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Mal eben nicht an der Drogendiskussion teilnehmen

Newshawk: HaL (HaL@legalizewiesbaden.de)
Source: Het Parool (NL)
Copyright: Het Parool
Pubdate: Thu, 04. Oct 2001
Author: Kurt van Es
Contact: redactie@parool.nl
Website: http://www.parool.nl/
Translator: HaL (HaL@legalizewiesbaden.de)

KURT VAN ES

AMSTERDAM - Amsterdam ist die grosse Abwesende bei einem internationalen Kongress in den Niederlanden über die Praxis der Cannabispolitik. Unter rund fünfzig Städten, die das Justizministerium eingeladen hat - darunter Frankfurt (- Main, Übers.), Budapest und Madrid - wurden für die Niederlande Rotterdam, Tilburg und Venlo ausgewählt. Die Hauptstadt ist zu abweichend, wie die Justiz meint und Amsterdam findet dies auch das beste.

"Wir haben es nicht so nötig, uns mit der Drogenpolitik zu profilieren", sagt ein Sprecher des Dezernenten für Gesundheitssorge, Bea Irik. Amsterdam, Anfang der neunziger Jahre noch der Motor einer europäischen Städteallianz zum Promoten der Duldungspolitik, hat sich seit einigen Jahren für eine Position im Schatten entschieden, wenn es um Veränderungen in der Drogenpolitik geht. Die Hauptstadt war zu sehr das bildprägende "Mekka der Drogen " geworden, wenn das Ausland gegen die liberale Drogenpolitik der Niederlande zu Felde zog.

Amsterdam unterzeichnete zwar noch eine Erklärung von zwanzig Städten, die sich Ende 1999 für ein Konzessionssystem zum Anbau von niederländischen Marihuana einsetzen. Aber erst danach, als die Aufregung über diese Aktion schon wieder abgeebbt war. Lass mal die anderen ihren Kopf vorstrecken, war die Philosophie im Rathaus.

Das ist auch das Motto des Ministeriums. Die Kammer hatte, in der Mitte des vorigen Jahres, einen Antrag entgegengenommen, der die Belieferung der Coffeeshops regulieren sollte, indem es erlaubt würde, niederländische Marihuana anzubauen. Minister Benk Korthals hielt nichts davon und berief sich darauf, dass die Niederlande sich mit einer solchen Politik nur isolieren würden. Dazu müsste der Minister erst noch einmal den Ausland gut den Puls fühlen, wegen der Drogenpolitik, urteilte die Kammer dazu.

Das Fühlen des Pulses erfolgt nun bei einer grossen internationalen Städtekonferenz, Anfang Dezember in Utrecht, unter Vorsitz von rotterdams Bürgermeister Ivo Opstelten. Die Einladungen gingen gestern zur Türe heraus, nach einem Jahr Vorbereitung durch die Vertreter aus den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Frankreich. Es sind jetzt 48 Städte, die an der European City Conference on Cannabis Policy, aus fünfzehn europäischen Ländern und Kanada. Mit vier anderen Ländern gibt es noch Gespräche.

Liberalisierung

Weitere Liberalisierung steht formell nicht auf der Tagesordnung, aber steht durchaus darüber. Die Niederlande sind schon lange nicht mehr das einzige Standbein aus früheren Jahren. Die schweizer Regierung hat dem Parlament vorgeschlagen, den Anbau von Marihuana für den inländischen Absatz durch spezielle Verkaufsstellen zu erlauben. "Wir erwarten eine grosse parlamentarische Debatte vor dem Sommer 2002" sagt Ueli Locher vom Gesundheitsministerium in Bern. Locher sitzt auch in der Steuergruppe der Konferenz in Utrecht. "Wenn das Gesetz angenommen wird, gehen wir ein Stück weiter als die Niederlande."

Auch andere europäische Länder studieren Vorgehensweisen, die Cannabispolitik der Praxis anzupassen. Sogar in England arbeiten die Spitze der Polizei und des Innenministeriums einen Plan aus. Der Austausch der praktischen Erfahrungen in Utrecht kann die Basis für eine europäische Bewegung sein, nicht nur den Verkauf zu erlauben, sondern auch die Belieferung der Verkaufsstellen zu regeln, wie es in der Schweiz geplant ist.

Von den drei Städten, die von den Niederlanden eingeladen wurden, haben sich Venlo und Tilburg schon für eine Duldungskonstruktion um den Anbau von niederländischem Marihuana ausgesprochen, um so die Belieferung der Coffeeshops aus den Händen von zwielichtigen Händlern zu halten. "Wir wollen dies gerne, aber es geht nicht, weil die Justiz es verboten hat", sagt der Sprecher von Tilburgs Bürgermeister Johan Stekelenburg.

Die Branche klagt unterdessen, dass unter dem Druck von gerade strengeren Kontrollen der Lieferanten, der Anbau zunehmend in die Hände krimineller Grossanbauer gerät. In einer Anzahl Regionen stagniert sogar die Anlieferung der Coffeeshops, weil die Züchter einen wachsenden Teil exportieren, sagen Eingeweihte. Der - vor allem amsterdamer - Bund der Cannabiseinzelhändler (orig.: Bond van Cannabisdetaillisten (BCD), Übers.) hat damit noch keine Probleme. "Aber wir haben schon davor gewarnt" sagt Sprecher Rije Elzinga. In der Agenda von Bürgermeister Job Cohen (Amsterdam, Übers.) wird im November ein freier Platz für ein Gespräch mit dem BCD gesucht.

Der Windschatten passt der Hauptstadt gut, denn es glückt dort immer noch nicht, die siebzig Haschcafes in der Stadt verschwinden zu lassen*. Amsterdam ist die einzige Stadt mit Haschcafes, wo Haschisch und Alkohol verkauft werden dürfen. Eine Aussterbenspolitik soll vor 2003 diesem Zweig der Haschgastronomie ein Ende bereiten. Sie müssen sich für Cannabis oder Alkohol entscheiden, aber es hat sich noch kaum was verändert. Die Justiz entscheidet sich in dieser Situation immer noch für die Duldung, aber diese abweichende Praxis könnte die Sache auf dem Kongress nur verwässern.

* Anm.d.Übers.: Gemeint sind die Lokale, die weiche und harte Drogen (in dem Falle Alkohol) verkaufen, was nach der "Coffeeshopordnung" nicht zulässig ist. Die Lokale in Amsterdam geniessen z.Z. ein Bestandsrecht bis 2002 (Termin wurde schon einmal verlängert).
In anderen Städten sind, nach der Scheidung der Märkte (Alkohol/Cannabis) sog. Musikcafes entstanden. Dort ist Saufen und Kiffen erlaubt und zufälligerweise befindet sich oft nebenan ein kleiner Coffeeshop.

Quelle: Het Parool (NL), 04.10.2001
Autor: Kurt van Es
Kontakt: redactie@parool.nl
Website: http://www.parool.nl/
Übersetzer: HaL (HaL@legalizewiesbaden.de)