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Schill dealt mit DrogenfreigabeHamburger Morgenpost
Pubdate: Samstag, 07.04.2001 "Richter Gnadenlos" will UN-Untersuchung - Bei gutem Ergebnis hält er weltweite Legalisierung für denkbar Schill dealt mit Drogenfreigabe Was ist das denn? Law-and-order-Politiker Ronald B. Schill nimmt das Wort Drogenfreigabe in den Mund - und irritierte Anhänger seiner Partei Rechtsstaatlicher Offensive bitten die MOPO um Aufklärung. Hier lesen Sie, wie Schill mit der Drogenfreigabe dealt: MOPO: Herr Schill, Sie plädieren für Brechmittel und möchten Fixerstuben schließen - doch jetzt hörten wir auf der "Mississippi-Queen", dass Sie sich durchaus auch eine Drogenfreigabe vorstellen können. Wie passt denn das zusammen? Ronald B. Schill: Ich bin ein entschiedener Gegner jeglicher Freigabe von Drogen, weil ich befürchte, dass dann noch wesentlich mehr Menschen als jetzt Drogen konsumieren und ihr Leben dadurch ruinieren. Auf der ,Mississippi-Queen' habe ich lediglich vorgeschlagen, die UNO möge wissenschaftlich untersuchen lassen, ob die gängige Befürchtung, die Freigabe der Drogen würde die Zahl der Konsumenten erhöhen, auch tatsächlich begründet ist. Dies ist zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher. Denn zu Zeiten des Alkoholverbotes in den USA wurde mehr Alkohol getrunken als früher oder später. Auch in skandinavischen Ländern wurde trotz Alkoholverbotes mehr getrunken als anderswo. MOPO: Unter welchen Umständen genau hielten Sie eine Drogenfreigabe für denkbar? Schill: Nur falls die von mir vorgeschlagene Untersuchung wissenschaftlich fundiert zu dem Ergebnis käme, dass eine Drogenfreigabe keine Steigerung der Konsumentenzahlen verursachen würde. Einen Alleingang könnte sich Deutschland aber selbst dann nicht leisten, da dies einen Sogeffekt auslösen würde. Eine Drogenfreigabe wäre allenfalls weltweit denkbar. MOPO: Ist so ein Modell überhaupt realistisch - oder wollen Sie Kritikern damit nur den Wind aus den Segeln nehmen? Schill: Es gibt in der Drogenpolitik keinen Königsweg, aber zur Zeit befinden wir uns auf dem Holzweg. Einerseits droht der Staat für Drogenhandel schwere Strafen an, andererseits duldet der Hamburger Senat, wie - auch unter den Augen der Polizei - harte Drogen gedealt werden. So macht sich der Rechtsstaat lächerlich. MOPO: Wie stehen Sie zum geplanten Modellversuch mit Heroin in Hamburg? Schill: Es sollte alles versucht werden, um aus dem Teufelskreis Drogen herauszukommen. Aber nur zeitlich begrenzt mit einem eng begrenzten Kreis an Versuchspersonen und bei sorgfältiger Auswahl des Ortes. MOPO: In Ihrem Wahlprogramm stehen keine Überlegungen zur Drogenfreigabe. Ist Ihre Position mit Parteigremien abgestimmt? Schill: Meine Überlegungen sind Denkanstöße, die in den Parteigremien zur Diskussion anstehen. MOPO: Sie sagen, es dürfe keine Tabus geben. Verprellen Sie damit nicht viele Ihrer konservativen Anhänger? Schill: Auch unsere konservativen Anhänger sind an einer sachgerechten, ideologiefreien Lösung interessiert. Interview: S. Jacobs |