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Cannabis: Als Arzneimittel nur von geringem therapeutischen Nutzen

Betrifft: OFFENER LESERBRIEF an das Deutsche Ärzteblatt
Datum: Sat, 13 Jan 2001 21:33:51 +0100
Von: "Int. Association for Cannabis as Medicine" 
An: acm-informationen@acmed.org

OFFENER LESERBRIEF an das Deutsche Ärzteblatt

zu dem Artikel von

Prof. Dr. med. Hans Rommelspacher

Cannabis: Als Arzneimittel nur von geringem therapeutischen 
Nutzen. Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 51-52 vom 25. Dezember 
2000, C-2596-2598.
http://www.aerzteblatt.de

Es ist zu begrüßen, dass das Deutsche Ärzteblatt das Thema der
medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten aufgreift. Der
vorliegende Beitrag von H. Rommelspacher enttäuscht jedoch. Er zählt
ohne Zweifel zu den fünf inkompetentesten Beiträgen, die in den
vergangenen drei bis vier Jahren in deutsch- bzw. englischsprachigen
Fachzeitschriften zum Thema erschienen sind, und fällt weit zurück
hinter das Gutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und
Medizinprodukte für das Bundesgesundheitsministerium aus dem Jahre 1995,
später veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt (Goedecke und Karkos
1996). 

Der Artikel lässt wichtige Aspekte vermissen. Beispielsweise finden an
der Medizinischen Hochschule Hannover weltweit beachtete Studien zur
Anwendung von THC beim Tourette-Syndrom statt. Im Artikel findet sich
dagegen kein Wort zu hyperkinetischen Bewegungsstörungen. Schwerer
wiegen jedoch die vielfältigen sachlichen Fehler, Ungenauigkeiten und
Fehleinschätzungen. 

1. Rommelspacher behauptet, dass Kalifornien in einem Volksentscheid im
Jahre 1996 beschlossen habe, eine begrenzte Verschreibung von Cannabis
als Medikament zuzulassen und dass diese Legalisierung "in den USA
außerdem nur noch im Staat Arizona" gelte. 

Richtig ist dagegen, dass seit 1996 solche Volksentscheide in den
Staaten Maine, Alaska, Arizona, Kalifornien, Oregon, Washington D.C.,
Colorado und Nevada stattfanden, und dass alle mit deutlichen Mehrheiten
angenommen wurden. In Hawaii wurde zudem die medizinische Verwendung von
Cannabis durch die Legislative erlaubt, so dass nunmehr in neun und
nicht in zwei US-Staaten nach den staatlichen Gesetzen Cannabis
medizinisch verwendet werden kann. Die Bundesgesetze stehen diesen
staatlichen Gesetzen jedoch entgegen, so dass die Frage der
medizinischen Cannabisverwendung rechtlich umstritten und Gegenstand von
juristischen Auseinandersetzungen ist. 

2. Rommelspacher behauptet, dass in einer Studie gezeigt worden sei,
"dass bei 112 MS-Patienten, die regelmäßig Cannabis rauchten, 5 mg THC
muskelrelaxierend wirken". 

Richtig ist dagegen, dass es sich um keine klinische Studie handelte,
sondern um eine anonyme Befragung von 112 MS-Patienten, so dass keine
verwertbaren Angaben zur Dosis möglich waren (Consroe 1997). Eine
Verringerung der Spastik wurde von mehr als 90 Prozent der Teilnehmer
angegeben. Neben einer Muskelrelaxierung wurde in mehr als 80 Prozent
der Fälle eine Besserung der Muskelschmerzen, des Tremors und der
Parästhesien angegeben. Diese Beobachtungen wurden durch eine anonyme
Befragung von 109 Patienten mit Querschittssysndromen (Consroe 1998)
sowie durch einige kleinere klinische Studien mit Marihuana
(Cannabiskraut), THC bzw. Nabilon bestätigt.

3. Rommelspacher behauptet, dass Tabak zusammen mit Haschisch appliziert
werde und daher die Schäden durch den Tabakkonsum auch für Haschisch
gelten. 

