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Musterbrief an den Verkehrsminister

Der folgende Brief wurde cannabislegal.de als Beispiel für eigene Schreiben zur Verfügung gestellt:

An den
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Herrn Kurt Bodewig
Invalidenstrasse 44
10115 Berlin

Sehr geehrter Herr Bodewig.

ich schreibe Ihnen anlässlich der für den 26.Juni diesen Jahres geplanten Novellierung der Fahrerlaubnisverordnung im Verkehrsausschuss des Bundesrates und hier speziell wegen des §14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln in Verbindung mit Betäubungsmitteln und Arzneimitteln).

Wie Sie wissen kann aufgrund der genannten Vorschrift von den örtlichen Führerscheinstellen bei Cannabiskonsum eine Überprüfung der Fahreignung angeordnet werden.

Im Gegensatz zur Alkoholproblematik kann diese Überprüfung jedoch schon angeordnet werden, wenn der Betroffene lediglich Cannabis besitzt. Selbst bei einer "geringen Menge zum Eigenverbrauch", die vom Strafrecht her keine Konsequenzen für den Betroffenen hat, kann bei nachgewiesenem Konsum selbst ohne Bezug zum Straßenverkehr eine solche Überprüfung der Fahreignung angeordnet werden. Selbst als Beifahrer oder Fussgänger kann man daher, wenn man im Besitz von Cannabis ist, den Führerschein verlieren!

Stellt sich heraus, dass ein regelmässiger Konsum vorliegt, wird die Fahreignung grundsätzlich verneint, bei Alkohol muss dazu nachgewiesen sein, dass der Betroffene nicht zwischen Konsum und Straßenverkehr trennen kann.

Eine höhere Gefährlichkeit von Cannabis als von Alkohol im Straßenverkehr lässt sich durch wissenschaftliche Studien nicht belegen. Deshalb sind nach dem Verhältnismässigkeitsgebot des Grundgesetzes auch bei Cannabis keine strengeren Massstäbe gerechtfertigt als bei Alkohol.

Hierzu verweise ich auf diese Studien:
  • H.W.J. Robbe, Influence of Marijuana on Driving, Institute for Human Psychopharmacology, University of Limburg, Maastricht 1994,CIP-DATA, Den Haag (ISBN 90-5147-023-1)
  • Mischkowitz, R.; Möller, M.; Hartung, M.: Gefährdungen durch Drogen. Blutprobenuntersuchungen zur Prävalenz und Wirkung von Drogen- und Medikamentenbeeinflussung im Straßenverkehr und bei Kriminaldelikten. BKA Wiesbaden 1996
  • Die Studie des Institute of Forensic Pathology in Melbourne, Australien (http://www.raru.adelaide.edu.au/T95/paper/s16p6.html) Diese Studie bestätigte das obige Ergebnis von Mischkowitz/Möller: Bei Unfalltoten bei denen nur THC (Cannabis) gefunden wurde ist laut der australischen Studie die Wahrscheinlichkeit, der Unfallverursacher zu sein *geringer* als bei drogenfreien Unfalltoten (Faktor 0,6), bei Alkohol dagegen 6,8 mal höher als bei nüchternen Fahrern.
  • Die Studie des britischen Verkehrsministeriums (2000) Eine im Sommer 2000 veröffentlichte Studie, für die im Auftrag des britischen Verkehrsministeriums Testpersonen unter dem Einfluss von Cannabis in Fahrsimulatoren getestet worden waren, ergab dass die Fahrer die negativen Einflüsse von Cannabis weitgehend durch eine vorsichtigere, defensivere Fahrweise ausglichen.
    (The Influence of Cannabis on Driving)
    Die Studie von Krüger (1995) "Aus den experimentellen Befunden ist für Cannabis dann kein sicherheitsgefährdender Effekt zu finden, wenn von normalem Konsum ausgegangen wird und zwischen Rauchen und Verkehrsteilnahme etwa 1 - 2 Stunden liegen. Deutliche Sicherheitsgefahren bestehen bei hohen Konzentrationen, wie sie insbesondere während und kurz nach dem Rauchen auftreten" sowie beim "Zusammenwirken von Alkohol mit Cannabis", das zu "einer überadditiven Wirkungsverstärkung führt" (S.37; s. ingesamt Nolte 1996).
Aufgrund der Fettlöslichkeit von THC sind mit modernen Analysemethoden geringe Spuren davon selbst Wochen nach dem Konsum noch messbar, obwohl die Wirkung der Droge in 2-4 Stunden abklingt. Angemessener wäre eine Festlegung eines THC-Grenzwerts der geeignet wäre, kürzlichen Konsum von Wochen zurückliegendem Konsum zu unterscheiden.

