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Cannabislegal.de
Der folgende Artikel erschien im März 2001 in der Zeitschrift Hanf!
Die beste deutschsprachige Website zur Cannabis-Legalisierung
kommt aus Japan.
Ein Interview mit dem Programmierer und Hanf-Aktivisten Joe Wein
Q: Du schreibst
seit über 20 Jahren Software?
A: Ja, ich programmierte wahrscheinlich auf dem ersten IBM PC den es in Deutschland
gab. Später schrieb ich in England mit einer Handvoll Entwickler ein Konkurrenzprodukt
zu MS-DOS, das Betriebssytem DR DOS, das Microsoft Ende der 80er Jahre Hunderte
von Millionen Dollar an Einnahmen kostete. Diese Erfahrung zeigte mir, dass
auch der Einsatz von wenigen Menschen grosse Folgen haben kann, wenn sie nur
zum passenden Zeitpunkt entschlossen vorgehen.
Q: Wie bist
du zum Thema Drogenpolitik gestossen?
A: Ich bin wie viele andere Menschen vor einigen Jahren durch das "gelbe
Buch" dazu motiviert worden, etwas zur Cannabispolitik zu unternehmen.
Das war vor sieben Jahren als ich gerade nach Japan umgezogen war. Ich habe
dann angefangen, Informationen zu sammeln und bin darauf gestossen, dass meine
eigenen Vorfahren bis zum Urgrossvater Weber waren die Hanfleinen gewebt haben.
Das Internet erwiess sich als reiche Quelle von Informationen und Kontakten.
Ich war in den letzten Jahren vor allem in der US-Drogenpolitik sowie am Rande
der japanischen Hanfbewegung aktiv. Seit 1996 habe ich eine Website mit Informationen
zu Cannabis, seit 1997 schreibe ich in Onlineforen zum Thema und seit 1998 gibt
es die taima.org Site, die Informationen zu Cannabis in Japan sammelt und auf
englisch und japanisch zugänglich macht.
Q: Wieso bist
du jetzt wieder in Deutschland aktiv obwohl du immer noch in Japan wohnst?
A: Mit den politischen Entwicklungen in der Schweiz kam ich im Sommer 2000 zu
dem Schluss dass es produktiver wäre wenn ich die Gelegenheit nützen
würde, etwas für die Cannabisreform in Deutschland zu tun. Ich sehe
das als die grösste Chance für Fortschritte seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil
vor 7 Jahren. Mit den Ereignissen in den Nachbarländern kommt nun allmählich
auch in Deutschland eine kritische Masse zur Cannabisreform zusammen. Ausserdem
bietet die Verbreitung des Internet als neues Kommunikationsmedium völlig
neue Möglichkeiten der Organisierung und Öffentlichkeitsarbeit. Auch
wenn die Massenmedien bisher das Thema Legalisierung noch meiden, haben wir
nun die Möglichkeit, unsere Standpunkte öffentlich darzustellen.
Im Juni
sah ich das erste Mal die "Legalize! Vorarlberg" Site in Österreich
und ihr Konzept beeindruckte mich von Anfang an. Sie setzen auf Seriosität
und dokumentieren alle Fakten und Argumente zum Thema Legalisierung. Sie sprechen
bewusst nicht nur Cannabiskonsumenten und Linke an sondern bemühen sich
um einen überparteilichen Dialog, von den österreichischen Grünen
bis hin zur FPÖ. Zuerst habe ich nur ein paar Artikel beigesteuert, die
ich in d.s.d gepostet hatte.
Im Oktober
schlug ich ihnen dann vor, das Konzept auf deutsche Verhältnisse zu übertragen
und dabei weitgehend die gleichen Inhalte zu verwenden, wogegen sie keine Einwände
hatten. Seitdem entwickeln sich http://www.cannabislegal.de
und http://www.legalisieren.at
parallel, mit weitgehend identischen Inhalten. Ich bin zuversichtlich, dass
unser Ansatz helfen wird, die öffentliche Diskussion in Deutschland und
Österreich in Gang
zu bekommen und zu versachlichen.
Q: Du warst
mit der bisherigen Präsenz des Themas im deutschsprachigen web nicht richtig
zufrieden?
A: Im Vergleich mit den USA finde ich, dass in Deutschland bisher das Internet
bis auf ein paar Cannabis-Websites nur recht mässig zur Legalisierungsarbeit
eingesetzt wurde. Ich hoffe, hier ein paar Erfahrungen mit einbringen zu können.
Ein Ansatz ist das MAP-DE Projekt, wo Zeitungsartikel zur Drogenpolitik per
Internet an ein möglichst breites Publikum verteilt werden um über
mehr Leserbriefe die Berichterstattung und die öffentliche Meinungsbildung
zu beeinflussen. Der Erfolg hängt auch davon ab, wieviele Leute wir dabei
erreichen können, aber bis jetzt war die Resonanz extrem positiv.