Richtig ist dagegen, dass weltweit die weitaus meisten
Cannabiskonsumenten keinen Tabak rauchen. Die Mischung von Tabak mit
Cannabisprodukten wird gelegentlich als "europäische Unart" bezeichnet,
die allerdings auch in Europa abnimmt. Bei der medizinischen Verwendung
von Cannabis spielt die Mischung von Cannabis mit Tabak meines Wissens
nur eine untergeordnete Rolle. Cannabis wird pur in Cannabiszigaretten,
mit speziellen Pfeifen, mit Bongs oder Verdampfern geraucht oder oral
eingenommen (z.B. in Gebäck oder Tee). Allerdings ist auch das Rauchen
natürlicher Cannabisprodukte mit Schäden verbunden, die hinsichtlich der
Entwicklung von malignen Tumoren möglicherweise stärker sind als die
nach dem Rauchen der gleichen Tabakmenge. Zur Erzielung therapeutischer
Dosen sind aber nur geringe Mengen erforderlich. Um 40 mg THC (die
höchste von Rommelspacher angegebene Tagesdosis) inhalativ aufzunehmen,
müssen bei einem THC-Gehalt von 10% 0,4 Gramm Cannabiskraut - oder eine
halbe Marihuanazigarette - appliziert werden.

4. Rommelspacher behauptet, dass die appetitsteigernde Wirkung in den
bisherigen Studien nur eine Stabilisierung des Gewichts bzw. eine
Verringerung der Progredienz der Gewichtsabnahme bei Krebs- bzw.
Aids-Patienten bewirkt habe. 

Richtig ist dagegen, dass in einigen Studien auch eine Gewichtszunahme
beobachtet wurde. In der jüngsten Studie, deren Ergebnisse am 13. Juli
2000 bei der 13. Internationalen AIDS Konferenz in Durban/ Südafrika
präsentiert wurden, nahmen Aids-Patienten, die drei Wochen lang THC (2 x
2,5 mg) oder Marihuana (3,95% THC) bekommen hatten, durchschnittlich 2,2
kg an Gewicht zu, während in der Plazebogruppe nur eine Gewichtszunahme
von 0,6 kg verzeichnet wurde (Abrams 2000). Angesichts der
Geringschätzung des appetitsteigernden Effektes ist es zudem
bemerkenswert, dass Rommelspacher unter den Risiken aufführt, dass
"chronischer Gebrauch zur Gewichtszunahme" führen könne.

5. Rommelspacher behauptet, dass "auch Störungen der Spermatogenese,
Fruchtbarkeit und der Implantation von Eizellen" beschrieben seien. 

Richtig ist dagegen, dass bisher keine epidemiologische Studie eine
verminderte Fruchtbarkeit von Cannabiskonsumenten nachweisen konnte. Im
Gegenteil: Die wenigen bisher durchgeführten epidemiologischen
Untersuchungen haben weder eine verminderte Fruchtbarkeit bei Männern
noch bei Frauen ergeben (Grotenhermen 2001). Eine geringfügige Reduktion
der Spermienzahl ohne Zunahme abnormer Spermien oder Beeinträchtigung
ihrer Funktion wurde beim Menschen nach hohen, therapeutisch nicht
relevanten Dosen beobachtet (täglich 8-10 Marihuanazigaretten) (Hembree
1978). Die tierexperimentell ermittelte Störung der Eiimplantation (Wang
1999) und die Hemmung der Akrosomreaktion (Chang 1993) sind angesichts
der epidemiologischen Befunde von fraglicher klinischer Bedeutung.

6. Rommelspacher behauptet, dass das Medizininstitut der USA empfohlen
habe, "klinische Prüfungen zur Behandlung der Symptome, für die THC
bereits zugelassen ist", durchzuführen. 

Richtig ist dagegen, dass das Institut klinische Studien mit solchen
Patienten empfiehlt, bei denen es "einen nachgewiesenen Bedarf für eine
verbesserte Therapie gibt und wo das besondere Nebenwirkungsprofil von
Cannabinoiden einen deutlichen Nutzen über gegenwärtige Ansätze
verspricht" (Joy 1999). Explizit genannt wurden Patienten unter
Chemotherapie, Patienten mit postoperativen Schmerzen, Patienten mit
Querschnittssyndromen, peripheren neuropathischen Schmerzen und
zentralen Schmerzen nach Schlaganfall, chronische Schmerzpatienten sowie
Aids-Patienten.

