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Außenposten im Dienst an den Menschen (Main-Echo, 22.04.2002)
Pubdate: 22.04.2002 Außenposten im Dienst an den Menschen Hubert Auth: Die Sucht ist nur ein Symptom für dahintersteckende Probleme und wird dann selber zum Problem Marktheidenfeld. Vor dem Hintergrund der auch in der hiesigen Gegend vorhandenen Drogenproblematik wurde im Laufe der Jahre von der Sucht- und Drogenberatung der Caritas in Lohr ein eigenes Angebot in Marktheidenfeld aufgebaut. Jeden Donnerstag sind in den Räumen der ökumenischen Sozialstation St. Elisabeth Beratungsgespräche möglich. Dadurch ist Betroffenen die Möglichkeit zum Gespräch geboten, ohne dass diese eigens nach Lohr fahren müssen. Wie wenig der Altlandkreis Marktheidenfeld von der Drogenproblematik verschont geblieben ist, macht nicht zuletzt die Tätigkeit der Drogenberatung deutlich. Gab es einen Beratungstermin ursprünglich nur einmal monatlich in Marktheidenfeld, so wurde in der Zeit nach 1990 eine Beratung in Marktheidenfeld vierzehntägig angeboten. Inzwischen ist die Psychosoziale Beratungsstelle - Sucht- und Drogenberatung der Caritas - mit ihrer ambulanten Beratung in Marktheidenfeld wöchentlich präsent. Dass jetzt jeden Donnerstag von 9.30 bis 12.30 Uhr in der Sozialstation St. Elisabeth diese Außensprechstunde angeboten wird, ist auf die große Nachfrage von Klienten wie auf die Anfragen von Stellen, die in verschiedener Weise mit Suchtverhältnissen zu tun haben, zurückzuführen. Sprechstunde »brechend voll« Die Sprechstunde in Marktheidenfeld ist nach Angaben des verantwortlichen Leiters, Hubert Auth, jeweils »brechend voll«. Auth erläutert, dass er dementsprechend für die einzelnen Gespräche im Marktheidenfelder Außendienst nur jeweils rund 30 Minuten Zeit hat. Mitunter verabredet der Sozialpädagoge mit einem Klienten ein längeres Gespräch am Hauptsitz der Drogenberatung in Lohr. Dort nimmt man sich gerne für ein Einzelgespräch eine Stunde Zeit. Manchmal unternimmt Auth in Marktheidenfeld auch Hausbeziehungsweise Krankenhausbesuche. Dies ist bei behinderten und kranken Klienten der Fall. Betroffene möglichst früh erreichen Auths Ziel ist es, abhängige Menschen möglichst früh zu erreichen. Der Kontaktzwischen dem Klienten und der Beratungsstelle sollte schon geknüpft werden, wenn der Betroffene zum Beispiel noch über Arbeitsplatz und Wohnung verfügt. Habe etwa ein Mensch wegen Alkoholproblemen seinen Arbeitsplatz oder die Familie verloren oder leide er unter schweren körperlichen Schäden, so seien die Erfolgsaussichten geringer, als wenn man gleich das Suchtproblem angegangen wäre. Eine Resozialisierung bei Menschen, die bereits auf der Straße stünden, sei vergleichsweise schwierig. Die Hemmschwelle für einen Menschen mit Suchtproblemen werde nicht zuletzt dadurch gesenkt, dass er um ein Gespräch zu führen, nicht eigens nach Lohr fahren müsse. Von Vorteil sei in Marktheidenfeld die gute Zusammenarbeit mit dem hiesigen Krankenhaus, einschließlich dem dazugehörenden Sozialdienst. Von Bedeutung ist für Auth auch das Zusammenwirken mit den örtlichen Ärzten. So unterzögen sich Klienten der Sucht- und Drogenberatung bei Ärzten medizinischen Untersuchungen. Umgekehrt schickten Ärzte betreffende Patienten zur Beratung. Die Drogenberatung arbeite auch mit der Bewährungshilfe und Beratungsstellen, wie der Ehe- und Erziehungsberatung, zusammen. Um den Kontakt zu den Schulen kümmerten sich drei bezahlte Mitarbeiter. Für diese Art der mobilen Suchtprävention wurde nach Auth ein eigenes Konzept entwickelt. Um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, seien inzwischen sogar eigene Comics hergestellt worden. Die Mitarbeiter versuchten zum Beispiel, häusliche Konflikte der jungen Menschen spielerisch zu bearbeiten. So solle bei den Jugendlichen zum Zweck der Suchtprävention die eigene Konfliktfähigkeit entwickelt werden. Inzwischen seien die Mitarbeiter der Drogenberatung auch schon in Kreuzwertheim und Esselbach an den Schulen aktiv gewesen. Ebenso arbeite man mit dem Marktheidenfelder Jugendzentrum und der städtischen Jugendpflege zusammen. Gerade um Jugendliche anzusprechen, sei ein Aufkleber herausgebracht worden. Inzwischen nähmen zum Beispiel Menschen aus Kreuzwertheim das Gesprächsangebot in den Marktheidenfelder Räumen der Sozialstation wahr. In nächster Zeit möchte Auth insbesondere den Kontakt zu örtlichen Arbeitgebern ausbauen. Hier gelte es, eine Bewusstseinsbildung zu erreichen, dass bei betroffenen Arbeitnehmern zum