Ratschläge hinter
verschlossenen Türen
Cannabis gegen
Schmerzen
Frankfurt/Main - Hinter geschlossenen Praxistüren geben Schmerztherapeuten
ihren Patienten bisweilen ungeheuerliche Ratschläge: "Fahren Sie nach
Holland und kaufen Sie sich Haschisch oder Marihuana - und bitte nicht nur ein
paar Gramm", rät so mancher Kollege, wie Mediziner zugeben. "Es
gibt chronische Schmerzpatienten, bei denen ist Cannabis wirksamer als alles
andere", sagt Gerhard Müller-Schwefe über den Einsatz von Cannabis-Produkten
in der Medizin. Er ist Tagungsleiter des "Deutschen Schmerztags",
der am 15. März in Frankfurt beginnt.
Die Nutzer sind chronische Schmerzpatienten, die auf Grund ihrer Krebserkrankung
permanent erbrechen müssen, und Multiple-Sklerose-Patienten. Aber auch
bei Epileptikern, Spastikern oder Menschen mit Psychosen habe man "durchweg
gute Erfahrungen gemacht", sagt Müller-Schwefe.
Die deutsche Bundesregierung
steht dem Einsatz von Cannabis in der Medizin grundsätzlich positiv gegenüber:
"In Deutschland steht dem kontrollierten Einsatz als Arzneimittel nichts
mehr im Wege", sagt die Drogenbeauftragte Marion Caspers-Merk.
Die Möglichkeiten
Wer seine Schmerzen
mit den seit Alters her bekannten Wirkstoffen der Hanf-Pflanze lindern will,
hat drei Möglichkeiten: Illegal die Droge beschaffen und rauchen, legal
synthetische Nachahmer-Produkte aus dem Ausland bestellen - oder die Dienste
einer kleinen Firma in Frankfurt nutzen.
THC Pharm spielt
die Verbote, Verordnungen und Verfahren um den Schmerz stillenden Hanf gegeneinander
aus. Die Firma arbeitet mit Faserhanf, der nur geringe Anteile des Schmerz stillenden
Wirkstoffs enthält und daher nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt.
Aus ihm gewinnen die Chemiker den Wirkstoff THC oder Dronabinol, der seit 1998
"verkehrsfähig" ist und damit vom Arzt verschrieben werden darf.
Endprodukt
aus der Apotheke
THC Pharm liefert
diese Grundsubstanz an rund 100 Apotheken in Deutschland - zu einem Viertel
des Preises, den die Importprodukte kosten. Dort erst entsteht das Endprodukt:
Kapseln zum Schlucken oder Tropfen zum Inhalieren.
"Das Verfahren
ist völlig legal, so lange die Abgabe-Menge nicht 100 Packungen pro Tag
überschreitet", erläutert THC-Pharm-Chef Christian Steup seine
nach eigenen Angaben deutschlandweit einmalige Geschäftsidee. Sie war aus
der Not geboren: Ein querschnittsgelähmter Freund bat den studierten Apotheker
Steup um Hilfe bei der möglichst legalen Cannabis-Beschaffung. Seither
gehört das Arzneimittelgesetz zu Steups Lieblingslektüre.
Quelle:
Der Standard, 1. März 2001 (http://www.derstandard.at)
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