlprogramm genannt.)

Automaten + Supermärkte
Aus unserer Sicht sollten alle Drogen - also auch Alkohol und Tabak - in Fachgeschäften verkauft werden, nicht in Supermärkten und nicht durch frei zugängliche Automaten.

Heroinvergabe
Nach erfolgreichem Abschluss des Heroinvergabeprogramms sollte Heroin normal wie Substitutionsmittel verschreibungsfähig werden.


Das ist das BND
Mehr Bewegung in die Drogenpolitik der Grünen zu bringen – mit diesem Ziel haben sich drogenpolitisch Aktive der Partei von Schleswig-Holstein bis Bayern in einem Netzwerk zusammengeschlossen.

Unter dem Namen BND (Bundes Netzwerk Drogenpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen) will der Verbund, der erstmals vom 09.-11.06.99 in Hamburg tagte, der Drogenpolitik in Partei und Öffentlichkeit neue Impulse geben und alternative Wege aufzeigen.

Das BND setzt sich aus Einzelpersonen und Mitgliedern der grünen Landesarbeitsgemeinschaften zur Drogenpolitik in den Bundesländern zusammen. Das Netzwerk umfaßt insgesamt über 150 Personen. Außerdem bestehen enge Kontakte zur Grünen Jugend.