So schlug der Sachverständige Berghaus bei der Anhörung vor dem Bundestagsausschuss vor, 8 - 10 ng THC pro ml Plasma mit 0,8 Promille Alkohol gleichzusetzen, womit die "akute Beeinträchtigung unter Cannabis erfaßt werde und nicht der länger zurückliegende Konsum. Daß ein Cannabiskonsument in jedem Falle, d.h. unabhängig von der Höhe der Blutkonzentration ... fahrrelevante Leistungsminderungen zeigt, die in der Schwere denen von 0.80 Promille Alkohol entsprechen, läßt sich an Hand der veröffentlichten experimentellen Untersuchungen nicht nachvollziehen".

Die derzeitigen Regelungen des §14 FeV dienen gewollt dazu, Cannabiskonsumenten, die aufgrund geringer Menge seit 1994 nicht mehr strafrechtlich belangt werden können, sozusagen durch die "Hintertür" zu bestrafen. Prof. Lorenz Böllinger, Rechtsprofessor an der Universtät Bremen, hält die derzeitigen Regelungen für verfassungswidrig, da hier gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Gleichheitsprinzip, das Recht auf freie Berufswahl, Justizgrundrechte wie den Anspruch auf rechtliches Gehör, den Bestimmtheitsgrundsatz und das Recht, sich nicht belasten zu müssen, verstossen wird. Ebenso verstösst die Verwaltungspraxis laut Böllinger gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, die Geeignetheit, die Erforderlichkeit der Massnahmen und die Proportionalität im engeren Sinne. (Prof. Dr. jur. Lorenz Böllinger, Universität Bremen ,Cannabiskonsum, Fahrerlaubnisrecht und Verfassung Stellungnahme zur Anhörung von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Berlin 30.11.2001) Da die Fahrerlaubnisverordnung am 26.Juni 2002 im Verkehrsausschuss des Bundesrates behandelt wird, möchte ich Sie auf diese Problematik hinweisen.

In der heutigen Gesellschaft ist Mobilität eines der am höchsten anzusiedelnden Güter. Betroffenen Cannabiskonsumenten wird aber die Mobilität genommen, indem pauschal ihre charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage gestellt wird. Für Personen, die auf ihren Führerschein angewiesen sind, ist der §14 FeV oftmals existenzvernichtend, weil sie dann nicht mehr ihrem Beruf nachgehen können. Die darauf folgenden Konsequenzen sind Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion um eine Ersatzsanktionierung sog. Bagatelldelikte wie z.B. Ladendiebstahl, in der angeregt wurde, Ladendieben, die vom Strafrecht her "mit einem blauen Auge davonkommen", ebenfalls den Führerschein zu entziehen. Dies wurde damals mit Verweis auf die Bedeutung der Mobilität abgelehnt. Warum gilt diese Wertigkeit nicht auch bei Cannabiskonsumenten?

Die anstehende Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundesrates ist eine gute Gelegenheit, auf diese Problematik aufmerksam zu machen und an Sie zu appellieren, sich für eine Abschaffung dieser Regelung in der jetzigen Form einzusetzen.

Mit freundlichen Grüssen

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