|
Belgien: Cannabisgebrauch nicht länger strafbarNewshawk: HaL (hal@legalizewiesbaden.de) Source: De Standaard (B) Copyright: De Standaard Pubdate: Fri, 19. Jan 2001 Author: Bart Dobbelaere Website: http://www.standaard.be/ Contact: standaard@vum.be Translator: HaL (hal@legalizewiesbaden.de) Cannabisgebrauch nicht länger strafbar BRÜSSEL - Der Gebrauch weicher Drogen ist in kürze nicht länger strafbar. Dazu wird das Gesetz aus 1921 angepasst und es gibt auch einen königlichen Beschluss. Mehr Rechtssicherheit also für die gelegentlichen Cannabisgebraucher. Aber wo sie ihr Rauchgut holen müssen sie selber herausfinden. Das Kernkabinett hat gestern den Drogenknopf durchgedrückt und mit einem ehrbaren Kompromiss abgeschlossen. Cannabisgebrauch wird nicht aus dem Strafrecht genommen, wie die Grünen und die PS anfänglich wollten. Der Gebraucher bekommt aber mehr Rechtssicherheit als es zur Zeit mit der Rundverfügung der Fall ist. Im Drogengesetz von 1921 gibt es eine Formulierung, die eine unterschiedliche Beurteilung für weiche und harte Drogen und für den problematischen und nichtproblematischen Gebrauch zulässt. Was die Beurteilung konkret beinhaltet, wird mit einem königlichen Beschluss und einer Rundverfügung geregelt. In jedem Fall soll niemand, der Cannabis raucht, eine Anzeige bekommen. Cannabisgebrauch wird geduldet, so lange nicht die Rede von gesellschaftlicher Belästigung oder problematischem Gebrauch ist. Fahren unter Einfluss geht zum Beispiel nicht und wer abhängig ist, wird zu einer Hilfeeinrichtung geschickt. Die Regierung hat sich dazu entschlossen, die Grammzahl die für Cannabis zugelassen ist, zu umschreiben. Auf die Weise wird die Diskussion um 5 Gramm in der VLD-Version und 15 Gramm in der Agalev-Version nett umschifft. Kein Problem, sagt Gesundheitsministerin Magda Aelvoet. Die Polizeidienste haben genug Erfahrung, um festzustellen, ab wieviel Gramm der Gebrauch weicher Drogen problematisch wird. Aber sie gab zu, das immer noch Raum für die Interpretation durch die Polizei bleibt. Problematischer Gebrauch bedeutet in Brüssel-Stadt vielleicht etwas anderes als in Betekom-Dorf, wie auch Belästigung der Nachbarschaft in beiden Gemeinden etwas anderes bedeutet. Über Anbau und Verkauf sagt der Kompromiss nichts. Dazu lagen die Standpunkte zu weit auseinander. Wer einen Joint rauchen will, muss selber anbauen oder einen Trip in die Niederlande machen. Bei harten Drogen zum eigenen Gebrauch ist keine Rede mehr von einer verkürzten Anzeigeprozedur, ein Überbleibsel der ursprünglichen Drogennote. Hier gibt es immer eine Anzeige. Aber die Art, wie das Gericht mit der Anzeige umgeht, wird geändert. Dabei ist es stets das Ziel, die Drogengebraucher vor dem Gefängnis zu bewahren und den Hilfseinrichtungen zuzuführen. Die Drogennota widmet auch Hilfe und Prävention viel Aufmerksamkeit. Es gibt auch eine halbe Milliarde Franken zusätzlich bereitgestellt. Mit dem Geld werden unter anderem die Auffangstellen für Krisen ausgebaut. Was problematischer Gebrauch, oder Gebrauch ist, der zu Belästigungen führt, wird in einem königlichen Beschluss beschrieben. Dennoch wird es noch Raum für die Interpretation durch die Polizeidienste geben. Darf auf der Strasse gekifft werden? Und mit wie vielen Leuten? Und wieviel Spass darf man dabei haben? Es wird in jeden Fall nicht bestimmt, wieviel Gramm Cannabis erlaubt sind. Im Kernkabinett gab es dazu keine Einigkeit. Laut Aelvoet war die Regierung vor allen darum besorgt, kein verkehrtes Signal zu geben. Konkret sagen, wieviel Gramm erlaubt sind, könnte manche zu mehr Gebrauch verführen. "In der Regel wissen die Polizeidienste aus Erfahrung, ab wieviel Gramm Cannabisbesitz sie die Augenbrauen zu runzeln haben" behauptet Aelvoet. Obendrein gibt es verschiedene Sorten Cannabis, weswegen für jede Sorte festgelegt werden müsste, was vertretbar ist. Eine Altersbeschränkung wird es auch nicht geben. Das Strafrecht gilt erst für Menschen ab 18 Jahren. Bei Alkohol wird das Problem dadurch umschifft, indem der Verkauf an Minderjährige strafbar gestellt ist. Bei weichen Drogen geht dies nicht, weil der Verkauf in unserem Land sowieso strafbar ist. Das ist eine auffällige Lücke beim Drogenkompromiss. Drogenbrauch ist erlaubt, aber wo die Raucher ihr Rauchgut holen sollen, ist nicht bekannt. Die Niederländischen Coffeeshops werden sich freuen. Für belgische Coffeeshops gab es keine Mehrheit in der Regierung. Das Signal der Regierung ist deutlich: "Cannabis geht, aber wir werden nicht dabei helfen." Harte Droge bleiben explizit verboten. Es erfolgt immer eine Anzeige. Auch hier gilt, heilen ist besser als bestrafen. Gebraucher werden unmittelbar an die Hilfeeinrichtungen überstellt. Nur wenn sie sich halsstarrig weigern, wartet eine Gefängnisstrafe. Aber es ist klar, dass niemand mehr nur wegen seinen oder ihrem Drogengebrauch ins Gefängnis geworfen wird. Aelvoet betonte auf ihrer Pressekonferenz nachdrücklich, dass die Drogennote nicht auf den Cannabiskompromiss beschränkt bleibt. "Das ist erst Punkt drei von fünf Hauptstücken." "Diese Nota sorgt dafür, dass in unserem Land endlich eine koordinierte Politik möglich wird. Harte und weiche Droge, Tabak und Alkohol. So gibt es einen Drogenbereich, der dafür sorgt, dass alle betroffenen Departements ihre Politik koordinieren. Eine Bereich, der auch alle möglichen Präventionsinitiativen ermittelt." "Ferner haben wir eine halbe Milliarde extra für Hilfsangebote freigemacht. Der Krisenauffang bekommt zum Beispiel mehr Betten. Im Moment wissen die Polizeidienste in ihrer Not manchmal nicht, wohin mit den Drogenabhängigen." "Wir haben auch ein Early-Warning-System ("Frühwarnsystem" Red.)auf die Beine gestellt. Wenn die Polizei oder die Hilfseinrichtungen merken, dass gefährliche Drogen im Umlauf sind - wie unlängst das Elefanten-XTC - wird das sofort gemeldet." Inzwischen betrachtet die Justiz gelangweilt nach dem Durchmarsch von Aelvoet. "Mit dem Kernkabinett war klar abgesprochen, erst am Freitag darüber zu reden" klang es von Verwilghen. Worauf Aelvoet bemerkte - weil der Kompromiss doch am Durchsickern war - dass es besser war gleich was zu sagen. In seinem kurzen Statement für das Kernkabinett hatte Premier Verhofstadt (VLD) vor allem den Nachdruck auf das harte Vorgehen gegen die Drogenkriminalität gelegt.
|