7. Rommelspacher behauptet, dass die Lungenfunktion "in aller Regel
erheblich beeinträchtigt sei." Richtig ist dagegen, dass diese Frage
aufgrund der vorliegenden epidemiologischen und experimentellen Studien
ungeklärt ist. D. Tashkin, der als der renommierteste Forscher auf
diesem Gebiet gilt, fasst in einer aktuellen Übersicht zusammen: "Aus
diesen Ergebnissen ist nicht klar ersichtlich, ob ein anhaltender
Marihuanakonsum mit einer progressiven Abnahme der Lungenfunktion
assoziiert ist" (Tashkin 2001). Dies ist recht verwunderlich, da die
Zusammensetzung des Marihuanarauchs etwa der des Tabaks entspricht. Es
wird daher mit Schäden gerechnet, die allerdings im Umfang nicht dem von
Rommelspacher skizzierten Szenario entsprechen dürften.

8. Rommelspacher schreibt, dass "bei gesunden Personen etwa 3,5 mg
Delta-9-THC milde Sedierung und Euphorie, 7 mg Wahrnehmungsstörungen und
solche des Zeitgefühls (zeitlupenähnlich) und 15 mg Verwirrtheit
hervorrufen." Diese Aussage ist irreführend, da diese Dosierungsangaben
für die inhalative Verwendung gelten und Rommelspacher in seinem
Therapieteil durchweg orale Dosierungsangaben verwendet hat. Die
psychotrope Schwelle bei der oralen Gabe liegt deutlich höher als bei
inhalativer Verwendung, nämlich bei 10-15 mg THC pro Einzeldosis, im
Gegensatz zur inhalativen Verwendung (3-5 mg THC).

9. Rommelspacher schreibt, dass Cannabis "zur Behandlung von Schmerzen
nicht empfohlen" werde, "da die sicher wirksame Dosis (20 mg Einmalgabe)
fast ausnahmslos" zu Nebenwirkungen führe, und dass es außer der von ihm
vorgestellten Studie von Noyes et al. (1975a) keine Fallberichte gäbe,
die "wissenschaftlichen Kriterien entsprechen". 

Richtig ist dagegen, dass Noyes et al. eine weitere Studie mit 10
Krebspatienten durchgeführt (Noyes 1975b) haben und dass zwei aufwändige
Einzelfall-Doppelblindstudien aus der Schweiz und Großbritannien sehr
wohl wissenschaftlichen Kriterien genügen. In einem Fall wurde der
Schmerz eines Patienten mit einem Querschnittssyndrom bereits mit einer
oralen täglichen Dosis von 5 mg THC im Vergleich zu Codein und Plazebo
deutlich und nebenwirkungsfrei reduziert (Maurer 1990). Im zweiten Fall
konnte die Opiatdosis eines Patienten mit einem familiärem
Mittelmeerfieber bei zusätzlicher Applikation eines Cannabisextraktes im
Vergleich zu Plazebo signifikant und nebenwirkungsfrei reduziert werden
(Holdcroft 1997).

10. Rommelspacher behauptet, dass die Abgabe von Marihuana in den
Niederlanden "in staatlich kontrollierten Verkaufsläden, nicht jedoch in
Apotheken" erfolge und der Anbau "behördlich kontrolliert" werde. 

Richtig ist dagegen, dass das Marihuana (ca. 10,5 % THC) der Firma
Maripharm ausschließlich in nahezu 700 Apotheken (mehr als 50 % aller
holländischen Apotheken) erhältlich ist (de Wit 2000). Es ist biologisch
angebaut, sterilisiert und luftdicht verpackt. Der Anbau von Cannabis
ist in Holland geduldet und die Kontrolle beschränkt sich allenfalls
darauf, dass neben Cannabis nicht noch andere Drogen produziert werden.
Mit dem jüngsten Aufbau einer Cannabisagentur beim
Gesundheitsministerium möchte Holland zukünftig erstmals einen
kontrollierten Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke ermöglichen
(Borst-Eilers 2000).

