Cannabislegalisierung in Deutschland!
Neuigkeiten
Argumente
Politik
Verein
Aktionen
Medienprojekt
Infos über Cannabis
Hanf & Recht
Politik international
Studien
Bücher
Links
Suchen
Kontakt
in English in English
 

Grossbritannien: Auch Konservative kiffen

Auf dem Parteikongress der britischen Konservativen rief die innenpolitische Sprecherin der Partei, Ann Widdecombe am vergangenen Mittwoch nach einer Politik der absoluten Intoleranz gegen alle Konsumenten illegaler Drogen ("Zero Tolerance") und härteren Strafen selbst für Cannabiskonsumenten. Die Welle der Kritik die sie damit auslöste zeigt, wie sehr auch bei den britischen Konservativen inzwischen ein Umdenkprozess zur Cannabispolitik im Gange ist.

Parteichef Hague rief Widdecombe nach ihrer Rede angeblich dazu auf, ihren Ton zu mässigen. Die britische Polizeigewerkschaft nannte ihren Vorschlag "völlig impraktikabel" und meinte, solche Massnahmen schadeten eher dem Respekt vor dem Gesetz. Eine Studie der britischen "Police Foundation" hatte erst voriges Jahr einen Bericht zum Cannabisproblem vorgelegt in dem die Entkriminalisierung von Cannabis gefordert worden war.

Insgesamt 5 Mitglieder des "Schattenkabinetts" ihrer oppositionellen Partei reagierten nunmehr auf Widdecombes Rede indem sie sich öffentlich dazu bekannten, in ihrer Jugend Cannabis konsumiert zu haben:

"Those who admitted to trying cannabis were Francis Maude, shadow foreign secretary; Archie Norman, shadow environment and transport secretary; Peter Ainsworth, shadow culture secretary; David Willetts, shadow social security secretary; and Oliver Letwin, shadow Treasury spokesman" schrieb die Londoner "Sunday Times".

Der "Daily Telegraph" der als das inoffizielle Hausblatt der Konservativen gilt schrieb in einem vernichtenden Leitartikel zu  Widdecombes Rede, sie habe "bedauerlicherweise die völlige Abwesenheit des gesunden Menschenverstandes erkennen lassen." Die konservative Times sprach von "Null-Attraktivität" ihres Vorschlags. Der "Daily Telegraph" hatte sich bereits voriges Jahr nach der Herausgabe des Berichts der "Police Foundation" zu Cannabis für eine fünfjährige Cannabislegalisierung auf Probe ausgesprochen.



Erster Artikel:

Streit um Rechtskurs überschattet Konservativen-Parteitag

[05.10.2000]

Bournemouth (dpa) - Ein parteiinterner Streit über das angekündigte scharfe Durchgreifen gegen Haschischraucher hat am Donnerstag das Ende des Parteitags der britischen Konservativen überschattet.

Während Parteichef William Hague in einer Rede zum Abschluss des Treffens in Bournemouth den Anspruch seiner Partei zu bekräftigen suchte, nach den Wahlen des kommenden Jahres «für das gesamte Volk» zu regieren, bemühten sich Funktionäre, die Aufregung über eine Rede der innenpolitischen Sprecherin Ann Widdecombe vom Vortag zu dämpfen.

Widdecombe hatte in einer von den Delegierten mit Ovationen gefeierten Ansprache eine strikte Law-and-Order-Politik für den Fall einer Regierungsübernahme angekündigt. «Vom Besitz der kleinsten Menge weicher Drogen bis hin zum großen Importeur wird es keinen Platz mehr geben, an dem man sich verstecken kann», hatte sie erklärt. «Wenn jemand Drogen besitzt, dann wird er beim ersten Mal eine feste Geldstrafe von 100 Pfund (320 Mark) bekommen. Aber nicht beim zweiten Mal, dann gibt es ein Gerichtsverfahren.»

Parteichef Hague, der während des viertägigen Parteitags große Anstrengungen unternommen hatte, die Partei als wählbar auch für junge Leute und alle sozialen Schichte darzustellen, forderte Widdecombe nach ihrer frei gehaltenen Rede angeblich auf, ihren Ton zu mäßigen. Nachdem die Polizeigewerkschaft erklärt hatte, das von ihr geforderte Vorgehen gegen Haschischraucher sei völlig impraktikabel und schade eher dem Respekt vor dem Gesetz, erklärte Hague am Donnerstag, man werde über Einzelheiten der
Vorschläge «noch mit der Polizei reden».

Die britischen Medien reagierten am Donnerstag kritisch oder belustigt auf Widdecombes angekündigtes Einschreiten gegen Haschischraucher. Der konservative «The Daily Telegraph», gelegentlich auch als Zentralorgan der Konservativen bezeichnet, schrieb in einem vernichtenden Leitartikel, Widdecombe habe «bedauerlicherweise die völlige Abwesenheit des gesunden Menschenverstandes erkennen lassen». Die konservative «Times» sprach von «Null-Attraktivität»: Widdecombes Rede habe «die Getreuen erregt, aber wenig getan, um auch andere vom Reiz einer Rückkehr der Tories an die Macht zu überzeugen».

Der für die regierende Labour-Partei eintretende «Mirror» höhnte, nachdem Hague sich damit gebrüstet hatte, als Jugendlicher 14 Halbe Bier sowie 32 Cola-Rum pro Tag getrunken zu haben, habe Widdecombe («Doris the dope») gleich nach ihrer Rede mit Hague Champagner getrunken. Das Blatt illustrierte den Bericht über die Drogenpolitik der Konservativen mit Fotos von Parteitagsdelegierten, die, umgeben von Flaschen, ihren Rausch ausschlafen.

Der harte Drogenkurs kam für die meisten Parteitagsbeobachter völlig überraschend. Seit Beginn des Treffens hatte sich die Parteiführung bemüht, die Partei aus der Ecke der extremen Rechten herauszubringen. Hague hatte eine Initiative zur Sanierung der heruntergekommenen städtischen Elendsviertel angekündigt. Michael Portillo, der nach eigenem Bekunden in seiner Jugendzeit «homosexuelle Erfahrungen» machte und als möglicher innerparteilicher Rivale Hagues gilt, hatte erklärt, die Partei vertrete die
Interessen aller Bürger «ungeachtet deren sexueller Orientierung». Britische Kommentatoren hatten dies als Versuch gewertet, sich ein liberaleres Image zuzulegen. Bis Ann Widdecombe zu reden anfing.


Weitere Artikel:

The Sunday Times: Five Tory Shadow Ministers Admit To Smoking Cannabis [08.10.2000]
Belfast Telegraph: Tory MP Admits He 'Enjoyed' Cannabis [10.10.2000]

Daily Telegraph: An Experiment with Cannabis [30.03.2000]
Der Daily Telegraph gilt als das Hausblatt der britischen Konservativen.

Cannabis in Großbritannien