Cannabislegalisierung in Deutschland!
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Briefwechsel: Wolfgang Bosbach (CDU)

1) Fax an Wolfgang Bosbach (CDU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, 04.12.2002

Sehr geehrter Herr Bosbach!

Laut "Bild am Sonntag" haben Sie Verhandlungen mit der niederländischen Regierung über die Bekämpfung des Drogenhandels gefordert und dabei die Wiedereinführung von Grenzkontrollen angeregt.

Schuldzuweisungen an einzelne Regierungen sind bei diesem Thema fehl am Platze. Laut eines Berichtes des US-Aussenministeriums (1998 International Narcotics Control Strategy Report vom 26.02.1999) kommen 80% des in den Niederlanden beschlagnahmten Heroins über Deutschland ins Land. Bei Haschisch sind es 50%, die das Land über Frankreich erreichen. Tatsache ist auch, dass die Niederlande beträchtliche Mittel für die Verfolgung des illegalen Handels mit Drogen aufwenden. Der Staat ist dort jedoch letztlich gegen die Mechanismen des Schwarzmarkts genauso machtlos wie in den USA oder in Deutschland.

Die pragmatische, in vielen Bereichen am Prinzip der Schadensminimierung orientierte Politik der Niederlande hat auch beeindruckende Erfolge vorzuweisen.

Die Sterblichkeit durch "harte" Drogen liegt in den Niederlanden im internationalen Vergleich sehr niedrig. Laut Jahresbericht 2001 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) gab es in den Niederlanden bei rund 16 Millionen Einwohnern von 1991-1998 insgesamt 407 Drogentote. München mit rund 1,3 Millionen Einwohnern beklagte im selben Zeitraum laut BKA 553 Drogentote, Bayern mit etwa 12 Millionen Einwohnern insgesamt 1968 Tote.

Auch bei "weichen" Drogen brauchen die Niederlande den Vergleich der Ergebnisse nicht zu scheuen. Die Tolerierung des Besitzes, Erwerbs und Kleinhandels von Cannabis vermeidet eine Kriminalisierung vieler Menschen, entlastet die Justiz und spart öffentliche Mittel, ohne dass sich Deutschland und die Niederlande deswegen beim Verbreitungsgrad des Cannabiskonsums wesentlich unterscheiden würden. Im Jahre 2001 hatten in den Niederlanden 22,6% der 16 bis 59-Jährigen Erfahrung mit Cannabis, in Westdeutschland 21,4% der 18 bis 59-Jährigen. Bei den 12 bis 15-Jährigen waren es 5,9% in den Niederlanden und rund 6,5% in Deutschland.

Wenn uns die Gesundheit unserer Jugend und die öffentliche Ordnung etwas bedeuten, dann können wir nicht länger eine Politik fortsetzen, die in der Praxis seit langem gescheitert ist. Repression verschlingt knappe öffentliche Mittel, die uns dann für glaubwürdige Aufklärung und pragmatische Hilfe fehlt. Die Schweiz will nun auf Prävention statt Repression setzen und plant eine weitgehende Straffreistellung von Cannabis für Erwachsene, was auch von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) unterstützt wird.

Wir begrüßen, dass sich vor kurzem die RCDS-Bundesvorsitzende Barbara Wnuk-Lipinski für eine Cannabisreform ausgesprochen hat. Eine offene Diskussion über die Vor-und Nachteile verschiedener drogenpolitischer Modelle, ohne ideologische Scheuklappen, ist letztlich auch im Interesse der CDU/CSU und ihrer Wähler.

Mit freundlichen Grüßen

Joe Wein

Sprecher, Verein für Drogenpolitik e.V.


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