11. Rommelspacher behauptet, dass bei häufigem und längeren Gebrauch von
Haschisch und Marihuana mit "einer Schwächung bestimmter mentaler
Leistungen" gerechnet werden müsse. Richtig ist dagegen, dass die
einzige langzeitige epidemiologische Studie zu diesem Thema über eine
Zeitspanne von 12 Jahren keine signifikanten Unterschiede bei der
altersbedingten Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit zwischen
starken Konsumenten, leichten Konsumenten und Nichtkonsumenten von
Cannabis gefunden hat (Lyketsos 1999). Allerdings gibt es Hinweise auf
eine leichte Beeinträchtigung spezieller "höherer kognitiver Funktionen,
die die Organisierung und Integrierung komplexer Informationen betrifft,
welche verschiedene Mechanismen der Aufmerksamkeit und
Gedächtnisprozesse umfasst" (Solowij 1999), wie es in einem
vorbereitenden Bericht für den jüngsten WHO-Bericht zu Cannabis heißt.
Alle renommierten Untersucher stellen die klinische Relevanz dieser
leichten Beeinträchtigungen in Frage. Zudem ist fraglich, ob selbst die
langzeitige Gabe therapeutischer Dosen THC bzw. Cannabis überhaupt einen
messbaren Effekt ausübt.

12. Rommelspacher behauptet, dass es sich beim "Präparat Dronabinol
(Marinol(R))" "um in Sesamöl gelöstes und in Kapseln verpacktes
Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)" handle. Richtig ist dagegen, dass
Dronabinol kein Präparat sondern ein anderer Wirkstoffname für das in
der Hanfpflanze vorkommende pharmakologisch wirksamste Isomer des
Delta-9-THC ist, und dass Marinol(R) in Sesamöl gelöstes Dronabinol
enthält.

13. Rommelspacher behauptet, dass Cannabis in Großbritannien zu
Forschungszwecken bei multipler Sklerose eingesetzt wurde. Richtig ist
dagegen, dass Cannabis in Großbritannien bisher nicht bei multipler
Sklerose eingesetzt wurde. Es wurde in Deutschland zu klinischen
Forschungszwecken bei einem einzelnen Patienten mit multipler Sklerose
getestet (Meinck et al. 1989) und wird in der Schweiz zur Zeit an der
Berner Klinik in Montana (Leitung: C. Vaney) an anvisierten 50 Patienten
mit multipler Sklerose eingesetzt. Weitere Studien an MS-Patienten
fanden mit THC oder Nabilon nicht jedoch mit Cannabis statt. In
Großbritannien wurde Cannabis bisher nur in einer Einzelfallblindstudie
mit einem Schmerzpatienten eingesetzt (Holdcroft et al. 1997) und es
wird zur Zeit am James Paget Hospital in Great Yarmouth (Leitung: W.
Notcutt) an mehreren hundert chronischen Schmerzpatienten getestet.
Studien mit anvisierten 600 MS-Patienten sind allerdings ebenfalls
geplant und wurden vom Medical Research Council bereits genehmigt.

14. Rommelspacher behauptet, dass "im Rahmen eines Ringversuchs THC, das
in den Niederlanden aus Hanf extrahiert, aufgereinigt und als
Fertigarzneimittel nach Deutschland exportiert, geprüft" werde.

Richtig ist dagegen, dass es Überlegungen gab, zur Herstellung eines
nunmehr in Studien an Krebs- und Schmerzpatienten in Deutschland
eingesetzten standardisierten Cannabispräparates Ausgangsmaterial aus
den Niederlanden zu verwenden. Das wurde jedoch nicht realisiert,
sondern das benötigte Cannabis wird nun in der Schweiz angebaut und
verarbeitet. Es war niemals geplant, isoliertes THC aus den Niederlanden
zu verwenden. Das in einer Studie mit Tourette- Patienten an der
Medizinischen Hochschule Hannover (Leitung: K. Müller-Vahl) verwendete
THC stammt aus den USA. Es gibt kein Fertigarzneimittel aus den
Niederlanden, das THC enthält.

15. Rommelspacher behauptet, dass in einer Studie zur Untersuchung des
antiemetischen Effektes THC etwa in einem Drittel wirksam, in einem
weiteren Drittel unvollständig wirksam und in einem weiteren Drittel
wirkungslos war, bei hohen Nebenwirkungsraten (Schwindel und
Benommenheit in 65%). "Ältere Studien fanden eine antiemetische
Wirksamkeit von THC und Marihuana." 