Beispiel vorhandene Beziehungsprobleme aufzuarbeiten seien. Die Sucht ist nach Auth nur ein Symptom für dahintersteckende Probleme. Allerdings werde eine Sucht dann selber zum Problem. Grundsätzlich versuche die Beratungsstelle, allen Menschen zu helfen, die sich an sie wenden. Dies gelte sowohl für Abhängige als auch für Menschen, die unter der Sucht eines Verwandten litten. Das Hilfsangebot gelte unabhängig von der politischen oder religiösen Orientierung des Betroffenen. Rat Suchende könnten sich auf völlige Vertraulichkeit der Beratungsstelle verlassen. Von Nikotin und Alkohol bis Heroin Vom Umfang sei die Arbeit mit Alkoholabhängigen der größte Einzelbereich. Aber auch um Nikotinabhängige kümmere man sich. Erst kürzlich, so Auth, habe man einen Nichtraucherkurs organisiert. Das von einer Diplompsychologin betreute verhaltenstherapeutische Programm ist seinen Angaben zufolge sehr erfolgreich gewesen. Sollten sich wieder zwölf Interessierte zusammenfinden, würde man gerne wieder einen solchen Kurs anbieten. Hierzu sei bereits eine Warteliste angelegt worden. Auch sonst führe die Drogenberatung immer wieder Gespräche mit Nikotinabhängigen und arbeite mit ihnen therapeutisch. Auth betont, dass nach der Kosten-Nutzen-Rechnung Nikotin die gefährlichste Droge sei. Wegen Nikotin stürben viele Menschen und es entstünden enorme Kosten wegen der notwendigen medizinischen Behandlung. Wer nikotinabhängig sei, müsste sich wirklich therapeutisch behandeln lassen. Illegale Drogen stark verbreitet Selbstverständlich würden auch die Konsumenten illegaler Drogen betreut. Hierbei fällt nach Auth auf, dass illegale Drogen in der Region Marktheidenfeld stärker als sonst im Durchschnitt des Landkreises verbreitet sind. Während bei harten Drogen, wie Heroin und Kokain, eher die Abhängigen selber kämen, seien es bei den »weichen Drogen« eher die Eltern oder die Arbeitgeber der Konsumenten. Mancher Konsument »weicher Drogen« wende sich persönlich an die Beratungsstelle, da er die Fahrerlaubnis entzogen bekommen habe. Nebenbereiche der eigenen Tätigkeit stellten Essstörungen, wie die Magersucht und die Ess-Brech-Sucht, und daneben die Spielsucht dar. Bei Störungen im Sexualverhalten, wie etwa der Pädophilie, führe die Beratungsstelle gelegentlich Gespräche. Bei derartigen Problemfällen versteht man sich nach Auskunft von Hubert Auth als eine erste Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige. Betroffene würden nach Gesprächen gegebenenfalls an Psychiater vermittelt. In Zusammenhang mit der Betreuung von Abhängigen von harten illegalen Drogen sei die Stelle auch an der Methadonsubstitution, also der kontrollierten Ausgabe des Präparates Methadon an Heroinabhängige, beteiligt. Dabei hält man sich, so Auth, gewissenhaft an die rechtlichen Bestimmungen. So müssten die Methadonempfänger regelmäßig in der Drogenberatung erscheinen, und dies werde im Methadonpass dokumentiert. Ein Problem stelle bei Methadonempfängern der drohende »Beikonsum« dar, also parallel zum Methadon konsumierter Alkohol oder illegale Drogen. Deswegen müssten diese Abhängigen regelmäßig zur Urinkontrolle zu den beteiligten Ärzten. Ziel sei es, die Dosierung von Methadon schrittweise zu reduzieren. Außer beim »Beikonsum« drohten keine gesundheitlichen Schäden. Nicht zuletzt deswegen ist, so Auth, die kontrollierte Abgabe von Methadon als Mittel der Therapie gesellschaftlich nicht mehr umstritten. Bei der Methadonabgabe im Landkreis wirkten zwei Ärzte mit. Ebenso verfüge die Drogenberatung über ein ganzes Netz von Kontakten zu Fachkliniken, die sich auf die Therapie von Drogen- oder Alkoholabhängigen beziehungsweise an Essstörungen leidenden Menschen spezialisiert hätten. Der Kontakt zu diesen Fachkliniken werde auch in Hinsicht auf die Nachsorge bei den Klienten gepflegt. Dazu dienten auch Besuche der Mitarbeiter der Drogenberatung in den Kliniken selber. Ebenso arbeite die Drogenberatung in der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft/PSAG Main-Spessart mit. Werktags gut zu erreichen Grundsätzlich sind Hubert Auth und seine Mitarbeiter bereit, im Rahmen von Vorträgen und Diskussionsrunden weiterführende Informationen zu vermitteln und bezüglich ihrer Arbeit Rede und Antwort zu stehen. Montag bis Freitag ist man von 9 bis 12 Uhr jeweils in Lohr unter 0 93 52 / 84 31 21 zu sprechen. Die Drogenberatung in Main-Spessart ist auch über das Internet erreichbar: psb@caritasmsp.de. Die Homepage kann abgerufen werden unter: www.caritasmsp.de. © 2002 Main-Echo |