Ausserdem
versuche ich festzustellen, welche Ansatzpunkte es gäbe um die verschiedenen
an einer Reform interessierten Kräfte, wie zum Beispiel Grüne Jugend,
Julis und Jusos, Bündnis Hanfparade e.V., Grüne Hilfe, usw. zu gemeinsamen
Aktionen zu bewegen und zusammen eine effektive Legalisierungslobby auf die
Beine zu stellen. Wir brauchen irgendwann ein gemeinsames Organ, das die Forderungen
der Reformer in der Öffentlichkeit vertreten kann, mit einem soliden Konzept
und professionellen Standards. Soweit es geht, will ich zum Ideenaustausch beitragen
und versuchen, Leute
miteinander ins Gespräch zu bringen, damit eine echtes Legalisierungsnetzwerk
entstehen kann. Tilmann Holzer vom Bundesnetzwerk Drogen der Grünen zirkuliert
bereits einen Entwurf eines bundesweiten Legalisierungsvereins den ich persönlich
sehr interessant finde. In Österreich gibt es ähnliche Bemühungen.
Gleichzeitig
brauchen wir auch viel mehr Leute die individuell mitmachen - durch Spenden,
durch Leserbriefe, durch Beteiligung an Online-Foren, durch Aufklärung
im persönlichen Umfeld. Besonders hier will ich mit cannabislegal.de
ansetzen. Die Site soll Interessierten die Munition für Debatten liefern
und zwar in einer Form, die niemanden verschreckt und von Grün bis Schwarz
jeden erreichen kann.
Q: Gerade diese
Nüchternheit der Argumentation finden wir überzeugend. Anders als
der übliche Jammerton - der wie bei allen verfolgten Minderheiten auch
bei Cannabis-Benutzern zwar verständlich ist, aber kaum weiter hilft.
A: Man kann mehr Toleranz gegenüber Cannabiskonsumenten nicht erreichen
indem man nur aus der Kifferperspektive argumentiert, denn das überzeugt
keinen Nichtkiffer der nicht eh schon für die Legalisierung ist. In der
Schweiz wird die Legalisierung bis hin zur CVP und Teilen der rechts-populistischen
SVP unterstützt. Das wird in Deutschland auch einmal der Fall sein, weil
Cannabislegalisierung keine Frage von rechts und links ist sondern des gesunden
Menschenverstandes. Um das zu vermitteln müssen wir das Problem aus vielen
verschiedenen Perspektiven darstellen können.
Im Dezember
schrieb ich an den drogenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Herrn Hubert
Hüppe, einen Bundestagsabgeordneten aus NRW. Ich brachte ein paar Argumente
und wiess ihn darauf hin dass in der Schweiz selbst seine Parteifreunde von
der CVP für die Legalisierung sind. Herr Hüppe verwies mich in seiner
Antwort auf zwei offizelle Studien aus Deutschland und den Niederlanden, die
seiner Interpretation nach belegten dass es jenseits des Rheins prozentual 7
mal soviele regelmässige Kiffer gäbe. Ich warf meine Suchmaschine
an und fand die Studien in wenigen Minuten. Herr
Hüppe hatte tatsächlich alle Deutschen, die mindestens 20 mal im Monat
gekifft hatten mit allen Niederländern verglichen die mindestens einmal
im Monat gekifft hatten! Verglich man die selben Gruppen dann standen 2,5 %
regelmässig kiffenden Niederländern 3,0 % regelmaessig kiffende Westdeutsche
gegenüber, und das obwohl in Deutschland jaehrlich eine sechsstellige Zahl
von Menschen zum Objekt polizeilicher Ermittlungsverfahren wegen Cannabis wird,
während die Niederländer seit 25 Jahren Cannabis tolerieren. Egal,
was jemand von Cannabis als Rauschmittel hält, bei solchen
Resultaten lässt sich das Verbot schon lange nicht mehr rational begründen.
Das wollen wir soviel Wählern wie möglich vermitteln.
Q: Wir wünschen
viel Erfolg dabei, durch die Bewegung eines Schmetterlingsflügels in Japan
einen Sturm in Deutschland auszulösen, der die Hanf-Prohibition hinwegbläst....
A: Vielleicht ist es ein wenig verrückt, so etwas von Yokohama aus zu versuchen,
ohne real-life Kontakte zur deutschen Reformbewegung, aber ich glaube das eigentlich
nicht. Begeisterung ist ansteckend. Die Resonanz auf die gemeinsamen Versuche
zur Öffentlichkeitsarbeit von Legalize! Österreich und Cannabislegal.de
war bisher unglaublich positiv. Ich glaube, viele Leute warten nur darauf dass
ihnen jemand vormacht, wie sie auch
mithelfen können. Die öffentliche Legalisierungsdebatte wird in Gang
kommen. Die Situation ist so günstig dafür wie schon lange nicht mehr.
Weil wir die besseren Argumente haben können wir bei einer Debatte nur
gewinnen. Steter Tropfen höhlt den Stein!
INFOS:
Deutschland:
http://www.cannabislegal.de
Österreich:
http://www.legalisieren.at
Quelle: Hanf!
03/2001 Seite 18/19
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