Richtig ist dagegen, dass auch jüngere Studien den antiemetischen Effekt
nachwiesen. So wurden in einer offenen Studie aus dem Jahre 1995 acht
pädiatrischen Patienten (3,5-10 Jahre), die eine Krebschemotherapie
erhielten, orale D8-THC-Tropfen (18 mg/m2 alle 6 h über 24 h)
verabreicht. Während der Studie trat kein Erbrechen auf (Abrahamov
1995). Die meisten Patienten erhielten das Antiemetikum bei mehreren
Zyklen. Nur bei zwei Patienten traten in einem Teil der Zyklen eine
leichte Reizbarkeit und Euphorie auf. Richtig ist allerdings, dass
Cannabinoide seit der Einführung der spezifischen Serotonin
(5HT3)-Antagonisten erheblich an Bedeutung verloren haben, allerdings
gibt es Berichte, nach denen THC diesen Präparaten in Einzelfällen
überlegen sein kann (Gonzalez-Rosales 1997). 

16. Rommelspacher behauptet, dass "die Abhängigkeit der Konsumenten vom
Tabak" eine "wesentliche konfundierende Variable für die Abhängigkeit
von Cannabis" und daher die Beurteilung der Abhängigkeit von Cannabis
schwierig sei. Richtig ist dagegen, dass viele Cannabiskonsumenten
keinen Tabak rauchen und daher die Beurteilung des
Abhängigkeitspotentials von Cannabis keine größeren Probleme bereitet
als bei anderen Drogen, die häufig zusammen konsumiert werden wie vor
allem Tabak mit Alkohol. Nach einer deutschen Studie mit 1458
Cannabiskonsumenten bzw. ehemaligen Konsumenten waren je nach
Konsummuster und -intensität 2-10 % der aktuellen alleinigen
Cannabiskonsumenten als substanzabhängig anzusehen (Kleiber 1997).
Kleiber et al. (1997) führen aus: "Eine solche Abhängigkeit vom
Cannabistyp kann jedoch nicht primär aus den pharmakologischen Wirkungen
der Droge, sondern vielmehr aus vorab bestehenden psychischen Stimmungen
und Problemen erklärt werden. Die Abhängigkeit von Cannabis sollte als
Symptom solcher Probleme gesehen werden."

Es ist recht irritierend, dass ein Artikel zur medizinischen Verwendung
von Cannabisprodukten hinsichtlich der Risiken in weiten Teilen auf
Argumentationen aus dem Bereich des illegalen Freizeitkonsums
zurückgreift. Dies ist sowohl für Opiate als auch für andere
missbräuchlich verwendete Medikamente, inklusive Cannabisprodukte wenig
sinnvoll, da es relevante Unterschiede bei den verwendeten Dosen, den
Applikationsformen und den Motiven für die Einnahme zwischen Patienten
und Freizeitkonsumenten gibt. Beispielsweise fand eine Studie zur
Untersuchung des Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzials von THC im
therapeutischen Kontext keine Hinweise auf solche Probleme (Calhoun
1998).

Rommelspachers Schlussfolgerung ("Wegen der schädlichen Wirkungen und
des Abhängigkeitsrisikos des Tabaks ist Haschischrauchen zu
medizinischen Zwecken nicht angezeigt und begründbar") ist nicht
schlüssig. Natürliche Cannabisprodukte und isolierte Cannabinoide müssen
zur medizinischen Verwendung nicht geraucht werden, sondern können oral
eingenommen werden. Werden sie geraucht bzw. inhaliert, so reichen
geringe Mengen (auch bei hohen Dosen weniger als ein Gramm
Cannabiskraut), deren Schädigungspotenzial nicht übertrieben werden
sollte. Die Nebenwirkungen akuter und chronischer therapeutischer
Cannabisverwendung bewegen sich nach den bisherigen Erfahrungen in dem
Rahmen von bekannten und als nebenwirkungsarm geltenden medikamentösen
Alternativen (Joy 1999).

Insgesamt wirkt der Artikel von Rommelspacher unglaubwürdig. Im Jahre
2001 darf man einen informierteren Beitrag zum Thema erwarten.

Köln, den 10. Januar 2001

Dr. med. Franjo Grotenhermen

Vorstandsvorsitzender
Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V.
Arnimstraße 1 A
50825 Köln

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