Sucht ist Krankheit. Da kann ich Herrn Dr. Schäfer nur beipflichten. Kranke brauchen einen Arzt und keinen Richter. Aber jede Medaille hat zwei Seiten. Das Thema Drogen lässt sich nicht einseitig auf Suchtprobleme beschränken, wie jeder weiss der ab und zu mal ein Glas Wein trinkt (auch Alkohol ist eine Droge). Drogenpolitik darf auch die nichtabhängigen Genusskonsumenten nicht ausser Augen verlieren, wenn sie der Realität verhaftet bleiben will.
Verantwortungsvoller Gebrauch von Drogen setzt Wissen über ihre Wirkung voraus, daher der hohe Stellenwert von Aufklärung. Worüber man Bescheid weiss, dafür trägt man Eigenverantwortung. Verbote haben die gegenteilige Wirkung. Was man nicht besitzen darf, dazu braucht man scheinbar auch keine Gebrauchsanleitung. Wie soll so unverantwortlicher Umgang verhindert werden?
Etwa 9 Millionen Menschen in Deutschland haben bereits Cannabiserfahrung, trotz Verbot. Eine gesundheitspolitisch orientierte Drogenpolitik muss Hilfestellungen geben die sich nicht einseitig an utopischer Komplettabstinenz orientieren, sondern auch an "Safer Use" für diejenigen Menschen, die sich zum Konsum entschlossen haben. Ideologien sind hier fehl am Platze.
Der Schutz der Jugend ist ein oft zitiertes Ziel, aber wie sieht die Realität aus? Ein 16jähriger kommt heute leichter an Cannabis als ein 60jähriger Krebskranker. Eine Förderung des Schwarzmarkts durch Verbote selbst für Erwachsene schützt die Jugend nicht. Cannabis gehört sich in Fachgeschäfte mit Alterskontrollen, nicht auf den Schulhof! Hier brauchen wir neue Ansätze. Die Jugend braucht Aufklärung durch ehrliche Gespräche, keine Kriminalisierung.
Drogenpolitik kann nur funktionieren wenn sie glaubwürdig ist. Sie muss dabei auch sich ändernden gesellschaftlichen Realitäten Rechnung tragen. Dass der Besitz selbst geringer Mengen von Cannabis immer noch als Straftat eingestuft ist, ist ein Anachronismus. Zu diesem Schluss kam auch der Fachverband Drogen- und Rauschmittel auf dem 24. Bundes-Drogen-Kongress in Leipzig. Fachleute wie der Präsident der Berliner ärztekammer, Dr. Günther Jonitz, fordern Reformen wie in den Niederlanden und der Schweiz.
118.793 Ermittlungsverfahren allein im Jahr 1999 für eine Pflanze deren Konsum weniger schädlich ist als Alkohol und Nikotin, damit schafft sich der Staat nur eine Glaubwürdigkeitslücke die seine Präventionsarbeit allgemein behindert.
Eine konsumminimierende Wirkung geht vom Cannabisverbot, anders als vielfach noch geglaubt wird, nicht aus. Bereits 1997 ergaben Studien für die Gesundheitsministerien beider Länder, dass 2,5 Prozent der Niederländer aber 3,0 Prozent der Westdeutschen regelmässig Cannabis konsumieren. Drei Jahre später war die Zahl der Cannabisprobierer in Deutschland nochmals um die Hälfte gestiegen.
Dass die niederländische Politik seit 1976, die mit wesentlich geringeren Eingriffen in grundgesetzlich geschützte Rechtsgüter auskommt, auf vergleichbare oder sogar niedrigere Konsumraten kommt, macht die fortgesetzte staatliche Repression einer jährlich sechsstelligen Zahl von Mitmenschen verfassungsmässig höchst bedenklich. Schliesslich hat das Bundesverfassungsgericht am 09.03.1994 den Gesetzgeber dazu verpflichtet, das am wenigsten schädliche Mittel zu wählen, mit dem der angestrebte Zweck erreicht werden kann. Internationale Drogenabkommen stellen Verbotsvorschriften ausdrücklich unter den Vorbehalt der verfassungsmässigen Prinzipien der Unterzeichnerstaaten.
Jetzt sind die Politiker im Bundestag gefordert, mit Mut und Augenmass Reformen einzuleiten. Dazu gehört auch zuerst eine öffentliche Diskussion, ohne Tabus und Scheuklappen. Nur so kann ein neuer Konsens in der Drogenpolitik gefunden werden.
Mit freundlichen Grüssen
Joe Wein
http://www.cannabislegal.de
Verein für Drogenpolitik (in Gründung)